44.
Halluuuuu, meine Herzis <3
Es geht weiter! Bin unheimlich gespannt, was ihr zu dem Pitel sagt o.O
Viel Spaß! <3
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# Audrey #
Grummelnd starre ich meinen Kaffee an. Ein bisschen beleidigt bin ich wegen der Aktion von Zlatan letzte Nacht ja doch. Da hört der einfach auf! Das macht der nicht nochmal mit mir, das schwöre ich! „Na, wieso bist du schon wach?", säuselt mir die Testosteronbombe ins Ohr und ich weiche seinen Lippen aus, die er mir auf die Wange drücken wollte. „Was? Schlecht geschlafen?", fragt er irritiert und ich sehe ihn an. „Schlecht geschlafen? Dein Ernst? Was sollte das denn gestern?", zicke ich und funkle ihn bitterböse an. Wenn man eine Frau um ihren Höhepunkt bringt, muss man auch mit ihrem Groll leben. Ganz einfach. Zlatan wird leicht rot und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Ähm... Sorry." Schnaubend will ich an ihm vorbei, doch er streckt seinen langen Arm aus und zieht mich dann an sich. „Nun mach mal kein Drama draus, Kleines. Es ging nicht anders", raunt er mir zu und sein warmer Atem an meinem Hals verursacht bei mir eine starke Gänsehaut. Meine Libido wird in diesem Moment ebenfalls wach. Erschrocken über mich und seine Wirkung, konzentriere ich mich auf den gefliesten Boden unter mir.
„Ich muss los, Zlatan. Quassel mich nicht voll", brumme ich und befreie mich aus seinem Arm. „Wo genau willst du denn hin?", schmunzelt er und trinkt einen Schluck Kaffee. „Ja, zur Klinik, du Depp! Wohin denn sonst?" Welch schöner Start in den Tag. Als er dann auch noch so arrogant guckt und den Kopf schüttelt, wird es mir zu bunt. Ich bin müde, wurde gestern einem sicherlich verdammt guten Orgasmus beraubt und habe meinen ersten Kaffee noch nicht ausgetrunken, er bewegt sich auf sehr dünnem Eis! „Was genau soll das jetzt, Zlatan?!", gifte ich ihn an und mein Puls geht schneller, meine Wangen röten sich und ich merke, ich werde grade richtig sauer. „Ich frage mich nur, was du im Klinikum willst." Sein blödes Grinsen treibt mich gleich zur Weißglut. „Wärst du so freundlich, mir zu erklären, was so lustig daran ist?" Meine Stimme bebt bereits vor aufkommendem Zorn durch seine Überheblichkeit und den Frust, den er gestern Nacht gesäht hat. „Na da ist aber jemand zickig heute Morgen. Hast du deine Tage oder was?", stichelt er frech und ich zeige ihm den Mittelfinger. Nein. Aber das Thema geht ihn aber überhaupt nichts an. „Audrey, du Zicke. Wir haben ein Auswärtsspiel. In Montpellier. In drei Stunden sitzen wir im Flieger und du auch. Könnte es sein, dass du das vergessen hast?" Erwischt. Mit einem letzten grimmigen Blick gehe ich ins Wohnzimmer und höre ihn hinter mir laut lachen. „Na da hab ich ja was angerichtet", murmelt er wenige Augenblicke später, steht hinter der Couch und hat sich zu mir herunter gebeugt. Zärtlich küsst er die empfindliche Stelle unter meinem rechten Ohr und fügt hinzu: „Das sollte ich mir wohl merken, dass du da unleidlich wirst." Böse starre ich ihn an. „Übertreib es nicht, Zlatan. Sonst gibt es gleich einen Grund, weshalb du nicht mal den Weg in den Flieger schaffst!", warne ich ihn und schiebe seine Hand weg, die er auf meine Schulter gelegt hat. „Na, na, na, reg dich ab, Kleines." Angepisst drehe ich mich zu ihm um und fauche: „Nenn mich nicht Kleines! Blödmann!"
