44|Kein Morgenmensch

Die Präsenz eines weiteren, warmen Körpers in meinem Bett war das erste, was ich am Morgen wahrnahm, als ich aufwachte. Mein Zimmer war kalt und ich zog mir mit einer Hand die Bettdecke weiter über die Schultern, während ich mit der anderen über mein Gesicht fuhr und mir gähnend den Schlaf aus den Augen wischte.

Dann drehte ich meinen Kopf zu der noch schlafenden Person neben mir. Es war dunkel -konnte noch nicht einmal um 6 sein-, einzig von den Straßenlaternen vor meinem Fenster fiel etwas Licht herein, weshalb ich außer einem schwarzen Haarschopf, der halb unter der dicken Decke versteckt war, nichts erkennen konnte.

Ich ignorierte das flattrige Gefühl in meinem Bauch, als ich meinen Blick über Zayns eingepackte Statur gleiten ließ und natürlich unweigerlich an den gestrigen Abend dachte, konnte mir aber ein Lächeln doch nicht verkneifen. Wie locker wir mittlerweile miteinander umgingen, sowohl auf körperlicher als auch auf mentaler Ebene. Wie gut er mich zu verstehen schien und wie interessiert er an meinem Leben wirkte. Wie leicht es mit ihm war, ein Gespräch selbst über die banalsten Dinge aufrecht zu erhalten und wie angenehm auch die Stille zwischen uns sein konnte.

Zayn schniefte einmal leise und bewegte sich etwas unter der Decke und ehe ich begriff, was ich tat, hatte ich mich auf die Seite gedreht und streckte meinen Arm nach ihm aus. Kalte Luft traf auf meine Haut und ich fröstelte leicht, als meine Finger die Haarsträhnen an seinem Hinterkopf berührten. Sanft, um ihn nicht versehentlich zu wecken, fuhr ich mit meinen Fingerspitzen hindurch, brachte sie durcheinander und strich sie anschließend wieder in ihre Ursprungsform.

Eigentlich waren wir nach unserem Gespräch über Greg gar nicht mehr so lange wach geblieben. Ein wenig hatten wir noch rumgealbert, uns darüber unterhalten, welche Vorlesungen und Kurse wir die Restwoche noch vor uns hatten und zwei, drei Mal waren wir dem Bedürfnis nachgekommen, uns einfach nur zu küssen, ehe wir schließlich ins Bett gegangen waren.

Kurz hatten wir beide noch am Handy gehangen, dann aber hatten wir das Licht ausgemacht. Zayn war neben mir ziemlich schnell eingeschlafen und auch ich musste, eingelullt von dem Geräusch des stetigen Regenprasselns vor dem Fenster, gegen Mitternacht ins Land der Träume übergetreten sein. Und doch war ich nun schon wach - wirklich wach, nicht bloß munter. Der Regen war wohl über Nacht abgeflaut und auch Autos waren auf der Straße vor meinem Fenster noch keine zu hören. Nicht einmal Sandy, der in der Früh meistens als erster von uns aufs Klo rannte, hatte bis jetzt irgendeinen Krach gemacht und einzig die langsam einsetzende Morgendämmerung, die ich durch den kleinen Spalt in meiner Jalousie ausmachen konnte, zeigte mir, dass wir die Nachtstunden bereits hinter uns gelassen hatten.

Wie spät es allerdings doch schon war, realisierte ich erst, als das plötzliche Klingeln eines Handyweckers die Stille zerschnitt. Vor Schreck zuckte ich zusammen und zog meine Hand blitzartig zurück unter die Decke, während meine Wangen verdächtig warm wurden.

Zayn brauchte ein paar Sekunden, um auf das Geräusch zu reagieren, dann aber gab er ein Grummeln von sich und richtete sich ein Stück auf, um nach seinem Telefon auf meiner Kommode zu tasten, und schließlich verstummte der Klingelton ganz. Mit einem erschlagenen Stöhnen ließ er sich wieder auf's Bett zurückfallen, diesmal jedoch auf den Rücken, sodass ich nun sein Gesicht sehen konnte. Die Augen hatte er wieder geschlossen (oder immer noch... ich hielt es für durchaus möglich, dass er sie noch gar nicht aufgehabt hatte) und fast hätte ich wegen dem Anblick leise aufgelacht, da stockte mir der Atem, als er sich in der gleichen Bewegung weiter herum drehte, bis er mir zugewandt dalag, um dann wie zufällig näher zu rücken und sich so zu platzieren, dass sein Kopf direkt unter meinem Kinn lag und er gegen meine Brust atmete, sodass ich die Wärme sogar durch den Stoff meines T-Shirts spüren konnte.

