Kapitel 12


„Was will die denn jetzt?", brummte Osamu genervt, der auf dem Display die selbe Nachricht wie seine Schwester gelesen hatte. „Am besten du gehst gar nicht erst ran."

Kurz bevor Osamu's Finger das Symbol mit dem roten Zeichen für auflegen berühren konnte, zog Kazuko ihm das Handy weg.
Mit einem vorgespielten Lächeln drückte sie das Gerät etwas an sich und stand auf.

„Dauert bestimmt nicht lang, ich bin gleich wieder zurück", winkte die junge Frau ab. In ihr drin herrschte allerdings ein tobender Wirbelsturm der Gefühle. Von der Angst dass etwas passiert war, bis zur Hoffnung eine Entschuldigung wegen neulich zu hören war alles dabei. Schnellen Schrittes lief die junge Frau in ihr Zimmer worauf sie die Tür hinter sich schloss bevor sie den Anruf annahm.

K: »Hallo?«

Kräftiger krallten sich Kazuko's Finger um das Mobilgerät als sie den Anruf annahm und sich kurz darauf das Gerät ans Ohr hielt.

M: »Wo bist du?«

Kein Hallo. Kein wie geht es dir. Nur direkt eine vorwurfsvolle Frage, so wie Kazuko es schon seit ihrer Geburt gewohnt war. Ein dicker Kloß stieg ihr bis in den Hals. Wie konnte sie nur erwarten von dieser Person eine Entschuldigung zu hören.

K: »Bei Osamu«

M: »Du bist wirklich zu deinem Taugenichts von Bruder gefahren? Und wie ist es so ihm auf der Tasche zu liegen? Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass du schon eine Arbeit gefunden hast die dir genug einbringt.«

Kazuko schwieg. Diese Tatsache nochmal von jemand Außenstehenden unter die Nase gerieben zu bekommen schmerzte doppelt. Natürlich bekam sie ohne Ausbildung keinen Job in dieser Branche, niemand besser als ihren Eltern was dies bewusst. Ihre Mutter wusste schon immer in welche Wunden sie stechen musste, dass ihre Tochter darunter zusammen brach.

M: »Deiner langen Pause nach zu urteilen habe ich komplett ins schwarze getroffen.«

Auch ohne die braunhaarige Frau zu sehen hatte Kazuko ihr gehässiges Lächeln direkt vor Augen. Dieses Lächeln welches sie immer aufgesetzt hatte wenn sie ihre Tochter kontrolliert hatte. Während alle Kinder draußen spielten, musste sie zuhause bleiben und lernen. Bei Klassenfahrten war sie es die als einzige zuhause geblieben war. Das schlimmste aber war, dass kaum war Osamu ausgezogen ihre Mutter ihr jeglichen Kontakt zu ihm verbot.

M: »Ich mache dir einen Vorschlag: Uns fehlen Leute im Autohaus, wir brauchen dringend Mitarbeiter. Wir würden dich trotz deines groben Fehlers zurück nehmen. Denk dran, du bist erst 18 und ohne Ausbildung wird dich keiner nehmen. Denk an Osamu, willst du ihm wirklich so viele Jahre eine Last sein?«

Kazuko's Hände zitterten von Sekunde zu Sekunde mehr vor Wut und Verzweiflung. Ihr Inneres schrie sie an ihr Handy sofort mit voller Kraft gegen die Wand zu schmeißen, hoffend dass es in hunderte Teile zerspringen und somit alle Kontakt Möglichkeiten zu ihrem alten Leben zurückzukehren auslöschen würde. Doch eine Sache gab es die sie davon abhielt. Beziehungsweise Jemand. Und dieser Jemand war niemand geringeres als Chuuya. Seit sie diese neuen Gefühle kennengelernt hatte, konnte sie noch besser verstehen wie beschissen ihr Mitbewohner sich fühlen musste, jedes Mal wenn er sie sah. Heute Morgen hatte sie es ihm versprochen. Versprochen sich von ihm fern zu halten. Sie wollte ihm nicht weiter weh tun. Tief atmete die Braunhaarige ein während ihre Finger ihr Handy dichter umschlossen.

K: »In Ordnung, ich komme wieder.«

M: »Gutes Kind, ich wusste doch dass du nicht so dumm bist. Wir holen dich morgen um 16:00 in Saitama vom Zug ab, sei pünktlich.«

Aufgelegt

Kein Tschüss. Kein bis bald. So war es Kazuko gewohnt, dennoch verletzte es die junge Frau von ihrer Mutter schlimmer behandelt zu werden als manche ihre Schweine in Ställen hielten. Kurz blieb die Braunhaarige noch auf ihrem Bett sitzen. Das Gespräch hallte in ihren Kopf wieder als würde sie im Gebirge laut schreien. Der Gedanke Osamu und Chuuya hinter sich zu lassen schmerzte unglaublich, doch gleichzeitig dachte sie nur an den Orangehaarigen, der ihr gestern die ganze Wahrheit erzählt hatte. Seitdem wusste Kazuko, dass sie nicht mehr mit gutem Gewissen hier bleiben könnte. Sie konnte nicht dafür verantwortlich sein, dass nur wegen ihr Chuuya so sehr leiden musste.

