Kapitel 3
Sicht Ben
Puh! Endlich Feierabend, zumindest fast. Die Nachtschicht war echt sowas von die Hölle. NA, da. Station, hier. Not-OP, dort. Ich hatte nicht eine Minute die Augen zu machen können, dementsprechend erschöpft stehe ich am Counter und betrachte die Akte vor mir. Eigentlich soll ich da noch was eintragen, doch kaum betrachte ich die Akte länger, fallen mir fast die Augen zu. Ich atme tief ein und strecke mich einmal ordentlich, in der Hoffnung meinen Kreislauf so nochmal ein wenig in Schwung zu kriegen und mich nochmal, für nicht mal 5 Minuten, konzentrieren zu können. Ich unterdrücke ein Gähnen und wende mich erneut meiner Akte zu. Ob ich Julia einfach fragen kann, ob sie Lust hat die Dinge in die Akte einzutragen? Oh ja. Julia, die beneide ich echt nicht. Nach wie vor kommt man hier gerade kaum zum durchatmen und sie übernimmt jetzt gleich für mich. Herr Berger hatten wir immer noch nicht von der Notwendigkeit ein, zwei neuer Assistenzärzt*innen überreden können. Vielleicht muss Julia, da doch mal ihre Töchterchen-Karte spielen? Aber, mal schauen. Auch wenn ich es sehr bezweifle, vielleicht kommt unser Klinikleiter ja doch noch zu Vernunft.
„Morgen Ben!" eine fröhliche Julia lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich. Motiviert und gut gelaunt, kommt sie auf mich zu. Da kann ich das mit dem Akte machen, vielleicht wirklich mal probieren. Mit ein wenig Glück... „Heyy, na? So gute Laune?" Julia nickt und ihr Strahlen macht dem der Sonne draußen Konkurrenz. „Max ist da-" Ja, das erklärt schon mal einiges. Wie Julia, Max doch liebt und wie süß sie ihn findet. „-und er ist soo süß!" Was habe ich gesagt? „Niklas und ich sind glücklich und." Julia stoppt abrupt. Als wöllte sie noch was sagen, was sie dann, aber doch nicht erzählen will. „Und das Wetter ist schön!" Julia lächelt. "Das Wetter ist schön"? Deswegen hat man also so gute Laune. „Du Ben, weißt Du bei wem ich bin?" Ich schüttele mit dem Kopf. Dr. Moreau müsste jetzt eigentlich, nachdem er mich die ganze Nacht hin und her scheuchen konnte, auch nach Hause gehen. Und sonst weiß ich gerade nicht, wer hier ist. „Vielleicht bei Leyla? Sobald sie da ist?" schlage ich vor. Vielleicht treffe ich ja ins schwarze, bei meinem Glück zwar sehr unwahrscheinlich, aber probieren kann man es ja! Doch Julia runzelt mit der Stirn. „Leyla ist noch nicht da?" Jetzt runzle ich mit der Stirn. „Nein, die kommt so in zwei Stunden. Warum?" Julia lacht, in ein „Och, maan. Niklas." herein. Erneut fängt sie an zu lachen. „Niklas hat vorher gemeint-" fängt sie an zu erzählen, als sie sich beruhigt und damit aufgehört hat, alle Blicke auf sich zu lenken. „Dass Leyla schon hier wäre. Da hat er bestimmt was Durcheinander gebracht." „Ja, das klingt nach Niklas." Ich muss grinsen. Privat ist der liebe Dr. Ahrend deutlich verpeilter, als auf der Arbeit. Wahrscheinlich liegt es an der Verantwortung die er hier trägt und im Privaten-Bereich nicht. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Als Ausbilder, Oberarzt, Chirurg und angesehener Gynäkologe, ist die nämlich nicht unbedingt gering.
„Okay, Ben ich gehe mich jetzt mal umziehen und dann löse ich dich ab, ja?" Ich nicke, als mein Blick erneut auf die Akte von vorher fällt. „Ähm, Julia!" Julia dreht sich fragen schauend nochmal zu mir um. Mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen hebe ich bittend meine Akte hoch. Julia grinst. „Ja. Schreib' halt auf, was ich eintragen muss." Trotz meiner Verwunderung über ihr schnelles einlenken, jetzt nicht, dass ich was dagegen hätte, forme ich mit den Lippen ein leises: „Danke!" Julias Lächeln wird wieder zu einem breiten Grinsen, als sie das sieht. Kopfschüttelnd verschwindet sie Richtung Umkleiden.
Keine 10 Minuten später steht sie bei mir. Und keine weiteren 10 Minuten später ist die Überganbe erledigt und ich kann endlich nach Hause. Nach Hause zu meiner Familie. Ja, zu meiner Familie. Zu Zoe und Leyla. Noch schnell umziehen und dann sitze ich schon auf meinem Motorrad auf dem Weg zu Leylas Wohnung. Meist waren wir bei ihr, meine habe ich, aber auch noch. Mal sehen, vielleicht ziehen wir bald ja auch mal "offiziel" zusammen.
