Kapitel 71
Nachdem Yuna gegangen ist, konnte ich mich nicht mehr richtig auf Yeesul konzentrieren, weil ich mir halt Gedanken darüber mache, ob Yu immer noch sauer auf mich ist wegen Mino und es mir sozusagen nicht gönnt mit Yeesul zusammen zu kommen. Ich kann mir es anders nicht erklären.
"Jaemin, du bist total weggetreten. Ich habe mich so auf den Abend mit dir gefreut und jetzt bist du gar nicht anwesend", schmollt das süße Mädchen vor mir und legt ihre Hand auf meine, die ruhig auf dem Tisch liegt.
Wir sitzen gerade in einem Restaurant und warten auf unsere Nachspeise. Ich weiß gar nicht, was sie für uns bestellt hat, weil ich ihr wirklich nicht richtig zugehört habe. Seufzend nehme ich ihre Hand in meine und streichle mit meinem Daumen über ihren Handrücken.
"Tut mir leid. Ich frage mich einfach nur, wieso mein Bruder oder meine Freunde dich nicht mögen. Sie waren noch nie so fies zu jemanden, den ich mal mochte. Naja, mein Bruder schon, aber er hasst gefühlt jede Person auf dieser Erde", meine ich und lächle sie leicht an.
Sie nickt verständnisvoll und schweigt für mehrere Sekunden, bevor sie mich ernst anschaut und meine Hand fest in ihrer hält. Aufmerksam sehe ich in ihre schönen dunklen Augen und verliere mich in ihnen.
"Vielleicht solltest du etwas Abstand zu ihnen nehmen, wenn sie dich unglücklich machen. Man sollte sich nicht mit Menschen abgeben, die einen das Leben schwer machen. Du weißt doch selbst, dass sie über mich urteilen, obwohl sie mich gar nicht kennen, Jaemin. Ich mag dich wirklich sehr und möchte nicht, dass sie unser Verhältnis zerstören", murmelt sie traurig und lässt ihre Schultern hängen.
Zweifelnd sehe ich sie an und weiß nicht wirklich, was ich tun soll. Ich kann und will meiner Familie nicht aus dem Weg gehen. Sie sind das wichtigste in meinem Leben, aber mir gefällt ihr Verhalten gegenüber Yeesul überhaupt nicht. Es wird mal Zeit, dass ich mit ihnen darüber rede.
"Das wird schwierig werden. Ich werde einfach mit ihnen darüber reden", erwidere ich und lächle sie an.
Aber Yeesul runzelt ihre Stirn und entzieht mir ihre Hand. Perplex sehe ich sie an und ziehe meine Hand ebenfalls zurück, während ich ihren Blick nicht ganz definieren kann. Ist sie sauer?
"Denkst du tatsächlich, dass es etwas bringen würde, mit ihnen zu reden?", fragt sie mich zickig und verschränkt ihre Hände in ihrem Schoss.
"Natürlich. Mit meiner Familie kann man über alles reden", antworte ich auf ihre komische Frage, aber lasse es aus, dass sie dann meistens nichts an ihrem Verhalten ändern, wenn sie jemanden nicht mögen.
"Schön, dass deine Familie so toll ist", erwidert sie angepisst und dreht ihren Kopf zur Seite.
Ah, fuck. Sie benimmt sich bestimmt so, weil ihre Familie sie zur Adoption freigegeben hat und ihre Adoptivfamilien sie rausgeschmissen haben. Fieberhaft überlege ich, was ich ihr nun sagen soll.
"Können wir nicht einfach das Thema wechseln? Ich werde einfach mit ihnen reden und wenn sie dich immer noch so blöd behandeln, dann muss ich wirklich Abstand zu ihnen nehmen. Ich mag dich und möchte nicht, dass du dich schlecht fühlst", sage ich ihr und hoffe einfach nur, dass sie sich wieder beruhigt.
"Der ganze Abend ist für den Arsch, seitdem deine Nichte, oder was auch immer sie für dich ist, diese Szene geschoben hat. Ich will nach Hause. Sofort", regt sie sich nur noch auf und macht mich etwas sauer.
"Yuna ist meine Nichte und nichts anderes. Was soll sie sonst sein?", entgegne ich und sehe sie vollkommen ernst an.
"Woher soll ich das denn wissen, was sie für dich ist? Mino nennst du auch nur deinen besten Freund, aber fickst halb auf einer Party mit ihm herum und frisst ihn beinahe auf", wirft sie gegen meinen Kopf und wirkt total eifersüchtig.
"Halt mal die Luft an. Ich werde nicht mit dir darüber diskutieren, ob Mino wirklich nur ein bester Freund für mich oder nicht. Ich war bei der Party stockbesoffen und wusste nicht wirklich, was ich da tue. Wieso interessiert dich das überhaupt, wenn dieses Video entstanden ist, bevor wir richtig Kontakt hatten?", werde ich nur auch etwas wütender und verstehe nicht, was ihr scheiß Problem ist.
Erst schaut sie mich stumm an und schnappt dann urplötzlich nach ihrer Tasche und steht total dramatisch auf. Ist das ihr fucking ernst? Ich stehe blitzschnell auf und frage sie, was sie da vor hat.