Meine Haut stand in Flammen und ich lag wie erstarrt da, traute mich nicht einmal, überhaupt tiefer Luft zu holen.

Oh Gott.

Natürlich, wir hatten uns geküsst -mehr als nur ein paar Male-, hatten uns private Geschichten erzählt und waren nebeneinander eingeschlafen... aber das? Das war so eine unbewusste Geste, so vertraulich, dass es sich fast schon intim anfühlte.

Dabei war es ja wirklich nicht so, dass Zayn und ich uns mit Körperkontakt sehr zurückhielten. Neben den Küssen gab es schließlich auch noch das Händchenhalten. Und die Momente, in denen er seinen Arm um meine Taille legte und mich näher zog, so wie vergangenen Samstag auf unserem Balkon. Selbst gekuschelt hatten wir schon, letzte Woche im Schwimmbad.

Und trotzdem fühlte sich das hier anders an, neu.

Vielleicht, weil Zayn so stetig gegen meine Brust atmete, als würde er wirklich schlafen. Und vielleicht, weil diese Tatsache unsere momentane Position wirklich zu etwas machte, was er ganz unbewusst und unbeabsichtigt inszeniert hatte. Und weil ich immer noch die Luft anhielt und mich auch generell nicht rührte, um ihn nicht durch eine falsche Bewegung aufzuwecken.

Hatte das hier etwas zu bedeuten? Interpretierte mein panikschiebendes Gehirn in diese Situation etwas rein, was gar nicht da war? Oder war es vielleicht doch eher mein Herz, das so schnell und kräftig schlug, dass Zayn es eigentlich hören musste?

Mir jedenfalls kam es so vor, als würde das Hämmern durch mein gesamtes Zimmer hallen, aber Zayn schlief seelenruhig weiter und obwohl ich immer noch kaum atmete, begann ich, mich langsam zumindest ein bisschen zu entspannen. Was immer diese Situation -diese Geste von Zayn- zu bedeuten hatte, es gab keinen Grund, wegen ihr nun völlig zu hyperventilieren.

Stattdessen also genoss ich es lieber, Zayn hier bei mir zu haben, genoss seine Nähe und seinen warmen Atem auf meiner Brust. Sein Scheitel befand sich direkt unter meinem Kinn und bevor ich mich davon abhalten konnte, hatte ich meinen Kopf gesenkt und meine Nase zwischen die dunklen Strähnen geschoben. Zayns Haare waren weich und kitzelten sanft mein Gesicht, als ich einen vorsichtigen Atemzug nahm. Er roch nach nichts spezifischem, eine letzte Note von irgendeinem Parfum war vielleicht noch zu erahnen. Aber hauptsächlich roch es einfach nach ihm und ich ließ noch ein wenig mehr von der Anspannung aus meinem Körper fließen, ließ es zu, dass sich meine Lider flatternd schlossen...

Erneut fuhr ich zusammen, als das schrille Klingeln des Weckers unerwartet ein zweites Mal an diesem Morgen ertönte - Zayn musste vor fünf Minuten einfach auf die Schlummertaste gedrückt haben, anstatt ihn auszustellen.

Wie schon beim ersten Weckerklingeln zog ich mich auch nun wieder ertappt und peinlich berührt von den schwarzen Haarsträhnen zurück, während von Zayn nur ein sehr verdrossenes Grummeln kam. Ein paar ziemlich lange Sekunden schien er sich sogar zu weigern, überhaupt auf den Ton zu reagieren, doch schließlich rollte er sich von mir weg und grabschte unkoordiniert sein Handy von der Kommode. Das Klingeln verstummte.

Im nächsten Moment leuchtete dafür sein Display so hell auf, dass ich kurz die Augen zusammenkneifen musste, so plötzlich kam dieser Helligkeitsangriff in meinem dunklen Zimmer. Auch Zayn gab ein unbegeistertes "Ugh" von sich und sofort erlosch das Licht.

