Kapitel 19


Zwei Wochen waren vergangen seit Kazuko wieder bei ihren Eltern wohnte. Inzwischen war die Zeit länger die sie wieder zurück war als die sie überhaupt bei Osamu und Chuuya gewesen war, trotzdessen wünschte sie sich jeden Tag zurück. Die unangenehme Kunden wurden nicht weniger. Ein bis drei hatte sie jeden Tag mindestens. Doch alles was diese taten nachdem sie Kazuko beleidigten war es sich bei ihrem Vater zu beschweren. Dieser, wie könnte es auch anders sein, glaubte seiner Tochter kein Wort wenn diese erzählte dass sie diejenige war die beleidigt wurde. Stattdessen nahm er nur seine Kunden in Schutz. Schrie seine Tochter fast jeden Abend zusammen, dass er wegen ihr die Autos nun günstiger verkaufen müsste als Entschädigung dem Kunden gegenüber.

Doch statt sich aufzuregen, verbeugte sich die junge Frau nur tief vor dem Braunhaarigen und entschuldigte sich. Etwas anderes blieb Kazuko nicht übrig wenn sie nicht, wie es schon so oft passiert war, einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht abbekommen wollte. Klappe halten und gehorchen, das war das Motto des Hauses.

Völlig erschöpft blickte die Braunhaarige in den Spiegel. Es war drei Uhr morgens. Nur das Licht der kleinen Lampe auf ihrem Nachtkästchen erleuchtete den leblosen Raum. Trotzdessen konnte sie deutlich sehen wie lila ihre Augenringe und wie bleich ihr restliches Gesicht war. Fast wie das eines Geistes.

Sehnsüchtig sah sie auch an diesem Morgen wie sonst auf das Display ihres Handys, in der Hoffnung Osamu hätte ihr geschrieben.

Fehlanzeige.

Mit einem traurigen Seufzer steckte sie ihr Handy zurück in die weiten Hosentaschen ihrer grauen Jogginghose. Kazuko wollte nur noch weg. Weg von hier. Weg von ihren Eltern. Weg aus diesem Haus. Stattdessen wollte sie zurück. Zurück zu den einzigen beiden Menschen die sie von ganzen Herzen liebte. Doch es ging nicht. Fest drückte Kazuko ihre Hand auf die linke Brust. Der Schmerz war über die Wochen nicht weniger geworden. Eher im Gegenteil. In jedem ihrer Träume kam Chuuya vor. Jeder Traum ließ sie mitten in der Nacht wach werden. Sehnsüchtig blickte sie sich zu ihrer freien Seite des Bettes um, doch der Platz blieb leer. Und er würde auch für immer leer bleiben, da war Kazuko sich sicher. Chuuya liebte sie schließlich nicht im Gegensatz zu ihr, das hatte er ihr bei ihrem letzten Aufeinandertreffen klargemacht. Fest presste Kazuko die Arme an ihren Körper. Seit sie wieder hier war, mit genug Abstand hatte sie Zeit zum nachdenken. Für Chuuya war sie an diesem Abend nicht mehr als ein dreckiger Ersatz für Yu gewesen. Seine warmen Lippen auf ihren, sowie die sehnlichen Berührungen seiner Hände an der weichen Haut ihrer Hüfte, waren nichts weiter als Eigennutz. Dem war sich die Braunhaarige inzwischen klar.

Schon lange hatte Kazuko sich nicht so dreckig und ausgenutzt gefühlt. Es war ihr erster Kuss, sowie das erste Mal dass sie mit einem Mann der nicht Osamu war gekuschelt hatte. Die Gefühle die sie so übermannt hatten, waren einseitig. Etwas was Chuuya mit Sicherheit klar gewesen war. Nur um seine eigenen Gefühle zu überdecken, hatte er sie dreist ausgenutzt. Ein Schauer kroch der jungen Frau bei diesen Gedanken immer wieder über den Rücken. Sie wollte es nicht wahr haben, doch so war es leider. Der erste und einzige Mann den sie liebte, hatte sie nur ausgenutzt. Fester presste Kazuko ihre Arme um ihren Oberkörper. Einzelne Tränen tropften immer wieder auf ihre nackte Haut. Denn trotz allem war es neben Wut und Trauer die Liebe die sie empfand wenn sie an den Orangehaarigen dachte. ihr Herz schrie jeden Tag nach ihm seit diesem Abend. Ein letztes Mal würde sie ihn sehen wollen. Ein letztes Mal um abschließen zu können. Sie wollte sich selber überzeugen. Überzeugen dass er so wie bei ihrem letzten Aufeinandertreffen auch ihr wahres Ich in ihr sehen konnte, statt nur eine Kopie Yu's.

