oder aber...erst das vergnügen und dann die arbeit
„Okay also...willkommen bei mir zu Hause", meinte ich, trat ein und ließ Harry an mir vorbeilaufen. Ich schloss die Tür hinter ihm, schlüpfte aus meinen Vans und ließ sie genau dort liegen.
„Deine Schuhe kannst du einfach irgendwo hinstellen und deine Jacke...oh Moment...du hast keine an."
Harry grinste mich an, schlüpfte aus seinen Boots, stellte sie ordentlich vor unser Schuhregal und stellte meine daneben. Ich rollte mit den Augen.
„Willst du was trinken? Was essen? Irgendwas?", fragte ich als ich mich an Gemmas gute Qualitäten als Gastgeberin erinnerte und ging dann voraus in die Küche. „In die Küche geht's hier lang."
Er folgte mir.
In der Küche saß Fizzy, mit Phoebe auf ihrem Schoß, zusammen über Phoebes Matheheft gebeugt.
„Hey Fiz, hey Pheebs", meinte ich, ging auf meine Schwestern zu und drückte beiden einen Kuss auf den Kopf.
„Hallo Lou", antworteten beide gleichzeitig und lächelten zu mir auf.
„Das ist Harry", stellte ich Harry vor, der sich jetzt durch die Haare strich und die Hand hob. „Hi." Er wirkte leicht nervös. Harry Styles und nervös? Was war denn jetzt passiert?
Jetzt runzelte Fizzy die Stirn. Phoebe lächelte Harry nur zu. „Hi", antwortete sie ihm und sah wieder runter auf ihre Matheaufgaben. „Ja. Hi", meinte die ältere meiner jüngeren Schwestern jetzt auch und musterte Harry von Kopf bis Fuß.
„Ääh ja. Willst du'n Tee?", fragte ich Harry jetzt und er nickte erleichtert. Ich schmunzelte, denn anscheinend war er wirklich ein wenig nervös. Das war süß.
„Wer ist denn der hübsche junge Mann in meiner Küche?", kam jetzt eine Stimme hinter Harry und er drehte sich überrascht um und meine Mum kam an ihm vorbei in den Raum.
„Harry Styles, Ma'am", sagte er und lächelte sein Harry-Lächeln.
Er gab meiner Mutter die Hand und sie nahm sie, schüttelte sie und sah dann zu mir. Ihr Gesichtsausdruck machte mich nervös. Es war dieser Wow-du-bringst-jemanden-mit-nach-Hause-Gesichtsausdruck.
„Sag Jay zu mir. Aber was verschafft mir die Ehre?", fragte sie dann. „Ich meine, Louis bringt nie jemanden nach Hause. Naja außer Zayn. Wobei, den habe ich auch länger nicht mehr zu Gesicht bekommen...die beiden treffen sich ja nur noch irgendwo draußen, wo sie sich vermutlich das Hirn rauskiffen-"
„Mum!", unterbrach ich sie jetzt und sah sie erschrocken an. Harry schien sich ein Grinsen verkneifen zu müssen und Fizzy entschied anscheinend, dass das zu viel war, denn sie griff nach Phoebes Matheheft und Phoebes Hand und zog meine kleine Schwester aus dem Raum. Was wohl eine gute Entscheidung war.
„Was denn, Lou? Ich war auch mal jung. Glaubst du echt, ich weiß nicht wie Gras riecht?"
Ich seufzte und kniff kurz die Augen zusammen. „Wolltest du noch was, Mutter?", fragte ich dann und sie lächelte nur, griff nach ihrem Wasserglas und schüttelte den Kopf.
„Nein nein. Ich wollte nur sehen wer die Schuhe so schön ordentlich hingestellt hat. Mein Sohn war es wohl nicht." Sie sah zu Harry. „Ich hoffe du kommst öfter vorbei. Ich mag dich." Und damit verschwand sie aus der Küche, während ich meinen Kopf gegen den Kühlschrank lehnte. Hilfe. Ich liebte meine Mutter ja, aber manchmal...
