41|Dreckswetter

"Scheiße, du bist ja klatschnass!"

Das war nicht einmal übertrieben, denn Zayn triefte und ich bezweifelte nicht, dass er auch die Treppen nach oben eine ziemliche Spur hinterlassen hatte.

Bei meinen Worten lachte er einmal kurz auf, aber für mich klang es eher ein bisschen manisch. "Ich, äh... ja. Das, ähm... ich zieh meine Klamotten mal besser hier draußen aus, glaub ich."

Ich nickte. "Ist vielleicht nicht blöd. Ich hol dir ein Handtuch, ja?"

Als ich wieder an die Wohnungstür kam, hatte er sich gerade seiner Schuhe entledigt und sie an die Wand gestellt, wo sich bereits eine weitere kleine Pfütze um sie herum bildete. Mehrere Sekunden lang beobachtete ich ihn dabei, wie er versuchte, sich aus seiner klammen Jacke zu schälen, ehe ich ihm zur Hilfe kam.

"Hier, warte, lass mich..." Ich deutet ihm, sich umzudrehen, damit ich ihm von hinten den Mantel von den Schultern ziehen konnte. Dass ich dabei selbst nicht ganz trocken blieb, ignorierte ich.

"Danke", murmelte Zayn und nahm das Handtuch an, das ich ihm entgegen streckte. "Ich hab irgendwie nicht dran gedacht, mir einen Schirm mitzunehmen."

Jetzt musste ich tatsächlich etwas lachen. Zu übersehen war diese Tatsache ja kaum, so, wie er das gesamte Treppenhaus einsaute. "Und dann bist du natürlich mitten in den schlimmsten Regenschauer geraten." Ich tippte mal stark auf den Platzregen, der sich eben mittels plötzlichem Wolkenbruch über uns entladen hatte.

Zayn lächelte bloß schwach und zuckte einmal mit den Schultern, während er versuchte, seine tropfenden Haare etwas zu entwässern. "Ich hätte nicht damit gerechnet, innerhalb von drei Minuten so nass zu werden."

Fragend sah ich ihn an. "Drei Minuten? Wart ihr etwa bei Louis in der Bar?"

Gestern hatte er mir nämlich geschrieben, er würde sich heute Abend noch mit Harry treffen, vielleicht auch, um etwas zu trinken. Nur den Ort hatte er mir nicht verraten, aber unsere Stammbar war in Anbetracht des recht kurzen Weges meine naheliegendste Vermutung.

Mein Gegenüber räusperte sich und wischte sich erstmal das Gesicht trocken, ehe er mir antwortete: "Ja, wir waren bei Louis. Und du darfst einmal raten, wessen Idee das war."

Eigentlich hätte mich das zum Lachen bringen sollen, aber obwohl Zayn alles daran zu setzen schien, normal zu wirken, hatte ich das Gefühl, dass eben nicht alles so in Ordnung war, wie es den Anschein machte. Schlussendlich brachte ich ein halbes Lächeln zustande, ehe ich es nicht mehr schaffte, meine Besorgnis zurückzuhalten.

"Sag mal, ist irgendwas passiert?", fragte ich und wie, als hätte ich ihn damit bei etwas erwischt, zuckte Zayn zusammen und sah mich wie ein verschrecktes Reh an.

"Was?"

"Naja", machte ich, "Es kommt nicht täglich vor, dass ich unter der Woche um kurz nach halb 9 gefragt werde, ob jemand meine Wohnung crashen kann, obwohl die Person eigentlich andere Pläne für den Abend hatte. Meine naheliegendste Vermutung ist also, dass irgendwas vorgefallen ist und du flüchten musstest."

Zayn sah für eine Sekunde überrascht aus, dann senkte er den Kopf und biss sich mit verkniffenem Gesicht auf die Unterlippe.

Okay, es war definitiv irgendwas vorgefallen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen versuchte ich, seinen Blick einzufangen, aber er machte es mir schwerer als gedacht.

"Hey, weißt du was?", beschloss ich dann, das ganze irgendwie pädagogisch wertvoll anzugehen. "Komm doch erstmal rein. Willst du Tee oder so? Oder brauchst du nen Pulli?"

