Kapitel 54
Sich Erzähler
Die kleine Truppe ist kaum die Treppen in die Wohnung der Familie, die sie zum Abendessen eingeladen hatten nach oben gegangen, haben sich die warmen Klamotten ausgezogen, Leyla begrüßt und sich schließlich auf die Couch fallen lassen, als die Türe erneut aufgeht. Die Gastgeberin hatte das Motorrad ihres Freundes gerade eben noch die Straße entlang fahren gehört und dreht sich grinsend in Richtung Flur, um ihn zu informieren, dass Niklas, Julia, Thea und Zoe im Wohnzimmer sind, als eben dieser seinen Kopf, ebenfalls mit einem breiten Lächeln im Gesicht durch die Türe, ihr entgegen streckt. „Ich hab's doch noch rechtzeitig von der Arbeit geschafft und bin jetzt da." Seine Freundin ist noch dabei zu nicken, als sie seine Lippen keine Sekunde später auf ihren spürt. Das er hier ist, kann sie sehen... und spüren.
Er hatte sie vorher angerufen und ein wenig genervt von der kritischen Lage des Personals im Klinikum erzählt, die durch den Ausfalls Niklas und Julias momentan eben jenes beherrscht und weswegen immer mehr der Assistenzärzte im Laufe des Tages, eine extra-Schicht auf die Nase gedrückt bekommen haben. Seinen besten Freund, Vivi und Mikko, alle 3 werden die Nacht, der aktuellen Patienten/-innenlage im JTK zu urteilen, dort verbringen und wenig Schlaf abbekommen. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass er heute ein paar KrankenpflgerInnen gehört hatte, die gemeinsam in der Pause saßen und sich über ihre langen Schichten beschwert hatten und im nächsten moment noch eine hinten dran gehängt bekommen haben. Heute Morgen hatte es das erste Mal, seit dem Beginn des Jahres Frost gehabt und all die ErfurterInnen, die diese Tatsache, wenn man berücksichtigt, dass sich dieses Phänomen jährlich wiederholt, offenbar sehr gekonnt ignorieren, statten der Notaufnahme nicht selten noch am selben Tag einen Besuch ab - So auch heute. Darum war Ben bis zur letzten Minute unsicher gewesen, ob er es rechtzeitig nach Hause, in den Feierabend und den damit verbundenen Menschen, die auf ihn gewartet hätten, schaffte. Er hat es und sowohl er selbst als auch seine Freundin und alle weitere Anwesenden sind dem sehr dankbar. Ohne Ben wäre der Abend zwar schön geworden, aber auf so vielen Ebenen nicht der Gleiche. Nicht, der der er hatte werden sollen und jetzt hoffentlich wird.
Während Ben und Leyla noch damit beschäftigt sind sich zu küssen, hören sie wie auch ihre Freunde und ihre Tochter realisiert haben, dass er angekommen war und nach und nach das Esszimmer befüllen. Thea, auf Julias Arm friedlich schlummernd und stetig von irgendwem beobachtet.
„Ich glaube, da wollen dir noch ein paar "Hallo" sagen, Liebling." Flüsternd streicht sie ihm einmal über den Arm und wendet sich dann erneut den auf dem Herd stehenden Töpfen zu. Schmunzelnd stellt sie fest, dass das Essen so gut wie fertig und ihr Freund damit keine Sekunde zu spät gekommen ist, während eben dieser sich durch eine albernen Begrüßung von Zoe, die wie fast immer mit mehr als einem kurzen Lachen endet, kämpft, dann Niklas, noch von Zoe abgelenkt lachend begrüßt und schließlich vor Julia stehen bleibt, die ihn stirnrunzelnd, aber lächelnd ansieht. Durch Thea auf Julias Arm endet der erste Versuch sich zu umarmen mit einem herzlichen Lachen von beiden Seiten und Leyla und Niklas, die das Geschehen aus der Küche beobachten und dabei das Geschirr zum Essen rausstellen müssen lächeln. Die beiden zusammen zu sehen, macht sie, auch wenn es schwierig und anstrengend sein kann, immer wieder glücklich, denn letztendlich ist ihnen beiden bewusst, wer mit wem, weshalb zusammen ist und das die beiden sich brauchen.
„Zoe - Schatz? Nimm Julia, Thea doch Mal kurz ab, ja?" Ihre Mutter schüttelt mit dem Gedanken, an das hin und her deren beider Armen nochmal mit dem Kopf und drückt ihrem besten Freund noch ein paar Gläser in die Hand, als sie aus dem Augenwinkel sieht, wie ihre Tochter ihrer Bitte nach kommt und Ben und Julia sich lachend dann doch in den Arm nehmen können.