Danach ist Ruhe. Zlatan hat kapiert, dass er mich lieber in Frieden lässt und wir machen uns schweigend auf den Weg zum Trainingsgelände, von welchem aus der Bus zum Flughafen abfährt. Zwei Straßenecken vorm Gelände hält er an. „Aussteigen", brummt er und ich blicke ihn entgeistert an. „Was?! Ey, da muss ich locker noch 15 Minuten laufen bis ich da bin!" „Los, raus", knurrt er nur und ich schnappe mir stinkwütend meine Tasche, steige aus und knalle die Tür zu. Verdammtes Arschloch! Mit hochrotem Kopf eile ich zum Trainingscenter und versuche mich zu orientieren. Das Arschgesicht hat mir nicht einmal gesagt, wo genau ich hin muss! Da gibt man ihm einmal Kontra und er mutiert zur Monsterzicke. Zlatan würdige ich keines Blickes als ich endlich am Bus ankomme, das hat noch ein Nachspiel! Geladen wie ich bin, schmolle ich während der Fahrt und auch später während des Fluges still vor mich hin und höre Musik.
Die Spieler sind alle bester Laune und auch Zlatan lässt den Clown raushängen. Als ob. Monsieur Dardys beginnt in Montpellier leider dann doch mich mit Informationen zu überschütten, die ich gar nicht alle aufnehmen kann. Überfordert hänge ich regelrecht an seinem Rockzipfel und stolpere ihm hinterher. Im Stadion langweile ich mich beim Abschlusstraining und werfe Zlatan jedes Mal einen bösen Blick zu, wenn er an mir vorbei läuft. Aber den Superstar stört das gar nicht, der ignoriert mich nämlich komplett. Das kommt einer Kriegserklärung gleich und ich überlege jetzt schon fieberhaft, wie ich mich an ihm rächen kann für dieses Benehmen. So geht er nie mit mir um und er soll das gefälligst lassen. Mich behandelt man nicht wie Luft. Vor allem nicht, wenn man gestern noch kurz davor war, mich flachzulegen! Der Kaffee schmeckt furchtbar und ich steigere mich immer mehr in meine schlechte Laune hinein. Nur mühsam verfolge ich, was die Spieler da auf dem Platz veranstalten und was mein Chef mir alles erzählt. Der hat heute Morgen scheinbar was im Kaffee gehabt, so gesprächig wie der ist.
Danach werden wir zurück in die Unterkunft gebracht, die Jungs regenerieren ein bisschen, ich laboriere mit meinem Chef an dem einen oder anderen Wehwehchen herum. Doch zwischen Zlatan und mir herrscht solch eine frostige Stimmung, das ist ekelhaft. Er schweigt, ich schweige und er sieht mich nicht mal mehr an. Wie ich es schaffe, ruhig zu bleiben, weiß ich selbst nicht. Zurück im Stadion hat sich an der Situation zwischen uns beiden nichts geändert. Als mich Dr. Dardys eine Stunde vor Anpfiff in einen der Räume ruft, die für die Behandlung der Spieler vorgesehen sind, muss ich tief durchatmen, weil natürlich Ibra dort sitzt. Einen Eisbeutel hat er auf dem Knie und auch seine Miene verfinstert sich, als sich unsere Blicke treffen. „Gucken Sie sich bitte Zlatans Knie an, ich muss schnell zu Silva", erklärt mir mein Chef knapp und ich beobachte angespannt, wie Zlatans Kiefer mahlen und er mich grimmig fixiert. „Was ist passiert?", frage ich streng und Zlatan schweigt. „Hallo? Sagst du mir bitte mal, was passiert ist?", wiederhole ich meine Frage und muss mich am Riemen reißen, um ihn nicht zu schütteln. Der ist so trotzig wie ein kleines Kind! „Bin weggerutscht. Ist nicht schlimm", knurrt er und beäugt jeden meiner Handgriffe ganz genau. Sein Knie scheint in Ordnung zu sein. Glück gehabt. Zur Sicherheit klebe ich doch ein paar Kinesiotapes drauf und drücke ihm eine Bandage in die Hand. „Zur Sicherheit", meine ich, doch er schüttelt den Kopf. „Niemals." „Wieso nicht? Weil ich es sage, oder was?", fauche ich ihn in gedämpfter Lautstärke an und wieder baut sich meine unbändige Wut auf. Unsere Nasenspitzen berühren sich fast, weil ich mich so nah zu ihm