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Zu Hause verkroch ich mich auf das Sofa unter einer Decke und wollte den Kopf nicht mehr herausstrecken. Jungkook hatte mir den Rest für den heutigen Tag gegeben und ich konnte nicht mehr.

"Hier, einen schönen heißen Tee", hörte ich durch die Decke abgedampfte Stimme Yoongis. Ich hatte keine Kraft, etwas darauf zu antworten, steckte meinen Kopf nur etwas raus, blieb mit dem Blick jedoch im Nichts hängen.

"Wenn etwas ist, ruf mich einfach, ich geh mal schlafen", er beugte sich über mich, drückte mir einen guten Nachtkuss auf meine Stirn.

"Schlaf gut, Liebling", er ließ das Wohnzimmerlicht gedämmt und verließ das Zimmer. Ich hörte noch, wie er ins Bad ging und sich bettfertig machte. Die Bettdecke war noch leise im Hintergrund am Rascheln, bis gänzliche Ruhe einkehrte.

Jetzt waren nur noch ich, die Decke, das Sofa und der langsam abkühlende Tee da. Yoongi hatte alles versucht, mich ins Bett zu bekommen, doch ich konnte einfach nicht. Ich war innerlich so fertig, dass ich nichts machen wollte. Verkriechen und den Tee genießen. Oder auch nicht, ich hatte keinen Bock darauf. Es ging mir ähnlich, wie die Tage nachdem Ju- (ich wollte den Namen nicht aussprechen) mich angefasst hatte, ohne dass ich es wollte, nur hatte ich dann versucht, all meine negativen Gefühle auszublenden. Weil ich gerade Yoongi bekommen hatte. Und wer will schon jemanden haben, der einfach nur negativ durch die Gegend lief? Außerdem sollten sich meine Freunde keine Sorgen um mich machen. Doch jetzt überrannte mich alles, was sich angestaut hatte. An Schlafen war nicht zu denken.

Ich wechselte meine Position. Mein Körper fühlte sich zugleich taub und unheimlich müde an. Erschöpft, ohne schlafen zu können. Oh, es war immer wieder aufs Neue eine Qual. Ich hatte das jetzt seit geräumter Zeit nicht mehr gehabt. Schlafen. Mein Freund und Feind.

Ich streckte mich nach dem Tee aus, nur um dann festzustellen, dass ich darauf doch keine Lust hatte. Wollte nichts trinken. Ich legte mich also wieder hin, eingemummelt in die Decke und schaute aus dem Fenster. Sollte ich Yoongi fragen, auszuziehen? Keine Kraft aktuell dazu, um ehrlich zu sein. Aber ich kann diesen Ort nicht mehr ausstehen. Ich hatte das Bedürfnis, zu schreien. Ganz laut zu weinen. Aber mein Freund schlief. Nicht, dass ich ihn weckte. Ich zog die Decke enger um mich und kämpfte gegen mich selbst. Wird eine lange Nacht werden.

Irgendwann mal flossen die Tränen einfach, während der eine Punkt an der Decke ganz interessant war. Ganz leise. Fast stumm. Ich presste die Lippen fest aufeinander, als ich das Nachttischlampenlicht ansah. Die Dunkelheit um mich herum wurde mit dem warmen Licht eingetauscht. Yoongi schritt verschlafen zu mir. Die nackten Füße verrieten ihn nur noch mehr, denn das Geräusch war das lauteste, was man in kompletter Stille hören konnte. Er ließ sich neben mich nieder und schlang seine Arme um mich.

"Alles gut", murmelte er, die Augen halb geöffnet.

"Hab ich dich geweckt?", krächzte ich, da mich meine Stimme für heute verlassen hatte. Dieser schüttelte den Kopf.

"Schlaf, es ist alles gut"

***

Die nächsten Tage sahen sich alle ähnlich. Ich wollte weder raus noch diese Couch verlassen. Und gegessen hatte ich lange nicht mehr richtig. Keinen Hunger. Yoongi schien irgendwie genervt zu sein. Was mich nur noch mehr in den Wahnsinn trieb. Dennoch legte er sich jeden Abend zu mir und umarmte mich so lang, bis ich einschlief. Manchmal weinte ich mich in den Schlaf, während er mich hielt. Ich war ihm so dankbar. Wirklich. Doch dieser genervte, wütende Blick machte mich fertig.

Ich hatte die Augen geschlossen und versuchte, aus meiner Realität zu entkommen.

"Jimin? Willst du mit mir etwas spazieren gehen? Das Wetter ist schön, es ist zwar echt kalt, aber frische Luft wird dir etwas guttun", ich schüttelte den Kopf.

"Ach bitte", er kniete sich vor das Sofa auf den Boden. Abermals schüttelte ich den Kopf. Etwas entnervt seufzte er. "Jimin. Ach komm schon, und wenn ich dich hier raus ziehe"

Meine Antwort blieb bei "Nein".

