Ich werde kontrolliert

Ich drehte mich um. Er lächelte mich an, aber seine Augenringe waren nicht zu übersehen.

"Ich, ähm...", stotterte ich und ich merkte, wie ich knallrot wurde. Ich versuchte, die Sachen umbemerkt hinter meinem Rücken zu verstecken, aber Taddl sah es.

"Du klaust?" Taddl nahm mir die Brote aus der Hand und sah mich vorwurfsvoll an. "Warum?"

Ich schaute kurz in seine Augen. Dann senkte ich den Blick und betrachtete meine ramponierten Schuhe. Ich sagte kein Wort, es war mir unglaublich peinlich, erwischt worden zu sein, und dann auch noch von jemandem, den ich kannte.

"Hey, Ardian!" Er schob mein Kinn hoch, sodass ich ihn anschauen musste. "Das musst du nicht tun, ich kann dir helfen."

"Ich will aber nicht, dass du mir hilfst. Ich will von niemandem abhängig sein, verstehst du?" Ich nahm ihm die Sachen weg, legte sie ins Regal zurück und ging an ihm vorbei auf den Ausgang zu. Ich sah mich nicht um, hoffte aber, dass er mir nicht folgte.
Ich war schon knapp zwanzig Meter vom Supermarkt entfernt, als ich ihn rufen hörte.

"Ardian, warte mal!"

Ich seufzte genervt, blieb aber stehen und drehte mich um. Taddl kam angelaufen und blieb keuchend stehen. "Hier, bitte." Er drückte mir die Brote in die Hand. Ich starrte sie an und war mir nicht sicher, was ich sagen sollte. Meine Lippen zitterten leicht. Ich wollte eigentlich nicht, dass er mir Essen kaufte, aber wenn ich es ablehnte, wäre das unhöflich. Und dumm, denn er war in der besseren Lage und konnte mich bei der Polizei verpetzen. Dann würde ich wieder in ein Heim kommen, was ich auf keinen Fall wollte.

"Danke", sagte ich leise und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

Er legte mir eine Hand auf die Schulter und ich widerstand dem Drang, sie abzuschütteln. "Wenn du Hunger hast, oder dir kalt ist, oder was auch immer, dann kannst du zu mir kommen."

"Aber du kennst mich doch gar nicht", murmelte ich.

"Ist mir egal. Weißt du, bei mir zu hause juckt das eh keinen, ich kann mitbringen, wen ich will."

"Wieso ist das allen egal?"

"Die meiste Zeit ist niemand da, also weiß auch niemand, wen ich mitbringe." Er zuckte die Schultern. "Ich find dich cool und ich weiß jetzt schon, dass man mit dir viel einfacher Zeit verbringen kann, als mit den Idioten aus meiner Klasse."

Ich war mir da nicht so sicher, aber ich sagte einfach nichts dazu. Ich schaute zur Seite, ein Kaugummipapier hatte meine Aufmerksamkeit vollkommen verdient, fand ich.

"Ich hab noch was für dich." Taddl nuschelte ein wenig.

Nicht noch was, ich will ihm nichts schuldig sein, dachte ich. Ich blickte auf und Taddl streckte mir einen Zettel entgegen. Ich nahm ihn und faltete ihn auf. Es war meine Handschrift. Mit Mühe las ich meine eigenen Worte, die ich geschrieben hatte, um Taddl zu sagen, dass ich alleine klar kommen würde. Er hatte es korrigiert. Er hatte die Fehler durchgestrichen und die Wörter richtig darunter geschrieben. Es rührte mich irgendwie und brachte mich dazu, ihm zu vertrauen. Jeder andere hätte mich ausgelacht, aber er hatte meine Fehler korrigiert und mir den Zettel zurück gegeben, damit ich sehen konnte wie es richtig war. Um es nächstes Mal besser zu machen. Wie die Sache mit dem Klauen.

"Danke", sagte ich leise und schaute ihm in die Augen. Ich lächelte sogar.

"Möchtest du mit zu mir kommen?", fragte Taddl. "Wir könnten Sachen machen, die du bestimmt lang nicht mehr gemacht hast."

Ich sah ihn an, den Zettel und dann wieder ihn. Und dann nickte ich. Ich konnte sehen, wie er erleichtert lächelte, was mich glücklich machte. Seltsam.
Ich folgte Taddl zu seinem Auto und stieg auf den Beifahrersitz. Taddl startete den Wagen und fuhr los. Er summte die Musik mit, die im Radio lief. Ich beobachtete ihn. Ich mochte es lieber, wenn seine Haare verwuschelt in alle Richtungen abstanden, als wenn er sie gestylt hatte und wie einen Wolkenkratzer auf dem Kopf hatte. Ich erwischte mich, wie ich darüber nachdachte, ob seine Haare weich waren, wenn man mit den Händen hindurch fuhr. Ich schüttelte den Gedanken ab und konzentrierte mich auf die Umgebung.

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"Du kannst so lang bleiben, wie du möchtest." Taddl stieß die Haustür auf und ließ mich rein. Ich erkannte den Geruch des Hauses, als wäre ich gestern erst hier gewesen.

"Hast du Hunger, oder bist du müde oder-"

Ich unterbrach ihn. "Ist schon okay, mir geht's gut!" Ich lächelte. "Wirklich."

