Kapitel 43

Sicht Julia

Immer noch an meinen Mann gekuschelt, lässt ein Klopfen, dass ich heute wahrlich oft genug gehört habe, mich aus meinem Dämmerzustand hochsehen. Der Tag hatte mich mehr geschlaucht, als ich zugeben wollte... So ein wundervoller Tag, Theas erster Tag in den Armen ihrer Eltern und trotzdem bin ich so müde, dass ich nach momentanen Gefühlszustand die nächsten Wochen durchschlafen könnte. Dabei will ich das doch gar nicht! Ich will so gerne meine Tochter ansehen, Zeit mit ihr verbringen und sie durch die Gegend tragen, stattdessen bin ich einfach so müde! Auch wenn mir durchaus bewusst ist, dass sich das wieder ändern wird, ärgert es mich im Moment doch.

Als mein Blick zugegebenermaßen etwas später auf die Türe fällt, als Niklas, der die neuen BesucherInnen bereits hinein gebeten hat, muss ich dann doch wieder lächeln. Leyla und Ben betreten breit strahlend unser Zimmer. Unsere besten Freunde hatten es, obwohl sie die ganze Zeit vor dem Kreißsaal gelauert haben, bis jetzt nicht geschafft bei uns vorbei zu schauen. Sie wurden zu einer Not-Op gerufen, alle beide, kaum eine Minute bevor unsere Kleine in meinen Armen lag - Umso mehr freut es mich jetzt, dass sie hier sind.

Vorsichtig richte ich mich ein wenig auf, als Niklas mir ein leises „Lass mich Mal kurz aufstehen, ja?" gegen den Kopf murmelt und mir gleich darauf noch einen Kuss gibt. Er möchte Leyla und Ben "anständig" begrüßen - Das kann ich nur zu gut verstehen, doch trotzdem kommt mir hier die Anweisung der Ärzte, dass ich heute noch nicht so viel bis gar nichts laufen soll, sehr entgegen, denn das Aufstehen meinem Kreislauf in dem erschöpften Zustand momentan gefällt, kann ich mir nicht vorstellen. Dafür kenne ich meinen Körper jetzt doch zu lange. Der Vater meiner Tochter und gleichzeitig mein wundervoller Mann ist noch dabei aufzustehen, als Leyla uns strahlend begrüßt: „Hallo ihr 2! Bzw. 3!" Für ein kurzen Moment ist das einzige was den Raum füllt, das Grinsen und Lachen über ihre Worte, bevor sie beim weiterlaufen erklärt, was wir schon wissen. „Not-OP ihr wisst ja wie das ist. Aber jetzt erstmal - Herzlichen Glückwunsch auch von uns!" Die Freundin meines besten Freundes wirft ihm kurz ein liebevolles Lächeln zu, bevor sie ihren besten Freund jetzt in die Arme schließt. Leise sagt sie noch etwas zu ihm, dass Niklas Lippen immer weiter nach oben tanzen lässt.

Leyla noch immer dabei mit kaum vorhandener Lautstärke mit meinem Mann zu sprechen, kommt Ben auf mich zu. Mit einer schnellen Handbewegung an der man wieder Mal sieht, dass er Arzt ist und sich nicht zum ersten Mal, an ein Patientenbett setzt, lässt er sich auf den eben herangezogenen Stuhl fallen und nickt dann zu Leyla „Sie hat Recht - Herzlichen Glückwunsch, Julia. Ihr beide habt euch dieses kleine, gesunde Wunder wirklich verdient! Und ich bin mir sicher ihr werdet ganz wunderbare Eltern sein - Du eine tolle Mutter." Spätestens jetzt tanzt das Grinsen auf meinem Gesicht mit dem Niklas, der sich gerade bei der Frau, die ihn immer noch umarmt bedankt, um die Wette, als ich leise erkläre: „Ich würd dich gerne in den Arm nehmen, Ben, aber das ist gerade schwierig, wie du siehst." Ich grinse zu meiner weiterhin ruhig auf meinem Arm liegenden Tochter herunter, um dann erneut zu meinem langjährigen besten Freund zu schauen. „Trotzdem - Danke!"

Es dauert noch ein paar Sekunden, bis Ben und ich von Leyla mit einem einfachen „Ben...!" und einem erneuten Nicken zu Niklas herüber, der mittlerweile wieder alleine am Bettende stand, aus unserem mittlerweile verstummten Gespräch holt. Es entsteht wie ein fliegender Wechsel, bei dem mein bester Freund mit der besten Freundin meines Mannes tauscht und schließlich sie bei mir sitzt und sich unterhält und Niklas und Ben sich kurz umarmen, bevor sich auch die beiden wieder um mich herum versammeln. Ein gerade kurz aufploppende Gedanke, entlockt mir ein Schmunzeln - Fast ist es ein wenig so, als wäre die gerade geborene Thea der Grund warum alle um meinen Mann und ich herum kreisen, als wären wir die Sonne, von der alle einmal bestrahlt werden müssen, um zu überleben.

Während erst Genannter innerhalb nicht Mal einer Minute wieder in ein Gespräch mit Leyla vertieft ist, sieht Ben scheinbar in Gedanken verloren zu Thea herunter. Ich selbst habe nicht genug Motivation das Gespräch meines Mannes mitzuverfolgen und ggf zu reden, doch gleichzeitig ist das Gefühl, dass sich in mir ausbreitet, als ich feststelle, dass ich dann nur weiter hier, mit meiner Tochter auf dem Arm liegen kann, seltsam. Eine Mischung aus Unsicherheit, Freude über die Ruhe und Skepsis, umso mehr freue ich mich, als Ben sowohl die Mauer des Gesprächs, dessen Aufbau ich nicht folgen konnte, als auch mein Schweigen und das damit verbundene Gefühl mit einer schlichten Frage durchbricht: „Wie soll eure Kleine eigentlich heißen?"

