32.

Hey meine Herzchen - was ist passiert? Was hat Audrey?!

Viel Spaß beim Lesen! ❤

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# Audrey #

Mit einem Mal reiße ich die Augen auf, versuche auf einmal so viel Luft wie nur möglich in meine Lungen zu saugen und beginne sofort zu husten und zu röcheln. „Audrey! Gott, mach das nie wieder!", sagt Zlatan sanft, der neben mir hockt. Das Schwarz überkam mich völlig unerwartet und mit einer solchen Wucht, das hatte ich noch nie erlebt. Alles war verschwunden, von jetzt auf gleich. „Was?", frage ich mit belegter Stimme und muss wieder husten, da mein Hals so kratzt. Er nimmt seine Hände nicht von meinen Wangen und schaut mich eindringlich an. Kurz glaube ich die Sorge in seinen Augen zu sehen, doch es ist Angst. „Tu das nie wieder", murmelt er und gibt mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich greife nach seinem Unterarm und halte mich daran fest. „Setz dich mal hin", fordert er mich auf und hilft mir, mich aufzusetzen. Mit verklärtem Blick sehe ich ihn an. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das war.

Es fühlte sich nicht wie eine dieser Ohnmachten an, die ich schon so oft erlebt habe nach den Panikattacken. „Möchtest du ein Glas Wasser? Oder etwas anderes?" Er klingt unruhig und bemüht sich sehr, es mir nicht zu zeigen – wobei er kläglich scheitert. „Nein, danke", gebe ich erschöpft zurück. „Okay, bleib genau hier sitzen – ich bin sofort wieder da!", ruft er und eilt in die Küche. Er setzt sich anschließend hinter mich auf die Couch und ich höre wie er etwas auf dem Couchtisch abstellt. Verwirrt drehe ich mich um. „Sorry, Kleines. Auch wenn du nichts brauchst, ich schon!", merkt er kurz an, als er meinen Blick spürt. Hastig gießt er sich Wodka ins Glas und stürzt ihn dann hinunter. „Oh Gott", flüstert er und ich sehe, wie seine Hände zittern. Mittlerweile kann ich mich wieder bewegen und klettere neben ihn auf die Couch. Ohne ihn zu fragen, kuschle ich mich an ihn. Ich weiß, dass wir uns vorher heftig gefetzt haben, aber was danach geschah, verstehe ich nicht. Zlatan brummt etwas, legt aber den Arm um mich und ich schiebe meine verletzte Hand auf seinen nackten Bauch.

„Was ist passiert?", frage ich ihn ängstlich. Er dreht den Kopf zur Seite und der Ausdruck in seinen Augen reißt mir fast das Herz heraus. Da ist sie. Die Sorge. Sie besticht jede andere Emotion und flammt gewaltig hervor und lässt seine Augen wie wild glänzen. Sofort ziehe ich meine Hand zurück, wende mich ab und rutsche ein wenig weiter von ihm weg. Nein! Er hat es mir versprochen. Es war das Einzige, was ich von ihm verlangt habe. Das Einzige. Nun ist es doch geschehen, nachdem ich ihm erzählt habe, was passiert ist und ich weiß, es ist zu spät. Diesen Schritt kann er nicht mehr zurück. Diesen einen Schritt. All meine Furcht, auch ihn zu verlieren, bevor es wirklich ernst werden könnte, bricht wie mit einem Paukenschlag über mich herein.

