100.

Hey meine Lieben, wow -- 100 Kapitel?! Abgefahren ^^ Hätte nie gedacht, dass die Story so lang wird xD Auch wenn es grad nicht so lustig zugeht - danke für eure Unterstützung! Schon 100 Kaptel lang! <3 <3 <3

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# Audrey #

Bei dem Gedanken an diese Phase, wird mir leicht schlecht, ich schiebe das Weinglas von mir weg, weil allein der Geruch die Übelkeit verstärkt. Nach einem Moment der Stille, fragt Zlatan: „Was genau ist mit dir passiert, als sie dich so ruhig gestellt haben?" Es scheint ihm schwer zu fallen überhaupt zu sprechen. Ohne ihn anzusehen entgegne ich: „Ich musste alles immer und immer wieder durchleben. Jedes kleine Detail tauchte in meinem Kopf auf und ich bin eigentlich durchgedreht, konnte das aber niemandem mitteilen. Ich wollte mich gar nicht mehr daran erinnern, ich wollte es nur vergessen. Doch ohne jedwede Ablenkung war das nicht möglich. Es fraß mich auf, ich glaube, in diesen Tagen verlor ich meinen Verstand. Es war alles so real und das in Dauerschleife ohne Unterbrechung."

Von Zlatan kommt ein undefinierbarer Laut, ich weiß nicht, ob das wirklich richtig ist, was wir hier tun. Ich will nicht, dass er mich danach ununterbrochen mitleidig anschaut und nur noch daran denken muss, was mir passiert ist. Ja, meine Vergangenheit hat mich verändert, sie hat etwas in mir zerbrochen, aber durch ihn bin ich wieder in der Lage zu leben, zu atmen, zu lieben. Das sollte er sehen, wenn er mir in die Augen sieht. Nur das. Nicht das endlose Schwarz meiner Seele. Trotz meiner Sorgen berichte ich nun weiter, hoffe aber inständig, dass dieses Gespräch uns nicht schaden wird. „Als sie die Medikation absetzten und mich wieder befragten, behauptete ich, es ginge mir viel besser. Es war so leicht sie davon zu überzeugen, obwohl das ja eigentlich gar nicht möglich ist, dass sich mein Zustand schlagartig bessert. Dennoch schaffte ich es, ich wurde entlassen nach einigen Wochen und im Prinzip ging alles genau so weiter wie bisher, nur dass ich versuchte alleine damit klar zu kommen. Außer Lu und meiner Mutter wusste niemand, dass der Klinikaufenthalt nichts gebracht hatte. Die Panikattacken blieben genauso schlimm und intensiv und in meinem Kopf hatte sich dieser Gedanke festgesetzt, dass ich nicht mehr am Leben sein dürfte, dass ich meiner Schwester folgen müsste. Für mich war es das einzig Logische. Das erzählte ich allerdings niemandem. Nicht einmal Lu. Hätte sie es gewusst, sie hätte genau wie meine Mutter versucht, mich davon zu überzeugen in eine andere Klinik zu gehen und mich dort behandeln zu lassen. Was ich partout nicht mehr wollte. Dieses Erlebnis damals war so einschneidend, ich wollte so etwas nie wieder erleben. Meine Mutter konnte damit nicht umgehen, dass ich mich immer wieder selbst verletzte, mich ihrer und auch der professionellen Hilfe verweigerte. Das Ergebnis kennst du ja – sie verließ mich. Sie hielt es einfach nicht mehr aus. Ich glaube, ich muss dir nicht erklären, dass das furchtbar war für mich. Sie war doch das Einzige, was von meiner Familie noch übrig geblieben war. Das ist jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit her und sie hat sich nie wieder bei mir gemeldet. Vielleicht ist es auch besser so. Es würde sie zwar sicherlich überraschen, dass ich noch lebe, aber auch erschüttern, dass diese verdammten Panikattacken noch immer nicht verschwunden sind." Dass meine Mutter Zlatan sicherlich sehr gemocht hätte, verschweige ich ihm. Ja, er würde ihr gefallen. Eben weil er irgendwie anders ist. Nach außen wirkt er häufig sehr hart, unnahbar und durchaus auch arrogant, doch sein Herz ist weich, spendet viel Liebe und vor allem hat er mich gerettet. Es klingt dramatisch, aber so ist es nun einmal. Ohne ihn – ich weiß nicht, was mit mir geschehen wäre.

