Rettung

Seine Augen fühlten sich schwer und müde an, sein Körper war schwer wie Blei. Rons Augen öffneten sich langsam und er hörte Stimmen in seinen Ohren.
"Sie haben gemeint Mine wird Zeit brauchen... Viel Zeit.", meinte eine ihm vertraute, tiefe Stimme.
"Meinst du...", antwortete Ginny und in ihrer Stimme lag Besorgnis und Trauer zugleich: "Nun ja, nach so vielen Cruciatus-Flüchen... Meinst du, dass sie wieder wie früher wird? Du weißt schon... Nevilles Eltern...".
Doch Harry zuckte zur Antwort mit seinen Schultern: "Hermine ist hart im Nehmen und so stark. Du weißt wie dickköpfig sie ist...".
Ginny antwortete darauf nicht und sah bedrückt zu Boden. Ron sah wie Harry von seinem Stuhl aufstand und zu ihr hinüber ging, um sich neben sie zu setzen und einen Arm um sie zu legen. Ginny sah auf und lächelte Harry etwas an. Kurze Zeit taten sie nichts, außer sich anzusehen bis Harry wieder das Wort ergriff: "Die Heiler sagten, dass sie sich in einer Art Koma befindet und sie noch nicht genau wissen inwieweit der Cruciatus-Fluch Schaden bei ihr verursacht hat, aber..."
"Bitte hör auf, Harry...", unterbrach Ginny ihn mit zittriger Stimme: "Ich ertrag das nicht."
Dann klopfte es plötzlich und die Tür ging einen Spalt auf. George steckte seinen Kopf hindurch und lächelte: "Hallöchen... Seid ihr fertig mit Knutschen und darf ich reinkommen?".
"George, wir haben nicht...", fing Ginny an zu erklären, doch George trat schon in den Raum herein und hatte eine Packung Eis in der Hand.
"Wie geht's dir, Schwesterherz?", fragte George mit etwas Besorgnis, aber er leckte im selben Moment das Eis von seinem Löffel ab. Kurz nach Freds Tod war George nicht mehr derselbe, der er einmal war. Er verkroch sich tagelang auf sein Zimmer und kam nur, wenn überhaupt, zu den Mahlzeiten heraus. Doch das Schicksal meinte es gut mit ihm und als er eines Tages zurück in den gemeinsamen Laden von Fred und sich in die Winkelgasse ging, traf er auf Angelina Johnson, die gemeinsam mit ihm und seinen Zwillingsbruder in demselben Jahrgang nach Hogwarts ging und sie half ihm dabei alles so gut es ging zu überstehen. Seitdem geht es George täglich besser und findet immer mehr in sein altes Leben zurück.
"Besser, danke", antwortete nun Ginny: "Und du isst Eis? Warum? Wir sind in einem Krankenhaus.". George lächelte darauf und zog sich den Löffel aus dem Mund, um zu antworten: "Unser Ronnikins wird vielleicht Hunger haben...".
Ohne, dass die Drei es erwarteten sagte Ron: "Ich hab immer Hunger!".
Ginny, Harry und George drehten sich erschrocken zu Ron um und sahen, dass er die Augen geöffnet hatte und versuchte sich aufzurichten. George flog vor Schreck der Löffel aus der Hand, der klappernd auf dem Boden landete. Ginny sprang von ihrem Stuhl auf und rannte mit Tränen in den Augen zu Ron an sein Bett, um ihn zu umarmen.
"Ginny...", sagte Ron mit leicht gepresster Stimme: "Du bringst mich noch um!".
George grinste nun: "Wenn es nicht die Todesser geschafft haben, dann unsere Schwester, Ronnilein!".
"Halt die Klappe, George!", gab Ron als Antwort von sich und Harry schmunzelte nun darauf.
"Oh Gott, Ron! Wie geht es dir?", sagte Ginny nun und löste sich von ihrem Bruder, um ihn nun anzusehen. Ron sah mitgenommen, blass und dennoch traurig aus. Ginny wusste sofort, warum. Er hatte ihr Gespräch mit Harry scheinbar mitbekommen.
