35.

Huhu ihr Süßen, scheuen wir weiter, was passiert... Es wird wieder spannend ;)

Viel Spaß ❤

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# Audrey #

Es vergehen ein paar Stunden, die ich schweigend auf der Couch verbringe. Die Flasche Wein ist schon wieder eindeutig zu schnell halb leer und ich lausche gerade Creep von Radiohead und versuche zu vergessen, was ich gerade getan habe. Da es draußen zu kalt ist, zünde ich mir nun doch eine Zigarette in meiner Wohnung an. Es ist doch irgendwie alles egal. Die Musik drehe ich so laut auf, dass sie fast in meinen Ohren schmerzt, nur um meinen eigenen Gedanken nicht mehr hören zu müssen.

Das widerlich kreischende Klingeln an meiner Wohnungstür dringt selbst noch durch die ohrenbetäubend laute Musik und ich drücke seufzend meine Zigarette aus. Ich erwarte niemanden und bin eindeutig zu benebelt im Kopf von dem Wein, meiner Entgleisung vorhin und der Gesamtsituation, um noch vernünftig zu handeln. Deshalb öffne ich ohne durch den Spion zu schauen die Tür und verfluche mich just in dem Moment dafür, als ich mein Gegenüber erblicke. Scheiße. „Verpiss dich!", schnauze ich nur und will die Tür wieder zuknallen. Die Rechnung habe ich aber ohne den 1,95m-Mann gemacht, der seine Hand dagegen stemmt und es mir unmöglich macht, die Tür zu schließen. „Hau ab!", keife ich und lehne mich verzweifelt gegen die Tür. Als ich neuen Schwung holen will, schwingt die Tür noch weiter auf, ich taumle unbeholfen rückwärts und pralle gegen die kleine Kommode hinter mir. Meine Hand greift ins Leere, streift etwas und dann ertönt ein lautes Klirren. Noch bevor ich es sehe, weiß ich was passiert ist.

Schockiert starre ich auf den Boden. Der Bilderahmen ist zerbrochen, das Glas zersprungen und gesplittert. Mein rasendes Herz weint, als ich auf die Knie falle und schluchzend mit den Fingern über die Scherben streiche. Dass Zlatan mittlerweile meine Wohnung betreten hat und die Tür hinter sich zugemacht hat, geht an mir vorbei. „Nein", entfährt es mir mit erstickter Stimme, ich versuche das Foto zwischen den Überresten des Bilderrahmens hervorzuangeln, doch da wird meine Hand weggezogen. „Nicht, du schneidest dich noch!" Wie betäubt blicke ich in die Richtung, aus der die Stimme kommt. „Geh doch einfach und lass mir wenigstens den Rest meiner Würde", bitte ich ihn mit verklärtem Blick und ziehe das Bild doch aus dem Scherbenhaufen. Meine Familie, wie sie einmal war. Viel zu lange ist es her und viel zu grausam war der Grund, der dieses Idyll beendete. Es ist ein Schnappschuss aus eben diesem Sommer, in dem ich meinen Vater und meine Schwester verlor. Nur wenige Wochen später musste ich mich für immer von beiden verabschieden. Wir waren im Urlaub in Italien gewesen und hinter uns glitzert das blaue Meer, die Sonne strahlt, wir lachen alle fröhlich in die Kamera – braungebrannt, unbeschwert und nichtsahnend. Es ist das letzte Foto, auf dem wir alle so beisammen sind. Sonst fehlt immer irgendeiner. Dass dieses Foto zu Fall gebracht wurde und das Glas in tausend Teile zersprang, könnte man mit meinem eigenen Verfall gleichsetzen. Auch ich bin gefallen und zerbrochen, in mindestens eintausend Teile, die man vermutlich nicht mehr zusammensetzen kann.