Fast gleichzeitig wie seine Frage in unsere Ohren dringt, verstummt Leyla, die gerade dabei war Niklas über irgendwas aufzuklären und sieht ebenso neugierig zu mir herüber, wie mein bester Freund geklungen hat. "Zauberband", so hatten Niklas und ich die Wirkung unserer Tochter auf unsere Mitmenschen genannt. Eben diesem "Band" scheint zumindest Ben auch schon verfallen zu sein - Er sieht kaum eine Sekunde nach oben, als er seine Frage stellt, zu schnell wandert sein Blick zurück auf Thea. Ein wenig unsicher wandert mein eigener zu meinem Mann, der schnell nickt, als wolle er mir sagen, dass ich dieses Mal dran bin. Vorher hatte er ihren Namen nennen dürfen, jetzt scheint es ihm wichtig zu sein, dass ich das mach. Also lächle ich ihm, als kleines Dankeschön einmal zu, bevor ich das Wiederhohle was er vorher schon Mal ausgesprochen hat - Den Namen unserer Tochter.

Wie eigentlich nicht anders erwartet folgt daraufhin die nächste Frage, dieses Mal von Leyla, die vor lauter Neugierde kaum 2 Sekunden warten konnte: „Berger oder Ahrend?" Als hätte es etwas zu bedeuten, sieht sie bei jedem Aussprechen eines Namens, erst zu mir, dann zu Niklas, dem das natürlich auch auffällt und leicht stirnrunzelnd zu mir sieht. Wahrscheinlich wollte sie, dass wir uns beide angesprochen fühlen und trotzdem hinterlässt die Art wie sie dafür sorgt einen fast schon unschönen Nachgeschmack. „Beger. Das klang irgendwie schöner und da Julia und ich nicht vorhaben uns in absehbarer Zukunft zu trennen, war das auch keine Entscheidung, die mit so wirklich etwas verbunden war." Mein Mann sieht während er spricht mit seinen blau-grünen Augen direkt in meine und grinst mich glücklich an, was auch mir erneut ein Grinsen entlockt. „Wir waren einstimmig der Meinung, dass "Thea Eva-Johanna Berger", besser klingt als "Ahrend". Es hätte, aber auch keinen Unterschied gemacht, wenn es anders gewesen wäre - Wir lieben sie so oder so!" Seine und meine Hand finden wie von alleine einen Weg ineinander, als mein Mann sich etwas nach vorne beugt, um erst mich zu küssen und dann auch seiner Tochter einen Kuss auf den Kopf zu drücken.

Was er dann macht, verwundert mich im ersten Moment doch, wenn es mein Grinsen auch aufrecht erhalten lässt. So leise, dass selbst ich Schwierigkeiten habe ihn zu verstehen, flüstert mein Mann Thea ein paar Sätze entgegen: „Hast du gehört meine Kleine? Mama und Papa werden dich immer lieben, ganz egal was dir passiert! Wir werden immer an deiner Seite sein, okay?" Zum Abschluss und als kleine Geste, die das eben gesagte wohl nochmal unterstreichen sollen, kriegt Thea erneut einen Kuss auf die Stirn gedrückt, bevor mein Mann sich von ihr abwendet und zu mir nach oben schaut.

Schnell wische ich mir die verirrte Träne auf meiner Wange weg und lache leise einmal auf - Wie glücklich Menschen einen doch machen können... „Und hinter dir mein Engel, stehe ich natürlich auch immer!" Schnell nicke ich, die Augen wieder an Nikas geheftet und murmele mindestens genau so schnell „Ich auch. Ich auch... Ich - Liebe dich!"

Für Thea wahrscheinlich fast etwas stürmisch, küsse ich meinen Mann gleich darauf, das leise Lachen von Leyla, die sich scheinbar mehr als nur mit uns freut, kaum vernehmend. Ben ist der Erste, der nach dieser Aktion wieder etwas sagt, dass mich, wenn er es auch nur gut meint und mit einem breiten Grinsen im Gesicht spricht, etwas skeptisch werden lässt. „Thea hat Glück Eltern wie euch zu haben! Ihr werdet tolle Eltern sein, ich hab es vorher schon Mal gesagt und kann mich nur wiederholen...!"

Erst jetzt fällt mir auf, dass mein bester Freund generell für seine Verhältnisse etwas ruhiger war heute, das kann die verschiedensten Gründe haben und doch sagt mir ein Gefühl, dass ich mich danach vielleicht nochmal in Ruhe erkundigen sollte. „Danke...!" Niklas und ich schaffen es uns gleichzeitig zu bedanken und wie es der momentane Umstand will, küssen wir und gleich darauf lachend erneut.

Ein wundervoller Tag... Der Gedanke wird in meinem Kopf erneut präsent und dieses Mal kann ich nur nicken. Mag sein, dass ich von der langen Geburt geschafft bin, so ist dieser Tag deswegen nicht weniger schön... Und er ist schön! So unfassbar schön. Es ist der Geburtstag unserer kleinen Tochter...!

Lasst mich doch gerne wieder wissen, wie euch das Kapitel gefallen hat! 

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