Ch. 67 ➳ Confession
Harry POV
Die Tage, die ich mit Louis verbringen konnte, gingen viel zu schnell um. Wir versuchten so viel miteinander zu machen, wie es nur irgendwie möglich war, aber oft hingen wir dann doch nur im Bett herum, genossen die Zweisamkeit und sprachen über Gott und die Welt. In dieser Zeit kam es mir gar nicht so vor, als müsste ich meinen Freund bald wieder verlassen, sondern es schien schon fast normal zu sein. Abends neben ihm einschlafen und Morgens neben ihm aufwachen. Ihn berühren zu können, wann immer ich wollte, da wir sowieso nur umeinander her schwirrten und er nie mehr als eine Armlänge von mir entfernt zu sein schien.
Viele würden es vielleicht als nervig bezeichnen, ich hingegen empfand es als erstes Mal seit langer Zeit so, als wäre ich wirklich komplett und glücklich. Sorgen und Ängste, die ich in den vergangenen Wochen schon des öfteren gespürt hatte, schienen wie weggeblasen und auch Louis schien so unbeschwert wie schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Jedes Mal, wenn sich die Lachfalten um seine Augen zeigten, ging mein Herz auf und ich wollte schon fast gar nicht mehr von hier verschwinden, wenn das bedeutete, dass er weiterhin dieses lächeln tragen würde.
Doch nach einem wundervollen Neujahr, welches wir mit unseren Freunden gefeiert hatten und uns mit einem Kuss auch für das folgende Jahr unsere Liebe versiegelt haben, ging es für mich schon bald wieder Nach Cambridge. Und wenn ich sagte, dass wir davor schon aneinander gekettet waren, waren die vergangenen Tage nichts gegenüber den letzten Stunden, die wir miteinander verbrachten. Irgendwie schien es so, als hätten wir meine Zeit hier in einer Blase überlebt und keiner von uns beiden wollte, dass diese platzte, sobald ich mich auf den Weg zurück machte.
Ich versuchte, Louis seine Angst so gut wie möglich zu nehmen und eigentlich nie über meinen Mitbewohner zu sprechen, aber natürlich hatte ich über die Wochen nicht in Funkstille gelebt und ich hoffte wirklich sehr, dass Louis und ich dafür eine Lösung finden können, mit der keiner verletzt wird und die alle glücklich macht.
Der Abschied war schwer und fast wäre Louis mit mir in den Zug gesprungen, weil sich unsere Lippen gar nicht voneinander lösen ließen. Tränen liefen über die Wangen, welche aufgrund der Kälte rot angelaufen waren und zeugten davon, wie groß Trennungsschmerz auf unbestimmte Zeit tatsächlich war.
Während der Zugfahrt, fuhr ich mir immer wieder über meine Wundgeküssten Lippen und hielt meine Augen geschlossen, um so spät wie es nur irgendwie möglich wäre, in der Gegenwart anzukommen. Hinter meinen geschlossenen Augenlidern, stand Louis Immer noch vor mir; berührte und küsste mich. Schmetterlinge fanden alleine durch die Vorstellung den Weg in meinen Bauch und ich holte mein Handy heraus, um meinem Freund direkt schreiben zu können. Dieser schien nur auf eine Nachricht von mir gewartet zu haben, da die Häkchen sofort blau wurden und mir damit bewiesen, dass Louis sich bereits auf unserem Chat befunden hatte.
Am Bahnhof in Cambridge wurde ich von Janette abgeholt, welche mich mit einer liebevollen Umarmung begrüßte. Natürlich wusste sie, oder konnte sie es zumindest ahnen, wie schwer der Abschied gefallen sein musste und deswegen fragte sie mich auch über die meisten Dinge aus, einfach nur, damit ich reden und nicht nachdenken konnte.
Danach war es für ein paar Minuten still gewesen und dann kam mir die Begegnung mit meiner Mutter wieder in den Kopf, weswegen ich den Blick von den Straßenlaternen abwandte und stattdessen zu meiner Stiefmutter schaute.