gebeugt habe. Hart umfasst er meine Handgelenke und funkelt mich unerbittlich an. „Nein, aber damit werde ich nicht spielen. Ganz einfach. Das hat rein gar nichts mit dir zu tun." „Wenn du mich nicht augenblicklich loslässt, kriegen wir beide gleich Stress miteinander", drohe ich mit gepresster Stimme, er erhöht nur noch den Druck auf meine Handgelenke. Mein linker Arm brennt wie Feuer und meine Wunden schmerzen mit einem Mal so heftig, dass ich mir fast auf die Zunge beißen muss, dennoch sammeln sich die ersten Tränen in meinen Augen. „Fang jetzt bloß nicht an zu heulen", sagt er hart zu mir und sieht mich eindringlich an. „Du verdammtes, arrogantes Arschloch!", zische ich zornig und versuche mich zu befreien. „Pass auf, was du sagst, Audrey! Du könntest es bereuen!", warnt er mich mit einem bitteren Tonfall und drückt noch stärker zu. Schmerzerfüllt keuche ich kurz und schließe die Augen. „Lass mich los!", zetere ich nun etwas lauter und er löst seinen Griff, sodass ich nach hinten taumle. „Du hast nicht mehr alle Latten am Zaun!", pampe ich ihn an und schleudere ihm das restliche Tape vor die Füße. Vor Zorn bebend verharre ich einen Moment und er steht auf. „Ich kann mich nur wiederholen, Schätzchen. Pass auf, was du sagst." Auch wenn ich es nicht leiden kann, wenn er sich so vor mir aufbaut und seine kräftige Statur mich automatisch einschüchtert – ich werde nicht kuschen und mich entschuldigen oder sonst was! „Wieso? Willst du mir zur Abwechslung mal wieder drohen?", gebe ich eiskalt zurück, koche aber innerlich schon und balle die Fäuste.
Er hat sich den falschen Tag dafür ausgesucht. Heute bin ich schon mies gelaunt aufgestanden, das sind Tage, an denen sollte man mich nicht zu sehr reizen. Auch ich kann unberechenbar sein. Nicht nur er. „Sieh zu, dass du auf den Platz kommst, du Großkotz!", motze ich ihn an und strecke den Arm aus, um den Abstand zwischen uns zu wahren. Aber die Rechnung habe ich wieder ohne den 1,95m-Mann gemacht, der meinen Arm nach unten drückt, als wäre er ein Streichholz und mich weiter nach hinten drängt. Immer und immer wieder zieht er diese Show ab. Ich hasse das! „Lass es einfach, Zlatan. Heb dir das für deine Gegner auf", murmle ich und weiche seinem Blick nun doch aus. Zu intensiv ist es, wie er in das endlose Schwarz, die tiefen Abgründe blickt und dabei nicht einmal mit der Wimper zuckt. Ich will ihm diesen Blick jetzt auch nicht erlauben, dafür ist die Stimmung viel zu widerlich zwischen uns. Dennoch schneidet er mir den Weg ab und dreht mein Kinn zu sich. Seine warme Hand erinnert meine Haut sofort an gestern Nacht und ich seufze entnervt. „Lass mich!", gifte ich ihn noch einmal an und ignoriere mein wie wild rasendes Herz, das ihm näher sein will als es mein verletzter Stolz und mein Ego zulassen. „Du brauchst es aber dringend oder?", knurrt er und seine Iris blitzt gefährlich auf, was mir einen Schauer über den Rücken jagt. „Was?", krächze ich mit belegter Stimme und starre an ihm vorbei. „Du bist doch mittlerweile so sexuell frustriert. Dir muss man es nur mal so richtig besorgen, dann wirste wieder handzahm." Mein Körper reagiert, bevor mein Kopf es versteht. Klatsch. Die Ohrfeige hat er verdient. Verächtlich funkle ich ihn an und mein Herz wird erneut fast zerfetzt von der Brutalität, von der Härte und Eiseskälte, die er mir gegenüber an den Tag legt. „Du- du, du bist...", stammle ich und er grinst mir nur dreist zu, „das Letzte!" Mein Kopf scheint sich nicht mehr orientieren zu können, mir wird schwindelig, weil mein Puls so rast und mein Herz dadurch ins Stottern gerät. Entsetzt über diese ekelhafte Seite von ihm, verlasse ich fluchtartig den Raum und knalle die Tür hinter mir zu.
