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Hey meine Süßen, gestern kam kein Pitel, weil ich keine Sekunde Zeit hatte zum Tippen o.O Hochzeitsfeier in der Familie ^^ Aber dafür heute! Viel Spaß! <3

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# Audrey #

„Es ging mir zwar dreckig, ich hatte Schlafstörungen und Panikattacken, dennoch wollte ich irgendetwas aus meinem Leben machen", erkläre ich Zlatan, der sich das zweite Glas Whiskey einschenkt. Heute Abend scheint die Vorgabe vom Trainer, wenig bis keinen Alkohol zu trinken, außer Kraft gesetzt zu sein für ihn. „Da ich ein sehr gutes Abitur geschafft hatte, konnte ich mich für das Medizinstudium bewerben und bekam sogar einen Studienplatz. Dann tauschte ich meine schlaflosen unproduktiven Nächte gegen Anatomie-, Physiologie und etliche andere Bücher und begann zu studieren." „Aber warum?", entgegnet er wieder, es scheint nicht in seinen Kopf zu wollen. Im Prinzip sogar verständlich, jetzt, wo er meine Vorgeschichte größtenteils kennt. Für mich war es damals dennoch eine logische Schlussfolgerung. Ohne das Trauma, welches ich durchlebt hatte, wäre ich vermutlich selbst nie auf die Idee gekommen, Medizin zu studieren. Einen Moment lang sehe ich ihn schweigend an. Er erwidert meinen Blick und versucht nicht allzu verunsichert zu wirken – was ihm misslingt. „Durch das, was passiert war, hatte ich nicht nur einen Knacks davongetragen, tief in meiner Seele – ich wollte es auch besser machen. Besser als die Ärzte, mit denen ich es zu tun hatte. Aber vor allem konnte ich es nicht ertragen, dass ich damals so hilflos gewesen war. Mir war zwar klar, dass ich nichts mehr für Ari oder meinen Vater hätte tun können, um sie zu retten – dennoch wuchs in mir der Wunsch, es zu erlernen. Ich wollte in der Lage sein, Menschenleben zu retten. Auf eine schräge Art und Weise habe ich damit vielleicht auch versucht Aris Leben fortzuführen. Immerhin war sie von uns beiden eigentlich diejenige, die sich freiwillig für andere aufopferte." Nach einer kurzen Pause füge ich mit kratziger Stimme hinzu: „Und ich wollte meinen Papa stolz machen. Er sollte mir nicht all das umsonst mitgegeben haben. Er hätte gewollt, dass ich etwas aus meinem Leben mache."

Wieder steigen die Tränen auf, mein Herz schmerzt und ich brauche einen Augenblick, um durchzuatmen. Ich habe meinen Vater geliebt, er war mir immer eine Stütze gewesen und ich hatte wie er, die Welt ein bisschen besser machen wollen. Sanft streichelt Zlatan mir über den Nacken und meint: „Aber wie bist du dann bei der Sportmedizin gelandet?" Über diese Frage muss ich beinahe lachen. „Das war eine Entscheidung, die ich für mich selbst, nur für mich allein treffen musste. Nachdem ich mein Studium brav innerhalb der Regelstudienzeit abgeschlossen hatte, zog es mich in die Intensivmedizin. Ich dachte, das würde mein Steckenpferd werden – eben aufgrund meiner Vorgeschichte. In meinen Augen war das der Ort, an dem ich am meisten leisten konnte, an dem ich wirklich helfen könnte. Allerdings holte mich die harte Realität recht schnell ein. Die Schicksale, die mir dort begegneten, erinnerten mich einfach zu sehr an mein eigenes. Die Panikattacken verstärkten sich wieder und ich musste das abbrechen, wenn ich nicht wieder vollkommen von diesem Abgrund verschlungen werden wollte. In der Sportmedizin geht es einfach anders zu, Todesfälle sind da seltener und als ich mich dazu entschloss, konnte ich endlich wieder ruhig schlafen. Hier in Paris bei Dr. Dardys im Klinikum angenommen zu werden, war wirklich eine Ehre. Er ist eben einer der besten seines Fachs und mit der abgeschlossenen Residency kann ich sicherlich ne Menge erreichen. Karriere machen, verstehst du?" Er nickt, dreht aber wieder sein Glas zwischen den Fingern hin und her. Irgendetwas beschäftigt ihn.