Seufzend wischte sich Kazuko die Tränen aus den Augenwinkeln. Es reichte ihr. Sie musste ihren Kopf klar werden lassen. Ewig so weiter zu leben hielt weder ihr Herz noch ihr Kopf aus. Entschlossen zog die Braunhaarige sich ihre Schlafklamotten aus und schlüpfte stattdessen in ein weißes, weites Tshirt, sowie eine kurze, schwarze Sportshorts die noch immer in ihrem Koffer verweilten. Denn, auch wenn Kazuko nun schon seit ein paar Wochen wieder bei ihren Eltern wohnte hatte sie das meiste aus ihrem Koffer noch nicht in die Schränke geräumt. Nur die bereits schon einmal gewaschenen Klamotten hatte die Braunhaarige schon feinsäuberlich zusammengelegt und im mittleren Fach des Schrankes verstaut.

Leise schlich Kazuko auf den Flur. Im Haus herrschte wie zu erwarten totenstille. Auf Zehenspitzen schlich die Braunhaarige bis ins Bad um sich einen Haargummi zu holen mit dem sie anschließend nach unten in die Garderobe schlich. Schnell zog sie ihre Schuhe an, dann verließ sie geräuschlos das Haus. Tief atmete die Braunhaarige durch als sie draußen in der kühlen Finsternis stand. Ihr Herz schlug auf über 180 so angespannt wie sie grade gewesen war. Tief atmete sie ein und aus während sie die Straße entlang ging. Ihr Finger glitt schnell über das Display ihres Handys um ihre Musik zu starten. Kaum hatte die Braunhaarige sich ihre kleinen inear Kopfhörer in die Ohren gesteckt begann sie langsam zu joggen.
Mit einem leichten Lächeln reckte sie die Nase nach oben in den leicht kühlen Wind der an ihr vorbei zog. Die menschenleeren Straßen kamen Kazuko genau recht, denn so konnte sie ohne nachzudenken vor sich herlaufen ohne ausweichen zu müssen.

Zu Oberschulzeiten als Kazuko noch aktiv Volleyball gespielt hatte war sie oft joggen um schnell, aktiv und beweglich zu bleiben, schließlich war dies alles essenziell wichtig für diesen Sport. Jetzt jedoch, spürte Kazuko als sie die fünf Kilometermarke erreicht hatte, dass ihre Kräfte langsam schwanden. Hektisch atmend fiel sie erst in einen langsamen jogg um kurz darauf in ein normales Gehen zu verfallen.

„Ich bin wohl etwas aus der Übung", sprach die Braunhaarige mit einem leisen Lachen zu sich selber woraufhin sie am Handy ihr Tracking beendete.

Genauer blickte Kazuko sich um. Ohne nachzudenken war sie vor sich hergelaufen, somit hatte sie nicht mitbekommen, dass sie nun inmitten des finsteren Parks stand der nur ab und an spärlich von dem gelben Licht einer Straßenlaterne beleuchtet wurde. Tief schluckte die Braunhaarige. Sie wusste genau wie groß der Park war, der vorallem aus vielen großen Wiesen, aber auch kleinen Fleckchen mit Bäumen und Sträuchern sowie Spielgeräten für Kinder bestand. Prüfend blickte Kazuko sich zu allen Seiten um. So oft wie sie hier war wusste sie wenigstens genau wo sie war, doch zugleich wusste sie ebenso dass es einige Zeit dauern würde, bis sie den Park wieder verlassen hatte. Tief atmete die Braunhaarige ein und aus.

