Heimkehr der Niedergeschlagenen

*Liv*

„Warte kurz hier.", flüstere ich zu Camilla und drücke ihr einen Becher Wasser in die Hand. Kurz streiche ich mit dem Daumen ein paar Strähnen aus ihrem vollkommen paralysierten Gesicht und drehe mich um. Schnell greife ich ein blondes Mädchen am Arm. „Jaimie Grey, richtig ? Wir haben zusammen Bio.", verwirrt sieht sie mich an und nickt leicht. „Das ist Camilla, sie ist im selben Kurs. Kannst du mir kurz einen gefallen tuen und einfach nur aufpassen, dass sie da sitzen bleibt und das Wasser trinkt ? Ich bin in fünf Minuten wieder da." „Ehm... Ja gerne.", sie streicht sich eine Locke hinters Ohr und setzt sich direkt neben die Braunhaarige.

Erleichtert atme ich auf und gehe auf Ary zu. „Hast du Nat gesehen ?", möchte ich wissen. Ihr gegenüber steht Stephen Strange und in ihrer Hand hält sie eine Rose. Vollkommen neben der Spur, als wäre sie auf irgendeinem Trip, dreht sie sich zu mir und schüttelt den Kopf. „Was soll die Rose...?", möchte ich nur verwirrt wissen. „Komm, wir holen uns was zu trinken.", Stephen lächelt sie Gentlemanlike an.

„Ary ich bringe Camilla kurz heim und komme dann wieder um Nathan und dich zu holen, okay ?", sie nickt, während sie mit Mister Föhnwelle davon schwebt. Kopfschüttelnd suche ich nach einem blonden Riesen. Relativ schnell finde ich mein Ziel. Er sitzt unter der Treppe, die Ecke wo die meisten Abhängen um sich Drogen zu besorgen, oder loszuwerden. Direkt gegenüber von ihm der Freshmen Rocket Racoon, im Arm hält er seine Topfpflanze Groot, in der anderen hat er eine silberne Gabel, die Nathan fasziniert anstarrt. „Die Gabel gegen deinen Autoschlüssel.", Rocket grinst breit.

Für einen Freshmen hat der Drecksack bereits eine ordentliche Gesichtsbehaarung, die ihn wie einen Waschbären aussehen lässt. „Vergiss es, die brauche ich.", damit ziehe ich Nathan auf die Beine und die Schlüssel aus seiner Jackentasche. Schnell stecke ich sie ein und ziehe meinen besten Freund aus der Ecke. „Los Nathan mach, ich will wissen, ob ich dich jetzt schon mitnehmen muss.", fordere ich ihn auf.

Etwas wackelig hebt er sein linkes Bein an und Berührt mit seinem rechten kleinen Finger sein linkes Knie und mit dem Daumen seine Nasenspitze. Den linken Arm hält er, um das Gleichgewicht zu halten etwas weiter von sich weg. Kurz beobachte ich das ganze. „Gut, du darfst noch bleiben. Ich kümmere mich um Cammy und hole dann Ary und dich.", kurz klopfe ich ihm auf die Schulter. „Und Rocket, alle Verträge mit ihm sind nichtig, er gilt als nicht zurechnungsfähig und jetzt verschwinde mit deinen Angeboten.", damit drehe ich mich um und suche die Stelle an der ich Camilla mit Jaimie zurückgelassen habe.

Als ich ankomme unterhalten sich die beiden nicht, sie sitzen nur nebeneinander und Camilla nippt an ihrem Becher. „Danke Jaimie, ich bin dir was schuldig.", dankbar lächle ich sie an. „Gerne Liv, wir sehen uns.", sie steht auf und läuft davon.

Ich gehe in die Hocke und bewege meine beste Freundin dazu auf meinen Rücken zu klettern. Wie ein Koalababy macht sie das mit und ich tappe Barfuß den gesamten Weg zu Nathans Auto, lasse sie auf dem Beifahrersitz runter, schnalle sie an und setze mich auf den Fahrersitz. Seufzend sehe ich nochmal zu ihr, ihr Gesicht klebt an der Scheibe, sie sabbert leicht und scheint zu schlafen.

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Es dauert nicht lange, da kommen wir auch schon bei mir Zuhause an. Würde ich sie bei ihr abliefern, ihre Eltern (und Cooper, sollte er da sein) würden austicken. Ich durchforstete meine Hosentaschen nach meinem Handy und rief meinen ältesten Bruder Liam an. „Liv ? Wie war die Party ? Ist alles gut ?", seufzend lehne ich mich zurück. „Ich brauch dich kurz. Ich hab eine betrunkene und schlafende Camilla im Auto, kannst du kurz rauskommen und mir helfen die in mein Zimmer zu schleppen ?" „Ich bin gleich da." „Danke...."