"Wonach sieht es denn aus? Ich gehe jetzt! Bleib doch bei deinem Mino!", ruft sie aufgebracht und rennt anschließend weg.
Sprachlos bleibe ich einfach nur auf dem selben Fleck stehen und gebe mir nicht mal die Mühe ihr hinterher zu laufen. Was ist das eigentlich für ein scheiß Tag? Ein Kellner kommt zu mir stolziert und fragt mich, ob ich für das Essen bezahlen will. Genervt sehe ich den Kerl an und krame meinen Geldbeutel aus meiner Hosentasche, um ihm dann einfach das Geld in die Hand zu drücken. Ich habe ihn wohl viel zu viel Geld gegeben, aber mich interessiert es im Moment überhaupt nicht und verlasse ebenso wie Yeesul das Restaurant.
Vor der Eingangstür suche ich sie im Dunkeln, weil ich sie nicht alleine zum Waisenhaus laufen lassen kann, auch wenn ich wütend auf sie bin. Als ich bemerke, dass ich sie nicht mehr vor dem Restaurant finden werde, laufe ich einfach in die Richtung, die zum Waisenhaus führt.
Nach einigen Minuten erblicke ich sie auch schon mehrere Meter vor mir und renne los, um sie einzuholen. Natürlich dreht sie sich um, als sie meine Schritte hört und sieht mich wenig begeistert an.
"Was willst du? Hau ab!", murrt sie und läuft stur weiter.
"Soll ich dich etwa alleine nach Hause laufen lassen oder was?", frage ich sie gereizt.
Yeesul schenkt mir einen tödlichen Blick, aber sie entspannt sie endlich mal und verlangsamt ihre Schritte. Ich schweige daraufhin nur noch und fange nicht mal ein Gespräch an oder entschuldige mich bei ihr. Die kann es vergessen, dass ich mich entschuldige nach dieser unnötigen Szene gerade eben. Das war absolut peinlich und es hätte nur noch gefehlt, dass sie mir Wasser ins Gesicht schüttet.
Den ganzen restlichen Weg reden wir kein einziges Wort miteinander und bleiben dann vor der Haustür stehen. Mein Bruder scheint wohl die Nachtschicht zu übernehmen, da sein Auto auf dem Parkplatz steht. Yeesul dreht sich zu mir um und mustert mich kurz.
"Es tut mir leid. Ich hätte nicht so ausrasten sollen", entschuldigt sie sich leise.
"Schon gut. Ich war auch nicht sehr ruhig", seufze ich und kratze mir den Hinterkopf.
Sie möchte noch was sagen, aber die Haustür wird plötzlich aufgerissen und mein Bruder kommt aus dem Gebäude gestürmt und schmeißt mich erstmal um, da er gegen mich rennt. Erschrocken lasse ich einen Schrei los und falle mit ihm auf mir drauf auf den harten Steinboden vor der Haustür. Wir stöhnen beide vor Schmerzen auf und schubsen uns dann gegenseitig weg.
"Wie dumm kann man eigentlich sein, um so aus einem Gebäude zu stürmen?!", schreie ich ihn an.
"Halt deine Fresse, du kleine Missgeburt. Welche Idioten stehen wie so zwei behinderte Giraffen mit Alzheimer vor der Haustür und kommen nicht rein?", schreit er zurück und schlägt mir fest gegen den Kopf.
"Vielleicht wollte ich nicht rein kommen?", meine ich und Guk zieht eine hässliche Grimasse und wiederholt meine Worte in einer komischen Tonlage.
"Junge, Jeongguk. Reg mich nicht auf", gebe ich genervt von mir.
"Sei ruhig, Balg. Ich habe eh keine Zeit für dich", meint er und steht vom Boden auf, um zu seinem Auto zu gehen.
Yeesul reicht mir ihre Hand, die ich ergreife und mich an dieser hochziehe. Mein Bruder ist so ein Vollidiot. Ich klopfe mir den Dreck von den Klamotten und will einfach nur nach Hause. Heute ist ein absoluter scheiß Tag.
"Ich gehe dann mal nach Hause, bevor ich noch von irgendjemanden abgestochen werde", sage ich zu Yeesul und lache etwas verzweifelt, weil heute alles schief lief, was schief laufen konnte.
"Okay", lächelt sie etwas traurig.
Zum Abschied ziehe ich sie in meine Arme und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Dadurch beginnt sie breiter zu lächeln und schaut zu mir nach oben. Ich lächle sie auch an und spüre plötzlich wie ihre Hand in meinen Nacken legt. Ich weite meine Augen, als sie mich herunter zieht und mir bedauerlicherweise nur einen Kuss auf die Wange gibt.
"Gute Nacht, Jae", flüstert sie mir zu und löst sich dann von mir.
Sie winkt mir zu, während sie ins Gebäude geht und lächelt mich mit ihrem süßesten Lächeln an. Dieser Streit von vorhin ist wie weggeblasen. Verträumt sehe ich ihr hinter her und bemerke nicht, wie angeekelt Jeongguk mich von hinten anschaut. Erst als er so tut, als würde er fast kotzen, wache ich aus meiner Starre auf und trete ihm gegen das Schienbein.
"AAHHH, du Bastard!", flucht er herum und hält sich das Bein.
"Verdient", gebe ich nur von mir und ernte giftige Blicke von ihm.
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