Nach Atem ringend stürze ich in die Damentoilette und sperre schnell die Kabinentür hinter mir zu. Wehe, du heulst jetzt, Audrey! Wehe! Absichtlich beiße ich mir in die Wange, um es aufzuhalten. Nach einigen Minuten habe ich mich wieder gefangen und gehe hinaus in der Gang, in dem die Spieler warten, quetsche mich an ihnen vorbei und gehe zu meinem Chef, der schon auf der Ersatzbank sitzt. Er wirft mir einen tadelnden Blick zu, weil ich erst jetzt auftauche. Doch dieser Blick interessiert mich im Moment nicht, noch immer holpert mein Herz, wenn ich an Zlatans widerwärtigen Spruch denke. Ich bin nicht sexuell frustriert. Ja, ich hatte lange keinen Sex mehr, na und? Das muss man doch nicht benutzen, um jemanden zu verletzen. Denn das wollte er, er wollte es als Schwäche auslegen – was vollkommener Schwachsinn ist! Brodelnd sehe ich zu, wie die Jungs der Mannschaft, um die ich mich kümmere, Montpellier niedermetzeln. Zlatan schießt in der ersten Halbzeit das erste Tor. Cavani zieht nach. Dementsprechend gut ist in der Halbzeit die Stimmung. Dieses Mal halte ich mich fern von einer Begegnung mit dem Stürmerstar, für den ich momentan nur Verachtung übrig habe und sehne mich nach einem Bad und einer Zigarette. Die Stimmung im Stadion kocht erneut hoch, als Zlatan in der 47. Minute das 3:0 erzielt und sich danach wie ein Urmensch gebärdet. Oh Gott. Beschämt sehe ich weg. Und mit dem bin ich gestern fast im Bett gelandet? Peinlich berührt nestle ich am Bund meiner Jacke herum und hoffe, dass niemals jemand davon erfahren wird. Das wäre mein Ende. Wieder kreischen die Mengen. Wieder Ibra. Meine Güte, der ist ja in Hochform heute. Argwöhnisch sehe ich mit an, wie sich Zlatan kurz vorm Abpfiff mit einem der Abwehrspieler von Montpellier anlegt. Zlatan bringt seine ganz besonders liebreizende Seite zutage und sieht aus, als würde er dem anderen gleich den Kopf abreißen wollen. Ein Handgemenge wird nur durch seine Teamkollegen vermieden. So ein aufbrausendes Gemüt. Aber das kenne ich ja schon. Bei dem 4:0 bleibt es dann auch.
Ich verlasse als Letzte die Ersatzbank und gehe wieder ins Stadioninnere. Bis auf Zlatan und den eben genannten Abwehrspieler ist niemand im Aufgang der Spieler zu sehen. Die beiden schnauzen sich laut und aggressiv an, gestikulieren aufgebracht. Da ich dringend mal wohin muss, quetsche ich mich zwischen beiden vorbei. Das hätte ich nicht tun sollen. Denn exakt in diesem Moment, als ich dazwischenstehe - rastet der Kerl aus Montpellier aus, stürzt mit einem hasserfüllten Gesichtsausdruck nach vorn. Er scheint Zlatan eine verpassen zu wollen, erwischt aber stattdessen mich hart an der Schulter, sodass ich das Gleichgewicht verliere und mit dem Gesicht voran gegen die Wand des Gangs krache. Zu spät schaltet mein Körper und ich kann mich nur halb mit den Händen abstützen und spüre wie mein Kopf gegen den Beton donnert. Gestürzt bin ich nicht, aber meine Knie sind dennoch sehr weich vor Schreck. Meine Schläfe schmerzt pochend, meine Schulter durchfährt ein Ziehen und ich drehe mich wacklig um. Zlatan hat sich halb zu mir umgedreht, einen Arm ausgestreckt, als wollte er mir die Hand reichen und mit der anderen fuchtelt er aufgebracht vor der Nase des Bullys herum. Wütend schreit er den Typen an, der ihn immer weiter provoziert. Mittlerweile sind einige Spieler und Betreuer hinzugekommen und versuchen die beiden Streithähne auseinanderzuhalten.
