75.
Hey meine Süßen, bekommt Audrey ihre Verwirrung wieder in den Griff und wie geht es weiter? Viel Spaß beim Lesen! <3
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# Audrey #
Gestern Abend war die Hölle. Ich habe so krampfhaft versucht mich daran zu erinnern, wie sehr ich Zlatan liebe, dass mir irgendwann der Kopf weh tat. Er hatte natürlich von Davids Unfall gehört und erkundigte sich nach ihm. Ansonsten redeten wir nicht viel, meine Lust, die gestern noch kaum zu bremsen gewesen war, war verflogen. Ich war zu sehr mit mir und dem Durcheinander beschäftigt, was in mir wütete. Fast war ich froh, dass Zlatan früh ins Bett ging, weil er total kaputt vom Training war. So konnte ich dem Thema Bett und körperlicher Nähe aus dem Weg gehen. Ich will mich nicht entscheiden müssen, ich will doch eigentlich nur ihn. Wieso ist mit einem Mal alles so kompliziert? Seufzend kippe ich die dritte Tasse Kaffee hinunter, ich habe letzte Nacht nicht viel geschlafen und bin auf dem Weg zu Davids Zimmer, dem ich vor der Visite noch einen kurzen Besuch abstatten will. Hoffentlich geht es ihm besser.
„Guten Morgen!", ich bemühe mich fröhlich zu klingen, als ich sein Zimmer betrete, obwohl ich extrem müde bin und mich unter meiner Bettdecke verkriechen und nix von der Welt sehen will. Am Allerwenigsten eigentlich den brasilianischen Innenverteidiger, der mich leicht verschlafen anlächelt. „Hey", brummt er, seine Locken stehen wild in alle Richtungen ab und ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ein Blick in seine Akte verrät mir, dass er über Nacht stabil war und keinerlei Auffälligkeiten gezeigt hat. Gut so, dann kann er heute hoffentlich nach Hause und sich da ausruhen. Das ist für mich dann ebenfalls einfacher, wenn ich ihn nicht täglich untersuchen muss. „Na? Wie ist es dir ergangen? Wie geht es dir?", frage ich und schaue ihn erwartungsvoll an. Sein Grinsen wird breiter und er entgegnet: „Du hast nicht zu viel versprochen, die Krankenschwestern haben sich gut um mich gekümmert. Es geht mir gut." Na das kann ich mir vorstellen, denke ich mit einem angedeuteten Augenrollen, kommentiere das aber nicht weiter. Es ist erwiesen, dass sich Patienten, die gehegt und gepflegt werden, wesentlich schneller und besser erholen – darüber sollte ich nicht böse sein. „Keine Kopfschmerzen, keine Übelkeit?", hake ich nach, fixiere ihn, er verzieht kurz das Gesicht. „Naja, leichte Kopfschmerzen, aber sonst nix." Ich nicke, notiere das in der Akte und meine dann: „Na gut, ich bespreche das mit Dr. Dardys. Wir sehen nach der Visite weiter. Bis später!" Und bevor er seinen Charme auspacken kann, bin ich auch schon wieder draußen. Mein Herz klopft trotzdem schrecklich schnell und ich brauche eine Minute, um mich wieder zu fangen. Heute ist es zwar nicht mehr so schlimm, so intensiv das Gefühl, wie beim letzten Mal, aber es ist noch da. Es will nicht verschwinden.
Trotzdem lasse ich mir nichts anmerken in der Visite, stelle David wie jeden anderen Patienten auch vor und Dr. Dardys entscheidet dann zum Glück, was ich schon gehofft hatte – er darf nach Hause, muss sich aber mindestens eine Woche ausruhen. Das passt ihm natürlich nicht, aber nach einem strengen Blick meinerseits gibt er nach und verspricht sich dran zu halten. Die Erleichterung, die mich durchflutet, als er auf dem Weg nach Hause ist, ist groß. Ohne David in meiner Nähe zu wissen, kann ich mich ein bisschen entspannen und endlich durchatmen. Ich rede mir ein, dass dieses Gefühl, diese Anziehung verschwinden wird, dass sich das alles von alleine wieder regeln wird. Davon bin ich schließlich selbst so überzeugt, dass ich nach einem eher langweiligen Tag zufrieden in der Bahn sitze und nach Hause fahre. Zlatan kann mich die nächsten Tage nicht abholen, da er zusätzliche Trainingseinheiten absolvieren muss. Gestern war ich froh darüber, heute finde ich es furchtbar, allein auf der Couch zu sitzen und auf ihn zu warten. Meine Überredungskünste scheinen endlich zu fruchten und mein Herz scheint langsam zu kapieren, dass David keiner ist, mit dem es sich noch länger beschäftigen sollte.