Nur deshalb wollte ich nie wieder einen Menschen in mein Leben lassen, der meinem Herzen etwas bedeutet. Nur deshalb. Denn dieser Ausdruck war jedes Mal der Anfang vom bitteren Ende. Menschen sorgen sich um dich – solange bis sie es nicht mehr ertragen und dich verlassen. Sorgen sind der Tod jedes anderen Gefühls. Sie erschlagen alles andere und fressen einen auf. Sie verschlingen alles, was vorher von Bedeutung war und lassen dich nur noch an der Mauer kratzen, die sie mit aller Macht und in aller Eile hochziehen. In meinen Augen bedeutet es nichts Gutes, wenn jemand dir sagt, dass er sich Sorgen um dich macht. Es bedeutet, dass du in seinen Augen Hilfe benötigst, schwach bist und kein anderes Gefühl verdienst. Das hat mich meine Vergangenheit gelehrt. Sorgen bringen Menschen dazu dich aufzugeben, unabhängig wie eng eure Verbindung war. Es bringt sie dazu, dich anders anzusehen, mit diesem permanenten Zweifel, ob du stark genug sein wirst auch nur einen einzigen Schritt ohne sie zu meistern, ob du die Nacht alleine überstehst, ob du den Verlust deiner Familie überlebst. Bis auf so wenige Menschen sind alle an diesem Gefühl gescheitert und flohen aus meinem Leben, ließen mich in den Scherben meines erstickenden Ichs zurück und hofften, dass jemand anderes es schaffen würde. Doch irgendwann waren sie alle weg. Es kam niemand mehr. Meine Geschichte, das was sie aus mir gemacht hat – nahm mir alles. Sie tut es immer wieder. Immer wieder erscheint dieser Ausdruck in den Augen von Menschen und sie beschließen kurz darauf, dass es besser ist zu gehen.

Dass ausgerechnet Zlatan mich nun doch so ansieht, bricht mir beinah mein Herz. Denn es bedeutet eben das, etwas in ihm zerbricht – etwas zerrt an ihm. Die Sorge um mich, die Sorge darum, ob es mir gut geht, ob es wieder passieren wir und die Tatsache, dass er es nicht aufhalten kann. Wir kennen uns viel zu kurz, als dass ich die vage Möglichkeit in Betracht ziehen könnte, dass er es dennoch versucht und mich nicht aufgibt. Doch dafür ist es zu früh und gleichzeitig zu spät. Er sorgt sich nicht mehr nur wegen der Panikattacken, er sorgt sich darum, ob ich den Verlust jemals verwinden kann. So wie alle anderen vor ihm auch. Tränen sammeln sich in meinen Augen und ich ertrage es nicht mehr an seiner Seite zu sitzen – wissend, dass er sich gerade den Kopf zerbricht, wie und ob man mir helfen könnte. Ich wanke in den Flur, vernehme seine Stimme, die nur dumpf an mein Ohr dringt. Etwas aufzugeben, von dem man überzeugt war, dass es etwas ganz Besonderes werden kann – ist schmerzhaft und raubt einem dem Verstand. So wie mir gerade.

Zitternd lehne ich an der Wand und schließe die Augen. Das darf nicht sein, nicht er. Nicht Zlatan, der es geschafft hat, mein Herz zu finden. Bitte nicht, nicht dieser Mann. Dieser eine, in den ich nach und nach meine Hoffnung legte, dass ich doch noch eine Chance bekomme, um etwas richtig zu machen in meinem Leben. Bitte nicht. Der Kloß in meinem Hals wird immer größer, die ersten Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen. Alles verkrampft sich in mir, meine Brust scheint sich nach innen zusammenzuziehen und mir erneut sie Luft zum Atmen zu nehmen. Doch das – das ist keine Panikattacke. Das ist der Schmerz, vor dem ich solche Angst habe. Verlust. Es ist der Ausdruck des Körpers, wenn er von dem heftigen Weinen geschüttelt wird und darum bangt, ob es jemals ein Ende geben wird von diesem Schmerz. Ich beiße mir auf die Faust, um mein Schluchzen zu unterdrücken und rutsche mit dem Rücken an der Wand entlang. Ich bin nicht bereit das schon wieder zu ertragen. Nicht schon wieder. Und ich werde es nicht schaffen. Kein weiteres Mal. Nie hätte ich ihm zeigen dürfen, dass er mir nicht egal ist. Nun ist es zu spät, nun gibt es kein Zurück mehr.