Ächzend stütze ich mich von der Wand ab und will das Ganze beenden. Wieso ich so dumm bin? Eher naiv. Trotz meines etwas unsicheren Stands baue ich mich vor Zlatan auf und stemme meine Hände gegen seine Brust, weil dieser so wirkt, als würde ihm gleich endgültig eine Sicherung durchbrennen. Bis in die letzte Faser angespannt und fuchsteufelswild krakeelt er noch immer in Richtung des Abwehrspielers aus der gegnerischen Mannschaft, welcher ebenfalls lautstark zurückbrüllt und ihm droht. Da ich mit dem Rücken zu dem Kerl aus Montpellier stehe, bemerke ich nicht, wie dieser sich urplötzlich losreißt und erneut auf Zlatan zuprescht. Wieder stehe ich mittendrin, bekomme dieses Mal einen schweren Schlag in den Rücken und werde weggestoßen. Panisch schreie ich auf, Schmerz und Angst vermischen sich zu schnell, dass ich noch reagieren könnte. Nur durch Zlatans geistesgegenwärtige Reaktion mache ich nicht erneut Bekanntschaft mit etwas, was mir das Genick brechen könnte. Bevor ich falle, greift er nach meinen Handgelenken und hält sie fest. So rutsche ich zwar weg, aber ich lande wesentlich sanfter auf meinem Hintern, als es sonst der Fall gewesen wäre.
Zum Glück schirmen Ibras Mitspieler den anderen wie eine Mauer ab und so kann dieser Zlatans unaufmerksamen Moment nicht nutzen, um ihm doch noch eine reinzuhauen. Zlatan hilft mir auf, mustert mein verschrecktes Gesicht, seine Augen weiten sich und fährt ruckartig herum und donnert etwas Unverständliches in die Richtung seines Kontrahenten. Doch er lässt meine Hände nicht los und stellt sich dann schützend vor mich, geleitet mich so aus dem entstandenen Chaos. Ängstlich kralle ich mich an sein Trikot, um ihn nicht in diesem Gewusel zu verlieren und noch eine aufs Dach zu kriegen.
Mein Schädel dröhnt, mein Herz jagt wie von Sinnen vor Aufregung in meiner Brust, ich zittere und verstehe gar nicht so genau, was eigentlich passiert ist. Dafür ging es zu schnell. Meine rechte Schläfe fühlt sich seltsam warm an. Meine Hand tastet vorsichtig dorthin. Blut. Seufzend trotte ich nun neben Zlatan her, der seinen Arm vorsichtig um meine Schultern gelegt hat. Wir gehen an der Kabine vorbei, aus der das Gröhlen der übrigen Spieler dringt, die drehen total durch. Das verwirrt mich ein wenig. Ich dachte, die gewinnen ständig?
