Ch. 19 ➳ Reproaches
Harry POV
Dämlich.
Das war wohl das beste Wort, was mich im Moment beschreiben könnte. Aber wie hätte ich auch nur eine Sekunde daran denken können, dass dieser Fast-Kuss für Louis mehr bedeutete? Natürlich, war er zurück gewichen, aber ich dachte wirklich, dass er es trotzdem gefühlt hatte. Das Kribbeln zwischen uns, die Funken..
Naja, aber was hatte ich denn erwartet. Jetzt wo er meine halbe Familiengeschichte kennt, war es wohl mehr als verständlich, dass er sich nicht auf diese Weise auf mich einlassen wollte. Mit einem depressiven Menschen befreundet zu sein, war etwas anderes, als mit einem depressiven Menschen eine Beziehung zu führen und das war es wahrscheinlich auch, was er sich dachte. Oder, er fühlte eben rein gar nichts in diese Richtung für mich und ich besaß mal wieder unerwiderte Gefühle, die mich unglücklich machen würden.
Dabei war Louis der erste Lichtblick seit langem in meinem Leben und vor diesem Fast-Kuss, konnte ich ja wenigstens noch in meinen Fantasien schweben und denken, dass er vielleicht auch nur ein bisschen in diese Richtung fühlt, aber nein. Jetzt waren alle meine Hoffnungen platt getrampelt, als er uns wieder normal als 'Freunde' abgestempelt hatte und ich in seiner Stimme nichts erkennen konnte, was auch nur ansatzweise auf das Gegenteil hindeutete. Nicht, wenn ich danach den Blick gesehen hatte, mit welchem er Finn angesehen hat. So viel Leid..
Teddy hatte noch den ganzen Rückweg geweint und ich hatte ihn erst mit der Aussicht beruhigen können, dass ich uns die Pancakes Zuhause auch wieder machen würde und er außerdem eine heiße Schokolade bekommen könnte. Das war nämlich nicht häufig der Fall, aber ich fand, dass es ihm nach diesem Wochenende definitiv zustand. Außerdem müsste er mich danach noch mit in den Supermarkt begleiten, wenn ich arbeiten musste, denn ab jetzt hatte ich erst Recht zu viel Angst, ihn mit unserer Mutter alleine zu lassen. Nun wusste ich, dass sie nicht einmal davor zurückschreckte, wenn wir da waren.
Mit einem letzten seufzen dachte ich an den Zettel zurück, den ich Louis hinterlassen hatte und hoffte, dass er meine Entschuldigung annehmen würde. Ich konnte einfach nicht zulassen, das dies jetzt zwischen uns steht, denn lieber hatte ich ihn lediglich als guten Freund, als gar nicht.
*****
Montag kam schneller, als ich es wollte und als ich Morgens meinen Bruder in den Kindergarten brachte, hatte ich nicht einmal mehr genug Zeit, mich vernünftig mit Louis zu unterhalten. Dieser stand außerdem bei seinem Blonden Kollegen und hatte mir lediglich einmal mit einem leichten lächeln zu gewinkt, bevor ich verschwunden und zur Schule gefahren war. Ich musste nämlich etwas früher sein, da mir in dem Bus zum Kindergarten eingefallen war, dass ich eine Hausaufgabe vergessen hatte und deswegen musste ich den etwas früheren Bus, an einer anderen Haltestelle, nehmen. Gut, dass ich fast alle Busrouten in unserer Kleinstadt auswendig kannte und daher immer wusste, was ich wann nehmen konnte.
Teddy hatte mein schnelles abhauen nicht interessiert, er war lediglich froh gewesen, Louis wiederzusehen und war diesem fast sofort in die Arme gelaufen. Es war fast schon lustig, dass mein Bruder so sehr in Louis vernarrt war, wie ich, nur auf eine andere Art und Weise. Dies bewies mir einmal mehr, was für ein toller Mensch der Wuschelkopf sein musste und brachte mich wieder dazu, mich zu fragen, wieso Finn dies hatte gehen lassen.
Ganz offensichtlich, lag ich ihm ja irgendwo quer im Magen. Ich weiß nicht, was ich getan hatte, dass er mich so verachtete. Vielleicht waren ihm ja meine Blicke aufgefallen, aber eigentlich schaffte ich es in seiner Gegenwart ganz gut, eben diese zu verhindern. Und selbst wenn, sollte ihm das ja nichts bedeuten, wenn Louis mich ganz normal ansah. Louis sah in mir nicht mehr als einen Freund und das, sollte Finn eigentlich gemerkt haben.
Der Schultag verging schneller als gedacht und bald war ich bereits auf der Arbeit, wo Amalia mich mit ihrem Wochenende voll textete. Sie hatte im Club jemanden kennengelernt und war noch am selben Abend mit zu ihm nach Hause gegangen. Obwohl sie mir weis machen wollte, dass da nicht mehr gelaufen war, zeigte das leuchten in ihren Augen etwas anderes und ich machte mir zumindest nicht so viele Sorgen, weil sie mir versicherte, dass die beiden sich immer noch schrieben.