Wir hatten zwar fast März, aber das schien den britischen Temperaturen nicht so ganz bewusst zu sein, denn es war draußen nicht nur nass sondern auch noch verdammt zapfig, als hätten wir immer noch tiefsten Winter (für Schnee reichte es aber natürlich nicht mehr, das wäre wohl zu viel des Guten gewesen). Zayn musste doch halb erfrieren, oder?

Dieser tappte nun so unsicher in die Wohnung, als hätte ich ihm gesagt, hier lägen seit neuestem versteckte Minen unter dem Parkett, die bei der kleinsten Erschütterung in die Luft gehen und seine gesamte untere Körperhälfte wegsprengen würden. Nachdem es aber weder die Minen, noch überhaupt irgendeine Art Bombendrohung gab, war Zayns verkrampftes Verhalten absolut fragwürdig. Und -Himmel!- langsam fing ich wirklich an, mir ernste Gedanken zu machen.

Mit einem letzten Blick auf den nassen, dreckigen Hausflur schloss ich allerdings erstmal nur die Wohnungstür und schob mich an ihm vorbei, um seinen feuchten Mantel so an die Garderobe zu hängen, dass er möglichst keine von den anderen Jacken berührte. Dann drehte ich mich wieder zu ihm um und nahm ihm das Handtuch aus den Händen, um es unter dem Kleidungsstück auszubreiten. Idealerweise würde mich das vor einem größeren Wasserschaden bewahren, inklusive dem Papierkram drum herum, den uns unser Vermieter wohl aufbrummen würde, wenn es bei unseren unteren Nachbarn plötzlich von der Decke tropfte. 

"Also?", fragte ich erneut nach, als ich anschließend Zayn voran in die Küche ging, die ausnahmsweise mal leer war (wenn auch nicht gerade aufgeräumt, aber das war mir im Moment relativ egal). "Tee? Oder irgendwelche anderen Wünsche? Du kriegst alles, was du willst und wir auch tatsächlich im Haus haben, weil ich bei diesem Dreckswetter auf keinen Fall nochmal einkaufen geh."

Nicht einmal dieser versucht-lustige-aber-eigentlich-echt-miese Spruch entlockte ihm eine richtige Reaktion, aber immerhin räusperte er sich auf meinen erwartungsvoll Blick hin und sagte endlich überhaupt wieder etwas, nämlich: "Kann ich vielleicht einen Kaffee haben?"

Trotz meiner Besorgnis musste ich lächeln. Natürlich wollte er Kaffee.

"Klar. Brauchst du sonst noch was?"

Zayn sah einmal an sich herunter, als würde er erstmal den Stand der Dinge abchecken müssen, bevor er mir eine Antwort geben konnte. "Ich glaube, erstmal nicht. Aber danke."

"Okay." Ich nickte. "Falls doch, sag einfach was."

Mit einem letzten (hoffentlich irgendwie aufmunternden) Lächeln in seine Richtung machte ich mich daran, ihm den gewünschten Kaffee und mir selbst einen Tee zu machen - eigentlich war mir auch eher nach ersterem, aber wenn ich um diese Uhrzeit noch Koffein zu mir nahm, würde ich die halbe Nacht nicht schlafen können und wäre morgen früh absolut am Arsch, wenn mich mein Wecker für die Uni wachklingelte.

"Wie war denn die Nachhilfe gestern?", erkundigte sich Zayn plötzlich wie aus dem Nichts, als ich gerade auf den Knopf der Kaffeemaschine drückte, und überrascht sah ich mich zu ihm um.

"Was?"

Nun sah er verwirrt aus. "Du... warst doch gestern bei Sasha, oder?"

Ich nickte. "Doch, ja. War ich."

Diesmal war die Nachhilfestunde mit Yuri jedoch ohne besondere Begebenheiten ausgefallen. Sasha hatte uns machen lassen, was gemacht werden musste, ohne irgendwelche Zwischenfragen zu stellen und auch Ezra, ihr Mann, war die gesamten anderthalb Stunden nicht aufgetaucht, die ich in ihrem Haus verbracht hatte. Mein Nachhilfeschüler selbst war zwar ziemlich unmotiviert gewesen und hätte aus seiner eigenen Sicht bestimmt etwas besseres machen können, als mit mir an seinen Matheaufgaben zu sitzen, aber irgendwie hatten wir die Zeit trotzdem ganz gut rumbekommen. Zu meiner allgemeinen Freude (und zugegebenermaßen auch Überraschung) hatte Yuri sogar größtenteils den Stoff von letzter Woche noch im Kopf gehabt, sodass ich gar nicht viel hatte erklären müssen, bevor wir mit den Rechenübungen begonnen hatten.

