47|Hitze, Panik, Alkohol
Ihr dürft hier übrigens gerne ordentlich kommentieren und mir damit meine mehrstündige Zugfahrt vertreiben 👀😂
"Fuck", flüsterte ich meinem Spiegelbild im Bad zu, das rotwangig und mit verklärten Augen zurückstarrte.
Ich hatte mich vielleicht etwas verschätzt, was die Menge Bier anging, die ich vertrug, bevor ich seltsam wurde. Eigentlich hatte ich gar nicht so viel getrunken (zumindest bildete ich mir ein, dass dreieinhalb Flaschen noch eine halbwegs respektable Anzahl waren) und vom wirklich betrunkenen Zustand war ich auch noch ein ganzes Stück entfernt. Aber ich konnte nicht ganz leugnen, dass ich den harmlosen Teil vom angetrunken-sein leider doch schon hinter mir gelassen hatte und irgendwie zu dem Teil übergegangen war, in dem ich vielleicht begann, Dummheiten anzustellen, an die ich mich am nächsten Tag leider Gottes auch noch erinnern konnte.
Gerne hätte ich das Waschbecken einmal mit kaltem Wasser volllaufen lassen und meinen Kopf hinein getaucht, aber ich befürchtete, dass ich dann einer Gruppe von drei Leuten erklären müsste, warum ich von den Schultern aufwärts triefend nass war und... nein, das ließ ich besser.
Etwa eine halbe Stunde war vergangen, seit Zayn seine unerwarteten Gesangskünste zum Besten gegeben hatte - eine halbe Stunde, in der mein Gehirn einen Neustart nach dem anderen hingelegt und in der mein Herz pausenlos Salsa getanzt hatte. Ein halbe Stunde, in der jede kleine Gewichtsverlagerung von Zayn hinter mir und jede winzige Bewegung seiner Hand einen Schauer über meine Haut geschickt hatte, sodass ich es irgendwann nicht mehr ausgehalten und mich ins Bad verflüchtigt hatte, um wenigstens zwei Minuten zu haben, in denen ich versuchen konnte, einen etwas kühleren Kopf zu bekommen. Bisher klappte das eher mittelmäßig gut.
Mit einem Blick auf die Uhr seufzte ich einmal auf, krempelte meine Pulloverärmel nach oben und ließ mir statt der vollständigen Kopfwäsche einfach etwas kaltes Wasser über die Hände laufen, mit denen ich mir kurz durch die Haare und über das Gesicht fuhr. Vielleicht wurde ich so wenigstens die knallige Farbe in meinen Wangen los.
Schließlich gab ich es auf, mich noch ordentlicher herzurichten - das hier war mein bester Versuch, was anderes gab es nicht. Ich hatte die Hoffnung, dass es Zayn sowieso relativ egal war, wie meine Haare lagen und meine beiden Mitbewohner hatten mich zudem schon in viel schlimmeren Situationen gesehen. Mit einem letzten tiefen Luftholen öffnete ich die Tür und begab mich zurück in Sandys Zimmer.
"Huch", murmelte ich, als mir eine Welle aus Lärm entgegenschlug. "Was ist denn hier los?", fragte ich, konnte mir nach einem Blick auf den Fernseher die Frage allerdings selbst beantworten: Liam und Sandy lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Wii und hatten scheinbar irgendein seltsames Trinkspiel draus gemacht, dessen Inhalt sich mir zumindest auf den ersten Blick noch nicht erschloss.
Da es bei uns eine ziemlich eiserne Regel war, sich beim aktiven Wii-Spielen niemals zwischen den Controller und den Fernseher zu stellen, blieb ich erstmal in der Tür stehen (außerdem bot der Rahmen eine wunderbare Stütze... also, nur für alle Fälle) und wartete darauf, endlich vorbeigehen zu können. Keiner meiner Freunde schenkte mir groß Beachtung, dafür schienen sie zu alkoholisiert und das Spiel zu einnehmend zu sein.
Zayn allerdings wandte mir wenige Sekunden nach meinem Auftauchen seinen Kopf zu und schenkte mir ein Grinsen. Ohne Frage amüsierte ihn die Gestörtheit meiner WG ungemein. Ich grinste zurück und hob meinen Daumen, obwohl ich innerlich eigentlich alles andere als cool war.
Eher hatte ich nämlich das Gefühl, bei seinem Anblick das Atmen zu verlernen. Fuck, was tat dieser Typ nur mit mir? Es sollte wirklich bestraft werden, so verdammt gut auszusehen - erst recht, wenn man sich damit nicht einmal Mühe gab!
