Was ist dein Problem?!
Olivia p.o.v.
Lächelnd blickte ich Alessandro hinterher, als er aus dem Haus ging, um diese Sache zu regeln.
Dass ich lächelte, merkte ich allerdings erst, als eine Stimme hinter mir es zum Verschwinden brachte.
"Ich verstehe dich einfach nicht.", sagte diese Stimme verständnislos und irgendwie abwertend.
Lilly. Sie musste sich angeschlichen haben. Oder ich war schon so sehr von Alessandro fasziniert, dass ich nichts mehr um mich herum wahrnahm.
Hm. Irgendwie gefiel mir die erste Erklärung besser.
Seufzend drehte ich mich zu ihr um. Ich hatte jetzt wirklich keine Lust auf ein Gespräch mit ihr. Nicht nach dieser schönen Zeit mit Alessandro gerade.
Mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck sah Lilly mich an. Sie lehnte mit verschränkten Armen an der Tür zur Küche.
"Was willst du?", fragte ich kühl.
Zwar war ich sonst nicht so, aber bei ihr?
Sie war auch nicht nett zu mir. Da konnte ich mir das bei ihr sparen.
Von meiner kühlen Art ließ sie sich allerdings nicht im Geringsten berühren.
"Jemand muss dir ins Gewissen reden. Also werde ich das mal übernehmen."
Fragend zog ich eine Augenbraue hoch.
Was wollte sie denn jetzt?
Nun richtete sie sich auf, hielt die Arme aber verschränkt. Forschend sah sie mich an. Als suchte sie irgendetwas in meinem Gesicht.
"Alessandro ist dein Mate.", erklärte sie mir nun langsam, als wäre ich ein Kind, das solche Dinge noch nicht verstand.
Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen. Ich wusste das. Was wollte sie mir sagen?
"Es ist offensichtlich, dass du die Anziehung zwischen euch spürst. Also, warum akzeptierst du ihn nicht einfach?" Fast wütend blickte sie mich an. Vorwurfsvoll.
Verdammt, was war ihr Problem? Das ging sie doch gar nichts an!
Okay, Alessandro war ihr Alpha...aber trotzdem, sie hatte ja keine Ahnung, da hatte sie nicht das Recht, mir Vorwürfe zu machen!
Besonders nicht, wenn sie selbst ihren Mate auf Abstand hielt.
"Was willst du eigentlich von mir?", fragte ich sie verständnislos. "Du akzeptierst deinen Mate doch auch nicht. An deiner Stelle würde ich mich erst einmal um meine eigenen Probleme kümmern, bevor ich mich um die anderer kümmere!"
Bei meinen Worten spannte sie sich sichtlich an und ihr Gesicht versteinerte.
"Das ist was anderes.", verteidigte sie sich. "Ich habe meine Gründe."
Ich schnaubte abfällig.
"Und die habe ich etwa nicht, oder wie?", fragte ich sie.
Was bildete sie sich eigentlich ein? Sah ich etwa so aus, als würde ich Alessandro nicht akzeptieren, weil ich ihm schaden wollte?
Sie hatte ja keine Ahnung. Und trotzdem verurteilte sie mich von vorneherein.
Kalt sah sie mich an.
"Wenn du welche hast, welche sind das dann?"
Ich konnte sie nur fassungslos anstarren. Sie wollte mir ihre Gründe nicht nennen, aber ich sollte ihr einfach so meine verraten? Sag mal, wo lebte dieses Mädchen?
"Die verrate ich dir gerne, wenn du mir deine erzählst.", erklärte ich ihr in einem ruhigen Ton. Ich würde nicht zulassen, dass sie mich auf die Palme brachte.
Feindselig sah sie mich an. Innerlich lächelte ich zufrieden. Ich wusste, sie würde mir nichts über ihre Gründe erzählen.
Gleichzeitig war ich erleichtert, als auch enttäuscht.
Einerseits würde ich ihr nur sehr ungern verraten, dass ich krank war.
Andererseits....ich war ein wenig neugierig. Okay, vielleicht nicht nur ein wenig.
Aber was waren ihre Gründe?
Es war sehr selten, dass Mates sich nicht akzeptierten. Und dieselbe Krankheit wie ich konnte sie wohl kaum haben.
Die war seltener als eine Sonnenfinsternis.
Schließlich seufzte sie resigniert auf. Als wäre sie es leid, mit mir zu reden.
