Kapitel 22
Sicht Niklas
„Niklas! Ich..." Ben am anderen Ende der Leitung lacht hilflos auf. Nachdem er wahrscheinlich den ganzen Abend auf einen Anruf von Julia und/oder mir gewartet hatte und er ihn jetzt, kurz vor Mitternacht erst erhält, muss sich die Situation für ihn, doch sehr surreal anfühlen. Innerlich muss ich leise seufzen. Wie gerne ich Ben schon früher angerufen hätte. Wie gerne ich ihm jetzt schon alles erklärt hätte und wie gerne ich dafür gesorgt hätte, dass er sich keine Sorgen mehr macht und in Ruhe schlafen kann, um Morgen fit zu sein. Wie gerne ich es auch für Julia getan hätte. Sie selbst hatte mir kurz nachdem sie mir alles erklärt hatte gesagt, dass Ben noch auf einen Anruf von uns/ihr wartet, um zu verstehen. Gleich darauf, aber auch, dass sie nicht nochmal alles erzählen könne und ich hatte mich natürlich sofort bereit erklärt das zu übernehmen, wenn sie das möchte. So ist Julia gegen 10 ins Bett gegangen, damit Ben eben nicht bis Mitternacht auf einen Anruf warten muss. Bis dahin hatten wir 2 den Abend doch noch produktiv genutzt und verschiedenste Dinge besprochen, die Hochzeitsplanung zumindest theoretisch weiter umzukrämpeln und weitere Pläne für diese anzufertigen. Praktisch wird das Umwerfen der Hochzeit wohl noch ein größerer Akt werden. Aber wir beide mussten für eine Sekunde das Gefühl haben, doch noch irgendwas selber entscheiden zu können... Und nicht einfach vor Vollendende Tatsachen gestellt zu werden.
Ich hatte mich, als Julia ins Bett ist erstmal mit auf unser Bett gesetzt, um sicherzugehen, dass sie schläft, dass es ihr gut geht, solange ich mit Ben telefoniere. Doch alleine bis Julia eingeschlafen ist, sind fast 1 1/2 Stunden vergangen. Der ganze Tag hat sie aufgewühlt. Und auch wenn wir uns den Abend gut ablenken konnten und auch unseren Spaß gemeinsam hatten, hat sie sich immer wieder im Bett herumgewälzt, die Augen aufgeschlagen, mich aus ihren rehbraunen Augen verzweifel angesehen und erneut probiert sich e in n wenig zu entspannen. Irgendwann hatte ich es nicht mehr ausgehalten und ihr, in der Hoffnung sie zu beruhigen, über die Hand gestrichen. Vor einer halben Stunde dann, ist sie also endlich eingeschlafen, doch erst als sie auch ruhiger geworden ist, habe ich mich getraut aus unserem Schlafzimmer zu gehen, damit sie nicht gleich wieder aufwacht. Mein Engel braucht ihren Schlaf doch... Gerade jetzt...
„Ich hab' ehrlicherweise gar nicht mehr mit eurem Anruf gerechnet!" schafft Ben es nun doch seinen Satz zu beenden. Unwillkürlich muss ich schmunzeln. „Das habe ich mir gedacht und ich muss auch ehrlich gestehen, dass Julia schon schläft. Ich weiß, du hättest das alles lieber aus Julias Mund gehört, um sicher zu gehen, dass es ihr auch wirklich gut geht, aber du verstehst sie bestimmt auch." Für einen kurzen Moment mache ich eine Pause, um Luft zu hohlen. Zeitgleich mit Ben rede ich dann wieder weiter. „Aber, sie kann das nicht alles nochmal erzählen. (?)" In Bens Stimme liegt ein fragender Unterton, den ich leise bejahe, auch wenn er sich dadurch nicht weniger Sorgen machen wird. Ich will ehrlich mit ihm sein. Sonst hätte ich ihn gar nicht anrufen müssen. Wie eigentlich nicht anders erwartet, bleibst es stumm, am anderen Ende der Leitung.
Die ganze Situation lässt mich nervös werden. Nervös war ich sowieso schon-An mir gehen solche Tage schließlich auch nicht spurlos vorbei. Das mit unserem kleinen schon gar nicht. Aber Ben, als Julias bester Freund muss informiert werden und auch wenn es mir schwer fällt, werde ich diesen Part erledigen. Wenn es zumindest meiner Verlobten dann besser geht...