Schwindelig setze ich mich anders hin und stütze mich mit den Handflächen ab. „Willst du nicht erstmal aufstehen und wir reden endlich mal?", erwidert er und geht vor mir in die Hocke. Stumm starre ich ihm in seine braunen Augen, die mich noch immer so fesseln – die der Beginn meines zweiten Untergangs waren. Ihre Macht auf mich ist ungebrochen. „Lass uns in Ruhe reden", redet er auf mich ein. Langsam streckt er seine Hand nach meiner Wange aus. „Fass mich nicht an!", zische ich zornig und schlage seine Hand weg. Ruckartig springe ich auf meine Füße, viel zu schnell für mein aktuelles Delirium, mir wird kurz schwarz vor Augen und ich stütze mich an der Kommode ab. „Geh." „Nein, sprich mit mir. Du bist immer nur weggelaufen", antwortet er streng. „Geh!", kreische ich, meine Stimme überschlägt sich und ich schubse ihn an der Brust zurück. „Nein!" Verzweifelt reiße ich die Wohnungstür auf, dränge ihn weiter rückwärts. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, das Blut dröhnt in meinen Ohren. „Hau ab und tritt mir nie wieder unter die Augen!" „Wieso hörst du mir nicht zu?! Wieso lässt du es mich nicht endlich erklären?!", keift er zurück und steht noch im Türrahmen. „Weil du sowieso nur lügst! Ich lasse mich von dir nicht mehr benutzen! Geh zurück zu deiner Frau, lach dich mit ihr über mich kaputt und mach ihr noch ein Kind! Verpiss dich!" „Audrey, verdammt, sei doch nicht so stur! Jedes Mal rennst du davon!", brüllt er in den Hausflur und reißt die Arme in die Höhe. „Ich laufe weg?! Vergiss alles, was ich dir je erzählt habe! DU bist es nicht wert, dass du über mich urteilst, mir vorschreibst, wie ich mich verhalten sollte! Fick dich einfach! Fick dich, du elender Narzist!", schreie ich wutentbrannt und donnere die Tür mit aller Kraft ins Schloss. „Audrey!" Zlatan hämmert wie von Sinnen gegen meine Tür, ich befürchte schon, dass sie dem nicht standhalten könnte. Dann ist es still. Furchtbar still. Verunsichert schaue ich durch den Spion, kann aber nur noch erkennen, wie Zlatan mit hängenden Schultern abzieht.

In dieser Nacht betrinke ich mich hemmungslos. Allerdings vergieße ich keine eine einzelne Träne. Das verbiete ich mir. Nicht mehr für ihn. Nie wieder. Ich schwöre mir, dass ich das nie wieder tun werde. Betrunken, verzweifelt und vollkommen schwachsinnig von der Sehnsucht nach ihm – die kann ich nämlich einfach nicht abstellen, egal wie sehr ich es mir einrede – starre ich seit 30 Minuten das Display meines Smartphones an. Tu's nicht. Tu's nicht, du machst es nur noch schlimmer. Doch Sekunden später ist es schon passiert und ich halte mir mein Handy ans Ohr.

„Ibrahimovic"

„Hast du meine Nummer wieder gelöscht?", lalle ich beleidigt.

„Audrey, was? Hast du getrunken?"

„Würde ich nie tun."

„Geht es dir gut?"

„Nein." Wie sollte es auch. Ich bin rotzevoll und anscheinend total bescheuert. Warum rufe ich ihn sonst jetzt an?

„Redest du jetzt mit mir?"

„Mach ich doch grad, du Blödmann", erwidere ich und schließe kurz die Augen, weil sich mein Bett so schnell dreht.

„Nicht wirklich", meint er trocken.

„Wieso magst du mich nicht mehr?"

„Kleines, du bist betrunken."

„Na und? Beantworte meine Frage! Wieso magst du mich nicht mehr? Ich hätte fast mit dir geschlafen!", nörgle ich undeutlich.

„Audrey, bitte..."

„Was bitte? Und nenn mich nicht Kleines, wenn ich dir so egal bin und du es heute Nacht eh wieder einer anderen besorgst! Nenn mich nicht mehr so, wenn es dir so egal ist!", keife ich nun und merke selbst, dass das hier aus dem Ruder läuft.

„Schlaf dich aus. Wir reden bald, Kleines", antwortet er mir sanft.

„Naaahhh, machen wir ja doch nicht", murre ich und lege auf.

Erst jetzt macht es Klick. Er hat mich trotzdem ‚Kleines' genannt. Wieso tut er das? Ist das Spiel noch immer nicht vorbei? Entweder das oder ich bedeute ihm doch noch etwas. Letzteres ist unmöglich. Nicht nach allem, was passiert ist. Das kann ich mir nicht vorstellen. Mit diesem Gedanken schlafe ich ein.