Vor dem Mehrfamilienhaus, in dem sich auch Leylas Wohnung, die um einiges größer ist, als meine, befindet, stelle ich mein Motorrad ab. Mit einer schnellen Handbewegung ist mein Helm ab und mit einem routinierten Griff durch die Haare, sitzen auch die wieder. Den Ersatzschlüssel zu Leylas Wohnung habe ich schon vor ein paar Monaten bekommen so, dass ich jetzt ohne zu klingeln nach drinnen komme. Auch die Wohnungstür oben, im ersten Stock, kann ich eigentlich ohne Probleme aufschließen. Doch, gerade als ich den Schlüssel in das Schloß gesteckt habe, geht die Tür von alleine auf. (Magic✨)
Zoe. Sie dreht sich während sie die Tür aufmacht, ich gehe zur Sicherheit einen Schritt nach hinten und betrachte Zoe schmunzelnd, nochmal in die Wohnung. „Ich bin dann weg! Tschau Mama!" „Tschüß Zoe! Hast Du alles dabei, was Du brauchst?" Zoe verdreht über die Antwort ihrer Mutter mit den Augen. Wenn sie mich in der Zwischenzeit bemerkt hätte, hätte sie das nicht gemacht. Hat sie, aber nicht. „Jaaha!" Zoe dreht sich stöhnend zu mir. Sie hat schon den ersten Schritt getan, erst da entdeckt sie mich. Vor Schreck schreien tut sie dankenderweise nicht, aber ihr Blick der ist mehr Wert als jeder Diamant der Welt. So ein, wie Zoe sagen würde: "OMG, was geht denn hier ab" Blick, einer 16-Jährigen. Als sie sich wieder gefangen, begrüßt sie mich lachend und mit einem vorwurfsvollen: „Been!" Sie umarmt mich, während sie ein: „Erschreck' mich doch nicht so!" Daraufhin kann ich nur lachen. „Was hätte ich denn tun sollen?" Zoe schaut zu mir hoch. Macht den Mund auf, schließt ihn wieder, strafft die Schultern und meint im vorbeigehen. „Mama, ist in der Küche! Schlaf gut und bis nachher!" Ich schaue,der gerade fast über ihre eigenen Beine stolpernden Zoe, lachend hinterher. „Ja, Danke, bis nachher!" Zoe winkt nochmal grinsend, dann verschwindet sie aus der Haustüre.
Sicht Leyla
Lächelnd drehe ich mich zu der Tür, die zum Flur führt. Ben scheint nach dem was ich gehört habe, angekommen zu sein und auf müsste nach dem Gelächter der beiden auf Zoe getroffen sein. Da sich die Wohnungstüre jetzt, aber geschlossen hat, gehe ich davon aus, dass Ben jetzt gleich kommt. Und darauf freue ich mich wirklich schon! Ich habe meinen Freund nämlich das letzte Mal vor gut einem Tag gesehen. Vorgestern hatte ich erst eine Nachtschicht, direkt im Anschluss noch eine Not-OP, die bis kurz nach 7 Uhr morgens ging. Ben ist um 7 gekommen war, aber in der NA eingespannt, also bin ich nach Hause und er war bis jetzt, 7 Uhr 30 im Klinikum. Durch diese verdammte 24h Schicht und meinen freien Tag, war es also schon ein bisschen her, dass ich Ben sehen oder gar küssen konnte. Umso mehr freue ich mich jetzt, ihn zu sehen.
„Guten Morgen, schöne Frau!" Ah, Ben hat es also auch zu mir geschafft. Wahrscheinlich hatte er nur ein paar Minuten gebraucht, sich aus Jacke und Schuhe zu schälen und den Helm vom Motorrad fahren, zusammen mit seiner Tasche in irgendeiner Ecke zu platzieren, doch für mich, die ja nur da saß, hat es sich lange angefühlt. Grinsend stehe ich auf und gehe ein paar Schritte auf meinen Freund zu. „Morgen, mein Schatz." Bens muskulösen Arme schließen sich um meine Taille, während er mich näher zu sich zieht. Kurz bevor er anfängt mich zu küssen murmelt er ein leises: „Ich liebe Dich! Du hast ganz schön gefehlt die letzten 24h." Dann treffen unsere Lippen aufeinander. Kurz darauf startet, ein bei jedem Kuss, von vorne beginnendes Feuerwerk in meinem Körper das ich von den Küssen und Berührungen, von den heißen Nächten in unseren Betten, schon nur zu gut kenne und liebe! Als wir uns völlig außer Atem voneinander lösen, nimmt Ben mich an der Hand wieder mit zum Esstisch, um sich dann über das Frühstück herzumachen. Während Bei erzählt er von seiner anstrengenden Schicht. Doch irgendwann unterbreche ich ihn lachend. „Du hast, aber einen Hunger!" Ben schaut von seinem Teller auf zu mir nach oben. Seine Lippen umspielt ein Lächeln als er schluckt und gleich darauf meint: „Hm. Ja. Wie gesagt, es war echt viel los auf der Arbeit. Ich kam nicht wirklich zum essen oder schlafen." Ich lache wieder.
Als Ben fertig ist hilft er mir noch kurz beim spülen, bevor er unter die Dusche springt und dann direkt ins Bett geht. Da er so müde ist, hat er sich wie so oft dazu entschieden, einfach hier zu schlafen. Außerdem hat Zoe heute Mathe, sie würde Ben nachher beim Hausaufgaben machen brauchen. Ein paar Minuten nachdem Ben ins Bett ist, stelle ich mit einem Blick auf die Uhr fest, dass ich zum Dienst musst. Leise gehe ich zu Ben in das Schlafzimmer. Gerade will ich schon den Mund aufmachen und mich verabschieden, da stelle ich fest, dass Ben schon längst ins Land der Träume gewandert ist. Lächelnd schließe ich die Türe wieder. Dann wollen wir ihn mal träumen lassen. Er hat den Schlaf dringend nötig. Obwohl ich weiß, dass Ben weiß, dass ich jetzt zum Dienst muss, schreibe ich ihm das nochmal auf einen Zettel, den ich auf den Esstisch lege. Mit der Bemerkung, dass er sich und Zoe nachher einfach die Reste von Gestern warm machen kann. Dann verschwinde auch ich zum Dienst. Mal sehen wie lange ich dieses mal vor mir habe.
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