„Das ist nur ein Park, dir wird nichts schlimmes passieren", sprach die Braunhaarige immer wieder zu sich selbst während sie tief durchatmete. Alle paar Meter drehte Kazuko sich erschrocken um, doch jedes Mal war es nur ihr eigener Schatten vor dem die Braunhaarige sich erschreckte. Seufzend fasste sie sich an die Brust. Laut hämmerte ihr Herz welches den ganzen Stress bald nicht mehr auszuhalten schien.

Sehnlichst kreuzte nach einigen Minuten ein Beachvolleyballfeld ihren Blick. Ein Lächeln zog sich über ihre Mundwinkel. So schnell wie die Angst gekommen war, so schnell war sie auch wieder verflogen. Langsam schritt Kazuko auf das Feld zu. Ihre Finger glitten über das kühle Seil des Netzes. Der feine Sand in den sie soeben die Hand gesteckt hatte rieselte durch ihre Finger.
Dieses Gefühl welches sie schon fast vergessen hatte. Ihre Liebe zum Sport, der sie immer wieder an ihre Grenzen brachte. Die einzigen Stunden am Tag die Kazuko sich frei gefühlt hatte. Ein Stechen glitt durch ihr Herz welches sich allmählich beruhigt hatte. Die Oberschule, der letzte Ort an dem sie diesen Sport noch ausführen konnte, das letzte Mal das Gefühl wahrer Freiheit spüren konnte.

Leise seufzend ließ sie den Sand aus ihrer Hand zurück auf das Feld. Dennoch setzte die Braunhaarige ein entschlossenes Gesicht auf.

„Ich werde wieder Volleyball spielen und keiner wird mich aufhalten! Wenn meine Eltern mich nicht lassen, dann halt heimlich!"

Erschrocken über sich selbst blickte Kazuko sich hektisch um. Sie hatte alles aus sich herausgeschrien. Mit hoch rotem Kopf drehte die Braunhaarige sich zu allen Seiten um in der Hoffnung keiner hätte sie gehört. Erleichtert atmete sie aus als sie nur das leise Gezwitscher der ersten Vögel hörte welche langsam erwachten. Ihre Rufe hatten ihr neue Kraft gegeben. Entschlossen lief Kazuko weiter, bis sie schließlich zuhause ankam.

Heimlich schlich sie sich ins Haus, worauf sie nur schnell einen Abstecher in ihrem Zimmer machte für neue Klamotten und daraufhin im Bad verschwand.

Mit geschlossenen Augen und einem wohligen Lächeln auf den Lippen genoss Kazuko das warme Wasser welches sie von außen und innen entspannen ließ. Joggen, sowie die anschließende Dusche war genau das richtige um all ihre Gedanken auszulöschen. Gedanken über Chuuya, ihre Eltern und ihre unerwiderten Gefühle gegenüber des Orangehaarigen. Noch viel länger als nötig blieb Kazuko an die kalten Fliesen mit ihrem Rücken gelehnt in der Duschkabine stehen. Das gleichmäßige Rauschen des Wassers welches auf sie traf, sowie das Gefühl der Wärme welche sie umhüllte tauchte Kazuko in eine weiche Wolle.

Nur schwer konnte Kazuko sich ein paar Minuten später von dem allen lösen. Mit leisem Seufzer stieg sie aus der Dusche und trocknete sich ab. Es gab etwas was sie nicht verdrängen könnte, den Ärger den es geben würde, würde einer ihrer Eltern mitbekommen, dass sie um 4 Uhr morgens unter der Dusche stand weil sie zuvor draußen laufen war.

Wenig später nahm Kazuko mit trocken geföhnten Haaren und in neuen Klamotten bekleidet ihre Sportklamotten auf die Arme um das Zimmer zu verlassen.

„Was machst du hier?"

Kazuko verharrte in der Bewegung. Im Dunklen des Flurs, nur beleuchtet durch das weiße Licht des Bades stand ihr Vater vor ihr mit strengen Blick. Erschrocken ließ es Kazuko zusammen fahren während ihr Herz schnell schlug als vorhin als sie laufen gewesen war.