Der Kater am nächsten Morgen hat es in sich und ich wünsche mir, ich hätte keinen einzigen Tropfen getrunken. Durch den Hangover sehe ich noch gruseliger aus. Deshalb vermeide ich jeden weiteren Blick in den Spiegel und leide vor mich hin. Jeder Gedanke, der auch nur dabei ist, in Zlatans Richtung zu wabern, wird sofort gestrichen. Dass er so dreist ist und hier auftaucht! Was denkt er denn? Dass ich mir diesen Mist noch weiter anhöre? Sicher nicht! Da, wo mein Herz schlägt – scheint alles taub zu sein. Blind. Stumm. Gebrochen. Einen einzigen positiven Nebeneffekt hatte meine Trinkerei am gestrigen Abend. Die Panikattacke blieb aus und ich habe das erste Mal seit Langem länger als drei Stunden geschlafen. Das kann ich jetzt trotzdem nicht zur Gewohnheit werden lassen, wenn ich jeden Morgen mit so einem Schädel aufwache – komme ich nicht klar. Während meines spontanen Kurzurlaubs suhle ich mich in meinen seelischen Verletzungen und lasse mich von der selbstzerstörerischen Stimmung gefangen nehmen. Noch mehrere Male werde ich von den höllischen, brutalen Schmerzen heimgesucht, von den brennenden Messern, die mich von innen zerstören. In meiner Not durchbreche ich mit der scharfen Rasierklinge diesen Kreis und schneide mir tief ins Fleisch. Die flammenden Schmerzen gehen mir unter die Haut und lassen meinen Atem stocken. Ich weiß mir nicht anders zu helfen. Zu sehr zerfrisst mich die Trauer, der Verlust und die Gewissheit, dass ich dabei bin dem Kampf zu verlieren. Mit jeder weiteren Sekunde, die vergeht, stürze ich tiefer hinab in den endlosen, tiefschwarzen Abgrund. Aus dem es kein Zurück mehr gibt.

Trotz allem gehe ich am Montag wieder zur Arbeit. Übernächtigt, mit der zwickenden Haut an meinem linken Unterarm, gefühlt einer Tonne Camouflage unter den Augen und einem Liter Kaffee intus. Ich bin nicht dafür gemacht, mich einzurollen und auf den Tod zu warten. Wenn, dann soll er mich niederringen, so einfach mache es ihm nicht. Verbissen arbeite ich meine Fälle ab, langweile mich ein wenig über die Alltäglichkeit der vorgestellten Patienten und trinke noch mehr Kaffee. Wenn ich könnte, würde ich mir das Zeug intravenös geben, nur um noch einen Effekt zu verspüren. Aber natürlich geht es immer noch schlimmer. Dieser Teil des Tages bricht wenige Minuten vor meiner wohlverdienten Pause um 16 Uhr an. Nur noch 40 Stunden Dienst. 40 Stunden, das ist gar nicht so viel, wie es im ersten Augenblick klingt. Ja, es ist lang und im Moment brauche ich fünfmal so viel Kaffee wie sonst, um das zu überstehen, aber ich schaffe es.

