Kapitel 190 & 191
Hyungjins Sicht:
Am Montag überwinde ich mich endlich wieder in die Schule zu gehen, nachdem ich fast eine ganze Woche zuhause geblieben bin. In den letzten drei Tagen habe ich nicht mehr geweint, da Yuna und Jaemin ständig um mich herumgetänzelt sind, damit ich nicht mal die Möglichkeit hatte, in ein tiefes Loch zu fallen. Ich war letzte Woche einfach nicht bereit dafür, ihn in der Schule zu sehen. Ich musste erst einen klaren Kopf kriegen, bevor ich irgendwas Dummes anstelle und es im Nachhinein wieder bereue.
Vom ganzen Denken kriege ich schon wieder Kopfschmerzen. Genervt massiere ich meine Schläfen, aber stehe schließlich von meinem Bett auf, da ich mich nochmal zurückgezogen habe, bevor Jaemin, Yuna und ich losgehen. Ich gehe zur Zimmertür und hebe meinen schwarzen Rucksack vom Boden auf, bevor ich das Zimmer verlasse. Jaemin kommt gleichzeitig aus seinem Zimmer, was sich genau neben meinem befindet und grinst mich breit an. Ich hätte beinahe die Augen verdreht, als er direkt auf mich zukommt und mein Gesicht zwischen seine Hände nimmt.
"Wenn wir noch länger warten, dann überlege ich mir nochmal, ob ich wirklich in die Schule gehen möchte", sage ich ihm und meine das eigentlich auch ernst, aber er belächelt meine Warnung bloß.
"Ja, wir gehen jetzt. Yuna wartet auch schon draußen auf uns. Aber Hyungjin. Egal, was kommen wird. Ich werde dich immer lieben", spricht er mir zu und bringt mich zum Lachen.
Er verpasst mir einen fetten Schmatzer auf der linken Wange und lässt danach von mir ab. Ich wische mir angeekelt über die Stelle, aber mir steigt trotzdem die Hitze ins Gesicht. Jaemin sieht mich etwas beleidigt an, da ich seine Liebe fortgestrichen habe und läuft dann vor. Ich puste die Luft aus meinen Lungen und trotte ihm hinterher.
Wir gehen die Treppen nach unten und ziehen uns vor der Haustür unsere Schuhe an. Nuri und Jongdae schlafen noch, weil wir heute etwas früher zur Schule gehen werden. Wir müssen uns im Sekretariat für den Gerichtstermin morgen freistellen lassen. Jaemin und ich haben die ganze Zeit auf die Briefe gewartet, die dann am Freitag bei uns angekommen sind.
Nach wenigen Minuten verlassen wir das Haus und sehen Yuna schon vor dem Hoftor stehen, die gerade auf ihr Handy schaut. Als wir vor ihr stehen, begrüßt Jaemin sie fröhlich und schnipst ihr gegen die Stirn. Sie presst die Augen zusammen und packt das Handy in ihre Hosentasche, bevor sie uns einen guten Morgen wünscht. Ich nicke ihr nur zu, was sie zum Schmunzeln bringt.
"Kopf hoch, Hyungjin. Es wird halb so schlimm werden", spricht sie mir Mut zu und haut mir leicht auf den rechten Oberarm.
"Wie gesagt, Teddy. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit du diesen Tag gut überstehst", verspricht mir Jae und zeigt beide seiner Daumen nach oben.
"Spielst du dann den Helden in der Not?", fragt ihn Yuna belustigt, während die Beiden mich in ihre Mitte nehmen und mitschleifen.
"I can be your hero, baby~", singt Jae schief los und streichelt mir sanft die Haare nach hinten.
Verstört sehe ich ihn an und bringe Yuna somit zum Lachen, die sich an meinen Arm klammert, damit ich keinen Rückzieher mache. Letzten Freitag wollte ich schon in die Schule und bin auf dem halben Weg wieder umgekehrt. Frustriert schnaufe ich und lege meinen Arm um Yunas Schulter, weil ich gerade etwas Nähe brauche, um nicht komplett auszuflippen. Sie quetscht ihren Arm in die Lücke zwischen meinem Rucksack und Rücken und lehnt sich an mich. Ich sehe kurz zu ihr runter und sie lächelt mich aufmunternd an. Jaemin singt gut gelaunt ein anderes Lied weiter und macht die komischsten Handbewegungen, die ich jemals gesehen habe. Yuna beobachtet ihn und kichert vor sich hin, während ich mir selbst das Grinsen nicht verkneifen kann.