„Ich...Ich war duschen. Ich...Ich hab es gestern Abend vergessen weil..."

„Lüg mich nicht an!", schrie der braunhaarige Mann dazwischen der sie mit seinen vor Zorn funkelnden, braunen Augen durchbohrte.
„Was ist dann das?!"

Ruckartig zog er Kazuko's benutzte Sporthose aus ihren Armen. Verachtend knurrte er, dann warf er sie seiner Tochter vor die Füße.

Zitternd blieb Kazuko wie versteinert stehen. Sie wusste, was ihr blühte. Etwas von dem sie nie wieder wollte, dass es passieren würde. Schnell lief sie weg. Ein unangenehmer Schmerz am Kopf hielt sie zurück. Leise schrie die junge Frau auf, versuchte sich kurz zu wehren, gab aber dennoch auf. Der Schmerz ließ ihre Augen glasig werden. Innerlich betete sie sie würde sich das alles nur einbilden doch der Schmerz war viel zu real um es sich einzubilden.

Grob zog der Braunhaarige seine Tochter an den Haaren die er gerade gepackt bekommen hatte zurück. Leise schrie diese auf vor Schmerz.

„1. Du hast mich angelogen!"

Der erste Schlag mit der flachen Hand traf erbarmungslos Kazukos rechte Wange.

„2. Du hältst dich nicht daran, dein Zimmer nach 22 Uhr nicht mehr zu verlassen."

Kräftig zog der Mann an Kazuko's Haaren. Kazuko biss sich auf die Unterlippe um nicht laut zu schreien und ihre Tränen zu unterdrücken. Um alles in der Welt wollte sie ihm nicht auch noch die Genugtuung geben wegen ihm zu weinen. Ächzend stoppte Kazuko der Atem. Mit voller Kraft hatte ihr Vater sie gegen die Wand geschubst. Ein stechender Schmerz traf sie im Ellenbogen. Zitternd sah sie hoch, direkt in die Augen ihres Vaters.

„Na los, bring dein Gesicht in Ordnung, in einer Stunde fahren wir los."

Die Schritte des Braunhaarigen hallten in Kazuko's Kopf wieder als er seine Tochter hinter sich ließ. Kazuko's Herz stach. Ähnlich wie bei Chuuya und doch irgendwie anders. Der Kloß in ihrem Hals drückte ihr weiter die Tränen in die Augen gegen die sich die junge Frau so sehr wehrte.
Immer wieder fragte sie sich womit sie das alles verdient hatte. Was sie alles falsch gemacht hatte. Oder ob es vielleicht ein Fluch war, dass sie keine Liebe erfahren durfte, schließlich wurde sie nicht nur von ihren Eltern abgelehnt sondern auch von dem Mann den sie liebte.

Ächzend erhob sie sich. Ihre zitternden Beine drohten dabei fast nachzugeben. Mit einer Hand krallte Kazuko sich in den Türstock, mit der anderen zog sie sich an der Türklinke der Badezimmertür nach oben. Wäre die Klinke nicht gewesen auf der sie sich abstützen konnte, wäre sie wahrscheinlich wie ein Klappmesser zusammen gefallen. Tief atmete Kazuko durch, sowohl um neue Kraft zu tanken, aber auch um ihre Gedanken zu ordnen. Langsam beruhigten sich ihre noch leicht zitternden Beine. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Ein Vorgang den Kazuko fünf mal wiederholte. Bei jedem Mal spürte sie wie ihr Kopf klarer wurde, ihr Herz hingegen reparierte es nicht, es stach nach wie vor. Liebe würde für immer ein Fremdwort bleiben.

Mit neuer Kraft schleppte sich die Braunhaarige an den Spiegel der an der Wand über dem Waschbecken befestigt ist. Ein Blick hinein reichte um sie zusammen zucken zu lassen. Zusätzlich zu ihren dunklen, lila Augenringen, zierte nun auch noch ein roter Handabdruck ihre Wange. Zudem machten ihre zu allen Seiten abstehenden Haare das Gesamtbild nicht wirklich besser.