Gerade setze ich die Tasse mit der dunkelbraunen Brühe an die Lippen und will nur ganz kurz durchatmen, da sagt jemand neben mir: „Hey, sag mal ist bei dir alles klar, Audrey?" Verwirrt sehe ich auf. Vor mir steht ein junger Mann, schlank aber muskulös, interessante Gesichtszüge, schöne Lippen. Noah. Ebenfalls einer der Assistenten von Dr. Dardys, nur einer mit wesentlich mehr Erfahrung als ich und es verwundert mich, dass er mich so anspricht. Wir haben kaum miteinander zu tun. Er ist schon seit vier Jahren hier, wird als Ausnahmetalent gehandelt und ist nicht sonderlich beliebt. Allerdings nicht, weil er so ein abgehobener Kotzbrocken ist, sondern weil die anderen ihm seinen Erfolg neiden. Normalerweise sprechen wir nicht miteinander, ich ordne mich der Hierarchie klar unter und halte meinen Mund, wenn er spricht. Er weiß verdammt viel und ist ein guter Lehrer. „Oh hi, ja klar", erwidere ich geistesgegenwärtig und lächle kurz. Er setzt sich mir gegenüber. „Was ist los? Du solltest mehr schlafen, Audrey. Hast du privat Stress oder ist es etwas hier, was dich bedrückt?", hakt er nach und ich glaube, es ist das erste Mal, dass ich ihm direkt in die Augen sehe. Sie sind blau. Eisblau. Obwohl er freche, braune Haare hat. Was für eine Wahnsinnskombination. Sekundenlang bin ich absolut abgelenkt und starre ihn an. Mir ist nie aufgefallen, wie gut er aussieht. „Audrey?" Ich schüttle mich innerlich und stelle meinen Blick wieder scharf. „Ja?" „Wir kennen uns kaum, das weiß ich – aber wenn du mal reden willst, egal über was, höre ich dir gerne zu. Es ist sicher nicht ganz leicht so alleine in einer neuen Stadt. Du hast Talent, bist begabt und solltest das nicht wegwerfen, weil dir etwas anderes das Leben schwer macht", meint er sanft. Wow, ein Kompliment von ihm? Ich weiß, dass er damit immer sehr sparsam umgeht und nur sehr wenige der jüngeren Assistenten erhalten seine Aufmerksamkeit. Was das betrifft, ist er unserem Chef schon sehr ähnlich. Ich schätze ihn auf Anfang dreißig. Sicher weiß ich es nicht. „Nein, nein. Alles in Ordnung", lüge ich und starre meinen Kaffee an. „Mach dir doch nichts vor, Audrey. Ich kann dich ja nicht zwingen, aber mein Angebot steht. Gerne auch mal bei einem guten Glas Wein", zwinkert er mir verschmitzt zu und erhebt sich wieder. Oder Wodka, ergänze ich in Gedanken. Wodka geht auch. Geht immer. Hat er grade am Ende mit mir geflirtet? Schon irgendwie oder? Ist das nicht tabu? So unter Kollegen? Vor allem, weil er unter anderem zu denen gehört, die mich mit ausbilden. Nachdenklich blicke ich ihm hinterher. Ist es doch so offensichtlich? Sieht man mir an, dass ich kurz vorm Zusammenbruch stehe, dass sogar mir fremde Menschen das bemerken? Grübelnd starre ich noch immer zur Tür, durch die Noah verschwunden ist, als mein Pieper schrill erklingt. Dr. Dardys.

Mit den Augen rollend nippe ich schnell an meinem Kaffee, verbrenne mir dabei die Zunge und eile dann zu seinem Büro, beiße mir dabei permanent auf die Zunge, damit dieses eklige Gefühl auf meiner Zungenspitze verschwindet. Ich weiß nicht, was ich schon wieder verbrochen habe – so oft wie ich wird kein Assistent zu ihm gerufen. Was gut daran sein soll, kann ich mir nicht erklären. Zögerlich klopfe ich und er ruft mich herein. „Monsieur? Sie wollten mich sprechen?", meine ich, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe. „Ja, setzen Sie sich bitte." Er deutet auf den Stuhl vor seinem wuchtigen Schreibtisch und ich nehme Platz. Ein ungutes Gefühl breitet sich in meiner Magengrube aus. Was soll ich schon wieder hier? „Sie wissen, weshalb ich mit Ihnen sprechen möchte?" Woher denn? Ich schüttle also den Kopf. „Nun gut. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen, eigentlich ist es kein Angebot, ich habe mich schon entschieden." Aha, bei der Schweden-Aktion fing das auch so an, was wird das hier? Gebannt höre ich ihm zu, ich kann mir einfach keinen Reim auf seine Worte machen. „Ab sofort begleiten Sie mich zu den Spielen von Paris Saint Germain. Wie Sie wissen, betreue ich nicht nur Zlatan, sondern die gesamte Mannschaft. Bei den Spielen bin ich immer anwesend", sagt er ruhig und ich starre ihn mit offenem Mund an. ICH? Bei Paris Saint Germain?! Bei Zlatans Verein? NIEMALS!

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Uiuiuiiii... Was sagt ihr zu dieser Wendung?!?! Audrey bei PSG? Dort wird sie Zlatan ständig über den Weg laufen- ist das eine gute Idee?!

Tja, sie hat ihm zwar sehr deutlich gesagt, dass sie ihn nicht mehr sehen will, ruft ihn aber an -betrunken - so leicht fällt es ihr dann wohl doch nicht ihn zu vergessen, ne?! Kinder und Betrunkene sagen ja wohl angeblich immer die Wahrheit... ;)

Audrey bei PSG? Ja, Nein? Wie soll das klappen?

Ich hoffe, dass das Spiel gegen Belgien heute Abend nicht schon das Letzte sein wird, welches er für die Nationalelf spielt :( Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt...

Lässt mir was da, wie fandet ihr das Kapi? Schreibt mir aller in die Kommis, was euch so in den Sinn kommt :D

Knutscha,

Eure Floraly❤


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