Sommer

,,Aber dafür bin ich jetzt da. Ich werde dich nicht alleine lassen, Lindsay, das verspreche ich dir."

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Ich liege auf meinem Bett, die Augen geschlossen. Ich blende alles aus, höre nichts, sehe nichts. Manchmal ist es einfach schön sich vorzustellen nicht auf dieser Welt zu leben. Auf diesem grauen Planeten voller Leid und Hoffnungslosigkeit. Wenn man sich vorstellt in den Armen einer liebenden Mutter zu liegen, die dich in den Schlaf wiegt und ein Lied für dich singt. Diese Vorstellung ist schön, allerdings so wenig real.. Wenn ich dann meine Augen öffne, sehe ich die kahle Decke meines Zimmers, trostlos und kalt. Dann strömt alles wieder auf mich zu. Angst, Verzweiflung, Schuld, die Sucht sich zu verletzen.. Deswegen hasse ich es die Augen zu öffnen, und warte nur noch darauf friedlich für immer einzuschlafen, an einem besseren Ort aufzuwachen und sich von meiner Mutter in den Schlaf wiegen lassen...
Ein durchdringendes Schrillen lässt mich die Augen aufreißen. Ängstlich huschen meine Augen umher versuchen den Grund des Schrillens ausfindig zu machen. Es schrillt ein zweites Mal. Erst jetzt realisiere ich, dass es die Klingel ist. Ich schließe die Augen wieder und versinke in meinen Kissen. Wer auch immer geklingelt hat, der hat sich in der Haustür geirrt. Hier gibt es nichts außer Trauer und Trostlosigkeit. Ich höre meinen Vater sich nach dem dritten Schrillen vom Sofa erheben und zur Tür schlurfen. Ein Klicken und die Tür schwingt auf. Stille. ,,Tag. Ich wollte ihre Tochter sprechen." Ich fahre aus meinen Kissen hoch. Diese Stimme gehört Dean Kardwin. Ich husche zum Fenster und sehe den dunklen Schopf des Jungen. ,,Ich habe keine Tochter. Verschwinde." knurrt mein Vater und will die Tür wieder zuschlagen, doch der Junge hält sie auf. Ich habe keine Tochter. Vielleicht hat er recht. Ich bin nicht seine Tochter. Vielleicht weiß er noch nicht einmal mehr was vor dem Unfall war. Wie er mir das Schwimmen beigebracht hat, oder wie wir mein Kaninchen beerdigen mussten.. ,,Doch sie haben eine Tochter, Lindsay. Ich bin gekommen um sie zu sehen." ,,Hast du kene Ohrn, du dreckiger Lümmel! Ich sachte VERSCHWINDE!" donnert mein Vater. Ich sehe wie mein Vater einen Schritt auf den Jungen zutritt. Seine Hand holt aus und peitscht nach unten. Ich keuche als hätte mich der Schlag getroffen. ,,Nein." flüstere ich ,,Nein." Einer plötzlichen Eingebung folgend reiße ich meine Schuhe an mich und Stürme die Treppe nach unten. Ich habe meine Schuhe schon seit langem an meinem Bett stehen. Sollte irgendetwas passieren und ich schnell wegmüssen.. Irgendwas einfach. Ich sehe den Rücken meines Vaters und renne weiter. Seine Hand holt zu noch einem Schlag aus, doch ich umklammere das Handgelenk. Er wirbelt herum. ,,Un' was willste von mir?!" brüllt er und versucht mich abzuschütteln. ,,Es ist nicht seine Schuld." flüstere ich. ,,Was?!" ,,Es.. Es ist nicht seine Schuld dass sie tot ist." sage ich dann lauter. ,,Ich bin Schuld. Warum prügelst du Leute die nichts verbrochen haben?" Mit einem Grölen holt seine Faust aus, doch eine Hand schnellt vor, umklammert mein Handgelenk und zieht mich aus der Wohnung. Der Besitzer der Hand rennt los und ich lasse mich mitziehen. Erst als wir langsamer werden erkenne ich wo wir sind. ,,Die Weide." keuche ich und Presse meine Hand in die Seite. Einige Atemzüge lang ist Stille. Dann:
,,Das war mutig."
,,Hm?"
,,Das war mutig sich seinem Vater in den Weg zu stellen."
Ich zucke mit den Schultern, lasse mich am Baumstamm nieder und ziehe meine Schuhe an. ,,Nein im Ernst, das war mutig." wiederholt Dean und mustert mich während ich meine Schuhe zubinde. ,,Ach weißt du" sage ich dann ,,es gibt wichtigeres als das." ,,Und was?" fragt er grinsend. ,,Weiß nicht.. Freundschaft, Liebe" er zieht die Augenbraue hoch. ,,Lachen." flüstere ich kaum hörbar. Er beginnt zu lachen. Ein freudiges, aus dem Herzen kommendes Lachen. ,,Wo wir schon dabei sind, Lindsay, weißt du was heute ist?" fragt er und schaut mich erwartungsvoll an. ,,Samstag." sage ich tonlos. Er schmunzelt. ,,Auch, aber noch was." Er grinst.
,,Juli."
,,Ja, was noch."
,,Vormittag."
,,Stimmt auch, was noch?"
Ich schüttele den Kopf. ,,Weiß nicht, sags mir." Er schüttelt bedauernd den Kopf. ,,Wir haben Sommerferien!" Ich schaue ihn an. ,,Schön." sage ich dann tonlos. ,,Definitiv." grinst er. ,,Das heißt es ist Zeit ein ganz bestimmtes Mädchen glücklich zu machen."

Written by: Writer_007
Gewidmet: mcnooms
Wörteranzahl: 719

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