Der dumpfe Ton neben mir ließ darauf schließen, dass er sich erneut einfach in die Kissen fallen lassen hatte, aber meine Augen brauchten einen Moment, um sich wieder an die Dunkelheit zu gewöhnen und mir diesen Verdacht auch zu bestätigen.

Wäre ich nicht immer noch nachhallend zu geflasht von der Situation gewesen, hätte ich darüber vermutlich gelacht. Zayn hatte definitiv nicht gelogen, als er gesagt hatte, er wäre absolut kein Morgenmensch.

Im schwachen Schein des vom Fenster kommenden Lichtes konnte ich beobachten, wie er sich mit den Handflächen über das Gesicht rieb und dabei ausführlich gähnte.

Ich beschloss, dass dies der Moment war, in dem ich ihn auf meine Wachheit aufmerksam machen sollte, und räusperte mich. "Guten Morgen", sagte ich und Zayn wandte mir seinen Kopf zu.

Müde Augen blinzelten mir entgegen, dann gab er ein unglückliches Geräusch von sich und verschränkte seine Arme über dem Gesicht, um das bisschen Tageslicht abzublocken. Nun zuckten meine Mundwinkel tatsächlich. Zayn so verschlafen zu erleben, war schon wirklich süß. Ich könnte mich fast dran gewöhnen.

Lange verharrte er in dieser Position jedoch nicht, stattdessen löste er seine Arme aus der Überkreuzung und fuhr sich mit den Händen ein paarmal durch seine Haare, ehe er erneut unterdrückt gähnte.

"Morg'n", erreichte mich schließlich seine kratzige Stimme und jagte mir einen kribbeligen Schauer über die Haut.

Warum nur war alles, was er tat, so verdammt attraktiv?

Schon wieder musste ich mich räuspern, bevor ich meine nächsten Worte aussprach (auch, wenn es diesmal eher weniger daran lag, dass ich eben erst aufgewacht war). "Hast du gut geschlafen?"

"Hmm", machte Zayn bestätigend, "Zu kurz."

Ein kurzer Lacher entwich mir, aber eigentlich überspielte ich damit bloß, welche Wirkung seine Morgenstimme auf meinen Körper hatte. Fuck.

Zwar lag ich unter einer ziemlich dicken Decke, aber vorsichtshalber hob ich mein Knie trotzdem etwas an, um die Gegend um meinen Lendenbereich herum etwas zu kaschieren, sollte Zayn seinen Blick aus irgendeinem Grund auf die Bettmitte senken. Zu meinem Glück hörte ich in diesem Moment, wie Sandys sein Zimmer verließ, gefolgt vom Schließen der Badezimmertür. Wenige Sekunden später schallte auch das Geräusch der Toilettenspülung durch die Wand, die zwischen unserem WC und meinem Zimmer lag, und mir damit die perfekte Vorlage gab, um mich gänzlich aufzurichten.

"Ich, äh, würde dann mal duschen gehen, wenn Sandy gleich wieder aus dem Klo raus ist, ja?", sagte ich, während ich schon zum Fußende meines Bettes robbte, sorgsam darauf bedacht, meinen Schritt aus Zayns Blickfeld zu halten - und dabei die Tatsache verfluchend, dass ich am Abend noch meine Jogginghose losgeworden war, weil ich in dem Teil einfach ums Verrecken nicht bequem einschlafen konnte. Jetzt ärgerte ich mich darüber, denn nur meine Boxershorts (auch wenn sie aus schwarzem Stoff bestanden) versteckten eher wenig von dem, was ich auch wirklich verstecken wollte. 

Allerdings musste ich mir darum wohl doch eher weniger Gedanken machen, denn ein Schulterblick zu Zayn zeigte mir, dass er sowieso Schwierigkeiten zu haben schien, die Augen offen zu halten. Mit einem leichten Grinsen schüttelte ich den Kopf und stieg aus meinem Bett. Sobald meine nackten Beine nicht mehr von der Zudecke gewärmt wurden, bildete sich auf ihnen eine Gänsehaut und ich hatte es plötzlich aus einem weiteren Grund ziemlich eilig, mir meine Hose überzustreifen.

"Stört es dich, wenn ich meine Schreibtischlampe anmache?", fragte ich Zayn, der mit einiger Verzögerung schließlich ein verneinendes Brummen von sich gab.