"Yuri macht sich ziemlich gut", gab ich Zayn also eine ehrliche Antwort auf seine ursprüngliche Frage. "Zumindest ging es bis jetzt echt voran. Eigentlich hab ich ursprünglich fast damit gerechnet, dass das ganze mehr Arbeit wird." Ich zuckte mit den Schultern.

"Das überrascht mich nicht." Zayn lehnte sich mit verschränkten Armen an unseren Küchentisch, ein dünnes aber ehrliches Lächeln zupfte an seinen Lippen. "Er gibt sich wirklich Mühe, um dich zu beeindrucken, weißt du? Der Typ hat einen Narren an dir gefressen." Er machte eine kurze Pause, um einmal leise aufzulachen. "Nicht, dass ich ihm da einen Vorwurf machen kann."

Ich öffnete den Mund, schloss ihn wieder und lachte dann selbst verlegen, während hinter mir viel zu geräuschvoll der Billigkaffee in die Tasse lief und mein Magen wilde Purzelbäume schlug. Zayn sah mir direkt in die Augen, seine Mundwinkel sanft nach oben gezogen und den Kopf leicht schief gelegt. Auf eine Weise kam ich mir in diesem Moment vor wie ein Kunstwerk, das er betrachtete und das ihn auf eine tiefergehende Weise berührte. Der Gedanke ließ mich schlucken und mein Blick rutschte auf seine Lippen, als der Drang immer größer wurde, ihm so nah wie möglich zu sein.

Als ich wieder aufsah, empfing mich das warme Braun seiner Iriden wie die ersten Sonnenstrahlen, die an Wintermorgenden durch die nackten Äste fielen und einem trotz der Atemwolken in der Luft das Gefühl gaben, es wäre eigentlich gar nicht mehr so kalt. Mir stockte beinahe der Atem, als er sich von der Tischplatte abstieß und die Schritte zwischen uns überbrückte, ohne mich auch nur eine Millisekunde aus den Augen zu lassen.

"Hi", sagte er leise, hauchte es fast schon, als er direkt vor mir stand und noch bevor ich ihm antworten konnte (vorausgesetzt, meine Stimme hätte mir gehorcht), legte er seine Hand an meinen Kiefer und küsste mich so sanft und vorsichtig, dass meine Knie weich wurden. Ich konnte gar nicht anders, als in den Kuss zu seufzen, und Zayn sah das scheinbar als Anlass, ihn zu vertiefen. Ich beschwerte mich nicht.

Schließlich löste er sich wieder und völlig benebelt blinzelte ich den viel zu schönen dunklen Augen direkt vor mir entgegen, die mich liebevoll musterten. "Hi zurück", flüsterte ich verspätet und heiser. Meine Lippen kribbelten elektrisch und ich ich leckte mir einmal darüber, als würde ich so dem Geschmack unseres Kusses noch nachjagen können. "Es ist echt schön, dass du da bist."

Zayn schluckte sichtbar. "Find ich auch." Seine Stimme klang belegt, aber ich konnte mich kaum darauf konzentrieren, weil er gleichzeitig begann, mit seinem Daumen über meine Wange zu streicheln und ich mir ziemlich sicher war, gleich hyperventilieren zu müssen.

Scheiße, warum war dieser Mann so verdammt attraktiv in allem, was er tat? Und warum ließ ich mich davon beeinflussen wie eine Marionette, deren Fäden er in der Hand hielt? Alles in mir schrie danach, mich an ihn zu klammern, ihn zu küssen, ihn zu berühren... ich wollte von ihm gehalten werden, seine Hände auf meinem Körper spüren, sein Mund an meiner Haut-

"Ich hab mich mit Harry gestritten."