„Es tut mir immer wieder so leid, das zu hören. Wirklich", seufzt Ibra leise, fährt mit seiner Hand über meinen Oberschenkel, ich lege meine darauf und meine: „Es muss dir nicht leid tun. Es ist eben so gelaufen. Ich vermisse sie, das ist klar. Aber ich denke nicht, dass wir noch einmal zueinander finden. Dafür ist einfach zu viel passiert." „Aber sie ist doch deine Mutter, Kleines", wirft Zlatan ein, ich schaue auf und halte einige Sekunden die Luft an, um die Tränen aufzuhalten. „Das ist sie. Trotzdem, Zlatan – ich konnte das, was geschehen ist nie so wie sie verwinden, akzeptieren. Irgendwo tief in mir drin bin ich deshalb auch wütend auf sie, weil sie nicht die Kraft hatte es zu ertragen, aber noch viel wütender bin ich auf mich selbst. Wenn ich an Aris Stelle gestorben wäre, hätte meine Mutter noch ihr kleines Mädchen gehabt. Die beiden hätten das zusammen irgendwie geschafft. Ich war nie dieses kleine Mädchen, verstehst du? Wir konnten es nicht. Wir haben es nicht geschafft. Dazu kommt noch, dass ich meinen Verstand dafür verfluche, dass er es nicht durchgehalten hat, dass er so an dem Verlust zerbrochen ist. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte ich irgendwann normal weiterleben können. Doch das kann ich nicht. Bis heute nicht. Es lässt mich nicht los. Diese Schuldgefühle, der Zorn auf den oder die Täter, der Schmerz."

