Kapitel 27
Sicht Julia
„Niklas, willst du mir nicht noch irgendwas sagen?" Nur flüsternd löse mich ein kleines Stück von meinem Verlobten und sehe ihn fragend lächelnd an. „Etwas sagen?" Niklas wiederholt meine Wort auch nur leise, doch sein Blick wandelt sich von dem eben noch so liebevollen in einen skeptisch fast schon unsicheren. Langsam nicke und ich linse nochmal zu der bislang noch unbekannten Frau mir gegenüber. Vielleicht versteht er ja so. Sie hat blonde, kurze Haare und dem wie Niklas sie vorher im Arm hatte zu urteilen, kennen sie sich. Gut. Wie gut? Für einen kurzen Moment kriecht ein Hauch Eifersucht durch meinen Körper und nagt sich als kalte Angst an meinem Herzen fest. Sie sieht nicht schlecht aus, wenn sie auch schon ein wenig älter ist. So bin ich eigentlich nicht. Aber ich kenne diese Frau nicht. Und das ist meine Hochzeit. Ich sollte die Gäste auf meiner Hochzeit, die meinen Mann so Nahe stehen, dass er sie noch vor der Hochzeit, um sich hat (im wahrsten Sinne des Wortes) doch kennen, oder? Ihren Namen schon mal gehört haben. Ein Bild in Verbindung des Namens gesehen haben. Doch diese Frau habe ich ganz bestimmt noch nicht gesehen. Auf keine Bild. Und auch wenn ich ihren Namen noch nicht gehört habe, bin ich mir doch sicher, dass Niklas sie mir gegenüber noch nicht erwähnt hat. Dann müsste ich doch auch irgendwas mit ihren Aussehen anfangen können...
Und doch auf eine seltsame Art und Weise kommt mir diese Frau bekannt vor. Sie erinnert mich irgendwie ein wenig an meinen Verlobten... Vielleicht habe ich sie ja doch schon Mal irgendwo auf irgendeinem Bild gesehen. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ich Niklas dann nicht gefragt hätte, wer genau sie ist. Niklas hat nicht allzuviele Bilder von früher. Die meisten sind von Max. Ein paar wenige von Leyla und ihm früher. Von Paul und Ute habe ich bisher nur ein Bild gesehen und das auch nur, weil Leyla noch ein Bild von dehn 4 hat. Eine blonde Frau wäre mir in dem kleinen Haufen doch bestimmt aufgefallen.
„Sag' Mal Niklas, kann es sein, dass du vergessen hast deiner Verlobten zu erzählen wer ich bin?" Dass die Frau auf einmal anfängt zu sprechen und mir dabei für einen kurzen Moment lächelnd in die Augen blickt, bevor ihr Blick weiter zu Niklas fliegt, verunsichert mich weiter. Ich wende meinen Blick schnell wieder ab, inständig hoffend, dass sie nicht bemerkt hat, wie ich sie angestarrt habe. Leyla und Bens leises "Hintergrund Geflüstere" verstummt augenblicklich. Ich spüre förmlich wie die Blicke der beiden neugierig und Niklas gegenüber wahrscheinlich auch ziemlich skeptisch zu uns dreien herüber wandern und schließlich an uns kleben bleiben. Niklas Augen wandern unsicher von mir zu der Frau und von der Frau wieder zurück zu mir. „Julia, du kennst doch Kathrin, oder?" Vorsichtig nimmt er meine Hand wieder in seine und nickt zu "Kathrin" herüber. Mein Blick folgt seinen erneut. Und wieder scanne ich die unbekannte Frau von Kopf bis Fuß, nur um sicherzugehen, dass ich sie wirklich nicht kenne. Dann schüttele ich langsam mit dem Kopf, mich wirklich nicht erinnernd auch nur annähernd schon Mal irgendwas von ihr gesehen zu haben. Und obwohl ich mich wirklich an nichts erinnere, was das Erklären könnte, kommt sie mir immer mehr doch irgendwoher bekannt vor.