Ich hätte nichts dagegen gehabt, den gesamten restlichen Abend hier stehen zu bleiben und Zayn einfach nur anzusehen, aber da ihm das irgendwann vermutlich ziemlich seltsam vorgekommen wäre und meine beiden Mitbewohner außerdem gerade kurz hintereinander ins Ziel fuhren, gab ich mir einen Ruck und stieß mich vom Türrahmen ab. Umständlich stieg ich zwischen der Couch und dem Tisch hindurch über Sandys ausgestreckte Beine, nur um dann etwas verloren zwischen Zayn und Liam stehen zu bleiben.
Hatten wir vorher nicht noch zu viert auf dieses blöde Sofa gepasst? Da ich mir ziemlich sicher war, dass das Möbelstück nicht geschrumpft, sondern sich meine beiden Mitbewohner einfach nur unverschämt breit gemacht hatten, kickte ich meinem besten Freund gegen das Bein.
"Hey", sagte ich, "Könnt ihr mal rutschen?"
"Nö", machte Liam bloß und sah mich dabei nicht einmal an. Stattdessen beugte er sich so weit nach rechts, dass er an mir vorbei auf den Fernseher schauen konnte.
Fast schon überlegte ich, unsere Abmachung zu brechen und mich einfach direkt vor den Bildschirm zu stellen, bis mir jemand Platz machte, aber dann entschied ich mich dazu, das ganze wie ein erwachsener Mensch anzugehen.
"Ey, ist das dein Ernst? Beweg jetzt deinen Hintern, du Sack!"
Naja, wie auch immer man erwachsen definierte.
"Geht nicht", sagte nun auch Sandy und warf mir einen genervten Blick zu. "Das ist hier gerade Krieg, da brauchen wir die Armfreiheit."
Also echt, die beiden mussten mich doch verarschen!
"Und wo zur Hölle soll ich mich dann hinsetzen?"
Weder Liam noch Sandy gaben mir darauf eine Antwort und ich stand kurz davor, empört meine Hände in die Seiten zu stemmen und wie eine italienische Oma loszuwettern, dabei vielleicht noch eine Pantoffel über meinem Kopf zu schwenken und-
"Hier, komm her." Zayn griff nach meiner Taille und zog mich auf seinen Schoß.
Ich schnappte nach Luft und möglicherweise entwich mir auch ein leises "Oh mein Gott", von dem ich einfach mal hoffte, dass er es nicht gehört hatte. In einer automatischen Handlung versuchte ich, mich wieder zu erheben -ich konnte doch nicht mein gesamtes Gewicht auf ihn abwälzen!-, aber Zayn schlang einen Arm um meinen Bauch und hielt mich unten, während seine andere Hand auf meinem Oberschenkel zum liegen kam.
Mein gesamter Körper stand in Flammen und mein alkoholisiertes Gehirn versuchte im Sekundenbruchteil, alle Möglichkeiten durchzurattern, wie ich mit dieser Situation umgehen konnte. Es waren nicht besonders viele Möglichkeiten, die mir einfielen, also blieb mir nicht wirklich etwas anderes übrig, als angespannt sitzen zu bleiben und mich zu bemühen, nicht in Panik auszubrechen.
Weder Liam noch Sandy reagierten in irgendeiner Weise darauf, was gerade neben ihnen passiert war, aber ich konnte nicht sagen, ob das eher daran lag, dass die beiden einfach schon zu betrunken waren oder ob sie einfach so beschlossen hatten, sich von nichts mehr überraschen zu lassen, was Zayn und ich an diesem Abend noch taten. Stattdessen starteten sie einfach nur ein neues Rennen, die Musik der Strecke so laut, dass sie alles andere übertönte.
Mitten in dieser Geräuschkulisse beugte sich Zayn nach vorne, sodass sein Mund beinahe an meinem Ohr lag. "Hey", flüsterte er. Sein Atem prallte gegen meine Haut und sandte ein Glühen durch meinen Körper. "Alles gut, entspann dich."
Ich wusste nicht, in welchem Universum es möglich gewesen wäre, mich in diesem Moment zu entspannen, aber entweder war Zayn die Unausführbarkeit dieser Aufgabe nicht bewusst oder er ignorierte es absichtlich. So oder so ließ er nicht locker, bis ich es schaffte, mich dazu zu überwinden, dem Zug seines Griffes nachzugeben und mich in seine Arme sinken zu lassen.
"Ist das okay?", fragte er leise nach und strich mit seinem Daumen sanft über mein Bein.