"Sieh einfach zu, dass du deine Probleme geregelt bekommst. Ob du es willst oder nicht, Alessandro braucht dich. Und du brauchst ihn."
Fest blickte sie mich an. Dann biss sie sich kurz auf die Lippe, zuckte mit der Schulter und fügte hinzu:
"Und das Rudel wird dich auch brauchen, wenn Alessandro erst Alpha ist."
Wow. Damit hatte ich nicht gerechnet. Sie hatte somit indirekt zugegeben, dass sie mich auch brauchte.
Sie. Die doch so starke unnahbare Blondine. Zumindest kam sie mir so vor.
Aufrichtig und fest blickte sie mich an. Ich wusste, sie meinte es ernst. Sie stand zu ihren Worten.
Und dieses Geständnis...es sandte ein komisches Gefühl in meine Brust. Ich wurde gebraucht.
Wie gern würde ich doch für alle da sein. Wie gern wäre ich für sie alle ihre Luna.
Aber das konnte ich nicht.
Ich stieß ein tiefes Seufzen aus und öffnete den Mund, um Lilly zu erklären, dass ich diese Probleme nicht so einfach regeln konnte.
Doch bevor auch nur ein Ton über meine Lippen kommen konnte, wurden wir unterbrochen.
Mit lautem Gebrüll kamen zwei kleine Kinder um die Ecke gerannt, geradewegs auf uns zu. Keine Ahnung, wie sie hießen, ihre Namen hatte ich vergessen.
Jedenfalls versteckte sich der Junge hinter Lilly und das Mädchen raste geradewegs auf ihn zu, laut kreischend:
"Gib es mir her! Es gehört mir!"
Oh. Bevor die zwei auf sich losgehen konnten, beugte ich mich schnell herunter und schnappte mir die Kleine.
"Hey!!!", schrie sie mich an.
"Ganz ruhig, meine Süße.", redete ich beruhigend auf sie ein.
Währenddessen schnappte sich auch Lilly den Jungen hinter ihr.
Lächelnd, wow, sie lächelte wirklich, blickte sie ihn an.
"Was machst du denn nur für Sachen!", schimpfte sie liebevoll mit ihm.
Ich konnte fast nur noch staunen. Schien so, als hätte Miss Barbie auch noch eine andere Seite.
Jetzt konnte ich auch erkennen, dass der Junge etwas in den Händen hielt:
Eine Barbie. Oder besser gesagt, den Freund von Barbie höchstpersönlich, Ken.
Damit wurde mir alles klar.
Das Mädchen auf meinem Arm sah den Jungen böse an.
Versuchte, ihn wohl allein mit Blicken dazu zu bringen, ihr Ken wieder zurück zu geben.
Tja, nur funktionierte das nicht.
"Hey, was ist denn los?", fragte ich mit sanfter Stimme.
"Der hat meinen Ken geklaut!", sagte das Mädchen sofort anklagend.
"Und warum hast du das getan?", fragte ich nun den Jungen.
"Sie spielt nicht mehr mit mir! Nur noch mit ihren blöden Puppen!", rief der entrüstet und auch irgendwie verletzt.
"Die sind ja auch viel besser als du!", rief das Mädchen.
"Hey, hey, hey,", schaltete sich da Lilly mahnend ein. "Wir beleidigen hier niemanden!"
Sofort wurde das Mädchen still. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Lilly konnte ziemlich einschüchternd wirken.
"Sorry.", murmelte das Mädchen leise.
"Wie wär's, wenn ihr zusammen mit den Puppen spielt?", fragte ich die beiden.
"Das macht doch mehr Spaß als ganz alleine, oder?"
Fragend sah ich das Mädchen in meinem Arm an.
"Er will nicht.", sagte sie nur.
"Ich bin ein Junge!", rief der kleine Kerl empört. "Jungs spielen nicht mit Puppen!"
"Aber natürlich spielen sie mit Puppen!", protestierte ich sogleich. Irgendwie musste ich ihn davon überzeugen, dass es ihm nicht schaden würde, ebenfalls mit Puppen zu spielen.
"Mein Bruder hat auch immer mit mir mit den Puppen gespielt.", argumentierte ich.
Doch der kleine Junge sah noch skeptisch drein. Okay, da war wohl mehr Überzeugungskraft vonnöten.
Und ich wusste auch schon, wie.
Auffordernd sah ich Lilly an. Verwirrt erwiderte sie meinen Blick. Ich versuchte, ihr mit den Augen deutlich zu machen, was ich von ihr wollte.