Die Worte rissen mich aus meinem Tagtraum von Zayns Lippen auf meinem Hals und wie ertappt glotzte ich ihn erschrocken an.

"Was?"

Zayn rückte ein Stück von mir ab, sodass ich den schrecklich duselig-machenden Nebel in meinem Kopf endlich etwas abschütteln konnte.

"Harry und ich haben uns gestritten", wiederholte Zayn jetzt. "Deswegen bin ich aus Louis' Bar abgehauen." Den Worten folgte ein Seufzen und er sah an meinem rechten Ohr vorbei.

"Oh", machte ich, was absolut nicht hilfreich war. "Willst du... naja, sagen, worum es ging?"

Zayn winkte ab. "Nichts weltbewegendes, eigentlich", sagte er, "Ich muss das auch gar nicht nochmal aufrollen. Ehrlich gesagt war es eh unwichtig."

Es war ziemlich deutlich, dass es alles andere als unwichtig und nicht weltbewegend war, aber ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl, dass er nicht ins Detail gehen wollte und beschloss, ihm das nicht vorzuwerfen.

"War der Streit denn etwas sehr ernstes?", wollte ich dann allerdings doch noch wissen, die Augenbrauen besorgt zusammengezogen. Eine Kleinigkeit war es ja offensichtlich nicht, wenn ich mir Zayns Reaktion ansah, aber ich wollte zumindest wissen, auf welchem Drama-Level sich das ganze befand.

Zayn zuckte mit den Schultern und sah mich endlich wieder an. "Du weißt doch, wie es ist, sich mit Harry zu streiten. Am Anfang war es nur eine Diskussion und dann... ist ja auch egal." Er schüttelte den Kopf, seufzte ein weiteres Mal. "Das wird schon wieder. Irgendwie. Eigentlich ist es nur eine kleine... Uneinigkeit, die sich etwas zu hoch geschaukelt hat."

Er wirkte nicht besonders überzeugt von seinen eigenen Worten, ich wollte ihn allerdings auch nicht noch mehr damit unter Druck setzen. Erst recht nicht, wenn er offenbar sowieso nicht wirklich darüber reden wollte, worum genau sich der Streit mit Harry gedreht hatte.

Stattdessen beschloss ich, dass es Zeit für einen Themenwechsel war, griff dann aber erstmal nach seiner Kaffeetasse hinter mir, die natürlich schon ein ganzes Stück abgekühlt war (langsam erkannte ich ein gewisses Muster), und reichte sie ihm.

"Oh, danke." Er nahm sie an und ich holte die Milch aus dem Kühlschrank und goss mir anschließend meinen Tee auf, während er schon den ersten Schluck nahm.

"Mit was bist du eigentlich hier?", wollte ich wissen, als ich mich mitsamt meiner Tasse zurück zu ihm drehte. Zayn lehnte wieder am Küchentisch, seinen Kaffee mit beiden Händen umfasst und seinen Blick auf mich gerichtet.

"Ich bin mit dem Bus gefahren", seufzte er, sichtlich unzufrieden damit. "Aber nur, weil Harry eigentlich unbedingt was mit mir trinken wollte, sonst hätte ich mein Auto genommen. Und wäre vermutlich auch halbwegs trocken geblieben." Er zog eine Grimasse. "Das heißt, ich muss nachher auch mal schauen, wie ich öffentlich am besten wieder heimkomme, einen Uber kann ich mir nämlich nicht leisten."

"Musst du morgen in die Uni?", fragte ich ihn und Zayn nickte gepeinigt.

"Eigentlich sogar ziemlich zeitig. Vermutlich hätte ich einfach geschwänzt, wenn Harry und ich heute noch länger unterwegs gewesen wären, aber in Anbetracht dessen, dass ich jetzt immer noch ziemlich nüchtern bin, kann ich auch gleich meine Vorlesung besuchen."

Ich musste kichern. "Vorbildlich, wo du schon Geld dafür ausgibst, was zu lernen. Und was heißt bei dir ziemlich zeitig? Ich hab das Gefühl, du Langschläfer definierst das etwas anders als ich."

