Die Entführung
Olivia p.o.v.
Für einen Moment konnte ich mich nicht regen. Ich war zu geschockt.
Nicht, weil ich etwa noch nie einen Wolf gesehen hatte. Nicht, weil ich den Wolf nicht erkannte.
Nein. Es war der Ausdruck in seinen Augen. Nicht verspielt, wie ich es so oft bei Kindern im Rudel gesehen hatte. Nicht vergnügt. Sondern wild entschlossen. Bereit, alles zu tun, was nötig war.
Fragte sich nur, was er tun wollte.
Nur noch knappe zwei Meter trennten uns, als ich plötzlich aus meiner Starte erwachte. Scheiße, ich musste was tun!
Schnell drehte ich mich um und rannte. Ich achtete nicht länger darauf, mein Tempo dem der Menschen anzupassen.
Aber vor allem vergaß ich, dass ein Wolf schneller war als ich. Da war es egal, dass ich zur Hälfte Wolf war. Ein Wolf oder auch Werwolf in Wolfsgestalt würde immer schneller sein als ich jetzt.
Kaum wurde mir dieser Fehler bewusst, stürzte der Wolf sich auch schon mit einem Knurren auf mich. Bei dieser Attacke konnte ich seinen Geruch wahrnehmen. Und ich erkannte, dass ich falsch lag. Er war kein einfacher Wolf. Er war ein Werwolf.
Das war mein letzter Gedanke, als ich auch schon mit dem Kopf auf den Boden knallte und bewusstlos wurde.
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Ein Feuer züngelte an meinen Handgelenken. Zumindest fühlte es sich so an. Ich war noch zu benommen, um die Augen zu öffnen. Aber der Schmerz an meinen Handgelenken, dieses Brennen, holte mich immer weiter aus der Dunkelheit, zerrte mich quasi daraus.
Hastig wollte ich meine Hände von diesem Feuer wegziehen, das da brennen musste. Doch das war ein Fehler. Denn sofort schoss ein scharfer Schmerz durch mich hindurch, als hätte ich meine Handgelenke in glühende Kohlen gedrückt.
Gequält keuchte ich auf. Dann riss ich die Augen auf. Um mich herum war nichts als Dunkelheit. Ich konnte rein gar nichts erkennen.
Wenn wenigstens irgendwo noch ein kleiner Lichtschimmer gewesen wäre, irgendwas, dann hätte ich was sehen können.
Aber so tappte ich bezüglich meines Aufenthaltes im Dunkeln. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Da musste ich mich wohl ganz auf meine anderen Sinne verlassen. Ich versuchte, die Lage meiner Hände kaum zu verändern, als ich mich umdrehte. Meine Hände waren hinter meinem Rücken zusammengebunden, zumindest fühlte es sich so an.
Aber mit was sie zusammengebunden waren, konnte ich nicht erkennen.
Wenn hier nur ein bisschen Licht wäre, verdammt.
Ich schien auf einem harten Gegenstand zu sitzen. Auf einem Stuhl nahm ich mal an. Die Lehne bohrte sich in meinen Rücken.
Okay. Wenn ich wissen wollte, was da meine Hände zusammenhielt, hatte ich keine andere Wahl.
Ich biss die Zähne zusammen. Nur ganz kurz. Dann ruckte ich mit meinen Händen. Glühende Pein durchzuckte mich.
Aber gleichzeitig hörte ich ein Klirren wie von...Fesseln?!
Scheiße. Plötzlich ergab alles Sinn. Dieses Brennen wie von Feuer...das waren Silberfesseln.
Silber. Gift für Werwölfe.
Helle Panik durchfuhr mich. Meine Atmung wurde hektisch. Wenn ich dem Silber zu lange ausgesetzt war... Dann würde das Folgen haben. Mit jeder weiteren Stunde würde ich immer schwächer werden.
Bis mein Herz irgendwann zu schwach war, um noch zu schlagen. Bis ich starb.
Ich wusste, dass ich sowieso sterben würde. Früher als die meisten anderen, aber jetzt? In wenigen Stunden?!
Nein. Nein, das konnte ich nicht zulassen. Wenn ich starb, dann meinetwegen wegen dieser verdammten Krankheit.
Aber nicht wegen solchen Leuten, die mich gefangen hielten. Hier an diesem Ort. In völliger Einsamkeit.
Nicht in der Natur. Nicht im Tageslicht oder Mondesschein.
Ich hatte mir meinen Tod ja schon öfters vorgestellt. Aber nie so.
Hektisch versuchte ich, zu den anderen Kontakt aufzunehmen.
Aber es ging nicht. Es ging einfach nicht!
Es war, als läge das Silber wie eine Mauer zwischen mir und meinem Rudel. Als würde es jede Art von Kontakt abblocken. Undurchdringlich.
Trotzdem versuchte ich es.
Stellte mir die Gesichter von allen vor. Schrie die Worte in meinem Kopf.
Ich wurde gekidnappt. Bin mit Silber gefesselt. Beim Wald angegriffen.
Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn.
Als das nicht klappen wollte, versuchte ich es bei jedem verdammten Rudelmitglied einzeln. Mehrmals. Mal mit wenigen Wörtern. Mal mit mehr.
Aber egal, was ich tat, es half nichts.
Erschöpft ließ ich den Kopf hängen. Das konnte es doch nicht gewesen sein. Nein. Ich weigerte mich, das zu akzeptieren.
Bestimmt würde mein Angreifer herunterkommen.
Er konnte mich schließlich nicht einfach sterben lassen. Er musste einen Plan haben. Oder?
Aber ich konnte nicht alle meine Hoffnungen auf meinen Entführer setzen. Ich musste selbst einen Weg hier heraus finden. Nur wie?
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