Ich stecke mein Handy weg und steige aus. Vorsichtig, damit sie mir nicht entgegen fällt, öffne ich die Tür, da kommt auch schon mein Bruder aus dem Altbau heraus. Unser Haus steht direkt neben dem von Ary und ihrer Familie, der einzige Unterschied ist nur, dass uns das gesamte Haus gehört und Arys Familie das Penthouse ganz oben. So leise und vorsichtig wir können, tragen wir sie nach oben und legen sie erstmal in meinem Bett ab. Während ich die Schlafcouch vorbereite, damit auch Nathan drauf passt, lehnt er nur am Türrahmen. „Schläft sonst noch jemand hier ?" „Ja, Ary. Ich hole sie und Nathan gleich ab, aber Camilla musste jetzt erstmal relativ dringend da weg. Ary ist nüchtern genug, dass sie in meinem Bett schlafen darf.", er lacht leise.

Kurz schicke ich ihn raus, damit ich Camillas Shirt gegen eines von meinen eintauschen kann, dass schon etwas ranzig ist, ich ziehe ihr noch Schuhe und Socken aus und tausche ihre Jeans gegen eine kurze Hose von meinen. Dann werfe ich eine Decke über sie und platziere Wasser, als auch zwei Eimer auf beiden Seiten der Schlafcouch. „Bleibst du noch wach, bis ich wieder da bin ?", möchte ich von Liam wissen, dieser nickt sanft und tätschelt meinen Kopf.

Schnell schlage ich seine Hand weg und sehe ihn böse an. „Ich bin kein Hund." „Aber meine kleine Schwester. Sieh zu, dass du Heim kommst und fahr vorsichtig.", er lächelt kurz. „Und pass auf, dass Nathan leise ist, die Drillinge schlafen bereits.", ich nicke, nehme meinen Kram und stürme wieder zum Auto.

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Als ich wieder auf der Party ankomme scheint das ganze eine 360° Wendung genommen zu haben. Der Großteil der Schülerschaft tanzt in der Mitte vom Leuchtturm. Ich versuche zur Treppe zu gelangen, um ein wenig höher zu kommen, damit ich Ary und Nathan leichter finden kann. Dabei quetsche ich mich auch dezent verwirrt an Natasha und Bruce vorbei. Natasha sitzt auf der dritten Stufe, während Bruce sich auf der Stufe hinter ihr abstützt und sie leicht küsst.

Überfordert sehe ich noch immer nach hinten über die Schulter, obwohl ich schon drei Stufen weiter bin, stolpere und falle direkt in die Arme von Bucky. Nun liege ich auf ihm, auf der Treppe, er konnte uns gerade noch am Geländer abfangen, sonst wären wir jetzt direkt gegen Bruce und Natasha gerodelt. „Liv ?", sein alkoholisierter Atem schlägt mir entgegen.

Ich starre ihn an. Mein Körper weigert sich die Befehle meines Gehirns zu befolgen, die ihn zum Bewegen animieren wollen. „B-Bucky.....", mein Kopf wird knallrot. „Ich eh- es- also.... Tut mir leid, also eigentlich nicht, also doch schon, aber ehhhhhh...." ich glaube mein Gehirn hat meinen Körper einfach vollständig verlassen, ich fühle mich wie ein verliebtes Schaf auf Drogen, das Helium eingeatmet hat. Zumindest glaube ich, dass meine Stimme hoch genug ist um Micky Mouse zu synchronisieren.

„Kannst du bitte runter gehen ?", will er wissen und sieht sich etwas fertig mit den Nerven um. „NEIN !", rufe ich laut. Verwirrt sieht er mich an. „Also ich meine Ja, also nein ehm...." „Hast du getrunken...?", er kneift die Augen zusammen, wahrscheinlich kann er schon nicht mehr scharf sehen. „NEIN !", schreie ich wieder. Nun scheint er komplett verwirrt. „Liv geh bitte runter." „NIEMALS !", mein Mund redet schneller, als ich darüber nachdenken kann, alles dreht sich und ich starre ihn an. „Dann halt nicht.", damit lehnt er sich zurück und schließt die Augen. Irgendwer läuft an uns vorbei, weshalb er einen Arm auf meinen Rücken legt.

Schwer atmend starre ich ihn an. „.....Bucky ?", wispere ich. Entweder ist es zu laut, als dass er mich hören könnte, oder seine Regelmäßige Atmung ist wirklich der Beweis dafür, dass er gerade auf der Treppe eingeschlafen ist und ich auf ihm liege. Kurz (nur um es auszuprobieren), schmiege ich meinen Kopf an seine Brust und schließe leicht die Augen.