Zayn rollte mit den Augen, lächelte dabei aber. "Ziemlich zeitig bedeutet, ich muss um acht in der Uni sein. Und die Straßen sind um die Uhrzeit auch noch so überfüllt, dass ich mit dem Auto kaum vorwärts komme und beim Fahren wieder fast einschlafe. Yippie." Das letzte Wort triefte nur so vor Sarkasmus und obwohl ich mich wirklich arg zusammenriss, konnte ich ein kleines Schmunzeln doch nicht so ganz unterdrücken.

"Wie wäre es denn, wenn du mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährst?", schlug ich vor, "Nur mal so zur Abwechslung."

"Auf engstem Raum mit fremden Menschen und dreimal umsteigen, weil von mir aus nichts direkt zur Uni durchfährt? Klingt alles andere als lustig." Zayn verzog den Mund, ehe er anfügte: "Per se will ich mir ja eigentlich schon mal den Sprit sparen, aber unter den Umständen..." Er gab einen unzufriedenen Laut von sich.

Nun gut, das konnte ich irgendwie nachvollziehen - immerhin nahm auch ich es nur zu gerne an, wenn Liam mir anbot, mich mit seinem Opel zur Uni mitzunehmen, wenn unsere Vorlesungen mal zur gleichen Zeit begannen. Vermutlich würde ich auch deutlich weniger Bus fahren, wenn ich die Möglichkeit eines eigenen Autos hätte und keine Gefahr für den gesamten Straßenverkehr darstellen würde. Leider war ich sowohl zu schwul zum Autofahren als auch zu pleite zum Autobesitzen, weshalb mir in den meisten Fällen keine andere Wahl blieb, als mit den Öffis durch die Gegend zu kutschen.

"Bis wie viel Uhr fahren hier eigentlich die Busse in Richtung Krankenhaus?", wollte Zayn nun wissen und nippte mit gerunzelter Stirn an seinem Kaffee. "Nicht, dass ich schon abhauen will, aber... naja, bevor ich mitten in der Nacht irgendwo strande..." Ein entschuldigender Blick traf mich.

"Ist schon okay", flunkerte ich und warf ihm ein Lächeln zu. Die Wahrheit war allerdings, dass bei dem Gedanken, ihn bald wieder gehen lassen zu müssen, alles in mir danach schrie, ihn einfach an mich zu ketten (nicht auf diese Weise) und so lange wie nur irgend möglich in meiner Nähe zu behalten. Sagen tat ich jedoch: "Die Busse fahren bis etwa halb 11 noch alle 20 Minuten, danach nur noch jede Stunde und ab 1 oder so gar nicht mehr."

"Oh", machte Zayn und sah sich -vermutlich nach einer Uhr- in unserer Küche um. "Wie spät ist es denn jetzt?"

Ich stellte meine Tasse ab und warf einen Blick auf mein Handy. "Zehn Minuten nach 9."

Das hieß, er hätte maximal eine Stunde, ehe er sich auf den Weg machen müsste, um noch halbwegs sicher und problemlos nach Hause zu kommen. Ein Gedanke, der mir überhaupt nicht gefiel. Eine Stunde war viel zu wenig - wofür, das konnte ich gar nicht so genau sagen. Bloß, dass es mir nicht ausreichte, ihn nur noch 60 Minuten hier zu haben, das wusste ich.

Das einzig beruhigende war, dass Zayn davon ebenso betroffen schien, denn sein Gesicht nahm einen überraschten Ausdruck an und er sagte: "Oh, schon?" Dann lachte er einmal auf. "Naja, mein Schlafrhythmus ist ja eh schon im Arsch. Aber vielleicht sollte ich trotzdem mal versuchen, morgen nicht komplett tot zu sein." Er fuhr sich verlegen mit einer Hand über den Nacken, dann wanderte sein Blick zum Küchenfenster, hinter dem noch immer absolut ungemütliches Wetter herrschte. Auch wenn der größte Wolkenbruch vorbei war, war es noch immer regnerisch und dunkel, und der Wind durchfuhr die armen Seelen, die dort draußen unterwegs waren, mit Sicherheit kalt.

