Kapitel 15


Es war fünf Minuten vor 16Uhr als der weiße Schnellzug im Bahnhof Saitama's zum halten kam. Seufzend zog Kazuko ihren schwarzen Rollkoffer aus dem Zug hinter sich her. Auf dem Bahnsteig angekommen blickte sich die Braunhaarige suchend nach rechts und links um. Auch nach mehreren Malen des umsehens musste Kazuko feststellen, dass ihre Eltern noch nicht da waren.

*Es ist noch nicht 16 Uhr sie kommen bestimmt gleich.*

Wartend setzte Kazuko sich auf eine freie Bank am Ende des Bahnsteigs. Dort befanden sich ebenfalls die Treppen die nach unten zum Parkplatz führten, würde ihre Eltern kommen, wär dies wohl der Ort an dem sie ihre Tochter als erstes erblicken würden.

Auf ihrer Unterlippe kauend ließ Kazuko ihre Beine immer wieder vor und zurück baumeln. Inzwischen war schon einige Zeit vergangen seit sie sich gesetzt hatte. Im Minuten Takt überprüfte die junge Frau ihr Handy. Doch weder sah sie ihre Eltern, noch erreichte sie eine Nachricht von diesen, dass sie sich verspäten würden.

*Haben sie mich wirklich vergessen? Zuzutrauen wäre es ihnen*

Leise brummte sie auf diesen Gedanken hinweg. Sanft spürte sie ein Vibrieren an ihrer rechten Hand, welche sie mit samt Handy in der Tasche ihrer schwarzen Sweatshirtjacke vergraben hatte. Erleichtert seufzend zog Kazuko ihr Handy heraus. Bestimmt war es eine Nachricht, dass sie gleich da wären, das war es zumindest was sie von ganzen Herzen hoffte. Kaum erhellte sich das Display des Geräts laß die Braunhaarige die Nachricht die sie bekommen hatte. Sie war wirklich von ihrer Mutter, dennoch war es nicht die Nachricht die sie sich erhofft hatte.

»Wir schaffen es nicht dich abzuholen, zu viel zu tun. Aber du weißt noch wo das Haus steht. Mei wird dich hereinlassen.«

Fester ballten sich Kazuko's Finger um das Gerät in ihrer Hand. Leise brummend fragte sie sich innerlich wie sie nur im Ansatz vermuten hätte können, dass sich etwas geändert hatte. Es war wie immer das gleiche Spiel, alles war für ihre Eltern wichtiger als ihre eigenen Kinder. Seit Kazuko denken konnte war es so.

Leise seufzend nahm sie den Griff ihres Rollkoffers den sie missmutig die Stufen vom Bahnsteig zum Parkplatz hinter sich her zog. Anders als bei Osamu war der Bahnhof von ihrem Zuhause nicht ein paar Gehminuten entfernt sondern zufuß eine Stunde. Es würden zwar Busse fahren, doch Kazuko hatte wie schon vor einer Woche kein Geld mehr. Alles was Osamu ihr geliehen hatte, hatte sie diesem zurückgegeben. Fester umgriff sie den Griff des Koffers und atmete tief durch. Es würde nichts helfen sich jetzt zu beschweren oder zu jammern, dem war sie sich bewusst. Mit einem sanften Lächeln hob die Braunhaarige ihre Nase in den sanften Sommerwind der um ihr Gesicht wehte wie viele kleine Federn. Auch wenn Saitama ohne es schön zu reden ebenso eine Bevölkerungsreiche Stadt ist, fühlte Kazuko sich in den deutlich geringeren Menschengruppen wohler als in Yokohama. Dennoch hatte sie auch nichts gegen die Hafenstadt, ganz im Gegenteil.

Etwa eine Stunde später kam Kazuko an dem Haus an in dem sie ihre komplette Kindheit und Jugend verbracht hatte. Zögernd legte sie ihren Finger auf den runden Knopf der Klingel. Was würde sie wohl erwarten? Würde alles so weiter gehen wie zuvor? Daran dass ihre Eltern ihre Arbeit über ihr eigenes Kind stellten hatte sich zumindest nichts geändert. Tief atmete die junge Frau aus, dann drückte sie entschlossen den Knopf hinein. Bis nach außen ertönte das leise Geräusch der Türklingel. Nur ein paar Sekunden später wurde die Tür geöffnet. Mei, die Haushälterin der Familie begrüßte das jüngste Mitglied der Familie Dazai mit einer tiefen Verbeugung.

„Fräulein Dazai, es freut mich sehr sie wieder zu sehen."

