74.
Huhu meine Herzchen, es geht weiter... Und es wird aufregend - versprochen! Viel Spaß! <3
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# Audrey #
Am nächsten Tag werde ich unverhofft zum Coup de France-Spiel abkommandiert, welches am späten Nachmittag stattfinden soll. Bisher habe ich meinen Chef nur zu den Spielen in der Ligue 1 begleitet, aber ich beschwere mich lieber nicht, wenigstens bin ich noch dabei und nicht schon aus dem Betreuerteam geflogen. Trotzdem kriege ich einen kleinen innerlichen Kreischanfall, als Tessa plötzlich neben mir auftaucht, kurz bevor unsere Arbeit beginnt. „Upps, sorry, hab mich verlaufen!", kichert sie, ich ziehe nur die Augenbrauen hoch und schweige. „Ach da sind Sie ja beide! Es geht los, die Damen! Wir haben zu tun!", begrüßt uns Dr. Dardys, der auf einmal aus einem Nebenraum kommt. Gott, der Mann hat auch das Talent einen zu erschrecken.
„Audrey!", quakt es mir da ins Ohr, ein starker Arm legt sich um mich und ehe ich mich wehren kann, hängt David Luiz mit seinen 85 kg an mir. Wie aus dem Nichts! „Was erschreckst du mich so?", nörgle ich, aber sein Grinsen ist ansteckend, also lasse ich die schlechte Laune mal da, wo der Pfeffer wächst und schmunzle. „Na dann haben Sie Ihren Patienten ja schon gefunden, Mademoiselle!", erklärt mir mein Boss, ich werde rot, weil ich immer noch mit dieser Klette da stehe, denn David denkt gar nicht daran seinen Arm mal wieder wegzunehmen. Der reckt nur seine Hand hoch und meint: „Siehst du, jetzt musste ich nicht mal ins Klinikum kommen, weil du hier bist!", strahlt David mich an und in dieser Sekunde bin ich froh, dass Zlatan heute Nachmittag Einzeltraining hat. Der würde das hier nicht so witzig finden.
„Na dann los", seufze ich gespielt, schiebe David an den anderen vorbei, hier bricht allmählich der übliche Trubel vor einem Spiel aus. Tessas Blick bohrt sich regelrecht in meinen Rücken, aber ich ignoriere das. Brav lässt mich David seine Hand untersuchen, dass er dabei leicht lächelt, versuche ich zu übersehen. „Hast du noch starke Schmerzen?", frage ich ihn, während ich die Schiene wieder anlege, er schüttelt den Kopf. „Nein, es geht." Gerade will ich aufstehen, da will er wissen: „Geht es dir wieder besser?" Verwundert sehe ich ihn an. Es ist das erste Mal heute, dass ich mich traue, ihm in die Augen zu sehen. Sofort durchfährt mich dieser warme Schauer, den ich hatte vermeiden wollen, mein Puls beschleunigt sich und ich fühle mich schon wieder so merkwürdig. So, als würde die Zeit stehen bleiben. „Ich, ähm, ja. Danke", stammle ich leicht überfordert, werde rot, kann mich aber trotz allem nicht von seinen Augen abwenden. Sie fesseln mich. „Dann ist's ja gut", raunt David mir beim Aufstehen zu, kurz ruht seine Hand auf meiner rechten Schulter, „Unglücklich kann ich dich nämlich nicht sehen." Die Wärme seiner Hand verblasst, als er mich loslässt, wie angewurzelt sitze ich da, während er hinausgeht. Das ist nicht gut, was hier mit mir geschieht. Das darf nicht sein. Zlatan und ich haben uns wieder zusammengerauft, ich sollte also locker bleiben können, wenn David wieder versucht seinen Charme auszuspielen, aber das ist nicht so leicht. Bei seinem Lächeln und der warmherzigen Art. Da ist er ganz anders als Zlatan.
Seufzend reiße ich mich von meinem Gedanken los und mache mich wieder auf den Weg nach draußen. Allzu viel Zeit bleibt nicht mehr, bis da Spiel beginnt. Auf dem Gang treffe ich wieder auf Tessa, die gerade Thiago etwas zu offensichtlich anschmachtet. Na Hauptsache Profifußballer oder was? Hat sie nicht gesagt, sie hat einen Freund? Hinter mir quetscht sich jemand an mir vorbei, als ich mich umdrehe, zwinkert David mir zu und verschwindet dann wieder in der Umkleide. Oh Gott, er muss damit aufhören. Bitte.
