Kapitel 44

Sicht Ben

Noch während sich die Tür zu Julias Patientenzimmer schließt, greift meine Freundin, die gerade dabei ist  noch ein „Wir sehen uns Morgen!" über die Schulter, zu Niklas und Julia zu werfen, nach meiner Hand. Mittlerweile ist es kurz vor 10 und sowohl die beiden frischgebackenen und ziemlich erschöpften Eltern war anzusehen, dass sie so langsam gerne schlafen würden, als auch Leyla und mir - Morgen geht es zwar nicht so früh wieder los, doch ein paar Stunden Schlaf aufzuhohlen kann nicht schaden! Ein kleines Schmunzeln schleicht über meine Lippen, als ich an all die Abende denken muss, an denen ich hätte früher ins Bett gehen sollen. Vor allem die Tage mit Dr. Moreau direkt im Anschluss wären vielleicht ein wenig angenehmer, ruhiger gewesen, wenn er es auch schafft einem das Leben ein kleines bisschen schwerer zu machen, egal wie viel man letztendlich geschlafen hat oder eben nicht... So sehr Leyla nach wie vor darauf beharrt, dass er seine guten Seiten hat, ist er auf der Arbeit, als mein Vorgesetzter meist keiner den man sich außer wegen seinen nicht selten, spannenden OPs wünscht. Er ist ein guter, talentierter Chirurg und hat als Mensch auch seine "strahlenden" Momente, nur die meiste Zeit verbringt er damit, seine schlechte Laune an uns auszulassen, uns herum zu kommandieren und die unmöglichsten Aufgaben auf die Schulter zu drücken. Nicht wirklich Dinge, die für eine häufige -freiwillige- Zusammenarbeit mit ihm sprechen. Leyla kann also noch so sehr auf die Echtheit ihrer Aussage bestehen und solange sie das so überzeugt behauptet, werde ich daran auch nicht Zweifeln, aber hier, im JTK, hat er sich den Spitznamen "Dr. Grummel" doch mehr als verdient.

„Ich freu' mich so für die beiden!" Die fast ein wenig aufgeregt klingende Stimme, meiner Freundin lässt mich möglichst breit lächelnd zu ihr herüber schauen und nicken. Obwohl ich mich wirklich (!) auch für meine beste Freundin und ihren Mann freue, ist da so ein komisches Gefühl, dass mich innerlich immer wieder hoffen lässt, dass ich dazu nicht allzu viel sagen muss. Richtig einordnen kann ich es nicht, weswegen ich mich auch jetzt nur mit einem ehrlich gemeinten „Ich mich auch!" an sie wende. Das Strahlen auf ihren Lippen, wandert weiter nach oben und wird zu einem so Glücklichen an ihr das mich ab der ersten Sekunde fasziniert hat, dass auch ich weiter lächeln muss, während sie kaum ist der letzte Ton meiner Stimme abgeklungen, weiter redet. „Und Thea ist wirklich ein süßer Name! Und wie die beiden selbst sich über sie freuen! Das ist so, so schön!" Lachend lässt Leyla ihren Kopf an meine Schulter fallen und drückt meine Hand ein wenig fester, als wir mittlerweile aus der Cafeteria ins Freie treten. „Ja-sehr schön! Ich hab' die beiden lange nicht so glücklich und entspannt gesehen." Nach wie vor lächelnd, nicke ich, wenn es mir dieses Mal auch um einiges schwerer fällt.

Ob sich meine Eltern jemals so über mich gefreut haben?

In der Hoffnung, diesen Gedanken so schnell wie möglich abschütteln zu können, gehe ich in Gedanken nochmal Niklas und Julias Blicke und Worte zu und über ihre Tochter durch. Dieses Strahlen in ihren Augen, der Stolz in der Art, wie sie die Kleine ansehen und die Liebe in ihren Herzen - Freuen ist eine riesige Untertreibung! Dieses kleine Wunder hat wunderbare Eltern! Mich fest an diesem Gedanken festhalten kommt die Freude über ihr gemeinsames Kind, die nie ganz gegangen ist langsam zurück und lässt mich wieder lächeln. Was mit meinen Eltern ist, ist für jetzt doch nicht wichtig! Ein neuer, kleiner Mensch, liegt nach fast 10 Monaten, 40 Wochen im Bauch ihrer Mutter, in den Armen meiner besten Freunde - Alleine das ist Grund genug sich von diesen Gedanken ab- und sich Schöneren zuzuwenden.

„Sag' Mal ist alles okay?" Leyla ist schon dabei in ihr schwarzes Auto einzusteigen, als sie mir einen zugleich liebevollen und besorgten Blick über eben dieses hinweg zuwirft. „Ja klar! Julia hat eine gesunde Tochter auf die Welt gebracht - Ihr selbst geht es auch gut. Natürlich ist alles okay." Ich hole noch einmal tief Luft, bevor ich ebenfalls in ihren Käfer einsteige, nachdem ich ihr ein freches Grinsen zugeworfen habe, hoffend, dass sie es mir abkauft. Über meine Eltern zu sprechen, gehört bestimmt nicht zu den Dingen, die ich heute noch tun möchte. Heute, noch weniger, als an all den anderen Tagen...