Aber erst nach einem langen Moment verstand sie es.
"Ben spielt auch mit Puppen.", erklärte sie dann.
Der Junge sah sie stirnrunzelnd an.
"Das glaub ich nicht!"
"Gut.", antwortete sie lässig.
"Dann werde ich es dir beweisen. Aber lass uns doch eine Wette schließen. Wenn Ben mit Puppen spielt, machst du das auch, okay?"
Einen Moment dachte er darüber nach. Doch dann nickte er schließlich.
"Super.", freute sich Lilly.
"Dann lass uns mal zu den Puppen gehen."
Und so gingen wir mit den Kindern im Arm die Treppe hinauf. Doch schon bald zappelten die beiden herum.
"Ich kann selber laufen!", quengelte das Mädchen.
Also setzte ich sie ab. Ich hätte sie bei diesem Gezappele sowieso nicht mehr lange halten können.
Auch Lilly setzte den Jungen ab und zusammen gingen wir weiter hoch. Dann waren wir vor einer Tür nahe der Treppe angelangt.
Lilly öffnete sie, ohne anzuklopfen und sofort schossen die zwei Kinder hinein.
"Ben! Ben! Ben!", riefen sie und sprangen auf die eine Seite seines Bettes. Ich musste lächeln. Sie waren irgendwie wirklich süß.
Im Zimmer lag Ben auf dem Bett, mit nacktem Oberkörper und geschlossenen Augen. Die Decke reichte ihm fast bis zum Bauchnabel.
Ich musterte ihn kurz. Nur, weil ich einen Mate hatte, hieß es ja nicht, dass ich keine anderen Jungs mehr ansehen durfte.
Doch ich merkte schon bald, dass Ben gar nicht mein Typ war. Oder vielleicht war ich auch schon zu verwöhnt von Alessandro...
Jedenfalls hatte Ben nicht so ein schönes Sixpack, oder überhaupt so viele und schöne Muskeln wie Alesssandro. Seine Haut hatte den falschen Teint. Überhaupt war alles an ihm falsch.
Oh Mann. Warum verglich ich ihn überhaupt mit Alessandro?
"Vorsicht.", zischte Lilly mich plötzlich bedrohlich an.
"Er gehört zu mir."
Ich wusste nicht, was mich geritten hatte, aber irgendwie musste ich sie reizen.
"Tatsächlich?", antwortete ich deshalb überrascht. "Ich kann nämlich nirgendwo deinen Namen auf ihm entdecken."
Böse knurrte sie mich an. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sie zu provozieren.
Trotzdem drängte mich etwas dazu, weiterzumachen.
"Vielleicht solltest du ihn markieren. Dann weiß auch jede, dass sie ihre Finger von ihm lassen sollte."
Wütend kniff sie die Augen zusammen.
"Ich weiß, was du vorhast.", zischte sie dann. "Aber das wird nicht funktionieren."
Wäre auch zu einfach gewesen....
Statt einer Antwort seufzte ich nur.
"Deine Entscheidung.", meinte ich dann, während ich betrachtete, wie die Kinder auf dem Bett sprangen und Ben weckten.
Müde öffnete er die Augen. Sein Blick traf sofort den von Lilly. Die Kinder, die neben ihm das Bett als Trampolin nutzten, ignorierte er.
Seine ganze Aufmerksamkeit lag auf Lilly. Er war gespannt. Wartete auf eine Reaktion von ihr.
Überhaupt war da eine immense Spannung zwischen den beiden.
"Raus. Alle. Wir kommen gleich nach.", befahl Lilly uns, ohne den Blick von ihrem Mate zu wenden.
Sofort huschten die Kinder an ihr vorbei vor die Tür, die ich dann schloss.
Jetzt musste Lilly ihren Mate nur noch davon überzeugen, mit Puppen zu spielen.
Aber ich glaubte, da hatte sie keine Schwierigkeiten.
Alessandro p.o.v.
"Was ist los?", Mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue und verschränkten Armen blickte ich die zwei Männer aus meinem Rudel vor mir an.
Olivia und ich hatten gerade so schön geredet und gelacht....es war einfach so schön gewesen.
Und dann mussten wir natürlich unterbrochen werden. Warum musste meine Familie nur so ein schlechtes Timing haben?
Dementsprechend war ich ziemlich genervt, was ich allerdings nicht zeigen durfte.