„Doc, können Sie sich das mal angucken?", fragt Zlatan meinen Chef, der mich entsetzt ansieht. „Mademoiselle! Was ist denn passiert?!" „Das war dieser Penner von Montpellier!", knurrt Zlatan, dessen Hand noch immer gegen mein Kreuz drückt, was gut ist – meine Knie sind noch ziemlich weich. Ich habe mich sehr erschrocken durch das ganze Durcheinander und der Schreck kommt aber erst jetzt in meinem Bewusstsein an. Was Monsieur da alles mit meinem Kopf macht, kriege ich nur halb mit. Meine Schläfe brennt zwischenzeitlich höllisch und mir wird schlecht. Schön. Morgen ist die Weihnachtsfeier und ich sehe aus, als hätte ich einen Boxkampf hinter mir. Zlatan verlässt das Zimmer, zu meinem Glück, denn Sekunden später muss ich mich in den Mülleimer neben mir übergeben. So viel zu dem guten ersten Eindruck. Der Doc, wie Zlatan ihn immer nennt, reicht mir ein Glas Wasser, eine Tablette und tätschelt meinen Unterarm. „Das wird wieder, Mademoiselle. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Falls Sie sich morgen nicht gut fühlen, melden Sie sich bitte krank." Erschöpft schließe ich kurz die Augen und lege meine Hand auf meine Stirn. „Das gibt keine Narbe, Sie sind nicht verunstaltet!", versucht er mich aufzuheitern, aber der fahle Geschmack in meinem Mund und mein stechender Kopfschmerz lassen mich nur müde schmunzeln.
Es dauert mir viel zu lang bis endlich alle im Bus sitzen und wir auf dem Weg zum Flughafen sind. Die Nachricht von dem rasenden Irren hat natürlich schon die Runde gemacht und alle Spieler schimpfen böse über ihn, wollen mich wohl ablenken. Ich hätte allerdings am Liebsten einfach nur meine Ruhe. Zlatans besorgter Blick entgeht mir trotz meines dröhnenden Schädels nicht und er ist mir mehr als unangenehm. Es nervt, wenn man sich ständig bedanken muss und meist bringe ich mich selbst in diese unglücklichen Situationen, aus denen man mich retten muss. In dem Fall eben Zlatan. Immer wieder. So erbärmlich wie ich mich fühle, sehe ich wohl auch aus. Denn mir wird wirklich alles abgenommen. Meine Tasche, ich bekomme einen schönen Fensterplatz im Flieger und Zlatan wacht wie ein bissiger Hund über mich und bleibt immer unauffällig in meiner Nähe. Während des Fluges döse ich kurz ein, was meine Kopfschmerzen wenigstens ein wenig mildert. Doch die Erleichterung, die mich durchfließt, als wir endlich wieder in Paris landen, ist grenzenlos. Es fühlt sich mittlerweile wieder fast wie mein zweites Zuhause an. So wie vor einigen Jahren während meines Auslandsemesters. Die Busfahrt zurück ertrage ich irgendwie und blende das Gegacker der Spieler bestmöglich aus.
Entgegen meiner Erwartungen zickt Zlatan nicht rum, sondern sammelt mich direkt auf dem Parkplatz vom Trainingsgelände ein und wir fahren unter den neugierigen Blicken seiner Kollegen nach Hause. Nach Reden ist mir nicht zumute. An meiner rechten Schläfe scheint sich eine ganze Horde Presslufthammer zu vergnügen und den blöden Spruch von vorhin habe ich zu Zlatans Pech nicht vergessen. Dafür, dass er heute drei Tore geschossen hat, ist er sehr ruhig. Vielleicht reißt er sich auch nur zusammen. Mein leicht verschwommener Blick wandert über sein Profil und bleibt erneut an seinen Lippen hängen. Da wir angekommen sind, muss ich mich losreißen, das gefällt mir in diesem Moment nicht wirklich.