Dementsprechend freue ich mich auch, als Zlatan irgendwann endlich zur Tür hereinstapft. Sofort springe ich auf, will ihm in die Arme fallen, als ich seinen Gesichtsausdruck sehe. Er wirkt ernst, etwas zerknirscht und definitiv nicht gut gelaunt. Abrupt stoppe ich ab, lasse die Arme sinken, denn ich kann meinen Augen nicht trauen. Hinter Zlatan marschieren seine beiden Jungs durch die Tür und mir wird komisch. Was wird das hier? Wie angewurzelt stehe ich im Wohnzimmer, die beiden Jungs gehen ohne Umschweife in ihr Zimmer und sagen mir nicht mal Hallo. Also über Erziehung kann man ja streiten, aber das ist unhöflich. Energisch feuert Zlatan seine Tasche in die Ecke, grummelt irgendwas und kommt dann auf mich zu. „Hey Kleines", sagt er leise, gibt mir einen Kuss auf den Mund, der glücklicherweise nicht so kalt und abweisend ist, wie der Ausdruck in seinen Augen. „Hey", murmle ich, ziehe ihn an seinem Shirt näher an mich und drücke meine Lippen erneut auf seine. Es mag unpassend sein, aber ich brauche das jetzt, ich brauche ihn und außerdem fürchte ich mich ein wenig vor der Erklärung, weshalb er seine beiden Söhne mitgebracht hat. Irgendwann löst Zlatan sich von mir, lächelt leicht, während er mich betrachtet. „Was machen Vinc und Max hier?", spreche ich das Offensichtliche an, Zlatan fährt sich durchs Haar und brummt: „Helena musste kurzfristig weg und hat mir keine Wahl gelassen. Es tut mir leid, dass das so überraschend kommt, es ging nicht anders." Argwöhnisch lege ich den Kopf schief und gebe zurück: „Für wie lange?" Schulterzuckend meint er: „Ich weiß es nicht genau. Ein paar Tage." Ich atme tief durch, bevor ich mich noch dazu hinreißen lasse, ihn anzumeckern. „Das ist, nunja – es ist eine Überraschung. Das stimmt. Wie stellst du dir das vor? Ich meine, ich kenne die beiden eigentlich überhaupt nicht!" Leider klingt das doch wie ein Vorwurf, was ich vermeiden wollte. Aber bevor ich meine Aussage entschärfen kann, sagt Zlatan leise: „Ich weiß. Ich wollte, dass ihr euch längst kennenlernt, aber dann war... Naja, dann warst du weg. Vielleicht sollten wir das als Chance sehen? Du wirst dich sicher gut mit den beiden verstehen", er gibt mir einen Kuss auf die Stirn, legt seinen Arm um mich, „Es ist mir wichtig, dass meine Kinder die Frau kennenlernen, mit der ich mein Leben teile."
Eine warme Gänsehaut wandert über meinen Nacken und ich schließe kurz die Augen, genieße diesen vergänglichen Moment der Zweisamkeit, der Nähe. Wahrscheinlich ist die Situation für uns beide nicht ganz leicht, wir wurden beide überfallen, was spricht dagegen das Beste daraus zu machen? Ich bin nicht sonderlich erfahren mit Kindern, oder eine von denen, die sofort verzückt aufschreit, wenn ein Kind in der Nähe ist, aber so schwer kann das doch nicht sein? Außerdem sind es nur ein paar Tage.