„Niklas, nur damit ich das richtig verstehe-" Kathrin lacht sichtlich ziemlich ungläubig auf. „Du schwärmst mir jedes Mal, wenn wir telefonieren mindestens 20 min von Julia vor und sie weiß nicht Mal, dass es mich gibt?" Nachdem noch eine weitere Person im Hintergrund anfängt zu lachen, stelle ich mit einem kurzen Blick über die Schulter fest, dass es Leyla ist, die ihren Kopf gerade an Bens Schulter begräbt um möglichst wenig Geräusche von sich zu geben. Mein Blick wandert weiter durch den Raum, auch Arzu kann sich wie Ben ein kopfschüttelndes Grinsen nicht verkneifen. Und als ich letztendlich wieder bei Niklas hängen bleibe fange auch ich an mit dem Kopf zu schütteln. Dann seufze ich „Willst du mir dann vielleicht jetzt Mal erklären, wer "Kathrin" ist?" Mein Blick wandert erneut zu Kathrin. Eigentlich wirkt sie ganz nett. Und Niklas und sie scheinen sich gut zu verstehen.
„Ja klar, süße. Also- Kathrin ist-" Schnell sehe ich wieder zurück zu Niklas, gespannt auf das was er mir gleich sagen wird. Mein Gehirn spuckt schon nach und nach die wildesten Vorschläge aus, doch ich zwinge mich zu Ruhe. Niklas erklärt mir das jetzt alles, da muss ich mir keine Gedanken über Ex-Affären und Cousinen mehr Gedanken machen, ich werde es gleich erfahren. „meine Halbschwester, Julia. Und sie hatte wie Arzu eigentlich auch schon abgesagt, aber das mit ihr muss wohl in all dem Trubel untergegangen sein. Tut mir leid." Arzu und Max. Den beiden muss ich gleich auch endlich Mal begrüßen. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben noch zu kommen, aber ich weiß wie viel es Niklas bedeutet, dass sie hier sind. Und das ist alles was zählt.
Am Liebsten würde ich auch anfangen zu lachen- Es ist so typisch für ihn! In all dem Trubel, in dem ganzen hin und her, vergisst man(n) einfach Mal zu erwähnen, dass man eine Schwester hat. Eine Halbschwester. „Niklas du weißt, aber bestimmt nicht erst seit ein paar Wochen, dass es Kathrin gibt, oder?" Verzweifelt, aber grinsend schüttele ich mit dem Kopf. Erleichtert, darüber, dass sie "nur" seine Schwester ist, amüsiert von seinem ganzen Verhalten Kathrin und mir gegenüber und jetzt schon von seiner Schwester begeistert. „Nein, tut er nicht. Das weiß er schon eine ganze Weile." Kathrin zieht wissend eine Augenbraue nach oben, bevor sie sich mir zuwendet und eine Hand ausstreckt. „Kathrin Globisch, Niklas Halbschwester. Ich hab' schon viel von dir gehört." Grinend gebe ich Niklas noch einen kurzen Stups in die Seite, bevor ich mich ihr auch zu Wende und ihr meine Hand gebe. „Julia Berger, Niklas Verlobte. Freut mich auch Mal etwas von dir zu hören!" Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Niklas, wenn auch grinsend, anfängt mit dem Kopf zu schütteln. Doch er braucht sich gar nicht zu beschweren. Wenn hier einer unmöglich ist, dann ja wohl er!