Harry lachte leise und kam zu mir.
„Kannst du bitte vergessen, dass das passiert ist?", fragte ich und drehte mich zu ihm um. Scheiße, er stand echt ganz schön nah vor mir.
„Wie wäre es wenn wir einfach einen Tee machen?", fragte Harry sanft, sah mir tief in die Augen und ich schluckte.
Im Nachhinein betrachtet...vielleicht war das der Moment gewesen, in dem ich ihm schlussendlich zu 100% verfallen war.
___
Als wir bei mir zusammen how I met your mother geguckt hatten (das war jetzt irgendwie unser Ding) hatte er mich gefragt ob ich am nächsten Tag mit ihm auf die neue Kirmes gehen wollen würde.
Und jetzt...jetzt stand ich vor meinem Schrank und wusste nicht was ich anziehen sollte. Und es machte mich fertig. Ich würde nur auf eine normale Krimes gehen, nicht auf die nächste Fashionweek oder ein Red-Carpet-Event. Und trotzdem brauchte ich ewig.
Sollte ich einfach Jeans und T-Shirt anziehen? Aber was für eine Jacke? Jeansjacke? Lederjacke? Gar keine Jacke? Aber wurde mir dann nicht kalt?
Und was für ein T-Shirt überhaupt? Weiß? Schwarz? Mit Aufdruck? Das einzige was schon feststand waren meine Vans als Schuhe. Vermutlich aber auch nur, weil ich nicht wirklich andere Schuhe besaß, die ich in Erwägung ziehen könnte.
„Lottie!", rief ich verzweifelt und kurz darauf kam meine Schwester rein. Ich musste nicht mal etwas sagen, sie griff wortlos in meinen Kleiderschrank, gab mir ein weißes T-shirt, schwarze Jeans, eine graue Mütze und eine Sweatshirtjacke, drehte sich dann wieder um und verschwand mit einem „gern geschehen" aus dem Zimmer. Kurz sah ich ihr mit offenem Mund hinterher, dann schüttelte ich den Kopf und sah auf die Kleidung.
Meine Schwester wusste wirklich was sie tat, es sah aus als hätte ich wahllos irgendwelche Kleidungsstücke aus meinem Schrank gezogen, die aber gut zusammenpassten. Ich zog die Sachen an, die sie mir gegeben hatte und griff dann nach meinem Handy, meinen Schlüsseln und meinen Kopfhörern und wollte mich gerade auf den Weg machen, da hatte ich eine Idee. Ich lächelte, nahm mein Handy und schrieb Harry eine Nachricht.
Ich hol dich ab.
Ich wartete gar nicht auf eine Antwort sondern rief einfach meiner Mum zu, dass ich jetzt weg war und lief in die Garage, wo mein Motorrad stand.
Etwas später kam ich vor Harrys Haus an und sah ihn auf den Stufen sitzen und etwas in sein Lederjournal schreiben. Ich lächelte, zog mir den Helm vom Kopf und sah ihm kurz dabei zu.
„Ey Romeo", rief ich dann und er sah auf und grinste mir zu. „So hätte ich mir dich eher vorgestellt, du Kavalier", rief er zurück und ich grinste ebenfalls und nickte ihn zu mir. Er stand auf, kam zu mir rüber, packte sein Journal weg (von dem mich übrigens brennend interessierte was darin stand) und umarmte mich.
„Also...du fährst Motorrad?", fragte er dann und ich legte nur den Kopf schief.
„Überrascht dich das?"
„Keineswegs."
„So ein Mist."
„Was?" Lachend sah er mich an. „Falls es dich beruhigt ich fand es schon überraschend, dass du mich jetzt hier so abgeholt hast. Aber das Motorrad passt zu deiner Rolle."
„Meine Rolle? Was denn für eine Rolle?" Ich holte den zweiten Helm raus und drückte ihn Harry in die Hand, der ihn skeptisch musterte.