„Kleines, was ist los?", fragt er mich sanft und hockt sich neben mich. Ich halte die Hände vors Gesicht. Er soll nicht sehen, wie sehr es mich trifft und ich halte es keine Sekunde aus ihm in die Augen zu blicken, nur um zu wissen, dass alles tatsächlich wieder von vorn beginnt und noch schlimmer werden wird als je zuvor. Mein Leben gleicht in diesem Moment wieder einem einzigen Scherbenhaufen und da hilft es nicht, sich einzureden, dass alles wieder gut wird. Denn das wird es nicht.

„Audrey, bitte – hör auf zu weinen. Bitte", fleht er mich an und nimmt meine Hände in seine. Ich sehe ihn nicht an, ich bringe es nicht übers Herz. „Sieh mich an doch an, beruhige dich. Bitte, Kleines", flüstert er und dreht mein Kinn in seine Richtung. Mit nassen Wangen blicke ich ihm in die Augen. Sie ist noch da. Die Sorge. „Was hast du denn?", will er wissen. Ich versuche meine Hände an mich zu ziehen, doch er lässt sie nicht los. „Zlatan bitte, lass es sein", bettle ich ihn an und kann meine Tränen einfach nicht aufhalten. „Was denn?", erwidert er verwundert. „Bitte!", jaule ich und sehe wieder auf meine Hände. „Wieso weinst du?" Es schüttelt mich heftig und ich schluchze schmerzerfüllt. Ich wusste, ein weiteres Mal packe ich es nicht – ich werde daran zugrunde gehen, endgültig. „Kleines, bitte. Beruhige dich doch!", bittet er mich mit einem verzweifelten Unterton. „Sieh mich nicht so an! Bitte, Zlatan! Sieh mich nicht so an!", jammere ich hemmungslos. „Wie? Wie soll ich dich nicht ansehen? Bitte rede mit mir!", fordert er und drückt meine Hände. „Hör auf dir Sorgen zu machen, Zlatan! Bitte! Ich ertrage das nicht noch einmal! Bitte!", schluchze ich laut auf und versuche aufzustehen und wegzulaufen – ohne Erfolg. Zlatan lässt nicht los und zieht mich stattdessen an sich. „Was redest du da? Natürlich mache ich mir Sorgen! Du hattest keinen Puls mehr! Ich bin kein Arzt, aber dein Herz hat kurz aufgehört zu schlagen oder so, Audrey, wie kann ich mir da keine Sorgen machen?", redet er unerbittlich auf mich ein. Mein Herz verkrampft und ich vergieße weiter heiße Tränen, presse mich aber an ihn. „Hör auf dir Sorgen zu machen, ich schaffe das – aber sieh mich nicht so an!", nuschle ich, mein Gesicht an seine Brust gedrückt und unfähig mich von diesem Mann fernzuhalten. Schniefend sehe ich ihn an. „Ich mache mir Sorgen um dich und das kannst du mir nicht verbieten!", brummt er und ich ahne, dass ich ihn davon nicht abbringen kann und ihn verlieren werde. „Aber ich will nicht, dass du gehst", flüstere ich erschöpft.