Irgendwo unter meiner gesamten Panik rührte es mich unglaublich, wie sehr er darauf achtete, mich nicht in eine Lage zu bringen, in der ich mich nicht mehr wohl fühlte. Wie er extra nachfragte, um sicherzustellen, dass er mit seinen Handlungen keine Grenzen überschritt.
Was er nicht tat. Absolut nicht. "Ja, das... ich bin okay", krächzte ich also - und das war keine Lüge.
Das Problem war bloß, dass ich möglicherweise ein kleines bisschen zu okay damit war, hier auf seinem Schoß zu sitzen, seinen Körper unter mir zu spüren, seine Berührungen auf meinem Körper.
Mir war warm. Mein Mund war trocken. Die Hand auf meinem Bein war gleichzeitig viel zu nah und nicht nah genug. Und ich hatte keine Ahnung, ob Zayn in irgendeiner Weise ahnte, was er mit mir anstellte.
"Aaah, fick dich doch!", schrie Liam neben mir plötzlich den Fernseher an und erinnerte mich wieder daran, dass meine beiden Mitbewohner noch immer mit uns auf dem Sofa saßen. Und dass ich deshalb nicht in Tagträumen darüber versinken sollte, wie es wäre, wenn seine Hand tatsächlich noch ein Stück höher wandern würde.
Sandy lachte dreckig auf, als er mit Toad an meinem besten Freund vorbei zog, der soeben von einem blauen Panzer getroffen worden war, während ich versuchte, meine Gedanken in den Griff zu bekommen. Zayns Finger drückten sich leicht in meine Haut, als er sich ein Stück nach vorne lehnte, um einen besseren Blick auf den Bildschirm zu haben und aus dem Augenwinkel sah ich ihn grinsen.
"Willst du, äh-" Ich brach ab, um mich einmal zu räuspern und versuchte es noch einmal: "Willst du eigentlich auch noch eine Runde mitspielen? Dann krieg ich die Jungs nämlich dazu, nochmal von vorne zu starten."
Durch dunkle Wimpern hindurch sah Zayn zu mir auf. Seine braunen Augen sahen in dem schwachen Lichteinfall beinahe schwarz aus und ich musste schlucken.
"Willst du denn noch mitspielen?", fragte er mich anstelle einer Antwort.
"Ääh. Nein, ich bin eigentlich fertig für heute. Aber wenn du noch willst...?"
Er schüttelte den Kopf. "Nein, ich bin okay. Wir können das hier aber auch langsam mal ins Bett verlegen, was meinst du?"
"Ich- äääh." Was? Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Gehirn gerade einen Purzelbaum nach dem nächsten schlug und hätte ich in diesem Moment etwas im Mund gehabt, hätte ich es mit Sicherheit vor Schreck und Überraschung wieder ausgespuckt. Scheiße, vielleicht hatte ich doch ein wenig zu viel getrunken? Oder bildete ich mir den suggestiven Tonfall, mit dem Zayn gerade gefragt hatte, ob wir das hier ins Bett verlegen sollten, am Ende doch nicht ein? Hilfe, es sollte verboten werden, mit Alkoholeinfluss noch denken zu müssen! "Ja, ich- ja, das... das können wir machen. Meinetwegen. Äh."
Und reden. Reden sollte auch verboten werden.
Zayn lächelte mich jedoch nur an. "Okay", sagte er, "Ich würde tatsächlich nur noch schnell eine rauchen gehen, passt das für dich?"
Bilder von Zayn mit einer Zigarette zwischen den Lippen fluteten meinen Kopf. Der Rauch, der seinen Mund verließ, während er mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken legte. Seine langen Finger, die die Kippe hielten. Seine schwarzen Haare, aus denen ihm einige in die Stirn fielen und die sein Gesicht umrahmten, als wäre es ein verfluchtes Kunstwerk.
"Niall?"
"Ja!", sagte ich, meine Stimme viel zu piepsig, und stand unkoordiniert und viel zu hastig von seinem Schoß auf. "Ja, das passt. Ich... ich bin dann einfach schonmal im Bad. Du kannst ja... nachkommen."
Auf keinen Fall konnte ich jetzt auch noch mit raus auf den Balkon kommen, das wäre mein absoluter Tod!
"Alles klar." Zayn schenkte mir ein Lächeln und ein Augenzwinkern, ehe er in Richtung der Balkontür schlenderte und im Gehen bereits sein Feuerzeug zückte.