"Es geht...", gab Ron als Antwort: "Seit wann bin ich im St. Mungo?".
Harry stand nun ebenfalls vor Rons Bett und antwortete mit ernster Miene: "Du hast fast eine Woche geschlafen, Kumpel. Sie haben dich erwischt, als du... Naja, als du Hermine das Leben retten wolltest... Der Chefheiler hier sagte, dass du ziemliches Glück hattest."
"Was nützt es, wenn ich noch am Leben bin, aber Hermine...", fing Ron an, doch Harry unterbrach ihn sofort: "Ron, hör auf so zu denken. Hermine hat es überlebt. Sie lebt, Kumpel!"
"Aber ihr geht es nicht gut...", sagte Ron forsch und rang um Besinnung, denn er spürte Tränen in seinen Augen aufsteigen. Dann trat eine Stille ein, die den ganzen Raum überflutete und niemand etwas zu sagen wagte. Ron setzte sich nun ganz auf und schwang seine Beine vom Bett, um nun aufzustehen. George jedoch hielt ihn fest: "Nix da, Ron! Du bewegst dich keinen Meter. Du lagst hier mehrere Tage bewusstlos...".
Ron drückte jedoch Georges Hand von sich weg und spürte in diesem Moment solch grässlichen Schmerz und Hass in sich, dass er sich selbst auf die Zunge beißen musste, um nicht gänzlich seine Nerven zu verlieren.
"Ron!", sagte Harry eindringlich, doch Ron hörte nicht und stand einfach auf. Er schlang sich einen Bademantel um seinen Körper, der einen halben Meter zu kurz für ihn war, doch das interessierte ihn absolut nicht.
"Ich geh zu Hermine! Jetzt!", gab Ron nun entschlossen von sich und ging mit wankenden Schritten auf die Tür zu. Er spürte wie sich alles begann zu drehen in seinem Kopf und er fast den Boden unter den Füßen verlor. Harry und George standen sofort neben Ron, als dieser drohte umzukippen. Sie packten ihn unter den Armen und trugen ihn schnell wieder zum Bett. Ginny alarmierte einen Heiler, der auch binnen Sekunden bei Ron im Zimmer eintraf. Die Drei gingen hinaus, als Ron untersucht wurde und Ginny lief nervös vor dem Zimmer auf und ab.
"Gin...", sagte George nun behutsam: "Setz dich doch bitte. Du machst uns ganz wuschig... Außerdem war ihm schwindlig. Es war klar, dass er fast umkippt. Ron ist noch nicht fit. Er lag fast eine ganze Woche hier und schlief. Sein ganzes System ist noch gar nicht richtig hochgefahren und der Sturkopf denkt nur an seine Hermine!".
Ginny drehte sich nun sauer zu George um: "Halt die Klappe! Natürlich denkt er nur an sie... Er liebt sie, George! Hast du das nicht mitbekommen oder was hast du mit deinem Dickschädel verpasst?".
George erhob beschwichtigend seine Arme: "Ist ja gut, ist ja gut... Natürlich hab ich das mitbekommen! Ron kann trotzdem nicht von sich erwarten einfach aufzustehen und topfit zu sein, nachdem was mit ihm passiert ist!".
"Hey...", schritt nun Harry ein: "Beruhigt euch! Er braucht keine Geschwister, die sich auch noch anschreien und die alle Aufmerksamkeit vom ganzen St. Mungo auf sich ziehen. Ron ist einfach nur besorgt um Hermine und mir war völlig klar, dass er zu ihr will, sobald er wach wird!".
George wollte gerade wieder antworten und öffnete seinen Mund, als der Heiler mit Ron in einem Rollstuhl aus dem Zimmer kam: "Mr. Weasley würde gern zu Miss Granger. Mr. Potter, wären Sie so freundlich und würden ihn dort hin begleiten?".
Harry sprang von seinem Sitzplatz auf und lief sofort zu dem Rollstuhl: "Aber natürlich!".