Schweigend setze ich mich neben Tessa auf die Ersatzbank, sie hat sich meinen Platz neben Monsieur Dardys gekrallt. So viel zu verdrängt und ausgetauscht werden. Etwas gelangweilt höre ich mit halbem Ohr zu, wie unser Chef ihr etliches erklärt. Sie hat gefühlt noch weniger Ahnung von Fußball als ich am Anfang, nunja. Das Spiel zieht sich, die Gegner gehen es unnötig hart an und verschonen wirklich keinen der Jungs vom PSG. Bisher ist ein Eingreifen unsererseits glücklicherweise nicht notwendig gewesen, was sich allerdings kurz vor der Halbzeit schlagartig ändert. Ich sehe noch, wie David sich abstemmt, hochspringt, um einen Kopfball zu erreichen, doch anstatt des Balls macht er Bekanntschaft mit der Schulter und dem Ellenbogen seines Gegners. Und das mit solcher Wucht, dass ich mir einbilde sein Nasenbein brechen zu hören. Reglos bleibt David mit dem Gesicht nach unten liegen, ich bin schon in Lauerstellung, bereit loszurennen. Endlich kommt das Zeichen und ich flitze los. Noch immer bewegt David sich nicht, Thiago beugt sich besorgt über ihn, tätschelt seine Wange, worauf er nicht reagiert. Ich bin als Erste bei ihm, kniee mich neben ihn, klopfe ihm kräftig auf die Schulter. „David? David komm schon!", rufe ich laut, ich werde unruhig, bekomme es allmählich mit der Angst zu tun, als er endlich seine Hand bewegt und langsam den Kopf zu mir dreht. „Audrey", stöhnt er leise, in seinen Augen schimmern Tränen, seine Nase blutet. Mittlerweile sind auch Dr. Dardys und Tessa dazugekommen, alle reden durcheinander, ich beuge mich zu David hinunter, sehe ihm tief in die Augen und frage ihn: „Kannst du dich aufsetzen? Wo hast du Schmerzen?" „Mein Kopf", brummt er, dabei wirkt er leicht weggetreten. Ohne abzuwarten, brülle ich den Sanitätern zu: „Die Trage!" Mein Chef redet auch auf David ein, der lässt mich aber nicht aus den Augen. Vorsichtig wird er auf die Trage geschoben, da will er sich aufsetzen, ehe die Sanis ihn vom Feld tragen können. „David, lass das! Wir müssen dich untersuchen!", schimpfe ich, das Blut perlt über sein Trikot, sein glasiger Blick ist besorgniserregend und da sinkt er auch schon nach vorn in sich zusammen, keucht vor Schmerz und greift sich an den Kopf. Verflucht. Intuitiv hocke ich mich wieder hin, ziehe vorsichtig seine Hand weg, meine linke Hand liegt auf seinem Rücken, die rechte streicht ein paar Mal über seine Brust und dazu sage ich leise zu ihm: „Beruhige dich, wir kümmern uns um dich. Das wird alles wieder!" Dann drücke ich ihn langsam zurück in die liegende Position, damit er endlich vom Feld getragen und behandelt werden kann. Während wir vom Ärzteteam neben der Trage hereilen, ergreift David meine Hand und lässt sie auch nicht mehr los.
Noch bevor David vernünftig untersucht werden kann, reihert er Tessa einmal ordentlich vor die Füße. Na ne Gehirnerschütterung hat der Arme definitiv. Fast bin ich traurig, dass er nicht besser gezielt hat, dann wären ihre Schuhe jetzt wirklich hin. Auf Dr. Dardys Anweisung soll sie David untersuchen. Ächzend wischt sich David den Mund ab, lässt sich wieder auf die Liege fallen, auf welche er bugsiert wurde. „Audrey!", jammert er benommen, was von allen irritiert vernommen wird. Ich habe aber in diesem Augenblick keine Zeit für Erklärungen oder mir darüber den Kopf zu zerbrechen, wie das wirken könnte. Deshalb schiebe ich Tessa zur Seite, steige auf Zehenspitzen über die Lache Erbrochenes, die kurz darauf von irgendwem weggewischt wird und kümmere mich um Luiz. „David, du musst ein bisschen mitmachen, okay?" Wieder hat er meine Hand genommen, nickt aber mit halbgeschlossenen Augen. Danach untersuche ich ihn gründlich, unter der Beobachtung von meinem Chef und Tessa, mit dem Ergebnis, dass der liebe Herr Verteidiger mit ins Klinikum muss und dann ab ins CT. Er hat während der Untersuchung immer wieder so Aussetzer, die mir Sorgen machen und dringend abgeklärt werden müssen. Seine Nase scheint nicht gebrochen zu sein, immerhin. Ausgerechnet Tessa soll mit ins Klinikum fahren, genervt schlucke ich meinen Frust runter, da meldet sich der angeschlagene David Luiz zu Wort: „Nee, nee, nee! Audrey macht das!", wehrt er sich verbal, ich laufe tiefrot an. Dass er diese Sonderbehandlung selbst in seinem Zustand einfordert, überrascht selbst meinen Chef, der nachgibt: „Na gut, dann Sie, Mademoiselle Audrey. Rufen Sie an, wenn die Bilder fertig sind!"