„Ich muss euch was sagen."

Etwa eine halbe Stunde nach dem Telefonat trat Kazuko ins Wohnzimmer. Osamu und Chuuya die auf dem Sofa sitzend ihre Aufmerksamkeit ihren Handys gewidmet hatten, hoben gleichzeitig die Köpfe. Kaum war die Aufmerksamkeit der Beiden bei ihr atmete Kazuko kurz durch. Noch bevor sie angefangen hatte zu sprechen, spürte sie bereits das Stechen ihres Herzens in der Brust, was ihr weiter den Atem nahm.

„Ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Wir haben beschlossen, dass ich wieder zurück nach Hause fahren werde."

„Was? Sag das nochmal", bekam Osamu die Worte nicht lauter als ein Hauch über seine Lippen. Seine dunklen Augen schimmerten ungläubig als wolle er die Worte seiner Schwester nicht wahr haben. Chuuya hingegen löste den Blickkontakt zu der jungen Frau genau so schnell wie er ihn hergestellt hatte. Ohne viel nachzudenken wusste Chuuya sofort dass er einen großen Teil zu dieser Entscheidung beigetragen hatte. Seit gestern Abend verfolgte ihn dieses Stechen welches er schon zuvor in seinem Herzen spürte noch viel schlimmer. Zuerst dachte er es wäre wieder wegen Yu, doch in seinem Kopf gab es nur Kazuko die durch diesen huschte.

„Ich werde wieder nach Hause fahren. Ohne Ausbildung habe ich keine Chance einen Job zu finden mit dem ich mir eine Wohnung finanzieren könnte. Und hier eine Ausbildung zu machen dauert mehrere Jahre, so lange kann ich nicht bei euch wohnen."

„Warum nicht? Ich hab genug Geld um dich mit durch zu füttern", rief Osamu aufgebracht dazwischen. Hastig war er vom Sofa aufgesprungen. Mit kräftigen Schritten kam er auf seine Schwester zu die er sogleich kräftig an den Schultern rüttelte.
„Denk doch mal dran wie dich unsere Eltern immer behandelt haben! Willst du das wirklich wieder erleben?!"

Kazuko schwieg. Natürlich wollte sie nicht dorthin zurück. Sie hasste ihr altes Zuhause und noch mehr als das hasste sie ihre Eltern. Die Menschen in ihrem Leben die ihr bis jetzt das meiste Leid angetan hatten. Ihre Mutter, die es schaffte selbst mit wenigen Worten ihr Handeln und Denken zu manipulieren. Auf der anderen Seite ihr Vater, der sich nicht scheute bei Auseinandersetzungen auch mal die Hand gegen seine Tochter zu erheben. Kräftig schluckte die junge Frau als sie an die letzten Jahre dachte, die sie mehr eingesperrt wie ein Tier gelebt hatte, anstatt frei wie ein Mensch. Ihre Hände die sie immer mehr zu Fäusten ballte um ihre aufkommenden Tränen zu unterdrücken schmerzten allmählich unter dem Druck.

„Samu, tut mir leid aber ich kann nicht mit gutem Gewissen hier bleiben. Nicht jetzt nachdem ich weiß wie beschissen Chuuya sich fühlen muss nur wenn er mich sieht."

Kazuko wand den Blickkontakt zu ihrem Bruder ab. Stattdessen erreichte ihr Blickfeld jemand neuen. Chuuya. Der Orangehaarige saß weiterhin wie versteinert mit hängenden Kopf auf dem Sofa. Seine Arme hatte er auf seinen Oberschenkel abgelegt während seine Hände schlaff hinunter hangen. Chuuya's eisig blaue Augen wirkten nun nicht nur trüb und leer sondern viel mehr traurig und vorwurfsvoll. Ein Anblick der Kazuko's Herz erneut stechen ließ als hätte sie jemand mit einer spitzen Nadel gepikst.

„Mach dir keine Vorwürfe, es ist meine eigene Entscheidung. Ich wollte eh schnellstmöglich weg um euch nicht weiter zu belasten. Eine andere Möglichkeit habe ich nicht. Wenn ich nicht hier bin wird es dir besser gehen. Ich kann nicht zu lassen, dass es dir wegen mir so schlecht geht."