Nach einer halben Stunde kommen wir endlich in der Schule an, aber keine Menschenseele befindet sich auf dem Pausenhof. Wir haben auch erst halb Acht. Kein Schüler kommt freiwillig eine halbe Stunde früher. Zu dritt betreten wir das Schulgebäude und laufen direkt zum Sekretariat, welches sich am Ende des Korridors befindet. Als wir ankommen, teilt uns Yuna mit, dass sie im Flur warten wird.
Jaemin klopft an die weiße Tür und öffnet diese zögerlich nach wenigen Sekunden, da wir keine Antwort bekommen. Wir betreten das Sekretariat und die alte Schreckschraube sitzt schon an ihrem unordentlichen Schreibtisch hinter dem weißen Tresen. Dieses sterile Weiß und die hellen Lampen an der Decke schmerzen in meinen Augen, sodass ich direkt Kopfschmerzen bekomme. Die Schreckschraube dreht sich erst nicht in unsere Richtung, sondern starrt auf den Bildschirm vor sich und ignoriert gekonnt unsere Anwesenheit. Jaemins Schultern sacken nach unten und ich muss es mir verkneifen, nicht genervt zu seufzen. Nach mehreren Sekunden schenkt sie uns ihre Aufmerksamkeit und nimmt ihre Lesebrille ab, um uns von oben bis unten abzuchecken. Sie hat ihre grauen Haare zu einem unordentlichen Zopf gebunden und trägt eine grüne Strickjacke mit Gänseblümchen. Ich möchte gar nicht erst wissen, was sie für eine Beinbekleidung dazu gewählt hat.
"Kann ich euch helfen?", fragt sie unfreundlich.
"Wir brauchen eine Freistellung vom Unterricht", erkläre ich ihr, da Jaemin nach unseren Briefen in seinem Rucksack kramt.
"Wann und wieso?", gibt sie abschätzig von sich.
"Wir haben morgen einen Gerichtstermin und da wir heute unseren Klassenlehrer nicht sehen, müssen wir uns bei ihnen freistellen lassen", sage ich und Jaemin legt ihr die Briefe vor die Nase, die sie gleich in die Hand nimmt und durchliest.
"Das ist ziemlich kurzfristig. Der Brief wurde letzte Woche verfasst", tadelt sie uns erstmal.
"Die Briefe lagen aber erst am Freitag im Briefkasten. Wir konnten also nicht früher vorbeikommen", kommt es leicht gereizt von Jaemin.
"Tja, dann hat wohl die Verwaltung schon wieder etwas versäumt. Na, schön... Ich übergebe eurem Klassenlehrer die Bescheinigung, okay? Das müsste Park Jimin sein, stimmt's?", murmelt sie erstmal, aber steht dann auf, um die Zettel zu suchen.
Direkt schaue ich auf den luftigen braunen Rock, der ihr bis zu den Knöcheln geht und verziehe erstmal das Gesicht. Das Outfit ist echt schrecklich. Die Frau ist so zierlich, dass sie in ihren eigenen Klamotten untergeht.
"Ja, Park Jimin", bejaht Jaemin, als ich nichts von mir gebe.
"Okay, dann füllt den Zettel schnell aus und danach könnt ihr gehen", nickt sie und legt die zwei Zettel vor uns auf den Tresen, auf diesem liegen schon zwei Kugelschreiber, die wir uns schnappen.
Wir schreiben eilig unsere Namen, unsere Geburtstage und aus welchem Grund wir morgen nicht in der Schule erscheinen können, auf und geben ihr die Zettel zurück. Danach schickt sie uns auch schon weg.
"Was hatte die bitte an?", murmelt Jaemin in mein Ohr, während wir das Sekretariat verlassen.
"Keine Ahnung. Wieso sagt ihr keiner, dass das scheiße aussieht?", flüstere ich zurück.
Als wir wieder im Flur stehen, schaue ich mich nach Yuna um, aber erstarre ruckartig in meinen Bewegungen, als ich Ethan neben Yuna stehen sehe. Das haben die doch extra gemacht, damit ich das hinter mich bringe. Ich halte unabsichtlich die Luft an und der einzige Gedanke in meinen Kopf ist zu flüchten. Jaemin kann wohl meine Gedanken lesen und packt mich von hinten am Pullover, als ich einen Schritt zurücktrete. Mein Blick schellt erschrocken zu ihm, jedoch lächelt er mich nur lieb an und zerrt mich in ihre Richtung. Yuna bemerkt uns als Erstes und dreht sich strahlend zu uns um. Ethan folgt ihrem Blick und ihm fällt wie mir alles aus dem Gesicht. Vielleicht hätte ich für den Rest meines Lebens in meinem Bett bleiben sollen.
"Hallo", presse ich deutlich gequält heraus und könnte mich selbst dafür hauen.