"Jimin. Das kann doch nicht so weiter gehen. Du kannst dein restliches Leben nicht auf dem Sofa verbringen. Du hast nicht mal das Croissant gegessen", merkte er, dass seine Stimme langsam lauter wurde?

"Jimin, wir machen uns alle Sorgen um dich. Tae hatte schon zigmal angerufen, weil er dich vermisst. Und Hobi auch. Alle vermissen dich", wieder seufzte er.

"Jimin-", er atmete scharf ein. Stand dann abrupt auf und ließ seine Hand in die Höhe schellen.

Die Angst war immer noch tief in mir verankert. Und so reagierte ich auch. Schützend kreuzte ich meine Arme vor dem Gesicht, kniff die Augen zusammen und hatte den Kopf zur Seite gedreht. Ich zitterte so heftig wie noch lange nicht mehr und Weinen war mittlerweile das, was ich am meisten tat.

"Jimin? Jimin! Alles gut... Alles gut"

"Nicht schlagen", gab ich heiser von mir. Der fette Kloß im Hals ließ mich nicht ordentlich atmen. So schwach, ich schwöre.

"Nein, ich würde dich nie schlagen, wie kommst du darauf- oh", er schien etwas zu realisieren.

"Jimin, hör mir, zu", er griff zart meine Handgelenke, doch ich blieb hartnäckig, wollte sie nicht vom Gesicht nehmen. "Bitte, Jimin, ich wollte dich nie schlagen. Dafür liebe ich dich doch zu sehr", seine Stimme brach fast ab. Ich öffnete vorsichtig die Augen und blickte in sein Gesicht. Die Reue stand ihm ins Gesicht geschrieben. Reue und Angst. Warum?

"Es tut mir leid. Ich bin nicht er. Ich würde das niemals tun, versteh mich doch", jetzt war er es, der weinte. "Ich liebe dich doch, wie kann ich einen so tollen Menschen wie dich schlagen?" Langsam ließ ich meine Arme sinken, entriss sie jedoch seinem Griff.

"Weißt du? Gewalt ist sowieso keine Lösung.", er schniefte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Und dich sollte man sowieso nicht wehtun; der das macht, hat etwas sehr Illegales gemacht. Wunderschönen und wundervollen Menschen tut man nicht weh", seine Finger legten sich um meine Wange, sein Daumen ließ er kreisen. Die Flüssigkeit, die mein Körper zu viel produziert, sammelte sich auf seinen Handrücken und tropfte auf die Decke.

"Weißt du... wie seltsam es ist, wenn man sein ganzes Leben l-lang gesagt bekommen hatte, dass man wertlos ist? Nichtsnutzig? Unnötig? Nervig? Wie das letzte Schwein ist? Eingesperrt worden ist? In dunklen Räumen? Mitten in der Nacht verprügelt worden ist, weil man es einfach so wollte? Sogar, dass man mich umbringen will? Und dann kommt auf einmal jemand aus dem heiteren Himmel, jemand, der das alles verneint. Auf einmal. Einfach so. Mir sagt, dass er sich um mich Sorgen macht. Sich um mich kümmert... und sagt, ich würde nur das Beste verdienen. I-ich... k-keine Ahnung...", ok, bye bye Stimme. Willkommen in der Welt der Stummen. Während die Worte meine Lippen verließen, hatte Yoongi nicht einmal seine Konzentration etwas anderes gewidmet. Jemand hörte mir zu, während ich weinte. Jemand war für mich da. Es war so ungewohnt.

"Ist okay", seine weichen Lippen spürte ich auf meiner Haut, ließ die Stelle angenehm kribbeln. "Ich werde es dir dann im Laufe der Zeit weiß machen. Du musst das alles nicht mehr alleine aushalten. Ich bin da. Wenn dich deine Vergangenheit heimsucht, lass' ich für dich alles stehen und liegen und bin für dich da. Was hältst du davon?"

Ein... schönes Gefühl. Ich zuckte mit den Achseln.

"Weißt du was? Lass heute nach an den Strand fahren. Du kannst so laut schreien, wie du willst. Lass alles aus dir heraus. Alles. Ich schreie mit dir zusammen, gute Idee? Aber du musst unbedingt mal nach draußen", sein Lächeln erwärmte mich von innen. Es verlieh mir ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.

"Ich weiß echt nicht, womit ich dich verdient habe, Yoongi", er drückte meine Hand ganz fest und fesselte mich mit seinem Blick. 

ICH WILL SCHREIEN, OH MEIN GOTT! Nach all den Jahren, konnte ich endlich ein Buch abschließen. Ihr wisst gar nicht, wie happy ich bin. Ich schwöre, ich will gerade weinen TT 

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