"Entschuldige." Er lachte. "Ich glaube, ich bin etwas zu fürsorglich."

Ich stellte meine Tasche ab und zog meine Schuhe aus. Taddl lotste mich gleich ins Wohnzimmer, das so riesig war, wie die ganze Wohnung meines Dads. Es gab drei weiße Sofas, die um einen riesigen Fernseher gestellt waren. Teppiche, die so weich waren wie Taddls Bett lagen auf dem Boden. An der Wand hingen Bilder und ich war mir ziemlich sicher, dass sie schweineteuer gewesen waren, auch wenn die meisten nach Farbengeklecker eines Drei-jährigen aussah. Neben der Tür zum Garten stand eine glänzende schwarze Anlage. Ich setzte mich auf die Kante eines Sofas und blickte umher, weil ich mir nicht sicher war, wie man sich in so einem großen Raum benahm. Aber Taddl machte es mir vor, warf sich auf ein anderes Sofa und schaltete den Fernseher ein. Es lief meiner Meinung nach nur Schwachsinn, aber Taddl fand es wohl spannend. Warum auch immer, ich hatte keinen Plan was an Nachrichtensendungen über die Hollywood Stars so toll war. Ich erkannte ein paar Leute, ich hatte sie auf Zeitschriften gesehen. Als dieser David Backham zu sehen war, hörte ich Taddl murmeln, wie gut er doch aussah.

"Du stehst auf Männer?", fragte ich überrascht.

Taddl sah mich an. "Joa, Männer und Frauen. Aber Männer sind schon um einiges besser, ich meine alles was man an sich selber mag, oder was man gerne an sich hätte, kann man auch an einem anderen Typen finden. Lifegoal."

"Ich weiß, was du meinst." Ja, das wusste ich wirklich, so war es mir erst bei Zack ergangen. Allerdings hatte er sich geändert, mit der Zeit und das war nicht cool gewesen.

"Du bist schwul", stellte Taddl fest und grinste mich an. "Hab ich mir gedacht."

Ich wollte nicht fragen, wieso er sich das gedacht hatte, also lächelte ich einfach nur und nickte.

Ich fand es komisch, wieder fern zu sehen, schon nach ein paar Minuten begannen meine Augen zu brennen. Ich sagte aber nichts, sondern schloss sie stattdessen einfach, was half. Allerdings machte es mich auch müde, und obwohl ich versuchte, meine Augen offen zu halten, gelang es mir nicht und ich war ein paar Minuten später tief und fest eingeschlafen.

Ich wachte auf, weil ich eine Treppe hoch getragen wurde. Mein Kopf lehnte an einer Brust und mein linker Arm baumelte neben meinem Körper. Ich öffnete ein Auge, versuchte mich nicht blenden zu lassen und schaute zu Taddl hoch. Für einen Moment kam es mir ganz normal vor, dass er mich hoch trug, bis mir wieder einfiel, dass wir uns kaum kannten. Aber ich war zu müde, um irgendwas zu tun. Also ließ ich mir tragen und in ein weiches Bett legen. Ich registrierte vage, dass Taddl sich neben mich legte. Dann schlief ich wieder ein.

Als ich meine Augen zum zweiten Mal öffnete, lag Taddl wirklich neben mir. Seine Haare verdeckten sein Gesicht und bei jedem Atemzug pustete er ein paar Strähnen hoch. Ich beobachtete ihn ein paar Minuten lang. Er war ruhig. Dann, ganz plötzlich klingelte es, was mich und Taddl aufschrecken ließ. Er schaute verschlafen auf die Uhr, die 23:16 anzeigte. Ich fragte mich, wer um diese Uhrzeit klingelte. Taddl schob sich aus dem Bett und schlurfte aus dem Zimmer. Ich folgte ihm leise. Er machte die Tür auf, bevor ich unten war, und ich erkannte die Stimme sofort, die fragte, wo ich war. Taddl blickte mich fragend an und ich kam langsam zu ihm. Er stand vor uns und schaute mich mit hochgezogener Augenbraue an. Erst jetzt, als es so kalt wurde, merkte ich, dass ich nur noch Boxer und T-Shirt trug.

"Wer... was..." Taddl war verwirrt.

Er sah mich grinsend an.

"Was willst du hier, Zack?", fragte ich mit müder Stimme.

"Dich abholen."

"Mich... wieso?"

"Du weißt, dass dein zu hause bei mir ist!", zischte er und ich merkte, wie er wütend wurde.

"Du hast mich vor die Tür gesetzt", erwiderte ich trocken, was keine gute Idee war, denn jetzt wurde er wirklich sauer. Er zog seine Jacke aus, hängte sie mir um und zog mich an meinem Arm aus dem Haus auf sein Auto zu. Ich konnte nichts tun, außer Taddl entschuldigend anzuschauen, der so überrascht war, dass er nichts tat. Zack setzte mich ins Auto und schaute mich böse an.

"Mein Rucksack...", murmelte ich.

Zack knallte die Tür zu, ging zu Taddl bat um meinem Rucksack, kam zurück und fuhr los.

Und währenddessen traute ich mich kein einziges Mal, zu Taddl zu schauen.

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