Für mein Rudel musste ich immer Zeit haben. Besonders, wenn papà nicht da war.
Also wartete ich jetzt nur ruhig auf eine Antwort.
Carlos antwortete mir.
"Die Spur vom anderen Rudel. Wir sind ihr ja gestern gefolgt, aber haben sie dann verloren. Heute waren wir in Menschengestalt in der Stadt unterwegs. Und in einem Laden haben wir den Geruch von einem von ihnen aufgeschnappt. Derselbe wie der aus dem Haus, wo sie Olivia..."
In der Erinnerung an den Ort, wo Olivia so gefoltert wurde, versteifte ich mich.
Noch immer machte ich mir Vorwürfe. Ich hätte früher was merken müssen. Früher einschreiten müssen. So etwas ahnen müssen.
Verdammt, ich war zu unvorsichtig gewesen!
Carlos musste etwas gemerkt haben, denn er verstummte und setzte neu an.
"Nun ja, jedenfalls war es der Geruch von diesem Rudel. Sie sind also immer noch hier in der Nähe."
Erwartungsvoll blickte ich ihn an.
"Und? Konntet ihr der Spur folgen?"
Bitte, bitte sag ja, betete ich im Stillen. Wir mussten diese Leute finden, bevor sie noch mehr Schaden anrichten konnten.
Doch Carlos und auch Marco neben ihm senkten nur beschämt den Kopf.
"Ein Stück weit hatten wir keine Probleme, aber auch dann verlor sich die Spur."
Frustriert fuhr ich mir durchs Haar.
So konnte das doch nicht weitergehen.
Aber wahrscheinlich würden wir sie nicht mehr aufspüren können. Sie waren Werwölfe wie wir. Sie wussten, wie man seine Spur am besten verwischte.
Also entweder warteten wir darauf, dass sie einen Fehler machten....oder wir stellten ihnen eine Falle.
Natürlich könnten wir auch warten, bis sie einen neuen Schritt auf uns zumachten, aber das war mir zu risikoreich. Ich wollte nicht, dass noch jemand in Gefahr geriet.
"Wir müssen sie irgendwie in eine Falle locken.", überlegte ich laut.
Fieberhaft grübelte ich nach, wie wir das am besten anstellten.
Sie wollten unser Rudel. Und wie sich durch Olivias Entführung gezeigt hatte, versuchten sie sich unser Rudel nicht auf direkte Weise anzueignen. Wahrscheinlich war ihnen klar, dass sie keine Chance gegen uns hatten.
Gegen meinen Vater oder auch mich.
Das heißt, wir würden jemand einzelnen als Köder schicken müssen. Auch wenn mir der Gedanke ganz und gar nicht behagte.
Doch das wäre die beste Möglichkeit...
Fest blickte ich Carlos und Marco vor mir an.
"Heute Abend nach dem Abendessen werden wir uns beraten. Das ganze Rudel. Schließlich geht es alle etwas an."
Sie nickten zustimmend. Dann öffnete Carlos den Mund, zögerte jedoch.
Mit einer Handbewegung forderte ich ihn auf, zu sprechen.
Immer noch zögerlich fragte er schließlich:
"Wird Olivia auch dabei sein?"
Nachdenklich sah ich ihn an. Ich wusste, warum er fragte. Sie wusste noch nicht alles von meinem Rudel. Und ich konnte es ihr noch nicht verraten.
Erst, wenn sie mich akzeptierte. Wenn sie das Rudel akzeptierte. Und ihre zukünftige Stellung als Luna.
Demzufolge konnte ich sie nicht zu dieser Beratung lassen. Zwar wollte ich, dass sie an meiner Seite war....aber ich konnte es nicht zulassen. Dem Rudel wegen.
Auch wenn ich wusste, dass sie unser Geheimnis für sich behalten würde.
Doch das Rudel würde das vielleicht anders sehen. Und als Alpha war es meine Aufgabe, das Beste für das Rudel zu tun. Sie alle zu respektieren. Somit auch ihre Meinungen und Wünsche.
Und ich wusste, sie waren noch nicht bereit, Olivia bedingungslos zu vertrauen.
Besonders nicht, nachdem sie sich von mir lossagen wollte.
Schließlich antwortete ich leise:
"Nein, sie wird nicht dabei sein."
Ich meinte, Erleichterung über Carlos und auch Marcos Gesicht huschen zu sehen.
Es war die richtige Entscheidung.
Ich hoffte nur, Olivia würde es verstehen.
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