Zum Glück bessert sich Davids Zustand bereits auf dem Weg ins Klinikum, er redet wieder klar, ist nicht mehr so benommen und merkwürdig drauf. Trotzdem wird das Kopf-CT gemacht, zu meiner Erleichterung sind keine Auffälligkeiten festzustellen. Ich informiere meinen Chef umgehend, wir besprechen kurz das weitere Vorgehen, bis ich wieder zu Luiz zurückkehre, der in einem Einzelzimmer Däumchen dreht und mir schon mehrmals mitgeteilt hat, dass er nach Hause will.
„Du hast Glück gehabt", beginne ich, setze mich auf seine Bettkante und lächle ihm kurz zu, „du scheinst wirklich nur eine leichte Gehirnerschütterung zu haben. Trotzdem behalten wir dich 24 Stunden hier zur Beobachtung." Beim letzten Absatz stöhnt David auf und zieht eine Grimasse. „Muss das sein?", jammert er, ich nicke. „Ja, das muss sein, tut mir leid. Wird schon nicht so schlimm, die Mädels werden sich gut um dich kümmern!", lache ich, denn ich weiß, dass er aufgrund seiner Art sehr beliebt ist und die jungen Schwestern sich wahrscheinlich darum reißen werden ihn zu umsorgen. Ihm wird es an nichts fehlen. „Na gut", murmelt er zerknirscht, ich erhebe mich und will mich von ihm verabschieden, da greift er wieder nach meiner Hand. Sein Blick dringt bis in mein Herz, mir stockt kurz der Atem. Trotz des sich bereits abzeichnenden Veilchens unter dem linken Auge und seiner ramponierten Frisur sieht er immer noch passabel aus. Gute Gene sind das, das muss man ihm lassen. „Danke, Audrey", sagt er leise, sein Lächeln ist wirklich herzerweichend und ich muss mich zusammenreißen, um ich nicht zu knuddeln, denn er wirkt so, als bräuchte er das. „Gerne, ich hab nur meinen Job gemacht", behaupte ich, aber er drückt meine Hand und wiederholt: „Danke." Mit roten Wangen erwidere ich: „Ich sehe morgen früh nach dir, ich hab jetzt Feierabend. Wenn was ist, klingelst du nach einer Schwester, okay?" „Alles klar", nickt er, dann verabschiede ich mich und verlasse sein Zimmer.
Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, lehne ich kurz mit dem Rücken dagegen, schließe die Augen, atme tief durch. Mein Puls beruhigt sich allmählich und ich versuche mich zu konzentrieren. Als David vorhin so regungslos auf dem Platz lag, hab ich solche Angst gekriegt, solche scheiß Angst, dass er sich wirklich ernsthaft verletzt hat. Es war nicht diese schon bekannte Sorge, die mir in meinem Job häufiger begegnet ist, nein ich habe Angst um ihn gehabt. Um David. Ich mag ihn, das muss ich mir eingestehen und wäre ich nicht mit Zlatan liiert – er hätte definitiv Chancen mein Herz zu erobern. Und eben diese Tatsache beschert mir Kopfzerbrechen. Wieso jetzt? Wieso reagiere ich so auf seine Annäherungsversuche? Was verspricht sich mein Herz davon? Denn realistisch betrachtet, habe ich den Mann meines Lebens längst getroffen, Zlatan. Warum ist mein Herz damit plötzlich nicht mehr zufrieden? Wieso reicht es nicht mehr? Ich weiß, dass ich die Antwort kenne. Die Wahrheit tut weh und mir bewusst zu werden, dass ich dabei bin, mich trotz allem emotional von Zlatan zu entfernen, trifft mich wie ein Blitzschlag. Wir sind dabei uns zu verlieren. Unsere eigentlich so intensive und unantastbare Verbindung löst sich scheinbar unaufhaltsam auf.
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Uhm... hoppla... Ist das nur eine Momentaufnahme, womöglich empfindet Audrey nur so, weil sie sich solche Sorgen um David gemacht hat? Wer weiß...
Allerdings sollte Zlatan ein Auge auf seine Audrey haben, und nicht nur große Reden schwingen - vielleicht wird sie dann die Unsicherheit los, die noch immer in ihrem Herzen sitzt.
Wie hat euch das Kapitel gefallen? Lasst es mich wissen : )
Alles Liebe,
eure Floraly <3
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