"Wie haben du und Des sich eigentlich kennengelernt?", fragte ich sie neugierig und sie schien für eine kurze Zeit überfragte zu sein, bis sie mich ebenfalls ansah und ein unsicheres lächeln auf den Lippen hatte.
"Wie viel willst du wissen?"
"Alles."
Janette hatte nach dieser Aussage nur genickt und schnell bei Mc Donalds angehalten, um uns beiden eine Tüte Essen zu holen und dann zu einer Parkbank zu fahren, die zum Glück gut beleuchtet und in einem Park war. Wir packten unsere Burger und Pommes aus, während ich darauf wartete, dass die Frau neben mir anfing, zu erzählen.
"Wir mussten in diesem einen Fall gegeneinander verteidigen", ihre Stimme holte mich ins hier und jetzt zurück, weswegen ich mich zu ihr drehte und von meinem Burger abbiss. "Dein Vater wurde als Pflichtverteidiger Eingestellt und eigentlich macht man sich da nicht so viele Gedanken drüber, aber wenn man selbst denkt, dass dieser Mensch schuldig ist und du dann alles daran setzen musst, dass er als unschuldig erklärt wird... das macht dich selbst auch fertig. Es ging um eine Sexualstraftat, mehr darf ich leider nicht sagen." Ich nickte verständnisvoll und dachte daran zurück, ob unser Vater irgendwann mal so etwas erwähnt hatte, doch mir fiel nichts ein. "Während wir also unsere Mandanten verteidigt haben, war da direkt so eine Stimmung im Raum. Nichts Sexuelles oder ähnliches, sondern einfach großer Respekt und.. Interesse an der Person. Sobald dein Vater im Gerichtssaal ist, setzt er eine ganze andere Maske auf und irgendwie wollte ich unbedingt herausfinden, was hinter dieser Maske und dem besten Rechtsanwalt steckt, den ich jemals gesehen habe.." Auf ihren Lippen bildete sich ein lächeln und ich meinte sehen zu können, wie ihre Wangen rot wurden, ehe sie sich räusperte und auch ich meine, nun leere Tüte, neben mir in den Mülleimer warf.
"Also habt ihr euch danach gesehen?", fragte ich interessiert, wollte die ganze Situation eigentlich nur noch verstehen, damit das mit meiner Wut gegenüber meinem Vater weniger werden würde.
"Nicht direkt. Wir haben, nachdem er trotz seiner guten Verteidigung den Fall verloren hat, kurz miteinander gesprochen und dort ist uns schon aufgefallen, dass irgendwas in der Luft hängt. Es waren nicht diese Funken, wie man immerzu liest, sondern einfach Interesse am jeweils anderen. Ich möchte dir schon gleich zu Anfang sagen, Harry, dein Vater und ich sind uns niemals unangemessen nahe gekommen, als er noch mit deiner Mutter zusammen war. Wir waren nicht auf Dates, haben uns nicht geküsst oder heimlich miteinander geschrieben. Nur ging mir dein Vater nicht mehr aus dem Kopf."
"Wusstest du nicht, dass er eine Familie hat und ein zweites Kind erwartet?" Ich klang wahrscheinlich wütender, als ich es eigentlich war, aber ich fragte mich einfach, wie man so etwas ignorieren konnte. Sofort wurde der Blick von Janette etwas trauriger und sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, bevor sie seufzte.
"Nachdem ich für mich selbst herausfand, dass ich diesen Mann noch näher kennenlernen möchte, und das nicht nur auf freundschaftlicher Ebene, hatte ich mir eines Tages vorgenommen, ihn nach einem Date zu fragen. Wie es der Zufall so wollte, haben du und deine Mutter ihn an diesem Tag in der Kanzlei abgeholt und natürlich, habe ich den Babybauch gesehen." Zum Schluss wurde ihre Stimme wieder dünner und ich griff nach ihrer Hand, um ihr irgendwie Beistand zu leisten. "Mir war klar, dass dies das Ende war. Das es wohl einfach nicht sein soll und ich habe versucht, ihn zu vergessen, aber ich hätte noch ein Jahr in der Stadt arbeiten müssen und ich wusste bereits, dass ich deinen Vater nicht vergessen kann, wenn ich ihn so oft sehe. Im gleichen Zug war mir aber bewusst, dass ich es versuchen müsste, denn es würde mich nur zerstören, in einen vergebenen Mann verliebt zu sein."