"Hey", nickt Ethan mir zu und meidet es mir in die Augen zu sehen.
Ich lasse meinen Blick über ihn wandern und merke, dass er abgenommen hat und seine Augenringe noch schlimmer geworden sind. Seine, sonst ordentlichen, Haare stehen in alle Richtungen ab und er sieht etwas blass um die Nase aus. Ich beiße mir auf die Lippen und richte mich etwas auf, wodurch mich Jaemin langsam loslässt. Offensichtlich habe nicht nur ich in den letzten Tagen gelitten. Ich räuspere mich und sehe Yuna an, die beide Daumen hebt und sich dann zu Jae stellt. Wenn sie uns jetzt allein lässt, dann haue ich sie.
"Wir lassen euch kurz allein", teilt sie uns mit, bevor sie Jaemins Hand schnappt und ihn mit zerrt.
Ethan sieht ihnen verzweifelt hinterher und in seinen Augen schimmern Tränen, die er versucht wegzublinzeln. Jaemin flüstert Yuna irgendwas zu, die kurz zu uns nach hinten schaut und mich leicht anlächelt. Sie hat mir ständig eine Predigt gehalten, dass ich wenigstens unsere Freundschaft nicht aufgeben und mit ihm nochmal ein Gespräch führen soll. Trotzdem ist es scheiße, dass sie uns einfach allein lassen. Lange atme ich aus und sammle mich erstmal, bevor ich mich wieder Ethan widme, der jetzt schon innerlich mit sich kämpft.
"Es tut mir leid, dass ich dich mit meinen Eltern verglichen habe. Ich war in dem Moment so verletzt und überfordert... Ich habe nicht nachgedacht. Du bist nicht mal ansatzweise wie diese Arschlöcher", komme ich direkt zur Sache und bin überrascht, dass ich nicht mal stammle.
Nach einer Woche, in der ich nur geheult habe, dachte ich, dass ich wie ein Baby losflenne, wenn ich mit ihm rede. Aber mir ist überhaupt nicht danach. Es ist einfach nur ultraunangenehm. Ethan schaut mich dann doch an und fängt plötzlich an zu weinen. Meine Augen weiten sich schlagartig und ich stehe, wie ein steifes Brett vor ihm, während er sich die Tränen selbst wegwischt und leicht lacht.
"Ich bin so erleichtert. Ich habe mich die ganze Zeit so beschissen gefühlt, weil ich nicht mit diesem Gedanken leben konnte, dass ich mich wie diese schrecklichen Menschen benommen habe. Ich dachte, dass du mich jetzt komplett verabscheust", gibt er schniefend von sich und man sieht ihm an, dass eine Last von ihm gefallen ist.
"Wir waren jahrelang beste Freunde, Ethan. Wie könnte ich dich hassen? Komm her", frage ich ihn lächelnd und ziehe ihn an seinem Handgelenk in meine Arme, als er ein weiteres Mal in Tränen ausbricht.
Er presst sein Gesicht in meine Schulter und schlingt die Arme um mich, während ich meine eigenen fest um ihn lege. Ich seufze leise und drücke ihn fest an mich. Ich kann ihn nicht so weinen sehen. Mir bricht es einfach das Herz.
"Mir tut das alles so leid. Ich wollte dich niemals verletzen. Du bist mir einfach so wichtig und ich habe Angst, dass wir irgendwann nicht mal mehr miteinander reden werden und uns aus dem Weg gehen. Denkst du, dass wir trotzdem Freunde bleiben können? Auch, wenn unsere Beziehung gescheitert ist?", bringt er durch seine bebenden Lippen, bevor er mich mit seinen wässrigen blaugrünen Augen ansieht.
Am liebsten würde ich ihm direkt verzeihen, aber mich hat sein Verhalten in den letzten Wochen wirklich verletzt. Nur weil er jetzt Rotz und Wasser heult und ich ihm nicht direkt verzeihe und nachrenne, heißt es nicht, dass ich mich schlecht fühlen muss. Ich presse die Lippen zusammen und drücke ihn etwas von mir.
"Für mich ist es kein Problem Freunde zu bleiben. Ich sollte dich eher fragen, ob du es aushältst, dass du nicht mehr meine erste Priorität sein wirst. Ich werde dir nicht mehr nachrennen. Kommst du damit klar?", frage ich ihn und sehe ihn ernst an.
Ethan schluckt hart und schaut mich eingeschüchtert an, jedoch nickt er langsam. Zufrieden lächle ich ihn an und wuschle ihm durch die zerzausten Haare. Sein Mundwinkel hebt sich etwas und er schiebt meine Hand weg.
