Kapitel 5
Seit diesem ersten Date fand ich jeden Morgen eine orange rosa Rose vor meiner Zimmertür. Ich hätte gerne mit einer Freundin über all das geredet, aber für die war ich ja entführt. Also musste etwas anderes her.
Ich saß gerade zusammen mit Marco in der Bibliothek und laß in einem Buch "Der Graf von Monte Christo". Ich schlug es zu und sah zu Marco herüber, der irgendein Buch über die Ganggeschichten laß. Er versuchte alles aus der früheren Geschichte zu lernen, um sie auf keinen Fall zu wiederholen.
"Marco?"
"Hm?", kam die Antwort sofort, aber ohne sich von seinem Buch zu lösen.
"Ich würde gerne Elisa kennenlernen."
Verwundert sah Marco mich jetzt doch an.
"Wieso das denn plötzlich?", fragte er nach.
"Ich verbringe hier meine Zeit seit Wochen nur mit Männern. Ich hätte gerne auch mal wieder die Gesellschaft von einer Frau. Du weißt schon über Mädelskram reden und so?", versuchte ich auf kleines Teenagermädchen zu machen.
Gott ich war 21 Jahre alt. Ich hatte einen exzellenten Abschluss. Ich hätte Medizin studieren können und hier saß ich und wollte über "Mädelskram" reden. Ich enttäuschte mich ja schon fast selbst.
Aber Marco glaubte mir anscheinend oder sagte zumindest nichts dagegen.
"Ich werde sie heute zum Mittagessen mitbringen. Danach könnt ihr ja zu zweit machen, was ihr wollt. Nur kleine Vorwarnung sie und mein Vater kommen nicht so super miteinander aus. Sie kommt nicht aus diesem Geschäft, will nicht einsteigen und mein Vater denkt sie würde mich dadurch davon abbringen seinen Platz zu übernehmen."
Ich nickte und sah ihn mitfühlend an. Ich kannte nur zu gut, wenn die Eltern den Partner nicht akzeptierten. Ich hatte mehrere Freunde. Um genau zu sein zwei richtige. Der eine war mehr ein jugendlicher Flirt und der zweite war mir wirklich ernst, aber weder meine Brüder noch mein Vater konnten ihn leiden. Er kommt einfach nicht aus unserer Welt, sagte meine Familie immer. Trotz meiner Familie schafften wir es drei einhalb Jahre durchzuhalten. Aber dann ging er studieren und ich durfte nicht. Wir distanzierten uns immer mehr von einander, bis es einfach nicht mehr ging. Die Distanz plus meine Familie, die ihn nicht mochte, sorgten einfach dafür, das wir uns dann schlussendlich trennten.
"Wo ist eigentlich deine Mutter, Camilla?"
"Die ist mit ihrer Freundin im Urlaub. Sie wollte in drei Tagen zurück kommen. Bis dahin wollten wir eigentlich schon längst die Situation mit dir geklärt haben, aber momentan sieht das nicht so gut aus. Sie wird uns allesamt umbringen!"
"Das hoffe ich doch. Ihr seid ja auch Idioten mich immer noch weiter fest zu halten. Ihr wisst doch ganz genau das ihr meine Familie nur noch wütender macht", meinte ich gefühllos.
"Als ob wir das nicht selbst wüssten", seufzte Marco müde, "Aber mein Vater ist da an so einer Idee dran."
Ich schnappte mir mein Buch und ließ Marco einfach alleine dort weiter sitzen. Ich setzte mich lieber in die Sonne im Rosengarten. Ich war mittlerweile bei Dantès Versuch zusammen mit Abbé Faria einen Tunnel aus dem Gefängnis zu graben.
Irgendwann legte ich das Buch ab und schaute auf die Rosen. Was machte wohl gerade meine Familie? Wie schrecklich machten sie sich wohl Sorgen um mich? Es musste fürchterlich sein. Vor allen Dingen, wenn sie nicht einmal mehr in die Kirche gingen. Alle waren ganz aufgeregt darüber. Wieso auch nicht. Sogar als mein Vater bei einer Schießerei schwer verwundet war, zwang er meine Brüder und mich in die Kirche zu gehen. Er hätte sterben können, während wir in der Messe saßen und trotzdem waren wir dort.
Am schlimmsten müsste es aber für meine Brüder sein. Sie machten sich wahrscheinlich selber Vorwürfe. Sie hätten auf mich aufpassen müssen. Oder besser gesagt Matteo. Er sollte mit mir die Süßigkeiten kaufen, aber er hatte eine knapp bekleidete Blondine vorbei stolzieren gesehen und war ihr nach gelaufen. Er hatte noch gesagt, "Geh schon mal vor. Ich bin gleich wieder da!" Hatte wohl nicht so geklappt, würde ich mal sagen. Auch wenn er es nicht zugeben würde, er machte sich wahrscheinlich selbst unglaubliche Vorwürfe und ich wollte nicht, das mein kleiner Bruder litt, für etwas, was er nicht hätte verhindern können.
"Dachte ich mir schon fast, das du wieder hier draußen sitzt", riss Lucas Stimme mich aus meinen Gedanken, "Ich soll dich rein holen. Es gibt Mittagessen und Elisa ist da."
Er reichte mir eine Hand und half mir aufzustehen. Zurückhaltend lächelte ich ihn an. Es war komisch zwischen uns. Ich mochte ihn, sogar sehr. Aber ich kannte ihn erst seit ein zwei Wochen, auch wenn es mir vorkam, wie eine halbe Ewigkeit. Bei ihm verhielt ich mich wieder als wäre ich 16 und nicht 23.
Gemeinsam liefen wir zurück zum Haus.
"Heute Abend. Nach dem Abendessen. Treffen an der Kapelle", flüsterte Luca mir zu bevor wir das Esszimmer betraten. Ich nickte noch schnell.
Heute waren nur Lorenzo, Marco, Elisa, Luca und ich zum Essen da. Aber ich merkte deutlich wie viel kälter die Stimmung am Tisch war.
"Hey, ich bin Aurora. Es freut mich unglaublich dich kennenzulernen", fing ich das Gespräch mit Elisa an.
"Hey, ich hab schon viel von dir gehört", lachte Elisa. Sie war wirklich eine Schönheit, mir ihren roten, schulterlangen Locken und ihrer Porzellanhaut. Man sah ihr direkt an, das sie sich nichts gefallen ließ und auch nicht so schnell klein beigab.
"Marco hat erzählt, das du Barkeeperin bist."
"Oh ja. Ich bin aber nicht nur die Barkeeperin sondern auch die Besitzerin. Meine Eltern wollten immer, das ich mal was richtiges aus mir mache. Als ich sagte, ich würde meinen eigenen Laden eröffnen waren sie erst unglaublich glücklich, bis sie erfahren haben, das es eine Bar ist."
"Das tut mir leid zu hören."
"Muss es nicht. Ich liebe sie, aber meine Bar liebe ich genauso sehr und ich werde mir nicht mein Leben von ihnen vorschrieben lassen. Wie sieht es bei dir aus?"
"Ich lasse mir mein Leben bestimmen und bin bloß Tochter", schmunzelte ich.
"Oh. OH! Das tut mir leid. Ich wollte dich damit nicht beleidigen. Tut mir wirklich leid!", entschuldigte sich Elisa sofort und versuchte zurück zu rudern.
"Ach mach dir keinen Kopf!", lachte ich.
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