16. Kapitel

Louis Pov

Nur schwerfällig öffnete ich meine Augen und sah an eine weiße Decke. Ich fühlte mich wie in Watte gepackt. 

  "Lou", ertönte eine Stimme rechts von mir, weswegen ich den Kopf langsam in die Richtung drehte. Dort saß Harry auf einem Stuhl, umklammerte meine Hand und sah mich mit besorgten Blick an. Ich brachte noch ein kleines Lächeln zu Stande, dann schloss ich die Augen wieder und glitt zurück ins Reich der Träume. 


Als ich das nächste Mal wach wurde, ließen sich meine Augen schon viel leichter öffnen. Mein Blick glitt sofort nach rechts, wo noch immer Harry mit besorgter Mine saß. Er sah müde aus, doch lächelte, als er meinen Blick bemerkte. 

  "Na du", begrüßte er mich. Statt etwas zu erwidern musterte ich meine Umgebung, nur um festzustellen, dass ich mich scheinbar im Krankenhaus befand. 

  "Was ist passiert?", wollte ich mit kratziger Stimme wissen. 

  "Du bist die Treppe runtergefallen. Zum Glück ist Eleanor genau in dem Moment aufgetaucht und hat sofort einen Krankenwagen gerufen. Sie hat den Ärzten gesagt, dass du ihr Freund bist, weswegen sie zumindest eine grobe Auskunft bekommen hat. Du hast eine schwere Gehirnerschütterung, einige Rippen sind geprellt und das linke Handgelenk verstaucht. Sie haben dir erstmal einiges an Schmerzmittel gegeben, wobei du das eigentlich gar nicht verdient hättest. Zumindest den Kater hätte ich dir gegönnt. Wie kommst du bloß auf die bescheuerte Idee, dich so voll laufen zu lassen? Wenn du beim Feiern mal zu viel trinkst, okay, aber doch nicht alleine Zuhause. Es hätte sonst was passieren können. Du hättest dir beim Sturz das Genick brechen können oder du hättest es runter geschafft, wärst dann aber draußen vor einen LKW gelaufen. Ich habe dir am Telefon doch extra gesagt, dass du in deiner Wohnung bleiben sollst. Warum kannst du verdammter Sturkopf nicht einmal tun, was man dir sagt? Ich hätte dich verlieren können, Lou, sowas darfst du mir nicht antun."

  "Harry ...", setzte ich an, wobei ich den Lockenkopf mit einem reuevollen Blick ansah.

  "Guck nicht so, ich will sauer auf dich sein", unterbrach er mich. 

  "Du willst?", hakte ich nach. 

  "Es geht noch nicht, weil ich zu erleichtert bin, dass nichts schlimmeres passiert ist. Wegen der Gehirnerschütterung hast du die nächsten Tage übrigens komplette Bettruhe verschrieben bekommen und glaub mir, Freundchen, in der Zeit werde ich dich nicht aus den Augen lassen."

  "Eleanor ist doch da."

  "Warum wehrst du dich so dagegen Zeit mit mir zu verbringen?"

  "Ich wehre mich doch nicht dagegen, aber du hast doch sicher besseres zu tun, als dich um mich zu kümmern. Was ist zum Beispiel mit Zayn? Du willst doch sicher auch Zeit mit deinem Freund verbringen."

  "Stimmt es, was er gesagt hat?"

 "Was meinst du?", fragte ich nervös. 

  "Das was er im Studio gesagt hat ... dass du in mich verliebt bist?"

  "Quatsch, natürlich nicht. Wir sind Freund, Harry." Langsam nickte er. 

  "Okay, aber dann verrate mir bitte endlich, was mit dir los ist."

  "Nichts."

  "Hör auf zu lügen. Du hast dich in den letzten Wochen verändert, dich immer weiter zurückgezogen."

  "Nur weil ich mal etwas Zeit alleine verbringen wollte, hab ich mich doch nicht gleich verändert. Ich bin noch immer ich."

  "Irgendwas bedrückt dich, ich sehe es dir doch an."

  "Ich hab jetzt keine Lust auf solche Diskussionen. Mein Kopf tut weh."

  "So viel Schmerzmittel wie die dir gegeben haben, kannst du gar keine Schmerzen mehr haben." 