Während sie nun von dieser Situation sprach, dachte ich sofort daran zurück, wie ich damals in der Anfangszeit mit Louis gedacht habe. Er war auch vergeben gewesen und natürlich, hatte auch ich genau aus diesem Grund versucht, meine Schwärmerei für ihn loszuwerden. Doch..
"Doch es hat nicht geklappt", vollendete sie meine Gedanken. "Wir sahen uns, redeten, aber nie mehr. Aber wir wussten, dass da mehr war, dass da mehr sein könnte und als meine Zeit in Doncaster vorbei war, bin ich gegangen und dein Vater hat beschlossen, mit mir zu kommen. Teddy war da gerade zehn Monate alt und da zwischen uns beiden nichts passiert war, wusste ich nicht ganz, was ich davon halten soll, aber ich habe auf das vertraut, was er mir gesagt hat. Das er es mit deiner Mutter und mit dir klären würde; dass er sich erklären würde. Über die Jahre hat er gesagt, dass er mit euch wohl ab und zu telefoniert hätte."
"Hat er aber nicht", sagte ich kalt und Janette nickte traurig, ehe sie ihre andere Hand noch auf die meine legte, welche ihre fest im Griff hielt.
"Deswegen hatten wir auch einen ziemlichen Streit, nachdem das Jugendamt wegen dir und Teddy angerufen hat", ihre Stimme wurde leiser und es schien, als würde sie sich gerade an diesen Streit erinnern, weswegen ihre Gesichtszüge etwas schmerzverzerrt wurden und sogar mir weh taten. "Er hat sich so geschämt und dachte für einige Zeit, dass es das Richtige gewesen wäre und sobald ihm die Scheiße bewusst wurde, die er da abgezogen hat, war es für ihn wohl schon zu spät. Es tut mir Leid, dass du und dein Bruder so aufwachsen musstet. Weder Des, noch ich, hatten das gewollt aber es ist einfach so gekommen und selbst, wenn wir uns dagegen gesträubt hätten, wären wir wahrscheinlich niemals so glücklich geworden, wie wir es jetzt sind."
"Hat er meine Mutter denn geliebt, als er gegangen ist?", meine Stimme war nur ein flüstern, als mir die ersten Tage nach dem verschwinden meines Vaters in den Kopf kamen. Wie gebrochen unsere Mutter gewesen war und wie sie nichts aufheitern konnte.
"Ich denke schon", Janette nickte, "Ich glaube, du kannst eine Person lieben und trotzdem wissen, dass sie nicht der Mensch fürs Leben ist. Oder, dass du zwei Personen liebst nur dann musst du dich nicht für die Gewohnheit, sondern für das Herzklopfen entscheiden. Bei dieser Entscheidung, sollte es nur einen Gewinner geben."
"Danke", sagte ich ehrlich und die neue Frau meines Vaters lächelte mich erleichtert an.
"Lass uns nach Hause, sonst ist Teddy morgen früh böse auf dich."
*****
"Ich brauche deine Hilfe."
Nachdem Zayn diese vier Wörter gesagt hatte, war es still geworden und ich wartete, bis er weiterreden würde, doch er schien noch ein paar Momente zu brauchen. Dies gab ich ihm liebend gerne, auch wenn es nach zwei Minuten etwas seltsam wurde, doch dann hörte ich ihn tief durchatmen und setzte ein lächeln auf, auch wenn er es nicht sehen konnte.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte ich vorsichtshalber nach und konnte förmlich vor mir sehen, wie er nickte, weswegen ich nun meine Klappe hielt und weiter zuhörte.