Seufzend griff die junge Frau nach ein paar Schminkutensilien aus dem neben ihr stehenden, weißen Badschrank. Erst musste sie den Handabdruck mit Make-up abdecken, dann folgten die Augen. Hier ging sie besonders vorsichtig aber dennoch geschickt vor. Normalerweise hielt Kazuko nicht viel davon sich Schminke ins Gesicht zu klatschen, doch ihre Augenringe überschminkte sie nun schon seit einer Woche. Einerseits da sie selber empfand dass diese wie einen Zombie wirken ließen und zum anderen um der Standpauke ihrer Eltern zu entgehen sie könnte so nicht unter die Leute gehen, vorallem nicht so vor deren Kunden treten.

Die restliche Stunde bis sie los mussten verbrachte Kazuko in ihrem Zimmer. Mit geschlossenen Augen lag sie auf ihrem Bett. Über die Kopfhörer spielte leise die Musik Alan Walkers in ihr Ohr. Musik die sie normalerweise so liebte, machte sie nun nur noch deprimierter, dementsprechend drehten sich auch ihre Gedanken. Gedanken alles falsch zu machen. Gedanken für niemanden genug zu sein. Gedanken um Chuuya den sie so sehr vermisste, dass es erneut in ihr Herz stach. Gedanken um ihren Bruder der sich nicht bei bei ihr gemeldet hatte. Ob er sie überhaupt vermisste?

Hektisch setzte Kazuko sich auf. Mit beiden Händen klatschte sie sich zweimal kräftig mit den Handflächen auf die Wangen.

*Was ist nur los mit mir? So war ich doch nie. Seitwann empfinde ich alles als negativ? So will ich nicht sein.*

Laut ließ die Braunhaarige die Luft aus ihren Wangen entweichen. Diese Sache mit Chuuya müsste sie schnellstmöglich verdrängen, sie war sich sicher, sie würde ihn sowieso nie wieder sehen. Ihr Leben sollte so werden wie es zuvor war, zwar war das auch nicht das Beste, aber immer noch besser als jeden Tag trauernd auf dem Bett zu sitzen.

„Kazuko komm runter, wir fahren!", hörte die Braunhaarige die Stimme ihrer Mutter.

Ohne zu antworten packte sie schnell ihre Kopfhörer weg und griff nach ihrem Handy dann lief sie zur Tür hinaus, die Treppe nach unten. Ihr Gesicht zierte dabei ein sanftes Lächeln, so wie es immer ihre Lippen geziert hatte. Selbst als sie ihre Mutter erblickte die sofort das äußere Erscheinungsbild ihrer Tochter überprüfte ließ sie nicht aus der Ruhe bringen.

„Wo ist Papa?", fragte sie stattdessen und ging an ihrer Mutter vorbei um sich ihre Schuhe anzuziehen.

„Er arbeitet heute von zuhause. Wenn du willst fahr du heute ruhig. Aber fahr nicht irgendwo dagegen."

Den gehässigen Nachgeschmack des dritten Satzes drang bei Kazuko zum einen Ohr rein und zum andern wieder raus. Stattdessen nahm die Jüngste der Braunhaarigen lächelnd den Autoschlüssel aus der Hand.