Als ich mich angeschnallt habe, sieht meine bildhübsche Freundin noch immer skeptisch und ohne ihr Auto gestartet zu haben zu mir herüber. „Du bist still heute." Ohne, dass es richtig eine Frage, oder eine Festellung ist, sprudelt der Satz aus ihren Lippen heraus, direkt zu mir herüber, als sie das Auto jetzt doch startet. „Ich..." fange ich schon an zu widersprechen, verstumme, aber gleich darauf wieder und reagiere mit einer Gegenfrage.  „Was hätte ich denn noch groß sagen sollen?" Leyla gerade dabei auszuparken, zuckt kurz mit den Schultern, um die Zeit zu überbrücken in der sie nicht zu mir sehen kann. Erst, als sie gewohnt sicher auf der Straße zwischen den Parkplatz Reihen vor dem JTK steht, dreht sie sich vorsichtig lächelnd wieder zu mir. „Das war nicht böse gemeint, Ben..." kopfschüttelnd und seufzend schaut sie kurz auf den Lenker. „Es ist mir nur aufgefallen, aber wenn du nicht reden magst, ist das auch ok." Noch einen kurzen Moment wird ihr Lächel, breiter dann lässt sie das Auto, in dem wir beide sitzen, langsam und geschickt durch die Gassen des großen Parkplatzes auf die Straße rollen. Es wird still zwischen uns und ich kann mir ein leises Seufzen nicht verkneifen.

So gerne ich Leyla die Tür aufschließen und sie in meine momentane Gedankenwelt lassen würde, so sehr stehe ich doch selber noch vor Dieser. Meine Augen, die noch ein paar Sekunden Leyla dabei beobachten, wie sie sich konzentriert dem wenigen Verkehr auf der Straße zuwendet, wandern von ihr weg und fangen an die an uns vorbei gleitenden Autos, Häuser und Bäume zu beobachten. Die Menschen, die zusammen mit Kindern, Hunden oder alleine auf den Gehwegen umher huschen. Die einzelnen Grüppchen, die sich an Ampeln gebildet haben und die Menschen, die in den Autos um uns herum sitzen. All diese Eindrücke verunsichern mich auf eine so seltsame Weise, dass sie mich wieder weg sehen und ein leises „Ich freue mich für sie! Das musst du mir glauben..." murmeln lassen. Leyla, die nach wie vor konzentriert auf die Straße schaut, lächelt leicht, während sie nickt. „Ich weiß!"

Es dauert noch ein paar weitere Minuten bis wir vor unserer Wohnung zum stehen kommen und meine Freundin mich mit einem knappen „Bleib noch kurz sitzen, ja?" davon abhält aufzustehen und ich die von mir eben geöffnete Beifahrertür wieder schließe. Erwartungsvoll treffen meine Augen auf ihre. „Ich weiß, dass du dich freust, Ben. Das weiß ich wirklich!" Ihre Hand greift über den Schalthebel zu mir herüber und landet schließlich auf meinem linken Oberschenkel. Erst als sie meine HAnd gesucht und gefunden hat, spricht sie mir weiterhin mit ihren schockoladen braunen Augen, in meine schauend weiter. „Ich weiß, was dir Julia bedeutet und ich weiß, dass du dich für sie freust!" Wiederholt sie noch ein wenig nachdrücklicher, als zuvor ihre eigenen Worte und streicht sich eine schwarze Locke aus dem Gesicht. „Aber ich kenn dich doch, Liebling. Wenn du was brauchst, dann melde dich bitte einfach! Ich bin hier und egal, was du so fühlst - Gefühle kommen und gehen und sie haben immer einen Grund und das Recht dazu sein, vergiss das nicht, ja? Das ist vollkommen in Ordnung! Ich liebe dich!"

Noch immer bin ich dabei Leylas Worte zu verstehen, als ihre Lippen einen Platz auf meinen finden und all meine Gedanken für ein paar Sekunden zum schweigen kommen. Mit einem Mal ist das Durcheinander in meinem Kopf still - Es gibt nur Leyla. Leyla und mich. Und eine unfassbare Dankbarkeit die mich durchströmt, als ich sie nach einer kurzen Pause wieder zu mir ziehe, eine Hand durch ihre Locken fahren lasse und erneut küsse. Diese Frau ist einfach der Wahnsinn!

Ich hoffe es hat euch gefallen und erinnere euch nochmal daran zu voten^^. Auch über Kommis freue ich mich sehr und gebe euch folgende Fragen zum beantworten einfach Mal mit: Was denkt ihr zu Ben? Findet ihr Leyla hat die richtigen Worte gefunden?

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