„Mei hör auf damit, das sag ich dir schon seit Jahren, nenn mich einfach Kazuko", winkte die Braunhaarige mit einem verlegenen Lachen ab. Der Reichtum ihrer Eltern war ihr in vielen Dingen sichtlich unangenehm. Selbst in der Grundschule begann es schon damit, dass alle neidisch ihre teuren Haarklammern, Schuhe oder sogar Stifte beäugten. Oft genug durfte sie sich anhören dass sie etwas besseres sei obwohl sie selbst nie so empfand. Das einzige was Kazuko immer wollte waren richtige Freunde, mehr nicht, doch selbst das hatte sie in ihren ganzen Jahrem die sie zur Schule ging nicht wirklich geschafft.

„Sehr wohl Fräulein Kazuko. Bitte geben Sie mir ihren Koffer, damit ich ihn in ihr Gemach bringen kann."

„Nicht nötig ich schaff das schon selber", lächelte Kazuko freundlich während sie sich ebenfalls sanft vor der Schwarzhaarigen verbeugte. „Sind meine Eltern da? Ich würde gerne mit ihnen sprechen."

„Frau Dazai befindet sich in ihrem Büro im zweiten Stock."

„Danke, wir sehen uns später."

Schnell nahm Kazuko ihren Koffer an ihrem Tragegriff, bevor Mei ihn doch noch nach oben getragen hätten. Über die mit rotem Teppich verschönerte Treppe schritt Kazuko nach oben in den zweiten Stock. Bei jeder Stufe ließ sie ihre Hände über das Metallgeländer gleiten welches mit den schönsten Einkerbungen verziert war. Oben angekommen, ließ sie ihren Koffer stehen und machte sich ohne diesen den Weg über das dunkle, edle Paket weiter bis zur Bürotür ihrer Mutter. Mit den Knöcheln ihrer Finger klopfte sie an. Kurz wartete die Braunhaarige auf eine Antwort doch als auch nach ein paar Sekunden kein Mucks ertönte, drückte Kazuko vorsichtig die Klinke nach unten. Heimlich linste sie in das Zimmer welches mit rotem Teppich ausgelegt war. Vor einer riesigen Glasfront thronte der schwarze aus Eiche maßgeschreinerte Schreibtisch ihrer Mutter. In der Mitte der Zimmerdecke thronte ein vergoldeter Kronleuchter der bestimmt fast einen halben Meter von der Decke nach unten hing. Hinter dem Schreibtisch erblickte sie Kazuko schließlich, ihre Mutter. Aufrecht saß die Braunhaarige hinter drei Bildschirmen versteckt.

„Hallo Mama", machte Kazuko vorsichtig auf sich aufmerksam.

Ihre Mutter setzte sich gerade auf, worauf sie mit ihren blauen Augen über den oberen Rand ihres Bildschirms linste. Ein gespielt freundliches Lächeln huschte der Frau über die Lippen als sie ihre Tochter im Türrahmen stehen sah.

„Du bist schneller hier als erwartet. In einer Stunde gibt es Abendessen, dann sehen wir uns unten. Wo dein Zimmer ist weißt du hoffentlich noch. Sei aber nicht zu überrascht, wir dachten du kommst nicht wieder also sieht es dementsprechend anders aus."

Nach diesen Worten richtete die Braunhaarige ihren Blick zurück auf den Bildschirm. Es war für sie so nebenbei gewesen als hätte sie soeben einem Erstklasskind erklärt das eins plus eins zwei wäre. Kazuko die ihre Lippen fester aufeinander gepresst hatte um ihre hochkommenden Gefühle zu unterdrücken, ballte nun auch ihre Hände zu Fäusten. Diese nach außen hin so perfekt wirkende Familie war im inneren so kalt wie eh und je.

„Ich freu mich auch dich zu sehen", flüsterte Kazuko leise, als hätte sie diese Worte eigentlich von ihrer Mutter erwartet. Auf dem Absatz drehte sich die Braunhaarige um, verließ den Raum und schloss hinter sich die Tür des Büros. Tief atmete Kazuko ein und aus als sie durch den Gang schritt. So schlimm wird es schon nicht werden.