„Werd ich schon nicht", glitt es ihr federweich über die Lippen worauf sie ihren Weg zur Garage weiter fortsetzte. Automatisch öffnete das Tor als Kazuko den zugehörigen Knopf auf dem Expander des Schlüsselbundes drückte. Als hätte er nur auf sie gewartet glänzte der schwarze Bugatti ihr entgegen. Kazuko stieg auf der Fahrerseite ein. Während sie den Sitz auf ihre Größe einstellte nahm ihre Mutter neben ihr auf dem Beifahrersitz Platz. Kazuko spürte genau den beobachteten Blick der Frau neben ihr, die nur auf einen Fehler ihrer Tochter zu warten schien um diese zu kritisieren. Es war ein unangenehmes Gefühl so beobachtet zu werden. Ein einengendes Drücken welches einen fast schon zu Fehlern zwang. Kazuko versuchte so gut es ging die Ruhe zu bewahren, startete daraufhin den Motor und fuhr los. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Auch wenn dieses Auto jedem ins Gesicht schrie wie viel Geld ihre Familie hatte, so war es dennoch ein Sportwagen und somit ihre absolute Liebe. Würde ihre Mutter nicht direkt neben ihr sitzen, würde sie nur zu gerne den Wagen mal richtig ausfahren. Dem Geräusch des Motors lauschen, genauso wie dem Rauschen des Alphalts über den die Räder rauschten. Doch selbst jetzt reichte ihr fürs erste der Weg zur Arbeit um sich schlagartig besser zu fühlen.

In der Garage des Autohauses angekommen brachte sie den Wagen zum halten. Ihre Mutter die die ganze Fahrt über geschwiegen hatte, suchte nach wie vor nach Fehlern ihrer Tochter, doch die Suche war vergebens.

„Gib mir schon mal den Schlüssel, ich werde heute vor dir nach Hause fahren".

Fordernd streckte die Frau ihre Hand Richtung Kazuko aus. Ohne zu zögern legte die Jüngere den Schlüssel des Bugatti in ihrer geöffneten Handfläche ab. Dass sie heute wieder zu Fuß nach Hause gehen müsste hatte sie sich fast schon gedacht, somit war auch dies keine Überraschung gewesen. Im ersten Obergeschoss verabschiedeten sich die beiden Familienmitglieder von einandern.

„Mach nicht wieder etwas falsch sonst hast du bald auch noch auf der anderen Seite einen Handabdruck im Gesicht". Kazuko's Mutter hatte mit einem gehässigen Lächeln den Kopf schiefgelegt während die Worte ihre Lippen verließen.

Im inneren ließen diese Worte Kazuko versteifen. Erneut diese Schmerzen zu spüren konnte sie verzichten.

Leicht verbeugte sie sich vor ihrer Mutter.

„Ich werde mein Bestes geben."

Kaum hatte Kazuko fertig gesprochen schob sich die graue Tür des Aufzugs zwischen Mutter und Tochter.

Entspannt atmete Kazuko aus und ließ ihre Schultern hängen. Nicht mehr unter durchgehender Beobachtung zu stehen entspannte sie sofort. Es war immer wieder beeindruckend welch manipulative Art ihre Mutter nur mit Worten und Blicken hatte.

„Guten Morgen Frau Dazai, hätten Sie gerne einen Kaffee?", trällerte kaum hatte Kazuko sich umgedreht ihr die Stimme von Frau Kato entgegen. Ihre Arbeitskollegin mit den schwarzen Haaren lächelte ihr so breit entgegen als würde sie versuchen einen Wettbewerb für das freundlichste Lächeln zu gewinnen.

„Danke, aber ich hole ihn mir selber", winkte Kazuko freundlich ab, die an der fast Gleichaltrigen vorbei ging. Schnell stellte sie ihre Tasche an ihrem Platz ab, dann ging sie den Flur entlang zu einer kleinen Küche für die Mitarbeiter.

Nur wenig später schüttete die junge Frau sich den frisch aufgesetzten Kaffee in eine weiße Tasse. Mit einem sanften Lächeln reckte Kazuko ihre Nase entgegen. Es gab wirklich keinen besseren Duft als den von frisch aufgebrühten Kaffee.
Aus dem Kühlschrank holte sie noch eine Packung Milch von der sie einen kleinen Schluck der fast schwarzen Flüssigkeit hinzufügte und ihr somit einen hellen Braunton verlieh. Noch schnell drei Löffel Zucker und fertig war ihr Lebenselixier welches sie durch den frühen Morgen führen sollte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen führte sie ihr Weg zurück in die große Halle, besser gesagt zu ihrem Arbeitsplatz.

Ein Vibrieren ihres Handys ließ sie kurz nachdem sie sich auf ihrem schwarzen Drehstuhl niedergelassen hatte zusammen fahren. Sofort schlug das Herz der Braunhaarigen höher als sie ihr Handy aus der Tasche ihres Anzugs fischte.