Als es auch weiterhin auch von Bens Seite still bleibt seufze ich leise. Mir ist bewusst, dass es auch noch andere Gründe für sein (plötzliches) Schweigen geben kann, aber das er wirklich mit dem Gedanken spielt, auf Julia zu warten scheint mit am sinnvollsten. ,,Wenn du lieber mit Julia persönlich reden möchtest- was ich auch vollkommen verstehen würde Dann sage ich ihr das. Morgen! Dann kann sie dir alles erzählen, aber wenn du jetzt noch wach warst, weil du auf unseren Anruf gewartet hast, dann solltest du vielleicht wissen, was heute wirklich so passiert ist..." teile ich Ben meinen Vorschlag nach kurzem Zögern leise mit. An der als erwartet wehrt er sich vehement, gegen diesen:„Nein! Nein! Niklas! Du bist ihr Verlobter. Du bist ehrlicher, wenn ich dich Frage wie es Julia geht, als Julia selbst. Aber bitte... Ich muss es jetzt endlich wissen... Kannst du mir sagen, was passiert ist? Und wie es Julia geht? Und wie das Ganze einen Sinn ergibt?" Ben fängt nur so an zu reden und kommt auch jetzt zu keinem Schluss. Seine ganzen Gedanken scheinen, wie Wasser hinter einer Staumauer angesammelt geworden zu sein und jetzt endlich einen passenden Abnehmer gefunden zu haben, scheint den Schalter um die Mauer zu öffnen umgelegt zu haben. „Ich saß' heute Abend schon Stunden auf der Couch. Ich habe mir bestimmt 100 Theorien überlegt, was Julia passiert sein könnte und wie niemand etwas von Caros auftauchen mitbekommen konnte. Ich meine, nach dem ganzen Theater zwischen CARO, Julia und dir... Irgendjemand muss sie doch auch gesehen haben. Aber dann hätte sich es verbreitet wie ein Lauffeuer!" Als Ben kurz Luft holt, um danach wahrscheinlich in selber (Schall-)geschwindigkeit weiter zu reden, unterbreche ich ihn schnell. Ich tu es zwar nur äußerst ungern, aber ich denke, wenn er einfach erfährt was Julia passiert ist, ist das einfacher. „Offenbar nicht. Ben hör' Mal zu, vielleicht ergibt es dann alles einen Sinn, okay?" Ich höre wie Ben am anderen Ende der Leitung tief ausatmet. Wahrscheinlich im sich zu beruhigen. Dass er sich solche Sorgen macht, habe ich vorher noch nicht gedacht. Vielleicht wäre es doch besser gewesen wir hätten ihn vielleicht doch früher anrufen sollen. „Ja." seine Stimme ist kaum mehr als ein leisen flüstern. Und einmal mehr, freut es mich, dass er mich erzählen lässt und nicht nach Julia verlangt. „Okay. Also Julia ist heute Morgen Kaffee hohlen gegangen..." fange ich an zu reden.
„... Und so erklärt sich wohl auch, warum Caro von niemandem gesehen wurde. Sie war nicht wirklich im JTK: Sie war am Eingang. Und wenn Julia sie nicht "abgefangen" hätte, wäre es bestimmt anders gelaufen, aber... Du kennst Julia..." „Und wie geht es Julia? Sie hat ihr doch nicht geglaubt, oder?" Innerlich schüttel ich leicht mit dem Kopf. Wie es Julia geht... Julia hatte heute einen harten Tag. Und Ben ist ihr bester Freund. Aber nicht nur für Julia war der Tag anstrengend. Auch wenn mir klar ist, dass Ben es keines Falls so meint, klinge ich ein klein wenig genervt, als ich antworte. Noch im selben Moment tut es mir leid. „Julia geht es soweit ganz gut! Sie wird noch ein paar Tage brauchen, bis sie das alles verarbeitet hat, aber das werden wir wohl alle." Diese kleine Bemerkung konnte ich mir dann doch nicht verkneifen. Zu sehr stecken auch mir Julias Erzählungen in den Knochen. „Sie hat ihr übrigens nicht wirklich geglaubt. Sie war unsicher, aber das können wir wohl beide verstehen. Aber letztendlich hat mein Wort doch mehr gezählt, als das Caros." Ich sehe Bens nicken förmlich vor mir. Seinen erleichterten Gesichtsausdruck und das kleine, aber besorgte Lächeln in seinem Gesicht.
„Und wie geht es dir?" Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Das Ben nun doch darauf zurück kommt, macht etwas mit mir. Es berührt mich auf eine Art, wie nur Freunde einen berühren können. (Ich hoffe das klingt nicht all zu seltsam😅) Julia hat wirklich einen tollen besten Freund! In erster Linie, weil er, sie wirklich aufrichtig "liebt", weil er sich für sie einsetzt und nur das Beste für sie will, aber vor allen, weil sie, ihm offensichtlich unfassbar viel bedeutet. Und ich habe Glück durch Julia, einen so tollen Menschen kennen gelernt haben zu dürfen.
Also fange ich an zu erzählen. Stück für Stück brechen all die Gefühle und Gedanken in Worten aus mir heraus. Und es tut so gut! Einfach Mal jemandem alles zu erzählen hat etwas seltsam befreiendes. Julia kann ich das gerade nicht anvertrauen, da es ihr genauso geht und sie sich nicht noch mehr Sorgen und Gedanken machen soll, aber Ben und Leyla? Ich vertraue den beiden. Und auch wenn Ben nicht mein bester Freund ist, nicht Leyla ist, habe ich in ihm doch auch einen guten Freund gefunden! Bei männlichen, so seltsam es klingt, Freunden, tu ich mich noch heute oft schwer. Was Paul damals gemacht hat... Es hat mich vorsichtiger werden lassen. Aber Ben kann ich vertrauen. Julia kannte Ben schon, dass hat es um einiges einfacher gemacht. Ben ist der Erste (neue) männliche Freund von mir, dem ich auch wirklich vertraue. Der Erste seit langem. Und dafür bin ich ihm (und Julia) so dankbar!
Heyyy ihr,
Ich glaube das ist so ein ganz gutes Ende. Wie es Niklas geht, wisst ihr ja eigentlich schon. Dass er sich Sorgen macht, dass es auch an ihm nicht einfach vorbei geht, aber das er Julia helfen will und das er fest daran glaubt, dass sie das schaffen können! Falls nicht wisst ihr es jetzt. Deswegen habe ich seine Antwort jetzt nicht auch noch geschrieben.
Hope y'all like!
LG
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