97.

Hey meine Süßen, wird Audrey es schaffen, Zlatan die Wahrheit zu sagen? Viel Spaß beim Lesen!❤

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# Audrey #

Nachmittags kehren Max und Vinc zurück, reißen ihren Vater beinah zu Boden, weil sie sich beide an ihn hängen und von ihm hochgenommen werden wollen, als sie ihn wiedersehen. Erst versetzt diese Szene meinem Herzen einen leichten Stich, weil es mich daran erinnert wie Ari und ich unseren Vater immer begrüßten, wenn er von einem längeren Einsatz wieder kam. Ebenso herzlich und stürmisch. Zugleich ist es aber auch die Tatsache, dass die beiden mich zu ignorieren scheinen. Ehe dieses merkwürdige Gefühl mich übermannen kann, dreht sich Vinc zu mir um. Er strahlt übers ganze Gesicht, löst sich von seinem Vater und flitzt jauchzend auf mich zu. "Audrey!", quakt er glücklich und schmeißt sich förmlich in meine Arme, die ich zögerlich ausgebreitet hatte. Etwas weniger überfallsartig, aber nicht minder enthusiastisch kuschelt sich kurz darauf auch Max an mich und ich kann mich nicht gegen die aufsteigenden Tränen wehren, dieser Moment berührt mein Herz zu sehr. Mir bleibt rätselhaft, wie es möglich ist, dass die beiden Jungs mich scheinbar doch so schnell in ihre kleinen Herzen geschlossen haben, doch ich kann nicht abstreiten, dass dies eine Form der Zuneigung ist, die sich anders anfühlt, als alles andere, was ich bisher kennengelernt habe. Wenn man diese kleinen, unschuldigen Wesen vor allem Bösen da draußen bewahren, beschützen will, wenn man alles dafür tun würde, dass ihnen niemals etwas Schlechtes widerfährt. So müssen meine Eltern empfunden haben, als sie immer alles daran legten, Ari uns mich behütet aufwachsen zu lassen. So müssen sich alle Eltern dieser Erde fühlen. Dass ich jemals etwas ähnliches wie Muttergefühle entwickeln würde, dann auch noch für zwei Kinder, die nicht meine eigenen sind, hätte ich mir nie vorstellen können. Dennoch ist es genau das, was in mir vorgeht, während die beiden sich an mich schmiegen und ich gedankenverloren über ihre blonden Schöpfe streiche.

Wie zufällig begegnen sich Zlatans und mein Blick, er lächelt. Es ist ein anderes Lächeln als das, was er immer mal wieder die Kameras sehen lässt. Keins mit schmutzigen Hintergedanken, kein aufgesetztes oder oberflächliches. Nein, es ist echt, liebevoll und warm, wie von selbst werden auch meine Mundwinkel nach oben gezogen und ich erwidere sein Lächeln. Hinter mir wartet Ares geduldig darauf, dass er danach auch endlich an der Reihe ist, Max und Vinc zu begrüßen. Es wird kurz getobt, wobei eine Vase zu Bruch geht, worüber ich allerdings nur lachen kann. Wir wussten, was uns erwartet, als wir Ares zu uns genommen haben. Er ist groß, tollpatschig, jung und wild. Deutsche Doggen gehören zu den sogenannten Riesenrassen, was will man also  erwarten, außer den Elefanten im Porzellanladen- zumindest in manchen Situationen. Deshalb kehre ich kopfschüttelnd die Scherben zusammen, rege mich nicht unnötig auf und sehe den Dreien zu, wie sie spielen. Man merkt, dass Zlatans Söhne es sehr genießen einen neuen Spielkameraden zu haben - und dann auch noch so einen imposanten. Draußen müssen weder Zlatan noch ich uns sorgen, dass die beiden mit Ares an ihrer Seite schnell in eine gefährliche Lage geraten, man überlegt es sich dreimal, ob man sich einen solchen schwarzen Riesen wie Ares unbedarft und mit den falschen Absichten nähert. Vor allem, weil ich mir sicher bin, dass Ares die beiden verteidigen würde. Doggen sind sehr menschenbezogen, haben meist eine Bezugsperson, schützen aber auch den Rest ihres Rudels, besonders Kinder. Ich weiß das alles, weil es bei meinem früheren Hund ebenso war. Verspielt, lieb und verschmust zu Hause, doch Zähne fletschend und geifernd in Gefahrensituationen. Mehr als einmal wartete er an der Bushaltestelle spät nachts auf mich, um mich dann sicher nach Hause zu begleiten. Ich hoffe, dass auch Ares solche Qualitäten in sich trägt. 