Ich merke, wie jemand neben mir die Treppe hoch läuft und zwei mal halt macht. Einmal auf der Höhe von Natasha und Bruce und einmal bei Bucky und mir. Dann läuft die Person weiter. Neugierig schaue ich auf und sehe Peggy hochlaufen. „Fuck !", fluche ich leise und schaffe es endlich mich von Bucky runter zu rollen, wobei ich nochmal die halbe Treppe runterfalle. Schnell rappele ich mich auf und sehe der Brünetten nach. Peggy besitzt eine Klatsch und Tratsch Seite im Internet. Die Seite ist speziell für unsere Schule gemacht, dort lädt sie meistens nur Fotos mit ein zwei Sätzen drunter hoch und ich habe das Gefühl, dass Natasha, Bruce, Bucky und ich bald Schulgespräch seien werden.

Ehe ich mich entscheiden kann, ihr hinterher zu rennen und mit ihrem Handy den Korbleger meines Lebens zum nächsten Bierglas zu machen, sehe ich die pinken Haare von Ary an einem der vielen Tische.

Schnell renne ich die Treppe runter und suche den Tisch. Verwirrt beobachte ich das Szenario, dass sich mir bietet. Dort sitzt Ary, doch mit am Tisch sitzen noch Stephen Strange und Pietro Maximoff. Sie sitzen sich gegenüber und starren sich Feindselig an, keiner zuckt auch nur mit einer Wimper und Ary scheint mehr als nur überfordert, in der Hand hält sie ihre Rose. Ich laufe zu ihr rüber. „Ary, wir gehen. Wo ist Nathan ?", wortlos deutet sie in eine Ecke, schnell schnappe ich sie am Kragen und schleife sie hinter mir her. Nathan sitzt in der Ecke, eine Schale Kartoffelsalat im Arm, das Gesicht voller Kartoffeln und den großen Löffel in der Hand. Es dauert keine Sekunde, da klatscht sein Gesicht in die Schüssel und er scheint irgendwie zu essen. Etwas angewidert sehe ich zu.

„Wie lange ist der schon so ?" „Zu lange.", murmelt Ary abwesend. Seufzend schüttle ich den Kopf. Genau heute Abend wünschte ich mir andere Freunde zu haben, welche die sich nicht betrinken, prügeln oder sonst irgendwas.

Sanft knie ich mich neben Nathan, nehme ihm die Schale weg und auch den Löffel aus der Hand. mit einer Serviette wische ich sein gesamtes Gesicht ab. „Mamaaaaa !", strahlend sieht er mich an. „Nicht Mama, Liv.", murmele ich leise und streiche ihm durchs Haar. „Komm mit Kumpel, wir müssen Heim.", er nickt breit grinsend. „Ich komme mit, Mama.", schmerzlich beiße ich mir auf die Unterlippe. Wenn Nathan betrunken ist, hat er die fiese Angewohnheit ab einem gewissen Zeitpunkt mich für seine Mutter zu halten. Ich sehe ihr ähnlich, doch sie starb vor drei Jahren durch einen Autounfall. Das Trauma konnte mein bester Freund nie so wirklich überwinden, genauso wenig, wie sein Vater.

Ich nehme Nathan an die Hand und schiebe Ary vor mir her zum Ausgang, durch die Hecken und zum Parkplatz. Ich verfrachte alle beide auf die Rückbank, starte den Motor und rufe über die Freisprechanlage Liam an, dass ich gleich da bin.

Dieser wartet bereits vor dem Haus, als wir vorfahren. Gemeinsam helfen wir Nathan in mein Zimmer zu gelangen. „Danke Liam.", ich lächele ihn ehrlich dankbar an, als Nathan etwas abwesend auf meinem Bett sitzt. „Kein Problem, schlaft gut.", er lächelt freundlich und weicht Ary kurz aus, die aus dem Bad kommt, dann verschwindet er in seinem Zimmer. „Schaffst du es, dich umzuziehen, oder brauchst du Hilfe ?", will ich von Nat wissen. Er hat den unfassbaren Vorteil, dass ich ein paar Oversize Hoodies besitze, die ihm passen. Liam war so freundlich ihm eine alte Jogginghose zu leihen. „Ich schaff das, Mama. Ich bin schon groß.", breit strahlt er mich an.

Ich seufze und knie mich mit Ary neben Cammy. „Die Phase bei ihm ist am schlimmsten, oder ?", möchte die kleinste wissen. Angestrengt nicke ich und fühle Camillas Stirn. Scheint alles normal zu sein. „Es tut mir so wahnsinnig leid für ihn, er hat das alles nicht verdient....." „Wer hat das schon ?", möchte sie wissen. Ich zucke mit den Schultern. „FEEEEEERTIG !", schnell halte ich ihm den Mund zu und verfrachte ihn auf die Couch neben Cammy. „Schlaf gut.", ich decke ihn sanft zu und streiche ihm durchs Haar.

Als ich aus dem Bad komme ist es endgültig still in meinem Zimmer. Ary schläft bereits in meinem relativ breiten Bett, auch Camilla und Nathan schlafen immer noch. Leise lege ich mich zu Ary und knipse das Nachtlicht aus, dann rolle ich mich auf die Seite und schlafe ebenfalls ein. 

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