  "Du musst es ja besser wissen als ich. Ist ja nicht so, dass es mein Körper wäre." Harry wollte noch etwas erwidern, seufzte dann jedoch lediglich und küsste meinen Handrücken. 

  "Lass uns jetzt bitte nicht streiten." Abwesend nickte ich, wobei ich auf die Stelle sah, die mein bester Freund soeben geküsst hatte. "Ich komme mit in deine Wohnung, da ist es ruhiger als in der Villa, aber du bist zumindest nicht komplett allein."

  "Was ist mit Zayn?"

  "Der kommt auch mal ein paar Tage ohne mich zurecht. Ein paar Tage ohne Streit würden uns beiden gut tun."

  "Tut mir leid", murmelte ich, weswegen Harry mich fragend ansah. "Ich wollte nie, dass ihr euch wegen mir streitet."

  "Das ist doch nicht deine Schuld, Lou. Zayn ist einfach eifersüchtig und denkt, du würdest mich ihm wegnehmen."

  "Was natürlich kompletter Blödsinn ist, da wir beste Freunde sind und du niemals Gefühle für mich entwickeln würdest", erwiderte ich vielleicht etwas zu wehmütig. Harry nickte leicht, wobei er mich nachdenklich musterte. Für einen Moment herrschte Stille, ehe der Jüngere das Wort wieder ergriff. 

  "Darf ich etwas ausprobieren?" 

  "Ähm ... ich denke schon", gab ich zurück, wobei ich mir nicht vorstellen konnte, was Harry vorhaben könnte. 

  "Ich möchte aber nicht, dass das etwas zwischen uns ändert. Es ist nur .... eine Art Experiment, damit ich Gewissheit habe." Verwirrt sah ich ihn an, während er sich vom Stuhl erhob und sich stattdessen auf die Bettkante setzte. Er musterte mein Gesicht, wobei er sich auf die Unterlippe biss. "Schließ die Augen." Da ich Harry vertraute, tat ich es ohne auch nur einen Moment zu zögern. Es vergingen einige Sekunden ohne das etwas passierte, dann bewegte sich die Matratze etwas und im nächsten Augenblick konnte ich Harrys warmen Atem an meinen Lippen spüren. Sein Gesicht müsste genau über meinem seien und seine Lippen nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. Ich umklammerte seine Hand fester, während mein Herzschlag einen ungesunden Rhythmus annahm. Zum Glück war ich an keinerlei Geräte angeschlossen, die mich verraten hätten können. 

Es klopfte an der Zimmertür, weswegen Harry sich ruckartig aufsetzte und ich verdattert die Augen wieder aufschlug. Die Tür öffnete sich. Liam, Niall und Zayn kamen rein, wobei der Letzte nicht den Eindruck erweckte, dass er freiwillig mitgekommen war. 

  "Du bist ja schon wach", stellte Liam lächelnd fest. 

  "Schon?", hakte Niall nach, der Liams Hand hielt. "Die paar Stunden schafft er es auch ohne Medikamente zu schlafen. Ich dachte, die Ärzte würden es schaffen, ihn länger ruhig zu stellen." Mich frech angrinsend ließ sich der Ire auf der linken Bettkante nieder. "Du sahst aber auch schon mal besser aus. So blass wie du bist, könntest du jedem Gespenst Konkurrenz machen."

  "Niall", ermahnte Liam seinen Freund, konnte aber ein Grinsen nicht unterdrücken. "Wie fühlst du dich, Louis?"

  "Halb so wild. Noch ein paar Stunden Schlaf und ich bin wieder topfit", beantwortete ich die Frage. 

  "Nein, das Thema hatten wir gerade schon. Du bleibst die nächsten Tage komplett im Bett. Wenn du schon nicht auf uns hörst, dann zumindest auf die Ärzte. Aber wahrscheinlich tust du das auch nicht und genau deswegen komme ich mit zu dir."

  "Du ziehst die nächsten Tage also bei Louis ein?", meldete sich nach Harrys Aussage auch Zayn zu Wort. 

  "Natürlich, wenn mein bester Freund mich braucht, bin ich für ihn da." Ernst sah Harry den Schwarzhaarigen an, der abfällig schnaubte. 

  "Klar und aus Tagen wird dann Wochen und aus Wochen Jahre." Harry wollte schon etwas erwidern, aber kam ich ihm zuvor. 