Nach einem gemeinsamen und recht friedlichen Abendessen, gefühlt drei Gutenachtgeschichten, bei denen meinen eigenen Augen schwer wurden und Ares schließlich tatsächlich schnarchend auf dem Teppich vor den Betten der Jungs einschlief, setzen Zlatan und ich uns aufs Sofa. Vor mir steht ein Glas Wein, er dreht sein Whiskeyglas in seiner Hand hin und her. Normalerweise trinkt Zlatan, aufgrund seines Jobs, nicht allzu oft Alkohol, doch heute scheint er zu ahnen, dass er ihn brauchen wird. Vermutlich hat er Recht. Da ich die angespannte Stille kaum ertrage, ringe ich mich dazu durch etwas zu sagen: "Okay, was genau willst du wissen?" Ich weiß, dass es etwas unfair ist, wenn ich ihn das entscheiden lasse, weil ich ihn so prinzipiell überlisten könnte - stellt er nicht die richtigen Fragen, wird er auch nicht alles erfahren. Doch das tue ich nicht absichtlich, es ist wahrscheinlich eher eine Art Selbstschutz. Meine Vergangenheit ist keine, die man ans schwarze Brett hängt, um Zuhörer dafür zu gewinnen. Es ist eher etwas, was man in einer abgeschlossenen Kiste unterm Bett versteckt, ganz hinten in der Ecke, damit man nicht jeden Tag daran denken muss oder daran erinnert wird.  Was natürlich trotzdem geschieht. Erst nimmt Zlatan einen großen Schluck von seinem Schnaps, dann sagt er: "Ich möchte alles wissen, nicht nur das, was du mir zumuten willst. Wie war deine Familie, bevor es geschah? Was war dein Vater für ein Mensch, das Gleiche gilt für deine Schwester und Mutter. Wie war deine Kindheit? Was ist nach den Morden geschehen? Mit dir? Mir deinem Leben? Wieso bist du Ärztin geworden? Was fühlst du, wenn du an damals zurückdenkst? Was empfindest du, wenn die Panikattacken kommen? Und wieso hast du schon mehrmals versucht das Leben zu nehmen?" Stumm blicke ich ihn an. Er meint es ernst. Er will tatsächlich alles wissen. "Bist du dir sicher? Bist du dir sicher, dass du das aushälst?" Meine Stimme klingt kratzig, so als würde ich bereits mit den Tränen kämpfen- was der Wahrheit entspricht. "Kleines, ich habe das Gefühl, dass ich das wissen muss, um dich besser zu verstehen. Ich verurteile dich nicht für das, was du in der Vergangenheit getan hast oder für das, was du fühlst. Doch ich weiß kaum etwas von dir - das sollte anders sein, denke ich." Fragend sehe ich ihn an und entgegne dann: "Ich weiß auch nicht viel von dir, Zlatan." Es ist nicht die Wahrheit, er hat mir sehr wohl schon Dinge über sich, seine Familie und seine Karriere erzählt. Schon wieder versuche ich mich diesem Gespräch zu entziehen, aber Ibra scheint das zu merken, schüttelt den Kopf und sagt: "Du weißt, dass das so nicht stimmt. Davon abgesehen, beantworte ich dir gerne deine Fragen, aber fangen wir erstmal bei dir an. Bitte." Nun trinke ich doch einen Schluck Wein. "Wo soll ich anfangen?", frage ich leise. Ich weiß es wirklich nicht. Mein Herz klopft jetzt bereits schrecklich schnell und ich fürchte mich vor so vielen Dingen, die ich bisher verschwiegen habe. Dinge, die mich in einem anderen Licht dastehen lassen werden; Dinge, die dazu führen werden, dass er mich mit anderen Augen sehen wird.

"Am Anfang, sessa. Von vorn." Dabei schaut er mir lang und intensiv in die Augen. Es ist wieder so ein Moment, in dem ich das Gefühl habe, dass er in meine schwarze Seele zu blicken scheint. Doch genau das kann er momentan nicht vollständig, weil ihm Puzzleteile fehlen - Teile, die ich ihm erst zeigen muss. Die grausamen, bedrückenden Elemente meines Lebens, aber eben auch die schönen; die ich für mich behalten wollte. Im Prinzip mein Leben. Ich muss mein Leben, mit all seinen Höhen und Tiefen vor ihm ausbreiten. Er will wirklich alles wissen. Jedes noch so kleine Detail.

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Das klingt nach einem Gespräch, das Audrey viel abverlangen wird. Doch sie scheint bereit zu sein, sich dem auszusetzen, wenn sie auch noch zögert...

Was denkt ihr, wird da alles noch zutage kommen? Ist sich Zlatan bewusst, auf was er sich da einlässt?

Wie hat euch das Pitel gefallen?

Habt einen schönen Tag,
eure Mercy aka Floraly ❤

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