~~~
„Früher bist du bei den Temperaturen kein Motorrad mehr gefahren...!" Es ist eine Feststellung von Julia, die das Lachen am Tisch unterbricht und alle zu ihr und Ben aufsehen lassen. Mit jeder Minute, die verstrichen und jedem Bissen des warmen Essens, der in hungrigen Mägen gelandet ist, ist die Stimmung entspannter, lachender und fröhlicher geworden. Thea ist eingeschlafen und liegt in ihrem Kinderwagen, während Niklas und seine Frau, den Vorfall mit Wolfgang immer mehr vergessen konnten - Für heute Abend. Die Aussage Bens bester Freundin, lässt sie alle still werden und ob es jetzt die Sorge um ihn ist oder sie doch eine andere Herkunft hat, sogleich sie für alle plötzlich kam, ist es insbesondere Leyla, die neugierig aufsieht.
Wie oft sie darüber heute schon nachgedacht hatte und doch genau wusste, dass es eine Ausnahme war, weil er so schneller wieder Zuhause, bei ihren Gästen hatte sein können - Sie hatte sich Sorgen gemacht. Und alle weiteren am Tisch, die ebenfalls davon gewusst haben auch. Obwohl Ben das ebenfalls bewusst ist, hatte er seine Freundin und Zoe bevor er zum Dienst und Zoe mit Leyla zu Julia gefahren war noch beruhigen müssen, kam das Ganze auch für ihn überraschend. Ein wenig unsicher fährt er sich durch die Haare und blickt schließlich in die braunen Augen seiner Freundin, dann in die seiner besten Freundin.
„Julia lass' ihn doch. Es ist nichts passiert..." Nur leise dringen Niklas Worte, die eigentlich nur für seine Frau bestimmt gewesen sind in den Raum, der mittlerweile komplett still geworden ist, doch diese reagiert kaum auf ihn. „Julia...-" meldet sich Ben nach ein paar weiteren Sekunden nun doch. Zwar hatte er bisher keinen Unfall gebaut, doch ist auch ihm sehr wohl bewusst, dass es bei dem Wetter gefährlich ist. Gefährlicher, als bei 20° und Sonnenschein. Gleich darauf schüttelt er mit dem Kopf und sieht auch zu dem Rest auf. „Leyla und Zoe wissen es schon und ich sag' es jetzt auch euch - Ich wollte den Abend hier sein und nicht damit verbringen auf Bahnen zu warten. Ihr 3 seit alle Ärzte - Ihr wisst was passieren kann und ich weiß es auch. Ich bin jetzt hier und ich bin unverletzt. Also? Mir geht es gut! Lasst uns davon nicht den Abend kaputt machen." Noch einmal in die Runde lächelnd wendet er sich in der nächsten Sekunde wieder seinem Essen zu und die anderen tun es ihm gleich.
"Früher" hatte Julia gesagt.
"Früher" während dem Studium, ist das Eine. Damals ist er "bei den Temperaturen" nicht mehr gefahren. Das ist richtig. Aber davor ist es ihm Egal gewesen, wie warm oder kalt und wie gefährlich das alles war. Er war damals noch nicht erwachsen, doch war das die Zeit in der er so viele Dinge, seine Eltern betreffend verstanden hatte. Das Motorradfahren gab ihm das Gefühl nicht darin gefangen zu sein. Egal bei welchem Wetter. Egal zu welcher Uhrzeit und egal bei welcher Temperatur. Auf dem Motorrad war er frei. Frei, von den Erwartungen seiner Eltern und all dem damit Verbundenen.
~~~
Mit Zoes nächster Frage zu Thea - einer von vielen, die die erst Gestern gewordenen Eltern, bereits beantworten mussten - ist das Thema endgültig beendet und der Abend "offiziell" begonnen. Gespräche werden geführt, Thea bewundert, Küsse verteilt und vor allem wird gelacht. Viel gelacht. Über alles mögliche gelacht und damit beginnt der Abend genauso schön, wie sie alle gehofft haben. Ein Abend, den nur diesen beiden Familien gehört, die genauso gut eine einzige sein könnten, zumal das wohl auch alle am Tisch sitzenden behaupten würden. Eine Familie. Sie alle sind eine Familie.
~~~
Ich muss sagen, aus Erzähler in Präsens zu schreiben ist gar nicht Mal so einfach, wenn man es sonst nur in Vergangenheit tut. ^^
Denkt ans Voten wenn's euch gefallen hat und schreibt gerne ein paar Kommentare!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top