Die Glühbirne flackerte ein paar Mal, ehe sie den Raum schließlich in ihr gedämpftes warmes Licht tauchte. Vom Bett aus schaute mich Zayns linkes Auge an, das rechte hatte er fest zusammengekniffen.

Ich lächelte ihn an, dann schloss ich mein Fenster und drehte meine Heizung etwas auf. Vielleicht war mein Zimmer ja wärmer, wenn ich vom Duschen zurück kam.

"Bin in ein paar Minuten wieder da", sagte ich zu Zayn, der bloß ein "Mhm" von sich gab und halbherzig seinen Daumen unter der Bettdecke hervor streckte.

Mit einem Kopfschütteln und einem Schmunzeln verließ ich schließlich mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir in genau dem Moment, in dem Sandy aus dem Bad kam. Zu meiner Überraschung trug er bereits eine Jeans, anstelle einer bequemen Hose, und nach einem obligatorischen "Hey" beiderseits fragte ich ihn: "Wo willst du denn schon hin?"

"Na, in die Berufsschule, vielleicht?", erwiderte mein Mitbewohner und sah mich an, als wäre ich völlig verblödet. "So, wie fast jeden Donnerstag und Freitag."

Vielleicht hatte Sandy auch Recht mit der Annahme, dass ich völlig verblödet war, denn - ja, natürlich hatte er immer Donnerstags und Freitags Berufsschule, das war definitiv keine neue Tatsache. War es etwa Zayns Anwesenheit, die mich die simpelsten Sachen vergessen ließ?

Dummerweise kam nun auch Sandy auf dieses Thema zu sprechen: "Ich hab gehört, du hast über Nacht Besuch gehabt."

Er grinste mich an und ich stöhnte auf. Konnte Liam denn wirklich nichts für sich behalten? Andererseits... vermutlich war es gar nicht blöd, dass mein bester Freund auch Sandy über unseren Gast in Kenntnis gesetzt hatte, bevor es noch zu irgendeiner unschönen Überraschung gekommen wäre. Trotzdem konnte ich nun eigentlich getrost auf dieses Gespräch mit Sandy verzichten.

"Ich muss heute zeitig in die Uni, lässt du mich mal duschen?", ging ich nicht auf seine flapsige Frage ein und versuchte, mich an ihm vorbei ins Bad zu schieben.

"Och, Nialler. Ich bin doch auch nur neugierig", sagte Sandy, aber schon sein Grinsen verriet, dass er eben nicht nur neugierig war. "Gab es wenigstens Petting?", bestätigte er auch sofort meine Befürchtung.

Ich rammte ihm meinen Ellbogen in die Seite. "Du bist ein perverses Schwein. Nichts davon geht dich irgendwas an."

Sandy nickte bedächtig. "Verstehe. Es gab also kein Petting - zumindest keins mit Happy End. Rennst du deswegen mit einem Ständer durch die Gegend?"

"Halt die Fresse!", zischte ich ihn an, während ich erst einen panischen Blick auf meinen Schritt und dann auf meine Zimmertür warf. Es war schon peinlich genug, dass es Sandy aufgefallen war, aber wenn es auch noch Zayn mitbekam... nein danke!

Mit hochrotem Kopf versuchte ich, meine Hose um meine Körpermitte herum etwas lockerer zu zupfen... ohne Erfolg.

"Kannst du mich einfach ins Bad lassen, bitte?", versuchte ich es also resigniert auf die nette Weise und diesmal machte Sandy mir tatsächlich Platz.

"Du weißt, dass die Warmwasserpumpe jetzt wahrscheinlich ein bisschen braucht, um anzuspringen, ja?", fragte er und ich nickte schon bestätigend, da konnte er sich einen letzten Seitenhieb wohl doch nicht ganz verkneifen: "Aber wahrscheinlich tut dir eine kalte Dusche gerade sowieso besser."

Mit seiner flachen Hand zielte er auf meinen Hintern, aber ich konnte mich halbwegs ins Badezimmer flüchten, sodass er bloß meinen Oberschenkel streifte. Ich streckte ihm meinen Mittelfinger durch den Türspalt zu, ehe ich sie hinter mir ins Schloss knallte und absperrte.

Dieser verdammte Arsch! Frustriert (aus mehreren Gründen) stöhnend ließ ich meine Stirn gegen die Handtücher fallen, die von dem Hakengestell an unserer Badtür hingen.