Diese Furcht raubt mir nicht nur den Verstand und jeden klaren Gedanken, sie entreißt mir überhaupt jeden Gedanken, der sich nicht darum dreht, dass es hoffnungslos ist. Und sie macht mir auf so grausame Art und Weise bewusst, dass ich schon wieder das hergeben soll, was beginnt mir ans Herz zu wachsen. Es ist dieser Moment, auf den ich von jetzt an warten werde. Auf den Tag, die Stunde, die Minute, die Sekunde, in der er aufgibt, mich meinem Schicksal überlässt und nicht einmal ahnen wird, dass er mich damit den tiefschwarzen Abgrund hinabstößt, in dem ich schon gefangen war. Nur, dass ich mich nicht noch einmal daraus zurückkämpfen werde können. Zu viel Kraft kostete es, zu viele Male. Den Startschuss zu meinem ganz persönlichen Drama und Horror meines Lebens war der Tod meiner Schwester, der meines Vaters. Als ich diesen Verlust mehr oder weniger überlebt hatte, zwar mit einem Knacks für den Rest meines Lebens und heimgesucht von diesen furchterregenden Panikattacken, wendeten sich immer mehr Menschen aus meinem Freundeskreis von mir ab. Jeder einzelne von ihnen hinterließ einen weiteren Riss in meiner geschundenen Seele. Doch als meine Mutter das Band der Verbundenheit kappte, blieben von mir nur noch Fetzen übrig. Sie war alles gewesen, was ich noch hatte. Aber auch sie ertrug es nicht, mich so zu sehen. Zu groß wurde die Sorge um mich, zu sehr erinnerten sie meine Erstickungsanfälle an das, was auch sie verloren hatte. Sie war nicht bereit zuzusehen, wie auch ich an dem starb, was vor 8 Jahren geschehen war. Sie verließ mich und ich glaube, es wird niemals ein Wiedersehen geben. Sie konnte nicht immer und immer wieder daran zurückdenken, was passiert war. Sie sorgte sich zu sehr um mich und gab auf. So wie alle vor ihr. So wie auch Zlatan es tun wird.

„Ich werde nicht gehen. Wieso sollte ich?", erwidert Zlatan leise. Seine Stimme klingt weich und das, was er sagt ehrlich. „Ich würde dir so gerne glauben, aber das haben alle gesagt und sie haben sich doch abgewendet", seufze ich und rede mehr mit mir selbst als mit ihm. „Ich bin nicht alle, Audrey. Außerdem bedeutet es nicht, dass jemand dich verlässt, wenn er sich Sorgen um dich macht. Du bedeutest diesem Menschen etwas, würde ich mir keine Sorgen machen – wärst du mir scheißegal." „Vielleicht wäre das aber besser", murmle ich gedankenverloren und drücke ihm einen kleinen Kuss auf die Brust. „Ich weiß nicht, wer dir diesen Blödsinn erzählt hat, aber ich sag dir jetzt mal was – wenn ich mir Sorgen um dich mache, dann bedeutet das was. Und jetzt hör auf zu weinen", raunt er mir ins Ohr. Die Gänsehaut, die seine Lippen auf meinem Hals wenig später verursachen ist bei weitem nicht so schwindelerregend wie die Worte, die mein wie wild klopfendes Herz treffen. „Hör auf zu weinen, Audrey.", wiederholt er leise und er küsst mich zärtlich auf die Stirn.

„Ein Mann sollte eine Frau nie auf die Stirn küssen, wenn er es nicht ernst meinst. Ein Kuss auf die Stirn ist ein Versprechen", sagte mein Vater einmal zu mir, während eines unserer teils sehr merkwürdigen Gespräche mitten in der Nacht. Ich schließe die Augen, als Zlatans Lippen kurz auf meiner Stirn ruhen und wünsche mir, dass auch er diese ‚Weisheit' kennt und sich bewusst ist, dass sich diese unschuldige Berührung nach viel mehr anfühlt. Nach unbeschreiblich viel.

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Audrey hat solche Angst, so unglaubliche Angst am Ende wieder alleine da zu stehen... Ist das verständlich oder übertrieben? Was denkt ihr? Wird Zlatan sein 'Versprechen' halten?

Heute um 15 Uhr gehts für unseren Lieblingsschweden gegen Italien ran. Ich bete dafür, dass sie sich mehr ins Zeug legen, sonst müssen wir uns viel zu früh wieder von ihm verabschieden 😢.

Ich freue mich so unfassbar, dass unsere kleine Leserschaft langsam aber stetig wächst! Dat is so toll! ❤❤❤ Danke, ihr Verrückten!❤

Knutscha, Eure Floraly❤

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