Am Treppenabsatz angekommen, schnappte die Braunhaarige sich ihren Koffer, dann ging sie bis zum anderen Ende des Gangs zu ihrem Zimmer.
Kaum stieß sie die Tür auf stockte ihr der Atem. Der sonst von den Möbeln schlicht eingerichtete Raum, der mit Dekosachen überlief war wie leer gefegt. Alles was übrig geblieben war, waren ihr Bett, ihr Schrank und ihr weißes Regal. All ihre Trophäen vom Volleyball?-weg. Ihre Bücher?-weg. Ihre Fotoalben?-weg. Ihre Klamotten?-ebenfalls weg. Ihre Pflanzen?-keine Spur. Selbst Pil, ihr Stoff Pinguin den Osamu ihr geschenkt hatte als er sein Elternhaus verlassen hatte wurde entsorgt. Fassungslos rutschte Kazuko der Griff ihres Koffers aus der Hand. Auch wenn an dem Tag an dem sie rausgeworfen wurde, so gut wie klar war, dass sie nie wieder zurück gekommen wäre, so sicher wäre es ebenso gewesen dass Kazuko früher oder später ihre Besitztümer abgeholt hätte, spätestens wenn sie ihre eigene Wohnung gehabt hätte. Sprachlos drückte sie mit dem Rücken die Tür hinter sich ins Schloss. Fassungslos setzte sich die Braunhaarige im Schneidersitz auf das weiß bezogene Bett. Alles was ihr Zimmer früher ausgemacht hatte wurde restlos vernichtet. Jede einzelne Faser ihres früheren Lebens wurde ausgelöscht. Es war als würde sie sich im Zimmer jemand vollkommen Fremden befinden. Mit den Tränen kämpfend presste die junge Frau die Lippen aufeinander. Alle Erinnerungen waren weg.

Mit zitternden Händen zog Kazuko ihr Handy aus ihrer Jackentasche. Während der Fahrt hatte sie Osamus neue Nummrr eingespeichert unter dem Namen "Lilly", einer früheren Bekannten aus der Oberschule, mit der die achtzehnjährige allerdings kaum noch Kontakt hatte. Sie war sich sicher, dass dieser Name ihren Eltern bestimmt nicht negativ auffallen würde.

Mit pochenden Herzen wählte sie den Kontakt. Kazuko fragte sich selbst ob es wirklich das richtige war was sie da tat. Auf der einen Seite musste sie dringend mit jemandem reden, andererseits wusste sie auch wie sauer ihren Bruder die Tat ihrer Eltern machen würde.

Seufzend drückte sie auf den grünen Button. Mit wem sollte sie sonst reden, wenn nicht mit ihrem Bruder?

Eine halbe Minute hörte Kazuko nur das Freizeichen am anderen Ende der Leitung. Kurz bevor die Braunhaarige aufgegeben hätte, hob Osamu ab.

„Samu, ich dachte schon du gehst gar nicht mehr ran", seufzte Kazuko erleichtert. „Tschuldige, dass ich dich erst jetzt anrufe. Ich wollte dich anrufen sobald ich zuhause bin, aber unsere Eltern...Du kennst sie, sie waren zu viel mit der Arbeit beschäftigt, das hat gedauert bis ich den ganzen Weg gelaufen bin."

Stille.

Kazuko atmete leicht ein.

„Tut mir leid falls ich störe, aber ich musste kurz mit dir reden. Mama und Papa haben mein komplettes Zimmer ausgeräumt, bis auf die Möbel ist alles weg." Bitter lachte die Braunhaarige auf als ihr verletzter Blick durch ihr leeres Zimmer schweifte. „Alle Erinnerungen haben sie zu Nichte gemacht."

Leise schniefte Kazuko. Es war ihr nicht mehr möglich ihre Tränen zurück zu halten. Schnell wischte sie die salzigen Wassertropfen mit dem Handtücken von ihren Augen.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht voll heulen, aber ich weiß nicht wie ich darauf regieren soll."

Wieder Stille.

Fester drückte Kazuko ihre Finger dichter um ihr Handy.

*Warum antwortet er nicht? Ist er so wütend?*

Augenblicklich zog sich ihr Magen zusammen. Vielleicht war es doch keine gute Idee ihren Bruder anzurufen. Doch wer hätte sonst für sie da sein sollen?

„Kazuko?", hörte sie den leisen Hauch einer verschlafenen Stimme, der ihr Herz augenblicklich schneller schlagen ließ.

*Nein...das kann doch nicht sein...*

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Euch allen wünsche ich ein schönes Wochenende 😊👋

Wer so Eltern hat der braucht wirklich keine Feinde mehr 😕 immerhin hat Kazuko noch Dazai

Lasst gerne Feedback da😊
Nächstes Kapitel kommt am Montag, bis dann 😊👋

(1725 Wörter)

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