Mehrere lange Sekunden blieb ich so stehen, die Augen geschlossen und mich auf meinen Atem fokussierend. Dann aber gab ich mir einen Ruck und stieg schließlich in unsere Badewanne, wo ich den Duschvorhang hinter mir zuzog, allerdings noch zögerte, das Wasser aufzudrehen. Stattdessen sah ich mit zusammengebissenen Zähnen an meinem Körper herab.

War es überhaupt noch normal, dass ich nur wegen Zayns attraktiver Morgenstimme so reagierte? Oder war das einfach ein Produkt aus der Gesamtsituation mit ihm und der Tatsache, dass mein letzter Sex nun doch schon etwas zurück lag? Obwohl es gar nicht speziell dieser war, der mir zu fehlen schien. Eher hatte ich das Gefühl, dass mein Körper völlig vorschnell handelte und meinem vernünftig denkenden Ich bereits zehn Schritte voraus war, ohne darauf zu achten, ob der Weg überhaupt begehbar war.

Aber Sandy hatte eben auch nicht völlig Unrecht gehabt, als er vergangenen Sonntag ein paar meiner... Gewohnheiten auf Zayn projiziert hatte (es wäre eine Lüge, zu behaupten, mein Vorstellungsvermögen wäre nicht breit gefächert, auch wenn ich mich darum bemühte, niemanden davon wissen zu lassen - am wenigsten die Person, die es auch tatsächlich betraf).

Jetzt allerdings konnte ich mir definitiv keine ausführliche Dusch-Session erlauben, um dieses Problem zu beheben, ich befürchtete also, dass ich leider tatsächlich auf die altbewährten Mittel des kalten Wassers zurückgreifen musste.

Mit einem leisen Stöhnen ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen, ehe ich mich meinem Schicksal fügte, ein letztes Mal tief durchatmete und das noch unbeheizte Wasser auf meinen Körper losließ.

Als ich etwa zehn Minuten später wieder in mein Zimmer kam, hatte sich bis auf die Menge Tageslicht, das durch meine Jalousie fiel, nichts verändert. Während ich noch versuchte, meine feuchten Haare mit meinem Handtuch einigermaßen trocken zu bekommen, fiel mein Blick auf den Deckenberg, der nach wie vor regungslos auf meinem Bett lag.

Ich musste mir eine Hand auf den Mund pressen, um das Glucksen zu unterdrücken, das sich aus meiner Kehle bahnen wollte. War Zayn etwa wirklich einfach wieder eingeschlafen?

Nun, es sah ganz danach aus, denn obwohl ich beim Betreten des Zimmers nicht gerade leise gewesen war, kam von ihm absolut keine Reaktion. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen überbrückte ich den letzten Meter zu meinem Schreibtisch, um das Handtuch über die Lehne meines Stuhles zu hängen, dann drehte ich mich wieder zum Bett.

Mein Herz machte ein paar unbeholfene Stolperschritte.

Von hier aus konnte ich mehr von Zayn sehen, als nur die Laken, die ihn einhüllten, und was ich sah, brachte mich geradezu zum Schmelzen. Die Decke war ein Stück heruntergerutscht, sodass seine Schultern frei lagen. Er selbst hatte sich auf die Seite gedreht, den Rücken mir zugewandt, sein Brustkorb bewegte sich unter seinen langsamen, regelmäßigen Atemzügen. Das eigentliche Bild, das sich mir allerdings bot und dafür sorgte, dass mein Herz mit Rhythmusstörungen zu kämpfen hatte, war, wie er mit seinen Armen ein Kissen -mein Kissen- umschlungen hielt, als wäre es ein übergroßer Teddybär, und sein Gesicht in den dunkelblauen Stoff drückte.

Am liebsten hätte ich das Kissen durch mich selbst ersetzt. Alternativ wäre ich auch gerne hinter ihm wieder ins Bett gekrochen, hätte meine eigenen Arme um ihn geschlungen und einfach kuschelnd den Tag verpennt.

Leider hatten wir beide nicht unbegrenzt Zeit, weshalb ich schweren Herzens beschloss, ihn wohl oder übel ein weiteres Mal aufzuwecken. Ich riss mich emotional von dem Anblick los (allerdings nicht, ohne vorher einen mentalen Screenshot von der Szene zu machen) und schob mich vorsichtig näher ans Bett, wo ich mich über ihn beugte. Eigentlich hatte ich vorgehabt, ihn etwas zu rütteln, um ihn wach zu bekommen, aber als ich ihn so friedlich schlafend daliegen sah, fühlte sich das dann doch ziemlich rabiat an.