Chuuya bewegte sich weiterhin nicht. Hob nichtmal seinen Kopf um der Braunhaarigen in die Augen zu sehen. Aus unerklärlichen Gründen zerriss es ihn. Sein Herz stach während sein Magen drohte sich auf den Kopf zu stellen. Es war das was er sich die letzten Tage seit er Dazai's Schwester zum ersten Mal gesehen hatte sehnlichst gewünscht hatte. Doch nun war er da. Der Moment, dass sie wirklich gehen würde und doch war das Gefühl in Chuuya's innerem kein Gutes, ganz im Gegenteil. Gleichzeitig fühlte er sich schuldig und leer wenn er daran dachte, dass er einer der Hauptgründe war weshalb Kazuko an einen ihr verhassten Ort zurück müsste. Eigentlich war es an ihm etwas zu sagen, doch Chuuya presste seine Lippen noch fester aufeinander. Es war das was er wollte, das was seinem eigenen Wohl diente, dem versuchte er sich selber wieder zu überzeugen.

„Dann lass uns den Abend noch zusammen verbringen und morgen begleite ich dich zum Zug", murmelte Osamu begleitet von einem traurigen Seufzer. Dann schloss er seine kleinere Schwester in die Arme während er ihr über den Kopf strich.

Chuuya hingegen stand wortlos auf. Daraufhin verließ er ohne Blickkontakt zu den Geschwistern aufzunehmen den Raum und anschließend die Wohnung. Er brauchte Zeit für sich alleine an der frischen Luft um etwas nachdenken zu können. Die kühle Abendluft strich ihm sanft durchs Gesicht. Die Gegend um ihren Wohnblock war ungewohnt leer. Normalerweise trieben sich immer ein paar Leute dort herum, schließlich war der Bahnhof Yokohamas nicht weit von ihrem Wohnort entfernt. Kaum war der Mafioso ein paar Schritte gegangen kramte er in der Tasche seines schwarzen Mantels nach einer Packung Zigaretten und einem Feuerzeug. Er steckte sich eine der Tabakröllchen in den Mund worauf er sie sogleich entzündete. Kräftig zog er an dieser worauf er lauthals den Rauch aus seinen Lungen blies. An das Brennen in seinem Hals konnte sich der Orangehaarige bis heute nicht gewöhnen, dennoch ließ ihn seine Sucht nicht los. Die Sucht die er sich aufgebaut hatte um alles zu verdrängen und zu unterdrücken. Seufzend bließ Chuuya den nächsten Schwall nach außen. Er hatte die Hoffnung alles würde wieder besser werden sobald Dazai's Schwester sie morgen verlassen würde, doch tief in ihm drin sagte ihm eine Stimme, dass das Gegenteil eintreten würde. Diese Stimme jedoch versuchte der Mafioso mit aller Kraft zu überhören. Seufzend schmiss Chuuya seine halb gerauchte Zigarette auf den Boden als er bemerkte an welchen Ort ihn seine Beine unterbewusst gebracht hatten.

Friedhof Yokohama

Stand auf einem weißen viereckigen Schild, welches an einem Metallzaun befestigt war. Chuuya probierte schon gar nicht mehr ob der Zaun aufgesperrt war, er wusste, dass es verboten war nach der Dämmerung den Friedhof zu betreten, weshalb der Zaun ab einer bestimmten Uhrzeit immer abgesperrt wurde. Chuuya legte beide Hände auf den Rand des Geländers, drückte sich kräftig ab und schwang sich über dieses. Sein Weg führte ihn direkten Weges zu ihrem Grab. Yu's Grab. Je näher er diesem kam umso mehr schmerzte sein Herz erneut. Zudem fühlte er sich verdammt schlecht, als hätte er seine Geliebte hintergangen. Als Yu's Grab in sein Blickfeld gelangte verlangsamte sich Chuuya's Schritt. Er fühlte sich schuldig, als hätte er Yu mit den Küssen die er Kazuko geschenkt hatte als er betrunken war betrogen hätte. Bei jedem Meter pochte des Herz des Mafioso schneller. Erst als er vor dem Grab stand fing sein Herz an sich langsam zu beruhigen.

„Es tut mir leid", wisperte er leise. Vor dem Grab ging er auf die Knie, seine Hand auf die Erde legend. „Ich werde nie wieder Jemand anderen lieben als dich, das verspreche ich dir."

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Hay ihr lieben, ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende 😊👋 genießt die freien zwei Tage. Ich hab mir vorgenommen dieses Wochenende ganz viel an beiden Geschichten weiter zu schreiben, hoffe es wird was 😁

Lasst gerne Feedback da, würd mich freuen😊 Nächstes Kapitel kommt voraussichtlich am Montag, bis dann 😊👋

(1841 Wörter)

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