Ich starrte ihm geflasht hinterher, konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden, bis er schließlich nach draußen trat und die Glastür hinter sich zuzog. Durch die Fensterscheibe beobachtete ich, wie er sich eine Zigarette ansteckte und sich durch die Haare fuhr, ehe er den ersten Zug nahm.
Erst, als Liam mir von hinten gegen das Bein schlug, zuckte ich zusammen und wandte meinen Blick wieder dem Raum zu.
"Kannst du vielleicht später rumschmachten?", maulte mein bester Freund mich an, "Du stehst im Weg."
Meine Wangen glühten. "Ich schmachte nicht." Was für eine gottverdammte Lüge. Es fühlte sich an, als würden meine Eingeweide in Flammen stehen, bloß weil ich Zayn angeschaut hatte. Ich hatte keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so einen unbändigen Sog zu einer anderen Person gespürt hatte. Alles in mir schrie danach, ihn zu berühren, ihn zu küssen, seine Hände auf mir zu spüren. Mein gesamter Körper verzehrte sich danach, ihm körperlich nah zu sein.
"Fuck", flüsterte ich und griff nach meinem halbleeren Bier von vorher, das noch immer auf dem Tisch stand. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich es geext und knallte es zurück auf die Holzplatte. Liam und Sandy fuhren zusammen.
"Whoa, was ist denn-"
"Ich geh ins Bett", ließ ich meinen Kumpel gar nicht erst ausreden. "Gute Nacht!"
Noch bevor einer der beiden etwas darauf antworten konnte, war ich aus Sandys Zimmer geflohen und hatte die Tür hinter mir zugezogen. Der Flur bot einen fast schon schockierenden Temperaturunterschied, aber das reichte mir nicht. Kaum hatte ich das Schloss vom Badezimmer herumgedreht, zog ich mir auch schon meinen Pullover über den Kopf und ließ ihn achtlos auf den Teppich unter meinen Füßen fallen.
Kalte Luft traf auf meine überhitzte Haut und ein paar Sekunden lang drehte sich mein Kopf so sehr, dass ich mich zum Halt auf dem Waschbeckenrand abstützen musste, weil ich Angst hatte, sonst einfach umzufallen. Ein Blick in den Spiegel bezeugte mir, was ich schon vermutet hatte: meine Wangen waren knallrot, mein Haaransatz leicht feucht und meine Pupillen geweitet.
Ich stöhnte auf und vergrub mein heißes Gesicht in den Händen. Was zur Hölle hatte ich mir da bloß schon wieder eingebrockt?
Meine Jeans drückte unangenehm gegen meinen Schritt und ich richtete mich wieder auf, um einen eher erfolglosen Versuch zu starten, das ganze etwas lockerer zu zupfen. Mit zusammengebissenen Zähnen gab ich es schließlich auf (zu viel Blut hatte sich bereits in meiner Körpermitte gesammelt) und ließ stattdessen meinen Blick über meinen Oberkörper gleiten - die blasse Haut und die wenigen Haare auf meiner Brust, das nicht-vorhandene Sixpack, das zu trainieren ich mir eigentlich schon an Silvester vorgenommen hatte, der Teil meines Bauches, der über dem Hosenbund ein klein wenig mehr herausstand, als der Rest...
Die Unsicherheit traf mich wie ein Schnellzug und schnell hob ich meinen Kopf, bevor ich noch mehr Dinge finden konnte, die an meinem Körper nicht passten. Nur, dass meine Blick stattdessen einfach nur auf meinem Spiegelbild landete und es nichts besser machte, nun nach Fehlern in meinem Gesicht zu suchen.
Wie zur Hölle war ich es, der jemanden wie Zayn erwischt hatte?
Nicht, dass ich ihn für so oberflächlich hielt -zumindest nicht mehr, seit ich ihn richtig kennengelernt hatte-, aber verglichen mit ihm fühlte ich mich einfach... weniger? War das das richtige Wort? Ich wusste es selbst nicht genau.
Und trotzdem war er es gewesen, der die ersten Schritte gemacht hatte. Der mir offen und ehrlich gesagt hatte, was hinter seinem Anfangsverhalten steckte. Der mich küsste und sich von mir küssen ließ. Der mir vor wenigen Minuten angeboten hatte, unseren Abend ins Bett zu verlegen.
Ich starrte meinem Spiegelbild in die geweiteten Augen, während sich meine Brust vor Nervosität und Aufregung zusammenzuziehen schien. Zayn hatte mir angeboten, unseren Abend ins Bett zu verlegen.
"Scheiße!", flüsterte ich. Dann griff ich mit zitternden Fingern nach meiner Zahnbürste.
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