"Zayn?", probierte ich es also erstmal leise, aber natürlich reagierte er darauf nicht. Wen das Wasserrauschen der Dusche durch die viel zu dünne Wand nicht beim nochmaligen Einschlafen störte, würde auch sicher nicht durch ein wenig Geflüster plötzlich die Augen aufschlagen.

Ich seufzte.

Nun, da half wohl alles nichts. Ich hätte es einfach ernst nehmen sollen, als er gestern Abend gesagt hatte, ihn bekamen keine zehn Pferde wach, sobald er einmal schlief. Blöderweise blieb die verdammte Uhr einfach nicht stehen, weshalb ich mich schließlich doch überwand auf der Bettkante Platz nahm, um ihn mit einer Hand auf seinem Oberarm sanft zu schütteln.

"Hey", sagte ich, als er tatsächlich so aussah, als würde er wieder wach werden. "Du, äh... du solltest vielleicht langsam aufstehen, wenn du noch in Ruhe was frühstücken willst."

Zayn gab einen langgezogenen Laut von sich, der ziemlich deutlich machte, wie unzufrieden er damit war, nicht weiterschlafen zu können. Mit einem Arm ließ er das Kissen los und versuchte blind, seine Zudecke weiter über seinen Körper zu ziehen, die allerdings irgendwo zu hängen schien.

Frustriert schnaubte er einmal auf und drehte sich nun endlich doch auf den Rücken, um mich mit winzigen Augen anzusehen. Sein Körper drückte durch die Decke gegen meinen Oberschenkel. "Wie spät is's?", fragte er mit kratziger Stimme. 

Ich wollte ihn küssen. Verdammt, wollte ich ihn küssen. "Gleich halb 7", sagte ich aber nur. "In etwa einer Stunde fährt der Bus, den wir zur Uni nehmen müssen."

Zayn seufzte tief. "Ich will nicht aufstehen. Können wir nicht doch einfach blaumachen?"

Nun musste ich lachen. "Bring mich nicht in Versuchung." Oder auf blöde Gedanken, was wir mit dieser freien Zeit anfangen könnten - so weit waren wir noch nicht.

Er zog eine Schnute und sah dabei so niedlich aus, dass ich nicht anders konnte, als mir auf die Unterlippe zu beißen. Bevor ich darüber nachdenken konnte, hatte sich meine linke Hand selbstständig gemacht und ihm eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn gestrichen.

Ein kurzer Ausdruck von Überraschung huschte über Zayns Gesicht und auch ich hielt für eine Sekunde den Atem an, als ich realisierte, was ich gerade tat, dann aber lächelte er bloß und ich atmete wieder normal weiter.

"Also", sagte ich und stützte mich mit meinen Armen links und rechts von ihm auf dem Bett ab. "Meinst du, du schaffst es ohne fremde Hilfe aus dem Bett? Oder soll ich dir vielleicht die Decke wegnehmen, damit du aufstehst?"

Ich zupfte an dem Laken und grinste, als er mich empört ansah. "Untersteh dich!"

"Wieso denn? Irgendwas muss ich mir schließlich einfallen lassen, wenn wir den Bus kriegen wollen."

"Wollen wir das wirklich?", fragte Zayn und schob dann lachend meine Hand weg, mit der ich schon wieder am Rand der Zudecke zupfte. "Hör auf, ich komm ja schon! Du musst jetzt nicht die scharfen Geschütze auffahren!"

Meine Wangen taten vor lauter Grinsen schon weh, als ich schließlich von der Bettkante aufstand und sagte: "Ich gab dir fünf Minuten. Wenn du bis dahin nicht in der Küche bist, komm ich wieder und nehm dir wirklich die Decke weg." 

Sind sie nicht absoluter Zucker? :))

Übrigens bin ich gerade ziemlich gut in meinem Schreibplan, wenn das die nächsten paar Monate also so ähnlich weiter geht, könnte es tatsächlich sein, dass ich im diesjährigen Weihnachtsgeschäft keine 2 Monate Updatepause machen muss 😅

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