*Bestimmt eine Nachricht von Samu*

Ein Blick auf ihr Display weckte neue Gefühle. Eine Mischung zwischen Enttäuschung und Bedauern. Es war nicht Osamu der ihr geschrieben hatte. Auch nicht Chuuya. Auf ihrem Sperrbildschirm war eine Email angezeigt. Eine Email die nicht von irgendwem stammte. Absender war Herr Sakamoto, der Chef des Autohauses aus Yokohama bei dem sich Kazuko zuerst vorgestellt hatte. Fest krallten sich die dünnen Finger der jungen Frau fester um das Gerät. Mit zitterndem Finger strich sie die Nachricht zur Seite um sie zu öffnen.

Sehr geehrte Frau Dazai,

Sie haben mich bei Ihrem Vorstellungsgespräch sehr überzeugt. Da sich kurzfristig einer unserer Azubis abgemeldet hat, sind Sie mir als erstes in den Sinn gekommen.

Wir würden uns sehr freuen wenn Sie bei uns Ihre Ausbildung nachholen würden.

Bitte melden Sie sich schnellstmöglich, sonst müssten wir die Stelle anderweitig vergeben.

Mit freundlichen Grüßen

Sakamoto Autohaus.

Kazuko's Magen schmerzte. Zu gerne würde sie das Angebot annehmen. Nichts lieber würde sie zurück nach Yokohama. Doch es ging nicht, zu ihrem Bruder konnte sie unmöglich zurück ohne Chuuya wieder die gleichen Schmerzen wie zuvor anzutun. Etwas was die Braunhaarige unter keinen umständen erneut bei ihm hochholen wollte. Und für eine eigene Wohnung würde das wenige Gehalt nicht reichen.

Zögerlich öffnete Kazuko an ihrem Handy das Fenster für eine Antwort. Schnell bewegte sie ihre Finger über das Display, als plötzlich etwas vor ihr auf dem Tisch abgelegt wurde.

„Ihr Liste an Kunden für heute Frau Dazai. Der erste wird jeden Moment hier sein."

Erschrocken zuckte Kazuko zusammen worauf sie als Reflex augenblicklich ihr Handy ausschaltete. Freundlich lächelte sie Frau Kato leicht entgegen.

„Vielen Dank, für welches Auto interessiert sich denn der Kunde?"

„Er wünscht eine Beratung", antwortete die Schwarzhaarige. „Er kommt grade."

Kazuko hob ihren Blick. Mit gleichmäßigen Schritten kam ein junger Mann auf sie zu. Gekleidet im schwarzen Anzug. Kurze Orangene Haare. Stechende, eisblaue Augen.

„Das kann nicht sein", wisperte Kazuko.

Augenblicklich wurde ihr heiß und kalt zugleich. Ihr Herz schlug als wäre sie einen Marathon gelaufen. Doch ihr Magen drehte sich zeitgleich um als hätte die Braunhaarige etwas schlechtes gegessen.

„Haben Sie etwas gesagt Frau Dazai?", beugte sich die Schwarzhaarige neben ihr runter.

„Bitte...übernehmen Sie ihn", wisperte Kazuko leise zurück die ihre Augen nicht von dem Orangeschopf nehmen konnten.

„Er hat ausdrücklich nach Ihnen verlangt. Entschuldigen sie mich bitte".
Mit diesen Worten ließ Frau Kato sie allein zurück. Kazuko's Herz hörte währenddessen nicht auf schneller zu schlagen. Weiter durchbohrte ihr Blick ihren ehemaligen Mitbewohner der sich nun auf den Stuhl vor sie setzte.

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Chuuya ist back 😁 bloß wie die Aussprache der beiden laufen wird das weiß noch keiner von beiden.
Wird es eskalieren oder wird es doch friedlich enden?😌🤔

Lasst gerne Feedback da, freue mich immer sehr 😊 nächstes Kapitel kommt am Freitag, bis dann👋

(3690 Wörter)

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