Diese ganze Geschichte erinnerte mich dann wieder an meinen Freitagabend und den Moment, wo Louis' Lippen fast auf meinen gelegen hatten.
Ob wir wohl weitergegangen wären? Ob er mich tatsächlich geküsst hätte? Alleine bei dem Gedanken kribbelte mein Bauch und ich sehnte mich zu diesem Moment zurück. Wäre ich nur etwas schneller gewesen; doch ich hatte diese Situation selbst nicht ganz glauben können. Aber wahrscheinlich, war er mit den Gedanken zu sehr bei Finn gewesen und seine Trennung war auch noch viel zu frisch, als das er bereits etwas neues eingehen könnte, selbst, wenn es zwischen uns gefunkt hätte.
Als Amalia mich fragte, wie mein Wochenende verlaufen war, hatte ich mir einen Spieleabend mit Zayn und einen Shoppingsamstag aus dem Ärmel gezaubert, bei welchem ich nichts wirklich gefunden hatte. Denn sie war ein Mädchen und fragte natürlich nach, was ich denn gekauft hätte und dafür, musste ich ja eine Ausrede parat haben.
Nach der Arbeit fuhr ich dann mit einem bedrückenden Gefühl in den Kindergarten und wusste nicht, ob ich darauf hoffen sollte, dass Louis mich auf den Zettel ansprach oder besser nicht. Ich hatte nicht lange darüber nachgedacht, nur war es das einzige, was ich ihm in diesem Moment sagen wollte und jetzt im Nachhinein, schien es so dumm gewesen zu sein. Liebe ließ einen komische, unüberlegte Dinge tun und ich hasste es. Normalerweise plante ich alles ganz genau, doch bei Louis stellte sich mein Kopf aus und alles was zählte, war er.
Ich stellte meinen Rucksack wieder auf Teddys Platz ab und betrat dann den Gruppenraum, in welchem heute sogar mehr Kinder waren, als sonst, wenn ich Teddy abholte. Ich wusste nicht ganz, woran das lag, aber das machte mir sofort klar, dass Teddy länger bleiben wollen würde, weswegen ich noch bevor er mich fragte, nickte. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich zu dem Wuschelkopf um, welcher mich mit einem vorsichtigen lächeln anschaute.
"Hey, wie gehts dir?", fragte er mich und ich stand auf, um direkt vor ihm stehen zu können und schaute ihm in die Augen.
"Das sollte ich wohl eher dich fragen", gab ich schmunzelnd zurück, obwohl er die Ernsthaftigkeit darin erkennen konnte und kurz seufzte er, bevor er zur Couch nickte und ich ihm folgte.
Wir beide ließen uns darauf nieder und ich sah meinen Schwarm auffordernd an, dann zuckte er mit den Schultern und spielte mit seinen Fingern.
"Finn ist eigentlich kurz, nachdem ihr gegangen seid, auch gegangen. Er hat noch das typische gesagt, das, was du schon weißt", er machte eine Pause und sah mich direkt an. "Du hättest dich für den Fast-Kuss nicht entschuldigen müssen."
Der Zettel.
"Ich hatte das Gefühl, ich müsste", murmelte ich und Louis' Augen verengten sich etwas, als seine Lippen sich kurz öffnen und er seine Unterlippe dann doch mit den Zähnen festhielt, anstatt etwas zu sagen. "Wir beide waren.. sehr aufgewühlt. Du vermisst Finn und ich", ich bin verliebt in dich. Nein, das konnte ich ihm jetzt nicht sagen. "Es hätte nicht passieren dürfen, wir sind nur Freunde, richtig? Ich hätte dir nicht so nahe kommen dürfen, dass war unangebracht und.."
"Harry", unterbrach mich Louis und seine Stimme klang fern, als er plötzlich etwas enttäuscht aussah. "Es ist nichts passiert."
"Ja, aber es hätte nicht einmal ansatzweise dazu kommen dürfen. Deswegen entschuldige ich mich. Ich wollte dir nicht so nahe kommen."
Nach diesem Satz, kippte die Stimmung noch mehr und Louis nickte, als sich seine Schultern kurz hoben und er den Blick senkte. Seine Finger hörten kurz auf, miteinander zu spielen, bevor er aufstand und mit den Worten 'Mir tut es auch Leid', nach draußen verschwand.
[...]
Was ist Louis denn da über die Leber gelaufen?
Heute tatsächlich ein Nachwort von mir, kaum zu glauben :D ich habe in wenigen Tagen Geburtstag und bin in 28 Tagen wieder auf dem Weg nach Deutschland. Es ist einfach Crazy wie schnell die neun Monate letztendlich doch vorbei gegangen sind...
Vielen Dank für die Unterstützung, Kommentare und Votes einbegriffen. Es bedeutet uns wirklich viel ❤️
xoxo Michelle
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top