„Was ist?", will ich wissen. Sein Blick verunsichert mich. „Naja", setzt er an, „wenn es dir doch eigentlich besser ging in der Sportmedizin, mit dieser Entscheidung, warum wurde es dann wieder so schlimm? Liegt es an mir?" Den letzten Satz flüstert er beinah, er scheint es gar nicht aussprechen zu wollen. Was soll ich dazu sagen? Die Wahrheit könnte ihn verletzen. „Sag es mir, bitte." In seinem Tonfall schwingt etwas Flehendes mit, was mich beunruhigt. Er hat keine Schuld daran. Nicht direkt. Aber wie verpacke ich das, damit er dies begreift? Einen Augenblick starre ich auf das Weinglas vor mir auf den Tisch. Dann ringe ich mich doch dazu durch, versuche es ihm zu erklären: „Weißt du, als ich dich traf, geschah so viel mit mir. Ich war überrascht, dass du, allein deine Anwesenheit, deine Augen, allein ein Blick von dir, mich so durcheinanderbringen konnten. Das erste Mal, als wir uns über den Weg liefen, bei Starbucks, hatte ich das Gefühl, dass du in meine Seele blicken konntest. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Du hast dagestanden, mich nur angesehen und ich konnte mich nicht rühren, konnte meinen Blick nicht von deinen Augen abwenden, obwohl es mir beinahe unangenehm war. So wie da, habe ich mich noch nie gefühlt. Es war, als wüsstest du von den Dingen, die ich vor der Welt zu verbergen versuchte. Es war, als könntest du sehen, was ich mit mir herumschleppe jeden Tag. Dieses Hin und Her am Anfang bei uns hat scheinbar irgendetwas in meiner Seele berührt. Ich kann es dir nicht genau erklären. Umso näher wir uns kamen, desto empfindlicher wurde mein Innerstes gegenüber des Aufruhrs, der Emotionen, zu denen ich jahrelang nicht in der Lage gewesen war. Ich habe von Anfang an gewusst, dass das mit uns irgendetwas Besonderes ist. Aber ich konnte damit nicht umgehen. Ich habe Angst bekommen, dass du herausfinden könntest, was in meiner Vergangenheit geschehen hast, dass du dir dann Sorgen machst, mich abstoßend findest, was weiß ich. Es kam mir nicht in den Sinn, dass es dir einfach nur leid tun könnte, du mich aber nicht dafür verurteilen würdest. Es fühlt sich eben immer noch so an, als wäre das, was Ari passiert ist, meine Schuld. Vielleicht liegt es daran, dass alles wieder hochkam – weil ich wieder angefangen hatte, etwas anderes zu empfinden, außer Trauer und Wut. Ich weiß es nicht genau. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass meine Seele und mein Herz damit vollkommen überfordert waren, dass ich mich auf dich einlassen wollte. Die Schuldgefühle übermannten mich und alles ging von vorn los." Er will etwas sagen, doch ich hebe die Hand, ich bin noch nicht fertig: „Warte! Lass mich ausreden! Es ist nicht so, dass du der Part in dieser Geschichte gewesen wärst, der mir weh getan hat, der schlecht für mich war. Ja, es kam irgendwie alles wieder hoch, es ging mir zeitweise schlechter und ich hatte damit zu kämpfen. Ich habe es immer noch nicht vollständig überwunden, aber", vorsichtig lege ich meine Hand auf seine rechte Wange, sehe ihm tief in die Augen, „Aber du, Zlatan – du bist der Grund, weshalb ich überhaupt wieder in der Lage bin, ein einigermaßen normales Leben zu führen. Deine Gefühle, meine Gefühle, das hat etwas in mir ausgelöst. Etwas, was sich einen erbitterten Kampf mit meiner schrecklichen Vergangenheit geliefert hat. Etwas, dass mir vor Augen geführt, dass in meinem Leben schon so viel Schlimmes geschehen ist, aber auch, was für ein Glück ich habe, jemanden so besonderes wie dich getroffen zu haben. Das mit uns, heilt mich mit jedem Tag ein bisschen mehr. Jede Sekunde, jede Stunde, jeder Tag, den wir miteinander verbringen. Wenn du mich zum Lachen bringst, wenn du mir so nah bist, aber auch wenn wir streiten. Denn auch das bedeutet, dass ich dir nicht egal bin. Und das ist viel kostbarer, als alles, was ich mir je erträumen konnte, seitdem ich meine Familie verloren hatte. Meine Erinnerungen wurden zwar aufgefrischt, aber ich kann mich durch dich auch nach und nach von ihnen befreien, fange an, es zu akzeptieren – weil ich dich habe. Dich, die Jungs und Ares. Weil ich meine eigene Familie habe." Dann küsse ich ihn lang, so merkt er vielleicht nicht, dass mir eine Träne über die Wange rinnt. Denn diese Worte haben mir viel abverlangt. Weil nämlich jedes einzelne davon der Wahrheit entsprach und direkt aus meinem Herzen kam.

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Hoffentlich begreift Zlatan, was sie ihm da am Ende sagen will... Denn es ist wichtig.

Wie hat euch das Pitel gefallen?

Alles Liebe,

eure Mercy aka Floraly <3

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