„Na...die des One Night Stand Badboys", meinte er und setzte sich den Helm dann auf. „Wieviele Typen hast du auf dem Bike schon mitgenommen?"
Sprachlos sah ich ihn an.
„Was?", fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. „Nichts."
Er hatte Recht. Das war ich. Das war meine „Rolle". Der Typ, der sich random Typen angelte, mit ihnen auf seinem Motorrad fuhr und sie danach nie wieder anrief. Nur irgendwie...einerseits stimmte das nicht mehr. Nicht so richtig. Und andererseits...gefiel mir nicht, dass Harry dieses Bild von mir hatte. Ich meine ich hatte es ja eigentlich gewusst. Und das war ich ja eigentlich auch. Ich hatte noch nie ein Problem damit gehabt wer ich war. Oder dass jemand mich so offen und ehrlich damit konfrontierte.
Aber irgendetwas veränderte mich. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er es war.
Ich schüttelte mich kurz, zuckte dann mit den Schultern und setzte mich auf mein Motorrad. Ich sah Harry auffordernd an, der immer noch leicht skeptisch neben mir stand.
„Komm", forderte ich ihn auf und er schien sich einen Ruck zu geben und schwang sich dann hinter mir aufs Bike. Ich drehte mich halb zu ihm um. „Hast du etwa Angst?"
Er zuckte mit einer Schulter und sah mich direkt an. „Vielleicht n bisschen."
Ich lächelte. „Halt dich einfach gut fest und vertrau mir."
Er nickte und schlang die Arme um meinen Torso. Ich musste noch breiter lächeln. Und dann gab ich Gas.
Der Weg zur Kirmes war nicht weit, aber ich genoss jede Minute. Harrys Körper so nah an meinem brachte alles in mir zum Kribbeln und als er sich nach einer Weile zu entspannen schien spürte ich wie er sogar seinen Kopf an meiner Schulter anlehnte. Das gab mir ein unglaublich gutes Gefühl. Außerdem auch den Eindruck mal die Kontrolle zu haben.
Ich wollte fast nicht anhalten, aber es wäre jetzt auch komisch gekommen wenn ich einfach immer weiter gefahren wäre, also hielt ich auf dem Parkplatz neben der Kirmes und wir stiegen ab. Harry wirkte tatsächlich noch etwas wackelig auf den Beinen, aber er strahlte mich an, als er den Helm absetzte.
„Das war...unglaublich", meinte er dann und ich lächelte nur und zog damit ebenfalls den Helm vom Kopf. Ich verstaute ihn im Bike und nahm Harry dann auch seinen ab.
„Wirklich, das...das war echt schön", meinte Harry und umarmte seinen Oberkörper während er mich musterte. Sein Blick machte mich leicht nervös, also lächelte ich nur kurz, sah weg und schloss das Motorrad ab.
„Los, lass uns gehen", meinte ich dann und er nickte und folgte mir, als ich mich (leicht übermütig hüpfend) auf den Weg zur Kirmes machte.
Es war ziemlich voll, aber Harry und ich liefen in einem gemütlichen Tempo zwischen den Menschen her und hielten immer mal wieder an einem interessanten Stand an. Und es war echt schön. Es fühlte sich so gut an einfach mit Harry hier langzulaufen, Scherze zu machen und mein Leben zu genießen. Ich wusste nicht was es war, aber irgendetwas machte die Anwesenheit dieses Jungen so schön, dass es ganz egal war was wir wirklich machten. Ehrlich gesagt, selbst an einer Müllhalde spazieren zu gehen würde zusammen mit Harry Spaß machen. Solange er dabei war.
Wir fuhren Kettenkarussell und aßen Zuckerwatte, die er in seiner Hand ständig zu irgendwelchen Tieren formte, die ich dann erraten musste (und es war nicht meine Schuld wenn ich das nicht schaffte. Das Ding hatte mehr Ähnlichkeit mit einem sterbenden Einhorn gehabt als mit einem Affen). Die Zeit verging wie im Flug, wir waren schon mindestens zwei Stunden hier.