  "Du brauchst wirklich nicht mitzukommen, Harry. Eleanor wohnt doch gleich neben an."

  "Nur weil Eleanor gleich nebenan wohnt, muss sie nicht die ganze Zeit bei dir hocken und sich an dich ranmachen", gab Harry zurück.

  "Louis ist ein freier Mann. Lass ihn ficken wen er will", mischte Zayn sich ein. 

  "Er fickt gar keinen, weil er Bettruhe hat." 

  "Naja, für ficken braucht er das Bett ja nicht zu verlassen und wenn Eleanor die Arbeit macht, kann man das auch fast als Ruhe bezeichnen", gab Niall seinen Kommentar ab.

  "Also ich halte es für eine gute Idee, wenn Harry bei Louis etwas nach dem Rechten schaut. Er und Eleanor können sich ja abwechseln", versuchte Liam den Fokus wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. 

  "Ich brauche keinen Babysitter. Ich komme bestens allein klar", meinte ich. 

  "Die Tatsache, dass du, als du allein warst, komplett betrunken die Treppe runtergefallen bist und jetzt im Krankenhaus liegst, spricht irgendwie gegen deine Aussage und für einen Babysitter", kommentierte Niall. 

  "Wir meinen es doch nicht böse, Lou", sagte Liam.

  "Ja, ich hab etwas zu viel getrunken und es tut mir leid, dass ihr euch wegen mir Sorgen gemacht habt, aber deswegen bin ich noch lange nicht komplett unzurechnungsfähig."

  "Ihr habt ihn gehört, also bleiben wir vier in der Villa und Louis kann nach der Entlassung in seine Wohnung. Wenn er Hilfe oder Gesellschaft braucht, ist Eleanor noch in der Nähe", stellte sich Zayn auf meine Seite. 

  "Ich halte das für keine gute Idee", widersprach Harry. 

  "Warum? Was soll schon passieren? Wenn die Beiden meinen, sie wollen sich etwas zusammen im Bett vergnügen oder zum Entschluss kommen, eine Beziehung eingehen zu wollen, dann lasst sie doch. Kann uns doch im Prinzip egal sein. Louis muss entscheiden mit wem er sein Bett teilen will."

  "Willst du das?", wandte Harry sich nun an mich. 

  "Aktuell möchte ich einfach nur noch etwas schlafen und eine Beziehung oder Affäre mit Eleanor war jetzt eigentlich nicht vorgesehen", lautete meine Antwort. Liam erhob sich von dem Stuhl, auf dem er sich niedergelassen hatte. 

  "Lasst uns erstmal nach Hause fahren. Wir können dann ja immer noch spontan gucken, wie es weitergeht." Mit einem zustimmenden Nicken stand auch Niall auf, während Zayn sich bereits Richtung Tür  begab. 

  "Ich bleibe noch etwas", entschied Harry. 

  "Nein, du kommst auch mit. Gönn Louis doch noch ein paar Stunden Schlaf, dann kann er sich ja melden, wenn er wach ist und du kommst wieder her", meinte Liam, wobei er Harry, dessen Hand ich noch immer hielt, auf die Beine zog. 

  "So ein schnarchendes und sabberndes Etwas will man doch eh nicht beim Schlafen beobachten", scherzte Niall, weswegen ich ihm den Stinkefinger zeigte. "Ich hab dich auch lieb, Lou", lachte er, dann verließ er eilig das Zimmer, bevor ich etwas nach ihm werfen könnte. 

  "Meld dich, wenn du irgendwas brauchst oder auch einfach mal so und erhol dich gut." Liam schenkte mir noch ein Lächeln, dann folgte er Niall in den Flur. Zayn war im Türrahmen stehen geblieben, von wo aus er Harry abwartend ansah. 

  "Na komm, hau schon ab. Mach dir nen schönen Abend mit Zayn." Nur widerwillig nickt Harry.

  "Mach keinen Blödsinn, Boo", ermahnte er mich. Auch er lächelte mich nochmal an, dann ging er zu Zayn und verließ mit diesem das Zimmer. Seufzend ließ ich mich tiefer ins Kissen sinken, wobei ich an die Decke starrte. 

Ein Gedanke wollte einfach nicht aus meinem Kopf verschwinden und hinderte mich am Einschlafen .... Hatte Harry tatsächlich vorgehabt mich zu küssen?

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