In Zlatans vier Wänden schlurfe ich matt zur Couch und lasse mich darauf fallen. Keinen Zentimeter rühre ich mich heute noch. Keinen einzigen. Zlatans warme Hand legt sich in meinen Nacken, nachdem er sich neben mich gesetzt hat. „Alles klar, Kleines?", will er leise wissen. Mit geschlossenen Augen deute ich ein Kopfschütteln an. „Ich hätte ihm die Eier abreißen sollen für die Aktion", brummt er, worüber ich schmunzle. Ein bisschen umständlich setze ich mich auf und blicke ihn an. „Gott, wie du aussiehst. Schlimm", murmelt er und ich kann nicht anders und grinse. „Das hast du aber lieb gesagt!" „Entschuldige", meint er und zieht mich in seinen Arm. Da es mir einfach keine Ruhe lässt, erwähne ich es nach einigen Minuten dann doch: „Dein Spruch vorhin war echt daneben, Zlatan." Meine Stimme bricht am Ende, man hört wie gekränkt ich bin. Seufzend rauft er sich die Haare und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. Immerhin eine Seite ist ja noch intakt. „Ich weiß. Du hast heute früh so die Zicke markiert, da hast du mich auf dem falschen Fuß erwischt." „Wenn überhaupt irgendeiner daran schuld wäre, dass ich ‚sexuell frustriert' sei, dann ja wohl du!", ergänze ich schmollend und sehe stur geradeaus. Aus dem Augenwinkel erkenne ich das breite Grinsen. „Achja? Wenn ich dich jetzt frage, würdest du es ändern wollen?", haucht er mir ins Ohr, wovon mir trotz meines pochenden Schädels ganz anders wird. „Was soll das denn jetzt? Ich hab mir den Kopf gestoßen, nutz meine temporäre Unzurechnungsfähigkeit mal nicht so schamlos aus!", erwidere ich und unterdrücke ein Lachen. „Es tut mir leid, Kleines. Ich war nicht so nett zu dir heute, oder?" Die Grimasse meinerseits ist Antwort genug und er drückt mich enger an sich.
„Trotzdem Danke", flüstere ich ihm später in seinem riesigen Bett zu, mein Herz schlägt dabei gefährlich schnell, weil ich ihm schon so nah bin. Zärtlich streichle ich über seinen Unterarm und gebe ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Sessa", erwidert er kaum hörbar und lächelt, was ich im schwachen Licht des Mondscheins und der Straßenlaternen erkennen kann. „Sessa?", frage ich verwirrt. „Was bedeutet das?" Schmunzelnd dreht er sich zur Seite, schiebt seine Hand auf meinen Bauch. „Prinzessin auf Schwedisch." Ich bin kein Freund von diesen Kosenamen, kein Fan von Kitsch, aber das ist irgendwie unglaublich niedlich. Wieder kommt in mir der Wunsch auf, ihn zu küssen, ihm endlich wieder so nah zu sein, wie ich es schon war. Er hat mir bewiesen, dass er selbst im Streit sich kümmert und seinen Ärger beiseite schieben kann und er hat sich entschuldigt. Die Diskussion in meinem Kopf raubt mir den letzten Nerv und ich vertage sie auf morgen, wenn meine Kopfschmerzen hoffentlich auf ein erträgliches Maß gesunken sind. „Denk nicht so viel, Audrey. Du hast doch schon Kopfschmerzen", sagt er und seine Lippen verweilen kurz auf meinem Hals.
Meine Seele gewöhnt sich immer mehr daran ihn an sich heranzulassen und nicht sofort alles wieder zu verriegeln. Deshalb genieße ich seine Nähe auch mit jedem Tag mehr. Trotz Streiterei. Müde rutsche ich so nah wie möglich an ihn heran, finde schnell meinen schon angestammten Platz in seinem Arm und kraule seinen nackten Bauch, unter seinem Shirt. Zlatans streicht mir übers Haar und drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. Ohne ihn würde ich keine Sekunde schlafen. Ich würde mich quälen mit Vorwürfen, würde mich meinem Selbstmitleid ergeben, welches durch den heutigen Zwischenfall wieder aufkam. Mit ihm kann ich es zurückhalten. Heute funktioniert es. Seine Hand wandert wie immer zu meiner Taille und streichelt so lange darüber, bis ich wegdämmere. Im Halbschlaf vernehme ich noch seine Worte, die mein Herz ein wenig schneller schlagen lassen. „Schlaf gut, sessa."
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So. 1. Sie können es halt nicht lassen und zoffen sich... Nun gut.
2. Die Rangelei. Autsch. Arme Audrey - ABER Zlatan verteidigt sie *-*
3. Dieser Kosename... <3
Gerne dürft ihr mir erzählen, was ihr von all den Dingen haltet, die so passieren in diesem Kapitel : ) Ich mag es sehr, eben weil es so emotional ist - in alle Richtungen :D
Freue mich auf euer Feedback <3
Genießt euren Sonntag, wenn ihr denn frei habt!
Knutscha,
Eure Floraly <3
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