Meine positive Einstellung dem Thema gegenüber wird allerdings bereits beim gemeinsamen Abendessen gehörig auf die Probe gestellt. Erst wird über das Essen gemosert, dann werden zwar angeregte Tischgespräche gehalten, die Sache hat nur einen Haken – ich verstehe kein Wort, da Vinc und Max ausschließlich Schwedisch sprechen. Anfangs denke ich noch, dass es mich nicht stört, aber bereits nach fünf Minuten bin ich dermaßen genervt, dass ich mich wirklich zusammenreißen muss, um nicht loszubrüllen. Zlatan ermahnt seine Jungs zwar immer wieder, sie sollen doch gefälligst Französisch sprechen, aber die beiden interessiert das null. Es ist schrecklich unangenehm, ich fühle mich wie ein Eindringling und vor allem habe ich permanent das Gefühl, dass die über mich reden. Als Maximilian dann auch noch mit seiner Gabel auf mich zeigt, habe ich genug. Wortlos stehe ich auf, gehe in die Küche, genehmige mir ein Glas Wein, das ich in einem Zug austrinke. Wenn die beiden nicht hier wären, würde ich zum Wodka greifen, eigentlich brauche ich was Stärkeres. Mehrmals hole ich tief Luft, rede mir ein, dass ich das hier hinkriege, ohne auszuflippen. Nachdem ich mich gefangen habe, räume ich den Esstisch ab, Zlatan ist mit den beiden im Bad verschwunden, wahrscheinlich müssen sie bald ins Bett. Ich freue mich schon darauf, wenn die beiden Quälgeister endlich schlafen und ich Zlatan nicht mehr teilen muss. An meinen Muttergefühlen besteht eindeutig Handlungsbedarf, aber es sind eben auch nicht meine Sprösslinge. Denen würde ich ein solches Verhalten, wie die beiden heute an den Tag gelegt haben, sowieso nicht durchgehen lassen, aber ich werde vorerst meinen Mund halten – wie gesagt, es sind nicht meine Kinder. Es ist noch viel zu früh, um Zlatan diesbezüglich zu kritisieren.
Kaum hat sich Zlatan neben mich auf die Couch fallen lassen, da kräht einer der beiden aus dem Kinderzimmer nach ihm. Oh Mann. So geht das drei Mal. Beim vierten Mal wird Zlatan leicht ungehalten und danach ist endlich Ruhe. Trotzdem überrascht es mich, wie viel Geduld er vorher an den Tag gelegt hat. Aber irgendwann ist eben Schluss. Wir sitzen noch eine Weile auf der Couch, schweigen. Keiner von uns will über das sprechen, was jetzt im Raum steht. Denn Zlatan wird an meiner Laune gemerkt haben, dass ich nicht sonderlich glücklich mit der Situation bin.
„Wäre es möglich, dass ihr in meiner Gegenwart kein Schwedisch sprecht? Das nervt!", platzt es irgendwann doch aus mir heraus, Zlatan seufzt. „Ich weiß, entschuldige. Ich glaube, die beiden testen ein bisschen ihre Grenzen aus. Vor allem Max benimmt sich manchmal in letzter Zeit unmöglich, dabei ist er noch viel zu jung für die Pubertät. Tut mir wirklich leid. Ich werde es versuchen", entschuldigt sich Zlatan und gibt mir einen Kuss. Grummelnd lehne ich mich an ihn. Ich glaub, ich bin kein solches kinderliebes Frauchen, das denen alles durchgehen lässt und drüber lacht.
Als Zlatan und ich im Bett liegen wird mir klar, dass unser Besuch noch ganz andere Auswirkungen hat – hier wird gar nix laufen, wenn seine Söhne im Nebenzimmer schlafen. Ich frage mich eh, wie Paare mit Kindern das anstellen. Parken die die dann woanders und lassen es in der kinderfreien Zeit krachen oder wie? Missmutig mustere ich Zlatan, der oberkörperfrei auf der Bettkante hockt und irgendwas auf seinem Handy tippt. Allein sein muskulöser Rücken macht mich schwach, das ist doch unfair, dass ausgerechnet jetzt Max und Vinc da sein müssen! So bekomme ich nie das, was ich will. Es gibt echt Schöneres, als sich permanent zusammenreißen zu müssen, denn eigentlich wäre mir heute Nacht sehr danach Zlatan anzuspringen und endlich eine Wiederholung der Silvesternacht einzuleiten. Aber daraus wird nix. Als wir nebeneinander liegen, verlässt mich der Mut. Auf so eine peinliche Aktion, von wegen wir sind grad richtig bei der Sache und dann steht plötzlich ein Kind vor mir, kann ich verzichten. Also lasse ich meine Hände brav auf meiner Seite und zwinge mich an unromantische, unerotische Dinge zu denken, um endlich dieses unerhörte Ziehen in meinem Unterleib loszuwerden, das mich ununterbrochen daran erinnert, was ich lieber tun würde – mit Zlatan schlafen.
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Argh... Da kriegt Audrey es hin, sich emotional endlich wieder auf Zlatan zu konzentrieren und dann das? Ganz mieses Timing... In dem Fall sind die beiden Sprößlinge echt ein Lustkiller, Audrey ist ja eh nicht so begeistert von der Situation.
Kann man das verstehen? Schon oder?
Wie wird Audrey nun damit umgehen? Vor allem mit den zwei Kiddis? ^^
Hat euch das Kapitel gefallen?
Alles Liebe,
eure Floraly <3
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