Doch dann sah Harry etwas, wovon ich wünschte, dass er es übersehen hätte.
„Hey, lass uns Geisterbahn fahren", schlug Harry begeistert vor und sah mich mit leuchtenden Augen an. Ich schloss kurz meine Augen und seufzte.
„Nee, da hab ich nicht so Lust drauf", antwortete ich und hoffte, dass er mir nicht ansah wie viel Schiss ich einfach vor Geisterbahnen hatte. Ich war mit 8 oder so mal auf einer gewesen und hatte mir vor Angst in die Hose gemacht, geweint und abends nicht mehr schlafen können. Seitdem war ich traumatisiert.
„Ach komm schon warum denn nicht?" Harry war stehen geblieben und ich seufzte.
„Ich hab da halt nicht so Lust drauf...", sagte ich wieder und merkte, dass die Ausrede nichts brachte. „Und außerdem...", fing ich dann an. „Sollten wir vielleicht mal wieder nach Hause fahren...ich muss noch...Hausaufgaben machen. Erst die Arbeit dann das Vergnügen." Okay, wow das war wirklich bei den Haaren herbeigezogen und der Spruch war auch nicht unbedingt wirklich angebracht, immerhin hatten wir schon zwei Stunden hier verbracht.
Harry grinste nur. „Oder aber..." Er legte eine Hand auf meine Schulter und kam immer näher. Ich atmete flacher. Seine Lippen berührten fast meine Haut und er raunte mir ins Ohr: „Erst das Vergnügen und dann die Arbeit."
Mir lief ein Schauer über den Rücken. Verdammt, warum musste seine Stimme auch so tief sein? Und wieso hörte sich das Wort Vergnügen bei ihm direkt anzüglich an?
Wir sprachen hier doch nur über Geisterbahn fahren?
Er grinste und zuckte mit einer Augenbraue, bevor er die Hand von meiner Schulter meinen Arm runterlaufen ließ, um nach meiner Hand zu greifen und mich hinter sich her zu ziehen. Ich bekam eine Gänsehaut.
Verwirrt stolperte ich ihm hinterher durch die Menschenmassen und lief in ihn rein, als er plötzlich stehen blieb. Ich wusste nicht mal wo er hin wollte, an der Geisterbahn waren wir jetzt vorbei.
Vor ihm hatte sich eine Traube um einen Musiker gebildet, aber ich stellte mich nur vor Harry und sah ihn an.
„Was...was meintest du damit?", fragte ich. Seine Hand ließ ich nicht los. Keine Ahnung warum. Aber ich wollte nicht.
„Was meintest du denn damit?", fragte Harry schelmisch grinsend.
„Na ja einfach nur..." Wie zur Hölle schaffte dieser Typ es mich so unsicher zu machen? Ich war nie unsicher. Wirklich nicht. „...Geisterbahn fahren?"
Harry grinste. „Na, dann meinte ich das wohl auch."
Ich sah ihn einfach nur an.
„Aber ist schon ok. Wir fahren jetzt einfach nicht Geisterbahn. Ich zwinge dich nicht irgendwas zu tun was du nicht tun willst. Aber nach Hause will ich noch nicht." Er sah zu dem Musiker und bewegte sich im Takt der Musik leicht hin und her.
In mir breitete sich ein warmes Gefühl aus. Meine Ausreden waren echt schlecht gewesen. Und trotzdem hatte er sich einfach damit zufrieden gegeben. Und hielt immer noch meine Hand. Ich musste lächeln und lehnte mich dann leicht an ihn. Ich dachte nicht darüber nach, ich tat es einfach. Und Harry sah lächelnd zu mir runter und legte dann seinen Arm über meinen Kopf so auf meine Schulter, dass wir immer noch Händchen hielten.
Ich hatte mich ich nie so gut gefühlt
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