"Liam und ich sind nicht nur Freunde. Wir... sind irgendwie... mehr." Obwohl ich das natürlich schon geahnt hatte, nach dem einen Abend in der Bar wo ich mit ihnen in Doncaster unterwegs war, war es trotzdem komisch, dieses Statement nun so vor den Kopf geknallt zu bekommen. Nicht, dass ich irgendwas dagegen hatte, aber es bestätigt zu bekommen, war nochmal eine ganze andere Nummer. "Anfangs war es irgendwie nur.. Sex. Ich wusste wirklich nicht, dass ich Jungs oder Männer im Allgemeinen in diesem Sinne attraktiv finde und etwas mit ihnen anfangen kann, aber bei Liam ist es irgendwie einfach passiert und es hat sich gut angefühlt. Tut es immer noch.. also, um ehrlich zu sein, fühlt es sich immer besser an."
"Ich möchte dir helfen, aber dafür musst du mir verraten, womit genau du Hilfe möchtest", versuchte ich, noch mehr aus meinem besten Freund rauszuholen und er schien wirklich stark unter Stress zu stehen, da er wieder einmal tief durchatmete und dann laut seufzte.
"Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt."
"Ich sehe da immer noch kein Problem."
"Wir hatten Anfangs ausgemacht, dass wir nur so etwas wie eine Freundschaft-Plus haben aber irgendwie, scheint es auf beiden Seiten mehr zu sein. Nur weiß ich auch nicht, also selbst wenn er das Gleiche empfindet, wie ich es tue, weiß ich nicht, wie meine Eltern darauf reagieren würden." Seine Stimme klang unsicher und für mich war es wirklich schwer, diesen Zayn einzuschätzen, denn obwohl wir uns schon einige Jahre kannten und auch schon immer so eng befreundet waren, hatte ich ihn in diesem Zustand erst einmal gesehen und das war bei seiner letzten Beziehung gewesen, welche gleichzeitig auch seine Einzige bisher geblieben war.
"Deine Mutter ist das liebste Wesen auf der ganzen Welt", stellte ich klar und Zayn grummelte, da ihm wahrscheinlich bewusst wurde, dass ich Recht hatte. "Du solltest Liam deine Gefühle beichten, denn von dem was ich gesehen habe, geht es ihm wirklich sehr ähnlich, wie dir. Nur kannst du nicht noch länger so spielen, mach nicht kaputt, was ihr beide habt."
"Und wenn du falsch liegst? Er ist der Einzige hier, den ich habe, seitdem du weg bist."
"Ich liege nicht falsch. Ich bin auch von hier aus für dich da. Du schaffst das, ich weiß das. Mach dir nicht so viele Gedanken darum, was deine Familie sagen wird, sondern denk erstmal über dich und Liam nach, danach kommen die anderen Menschen."
"Danke Harry", ich konnte das lächeln in seiner Stimme heraushören, weswegen sich auch ein leichtes auf meine Lippen schlich. "Das du für mich da warst und so. Es tut mir Leid, das ich es dir nicht schon vorher gesagt habe, aber irgendwie musste ich erstmal selbst damit klarkommen und mir meine eigenen Gedanken machen, bevor ich sie teile."
"So was in der Art habe ich mir schon gedacht. Danke, dass ich für dich da sein konnte und danke, dass du es mir erzählt hast. Halt mich bitte auf dem laufenden und Versaus nicht. Ich weiß, du tust manchmal Dinge, die du gar nicht so meinst", meine Stimme klang warnend, dabei wollte ich ihm einfach nur Helfen und mein besser Freund schien das zu verstehen, da sofort sein helles lachen von der anderen Seite aus ertönte.
"Ich verspreche dir, mein Bestes zu geben. Wir hören bald voneinander."
"Das hoffe ich doch", grinste ich und lehnte mit dann Rückwärts aufs Bett. "Dann will ich aber nur gute News hören!"
[...]
Viele klärende Gespräche. Nun wisst ihr, wie es zu der Beziehung von Janette und Des kam und außerdem, über die Gefühle von Zayn Bescheid. Die Ruhe vor dem Sturm?
Vielen Dank an alle, die noch weiterhin dabei sind. Wir haben viele Leser auf der Reise verloren, aber sind umso dankbarer für die, die wir hier immer wieder sehen. Dankeschön ❤️
Lots of love ❤️
xoxo Michelle
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