Schweigend hört er mir zu, dann will er leise wissen: „Ist es denn kein bisschen besser geworden?" Ich weiß, was er indirekt damit erfragt. Und zum Glück kann ich ihm eine Antwort geben, die ihn hoffentlich etwas erleichtern wird. „Doch. Das ist es. Seit ich dich getroffen habe, hat sich viel verändert. Auch wenn es für dich vielleicht nicht immer so wirkte. Es gab Höhen und Tiefen, das weiß ich, aber ich bin in der Lage etwas anderes zu empfinden als Hass, Schmerz, Trauer und Wut. Durch dich. Es ist also sogar viel besser geworden." Weil ich das jetzt selbst brauche, lehne ich mich zu ihm, gebe ihm einen langen Kuss auf den Mund. Das reicht irgendwie nicht, weshalb ich auf seinen Schoß klettere, ihm in seine wunderschönen braunen Augen sehe und sage: „Ich liebe dich, Zlatan. Ich hätte nie gedacht, dass ich zu diesem Gefühl je wieder in der Lage sein würde." Fest schlingt er seine Arme um mich, vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren und murmelt: „Ich weiß nicht, wie du das überlebt hast, sessa. Ich kann nicht glauben, dass das noch immer nicht alles ist. Ich liebe dich so sehr, will dich vor der grausamen Welt beschützen, dabei ist dir eigentlich alles Schreckliche schon widerfahren." Mit geschlossenen Augen konzentriere ich mich auf das leichte Beben meiner Fingerspitzen, die auf seiner Brust ruhen und von seinem kräftigen Herzschlag erzittern. „Es ist noch nicht alles. Aber wir müssen nicht weiter darüber reden, wenn es dir zu viel wird", schlage ich vor, er schüttelt nun den Kopf, wodurch ich die Augen aufschlage. „Bist du dir sicher?" „Ja, sessa. Erzähl weiter", bittet er mich, ich schmiege mich an ihn, fixiere den Couchtisch vor mir und fahre fort: „Du wolltest wissen, was ich fühle, wenn die Panikattacken kommen oder?" Er nickt. „Naja, es ist seltsam. Es sind Momente, in denen mich meine Vergangenheit einholt oder ich aus anderen Gründen sehr emotional bin. Zumindest geschieht das manchmal, dass es keinerlei Verbindung zu meiner Hintergrundgeschichte gibt. Meist fühlt es sich so an, als würde meine Kehle zugeschnürt werden, ich bekomme dann schrecklich schlecht Luft. Ich drifte irgendwie weg, bin nicht mehr im Hier und Jetzt. Mein Herz rast, mir wird kalt und ich bin dann irgendwann nur noch panisch am Kämpfen, weil ich nicht in Ohnmacht fallen will, was ich aber in den seltensten Fällen selbst verhindern kann. Es ist wie ein schwarzer Strudel, der mich mit sich reißt. Tief hinein in dieses Chaos, was in mir ausgelöst wurde, seit ich Ari und Papa verlor. Ein endloser, schwarzer Abgrund, der mich verschlingt. Wenn es ganz schlimm ist und mein Körper mir überhaupt nicht mehr gehorcht, der Schlafentzug, die Albträume und Panikattacken nicht mehr reichen – dann kommen die Schmerzen. Es ist, als würde mir jemand gezackte, scharfe Dolche in den Bauch rammen, sie herumdrehen und mich zerfetzen. Es tut höllisch weh." Ich spüre, wie er fest meine Hand drückt, ich gebe ihm mit einem Blick zu verstehen, dass es okay ist. „Wieso verletzt du dich?", hakt er heiser nach, ich unterbreche den Augenkontakt und gebe leise zurück: „Damit der Schmerz nachlässt. Es ist das Einzige, was dann hilft. Der körperliche Schmerz, der, den ich mir zufüge, durchbricht dann diesen Kreislauf. Nur so kann ich sie stoppen, die seelischen Qualen. Und naja... damals auch, als ich mich umbringen wollte. Aber das war ein anderes Thema. Das war der Gipfel von allem. Das tut mir übrigens so unendlich leid. Ich wollte dir das nicht antun, ich wollte dich nie leiden lassen. Trotzdem habe ich es getan. Aber ich habe das gar nicht mehr wahrgenommen, ich war so gefangen in meinem eigenen Schmerz." Es folgt eine lange Umarmung, Zlatan drückt mich so fest an sich, dass meine Rippen davon schmerzen. Dennoch tut seine Nähe mir gut, wie immer. Er ist mittlerweile mein Anker. Er ist der Mensch, der mich am Boden hält und mir unglaublich viel Kraft spendet.

„Weißt du, was ich bei all dem nicht wirklich begreife?", setzt Ibra an, ich mustere seinen skeptischen Gesichtsausdruck. „Na was?", gebe ich zurück, er legt den Kopf schief und erwidert: „Du hast so viel Leid ertragen, bist von Ärzten falsch und schlecht behandelt worden, man konnte dir nicht helfen. Wieso bist du ausgerechnet Ärztin geworden?", vervollständigt er seine Frage und ich lege nun ebenfalls den Kopf schief, blicke ihn an. „Dafür gibt es einen Grund", meine ich emotionslos und er scheint angespannt auf die Erklärung zu warten. Die ich ihm liefern werde. Jetzt.

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Das arme Ding... Und Zlatan hat ganz schön an dem Gesagten zu knabbern, merkt ihr das? Er steckt das nicht so einfach weg. Hoffentlich bereut er das Ganze am Ende nicht.

Audrey redet sich viel von der Seele, was sie ihm bisher verschwiegen hat. Es fällt ihr schwer, aber scheint  ihr auch die Möglichkeit zu geben, sich z.B. zu entschuldigen...

Denkt ihr auch, dass Audreys Mutter nichts mehr mit ihrem eigenen Kind zu tun haben will?!

Wie war das Pitel? Wieder so schlimm? Es ist bald geschafft...

Habt einen wunderschönen Abend,

eure Mercy aka Floraly <3

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