Auch Ginny und George standen auf, doch der Heiler schüttelte mit dem Kopf: "Mehr als zwei Besucher sind auf der Station für Fluch- und Missbrauchsfälle nicht erlaubt.".
Und somit nahmen Ginny und George frustriert und seufzend wieder auf den Stühlen Platz und der Heiler ging davon. Harry ging noch einmal zu Ginny, um ihr einen Kuss zu geben und sich dann mit Ron im Rollstuhl auf den Weg zu der Station zu machen, auf der Hermine lag. Er fuhr mit Ron einen langen Stationsgang entlang bis sie auf dem Gang mit den Fahrstühlen waren, um von dort aus auf Hermines Station zu gelangen.
"Ron, ist alles okay?", fragte Harry nun besorgt, doch Ron sagte nichts. Er nickte nur und blieb stumm. Die Fahrtstuhltüren öffneten sich mit einem "kling" und Harry ging mit Ron hinein. Als Harry auf die Taste mit der richtigen Stationszahl gedrückt hatte, setzte der Fahrstuhl sich ratternd in Bewegung und in nur wenigen Augenblicken kamen sie auf der Station an. Die Fahrstuhltür öffnete sich und sofort drangen laute Schreie und Rufe die Stationsflure entlang. Ron versetzte es ein beängstigendes Gefühl, doch anhand der Stimmen wusste er, dass es nicht Hermines Schreie waren. Auch Harry wurde unbehaglich. Er schob Ron vor sich her bis sie an der Zimmernummer waren zu der Ron wollte: "Stopp!", rief er sofort, als er die Nummer 422 las. Harry hielt an: "Sie liegt hier? Hermine ist wieder verlegt wurden!".
Doch Ron hörte gar nicht auf Harry. Er stand einfach aus seinem Rollstuhl auf und lief mit wackligen Schritten in das Zimmer hinein. Es war abgedunkelt und Jalousien ließen nur bedingt Licht hindurch.
"Ron...", flüsterte Harry: "Ich lass dich mit ihr allein. Ich warte hier draußen. Falls etwas ist, bitte ruf mich!".
Auch jetzt antwortete Ron nicht. Er nickte nur und starrte auf das Bett in dem Hermine zugedeckt lag. Ron erkannte sie noch nicht, denn die Decke mit der Hermine zugedeckt war, versperrte ihm völlige Sicht auf ihr Gesicht. Doch er erkannte ihre braunen Locken von weitem. Auch wenn sie nicht mehr ganz so buschig wie früher waren, als sie sich zum ersten Mal im Zug sahen, so waren sie immer noch typisch für Hermine und Ron hätte sie nur anhand dessen erkannt. Er lief mit schleifenden Schritten weiter auf das Bett zu und sein Herz raste in seiner Brust. Er konnte es gegen seine Brust pochen merken und alles andere um ihn herum schien ihm jetzt so völlig egal zu sein. Auch die lauten Schreie, die noch immer vom Flur her kamen, drangen nur noch ganz abgeschwächt in Rons Ohren. Es schien so, als würde sein Körper sich völlig auf Hermine konzentrieren wollen. Der Raum war sonst still. Die Stille wurde nur durch das Piepen der Geräte, an denen Hermine angeschlossen war, durchbrochen. Ron wusste, für einen Zauberer oder Hexe an mehreren Muggelmaschinen angeschlossen zu sein, hieß nie etwas Gutes. Er versuchte aber diesen Gedanken so schnell wie möglich von sich abzuschütteln und trat mit langsamen Schritten neben Hermines Bett. Sein Atem stockte, als er sie dort hilflos und ohne jegliche Regung liegen sah. Ihr Gesicht war mit Blutergüssen überzogen, wovon ein Auge völlig betroffen und angeschwollen war. Auch mehrere Kratzer und zwei Platzwunden zierten ihr so zärtliches Gesicht. In Rons Augen stiegen sofort Tränen in die Augen, die sich einen Weg aus seinen Augen bahnten und an seinen Wangen herunterliefen. Noch nie hatte er Hermine so schlimm zugerichtet und so schwach gesehen wie sie jetzt dort lag. Sein Magen zog sich schmerzvoll zusammen bei ihrem Anblick. Ihn packten Schuldgefühle und Verzweiflung auf einmal. Ron ließ sich neben Hermines Bett auf einen Stuhl nieder, denn auch seine Füße schienen wieder nachzugeben. Seine Kraft war am Ende. Er nahm Hermines Hand vorsichtig in seine und sah wie auch diese überseht mit Schnittwunden und Blutergüssen war.