Für einen kurzen Moment unterhalte ich mich noch mit, wie ich gerade erfahren habe, Niklas Halbschwester und verabrede mich für nach der Trauung nochmal mit ihr, bevor ich jetzt endlich auch Arzu in den Arm nehme. „Schön, dass ihr es doch noch geschafft habt." Arzu grinst. „Frag' Mal warum." „Mach' ich nachher-Versprochen." Ich knie mich zu max herunter, nachdem ich mich vorsichtig von Arzu gelöst habe. „Na du großer! Schön, dich Mal wieder zu sehen." Ohne zu zögern läuft Max grinsend in meine Arme. Scheinbar ganz begeistert davon, dass die Erwachsenen es endlich geschafft haben, aufzuhören sich nur mit sich selbst zu beschäftigen und endlich ihm wieder Aufmerksamkeit schenken. „Julia! Julia! Julia!" Ich fange an zu lachen, als ich Max aufgeregtes Geplapper höre. „Kriege ich ein Geschwisterchen?" Noch immer glühen Max Wangen vor Aufregung. Erneut fange ich an zu lachen. „Das haben der Papa und ich dir doch schon gesagt." Max Augen werden groß „Bin ich dann der große Bruder?" „Ja du bist dann der große Bruder." Ich nicke bekräftigend und sehe kurz lächelnd zu meinem Verlobten herüber. Wie oft er sich schon den Kopf darüber zerprochen hat, ob Max wenn sie so wenig Termine finden, an dehnen sie sich sehen können, nicht irgendwann nicht wieder kommen möchte und ob er dann wegen des Babys nicht auch noch Eifersüchtig wird, ich weiß es schon gar nicht mehr. Doch Max jetzt so aufgedrehte „Ich werde großer Bruder!" Rufe scheinen zumindest ein Teil dieser Sorgen vorläufig verschwinden zu lassen.
„Julia?" Ben steht mit Leyla im Arm immer noch im Türrahmen und doch scheint er langsam wieder rüber zu wollen. Die Trauung beginnt gleich und bis dahin müssen Leyla und Niklas noch ihre Gäste auf ihre Plätze scheuchen und... Ihre Plätze? „Ich... Warte kurz, ja?" Blitzschnell stehe ich auf und danke meinem Kreislauf einmal mehr, dass er es heute so gut mit mir meint. „Niklas..." Ich stelle mich ein wenig auf die Zehenspitzen und näher an Niklas Ohren heran zu kommen. Dann flüstere ich: „Arzu, Max, und Kathrin, wo sollen sie denn jetzt hin? Sie hatten alle abgesagt..." Niklas unterbricht mich nickend. „Hmm. In der Kirche werden sie schon Platz finden und was zu Essen werden sie auch kriegen. Ich frag' Leyla gleich Mal, ob sie noch kurz bei der Location anrufen kann, ob sie noch 3 Stühle am besten in unserer Nähe irgendwo an einen Tisch dazu stellen können, ja? Mach dir keine Sorgen." Niklas drückt mir einen kurzen Kuss auf die Wange.
„Julia... Ich glaube wir müssen Mal nochmal kurz rüber, damit sein Vater dich hohlen kann. Ich glaube nämlich nicht, dass er so begeistert ist, wenn er gleich kommt und seine Tochter ist nicht da." Ich grinse und nicke. Und doch wende ich mich noch ein letzes Mal an Niklas, um ein stummes „Danke." mit meinen Lippen zu formen. Als Antwort drückt er mir noch einen letzten Kuss auf die Lippen. „Bis gleich, Jule! Ich liebe dich und erlaube dir nicht "nein" zu sagen." Auch wenn es ein Witz ist und wir beide lachen, zeigt es doch, dass wir langsam nervös werden. „Du auch nicht!" Ich tippe Niklas nochmal auf die Schulter, bevor ich zu Ben gehe und wir uns gemeinsam von dem Chaos in Niklas Zimmer entfernen.
Umso weiter wir wegkommen und umso näher wir wieder "meinem" Räumlein kommen, umso nervöser werde ich dann doch. Etwa auf der Hälfte halte ich es, durch die ganzen zusätzlichen neugierigen Blicke der Gäste nicht mehr aus. Ich beschleunige meine Schritte und greife nach Bens Hand. Einmal mehr bin ich froh meinen besten Freund bei mir zu haben. „Alles okay?" Ich nicke schnell. Leise antworte ich: „Langsam ziemlich aufgeregt.", bevor ich kurz lächelnd zu Ben nach oben schaue und im stummen ein „Aber das gehört wohl dazu, wenn man den Mann seiner Träume, den Mann den man mehr liebt als alles und jeden auf der Welt, den Mann, für den man alles geben und aufgeben würde in den nächsten paar Minuten heiratet." hinzugefüge. Denn genau so ist es...
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