Ein unbegeistertes Seufzen entwich Zayn, der wohl einen ähnlichen Gedankengang gehabt hatte. "Eigentlich hab ich gar keine Lust, bei dem Dreckswetter nochmal raus gehen zu müssen." Er lächelte gequält. "Welcher Idiot vergisst auch, bei so dunklen Wolken seinen Schirm mitzunehmen? Eigentlich bin ich ja selber Schuld, wenn ich diesen Winter doch noch krank werde, weil ich Nachts und bei Regen durch die Weltgeschichte laufen muss."

Über sich selbst den Kopf schüttelnd wandte er seinen Blick vom Fenster ab und lächelte mich dann an. Ich lächelte schwach zurück.

Ein weiterer Schluck seines Kaffees folgte, ehe er die Tasse hinter sich auf dem Tisch abstellte. "Vielleicht schaff ich es ja, eine Lücke zu finden, in der es gerade nicht regnet. Es sei denn, du hast irgendwo noch eine Mülltüte, die ich mir als Schirm-Ersatz überziehen kann." Er lachte einmal auf. "Nein, Quatsch, irgendwie schaff ich es schon nach Hause, trocken oder nicht-"

"Willst du heute Nacht hier bleiben?", platzte es aus mir heraus und augenblicklich hielt ich die Luft an, als er verstummte und sich seine Augen überrascht weiteten.

"Was?"

Ich schluckte einmal um die Trockenheit in meinem Hals herum. "Willst... willst du heute Nacht einfach hier bleiben?", wiederholte ich mich leise und ein paar Sekunden lang sah mich Zayn einfach nur an, die Lippen einen winzigen Spalt geöffnet.

"Darf ich denn?", fragte er dann, plötzlich fast schüchtern.

Nun musste ich doch die Augen verdrehen, konnte mir aber ein sanftes Lächeln in seine Richtung ebenfalls nicht verkneifen. "Glaubst du, sonst hätte ich gefragt?", meinte ich und zuckte versucht lässig mit den Schultern. "Ich meine... du müsstest nicht nochmal raus, du hättest morgen früh einen kürzeren Weg zur Uni, ich kann dir ein T-Shirt zum Schlafen leihen und wir haben bestimmt noch eine Zahnbürste, die du haben kannst - uhm..." Ich wurde mir bewusst, dass sich mein Gebrabbel doch deutlich bittender anhörte, als beabsichtigt war und ich spürte, wie mich der letzte Rest meiner gespielten Coolness wieder verließ. "Also... nur, wenn du auch wirklich bleiben willst", nuschelte ich und wich dem Blick aus seinen dunklen Augen aus, unter dem sich gerade ohne Zweifel ein leichter Rotton auf meinen Wangen ausbreiten musste.

"Ich will bleiben", sagte Zayn leise und brachte mich damit dazu, hoffnungsvoll wieder zu ihm aufzusehen. "Ich will das sogar sehr gerne. Und, uhm, das Angebot mit den Klamotten nehm ich auch gerne an."

Ich musste mir von innen auf die Lippen beißen, um nicht vor Erleichterung und Freude wie ein Bekloppter zu grinsen - aber schon im nächsten Moment gab ich es auf, mein Lächeln zu verstecken. Zayn erwiderte es, ehe er plötzlich seinen Arm ausstreckte und nach meiner Hand griff, die er sanft umschloss. Ich ließ es zu, dass er mich sanft zu sich zog, bis unsere Oberschenkel aneinander stießen und er seine Hand wieder an meinen Hals legen konnte.

Von der Stelle ausgehend durchfuhr mich ein warmes Kribbeln, das nur noch stärker wurde, als er mir mit seinem Gesicht langsam näher kam.

"Nur, um dich trotzdem nochmal vorzuwarnen", murmelte er, als seine Lippen nur noch wenige Zentimeter vor meinen schwebten und ich seinen Atem auf ihnen spüren konnte. "Ich bin absolut unausstehlich in der Früh."

Ich schnaubte einen leisen Lacher heraus. "Das nehm ich in Kauf", sagte ich, bevor ich den letzten Abstand zwischen uns überbrückte. 

Soooo... thoughts? 👀

Hier btw nochmal ein friendly reminder, dass ich einen Insta-Account für mein Watty hab, auf dem ich Memes, Textschnipsel und Infos zu meinem aktuellen shit poste :) wenn ihr Lust habt, könnt ihr mir da gerne folgen (another.queer.writer) 🥰

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