"Oh Hermine...", sagte Ron mit zittriger Stimme, die voller Emotionen zu sein schien: "Es tut mir so leid, was passiert ist. Ich hätte mit dir in die Winkelgasse gehen müssen... Hätte dich nicht alleine gehen lassen dürfen.".
Ron weinte nun und legte Hermines Hand gegen seine Wange und schloss seine Augen. Hermine rührte sich jedoch nicht. Nur ihr leises, gleichmäßiges Atmen hörte Ron, sowie noch immer die Geräte, die Hermine überwachten. Dann trat der Chefheiler der Station herein: "Mr. Weasley... Schön, dass es Ihnen besser geht.".
Ron öffnete seine Augen und sah zu dem Heiler, der ihn leicht anlächelte.
"Wie...", fing Ron an und schluckte: "Wie geht es Hermine? Wird es ihr bald besser gehen?".
Der Heiler zog einen Stuhl an das Bett heran und setzte sich Ron gegenüber: "Nun Mr. Weasley... Miss Granger geht es schon etwas besser. Ihre Vitalwerte sind nicht mehr so schlecht und kritisch wie vor sechs Tagen, als sie zu uns kam. Auch ihre Wunden scheinen gut zu verheilen.".
Ron schluckte wieder und strich mit seinem Ärmel über seine Augen, um seine Tränen zu verbergen, worauf der Heiler weitersprach: "Ich muss ehrlich zu Ihnen sein, Mr. Weasley. Sie ist Ihre Freundin oder?".
Ron sah zu ihm und nickte, verwundert darüber, warum der Heiler das wissen wollte.
"Also...", sprach der Heiler weiter: "Mr. Weasley, da Sie ja sozusagen ein enger Vertrauter von Miss Granger sind, darf ich Ihnen auch etwas Näheres zu dem Zustand Ihrer Freundin sagen."
Er lächelte Ron aufmunternd an, doch Ron konnte nur ein kleines, leichtes Lächeln über seine Lippen bringen. Der Heiler räusperte sich kurz, um nun fortzufahren: "Miss Grangers Körper weist schwere Fluchschädigungen auf bis hin zu Gewaltmissbrauch. Im Moment befindet sich ihr Körper in einem komatösen Zustand, um sich richtig zu erholen, der Wochen, Tage oder auch Monate andauern kann. Wir wissen leider nicht wie lange. Auch, wenn sie dann aufwacht, wissen wir nicht inwieweit das Gehirn von Miss Granger geschädigt wurde. Ob ihre Erinnerungen noch vollständig vorhanden sind und ob sie selbst noch weiß, wer sie ist. Das alles können wir jedoch erst rausfinden, wenn sie eines Tages aufwacht. Sobald das geschieht, bekommt sie Tränke, die ihr Erinnerungsvermögen zurückholt oder unterstützen wird. Je nachdem wie ausgeprägt ihre Verletzungen sein werden. Bitte Mr. Weasley, geben Sie nicht auf... Alles was Ms. Granger braucht ist Zeit und viel Geduld. Bitte vergessen Sie das nicht!".
Nun erhob sich der Heiler und verließ den Raum. Ron sah mit Tränen in den Augen zu Hermine und richtete nun sein Wort an sie: "Ich werde nie aufgeben! Ich werde dir so viel Zeit geben wie du brauchen wirst und wenn es Jahre dauern sollte. Ich werde immer für dich da sein, mein Schatz. Für immer und ewig! Ich liebe dich, Hermine!".

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top