Im selben Moment kommen Yuna und Jaemin wieder zurück, aber dem Größeren steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, da er bestimmt dachte, dass wir uns abknutschen würden, wenn er zurückkommt. Yuna stellt sich neben mich und checkt mich erstmal von oben bis unten ab, um zu schauen, ob es mir gut geht. Jaemin legt einen Arm um Ethan und klopft ihm tröstend auf die Schulter. Mit der anderen Hand packt er ihn am Kinn und verpasst ihm wie mir vorhin einen Schmatzer auf die Wange. Ethan verzieht die Miene und wischt sich genauso wie ich mit der Hand über die Stelle. Jaemin plustert die Wangen auf und kneift ihm dann nochmal in die Wange, bevor er ihn einfach mit sich schleift.
"Wir werden ja sehen, wie lang ihr befreundet bleiben könnt~", trällert Yuna mit einem Grinsen und tänzelt ihnen hinterher.
Kopfschüttelnd folge ich ihr und hole sie mit wenigen Schritten ein, um ihr leicht gegen den Hinterkopf zu hauen. Sie fängt an zu grunzen und schlägt meine Hand weg. Ich bin aber auch gespannt darauf, was die Zukunft mit sich bringt.
Kapitel 191
Jaemins Sicht:
Nachdem Ethan und Hyungjin miteinander gesprochen haben, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich es besser fand, als die Beiden noch geheult haben. Mir kommt es so vor, als würde Ethan versuchen, Hyungjin eifersüchtig zu machen, indem er sich an verschiedene Person hängt und extra laut spricht und lacht. Aber Hyungjin interessiert es kaum und unterhält sich die ganze Zeit ganz normal mit den anderen. Es ist einfach schrecklich mitanzusehen.
Juhee und Sunoo wollten diese unangenehme Situation lockern und haben vorgeschlagen, dass wir uns alle im Park treffen und das schöne Wetter genießen, aber das war die schlechteste Idee, die sie jemals hatten. Hyungjin und Yuna kleben aneinander und teilen sich einen Eisbecher aus der Eisdiele ihres Vertrauens, was Ethan und Yeesul so hart provoziert, dass sie die Beiden wie Luft behandeln und sie komplett ignorieren, während sie sich über die verschiedensten Dinge unterhalten. Mich regt es ein wenig auf, weil Hyung und Yu sie aber auch gefragt haben, ob sie ein Eis wollen, jedoch haben die Beiden total zickig abgelehnt.
"Das ist so fucking unangenehm", flüstert mir Mino zu und schaut zu mir nach oben, weil er seinen Kopf auf meinem Schoß gebettet hat, da wir uns auf dem Rasen breit gemacht haben.
"Seit wann sind Hyungjin und Yuna so lovey dovey miteinander?", fragt mich Juhee im selben Moment, die zwischen mir und Sunoo sitzt, der die anderen vier komplett perplex beobachtet.
"Ich habe absolut keine Ahnung. Die unternehmen auch zuhause jede Sekunde miteinander", gestehe ich ihnen und ernte drei entsetzte Blicke von den anderen.
"Und das sagst du uns erst jetzt? Du bist der schlechteste Spion, den ich jemals gesehen habe", gibt Sunoo leise, jedoch völlig aufgebracht von sich.
"Genau! Unsere Mission ist es die Beiden wieder zusammen zu bringen und nicht Yuna und Yeesul ebenfalls zu trennen!", faucht mich Juhee an und boxt mir fest gegen den Oberarm.
Schmerzerfüllt halte ich mir die Stelle und ziehe scharf die Luft ein. Warum geben die mir jetzt bitte die Schuld? Ich war meistens in der Schule oder bei Mino, als die zusammengeschweißt sind. Ich habe kaum etwas davon mitbekommen.
"Mir war auch nicht klar, dass sie sich so gut verstehen. Warum meckert ihr bitte mich an? Die zwei Vollidioten da vorne sollten sich eher zusammenreißen. Hyungjin und Yuna sind relativ normal. Die schieben gerade komplett ihren eigenen Film", zische ich alle Drei sauer an und nicke mit meinem Kopf in Richtung Ethan und Yeesul.
"Das ist alles so frustrierend", seufzt Mino gestresst und legt sich den Unterarm über seine Augen.
"Langsam ist es mir scheiß egal, ob die sich trennen. Die fucken mich bloß ab", murmle ich angepisst und bin total schlecht gelaunt, weil ich mich manchmal, wie der Vater von allen fühle.
Wenn die alle zu blöd sind, um richtig mit ihren Partnern zu kommunizieren, kann ich auch keine Wunder bewirken. Die Freunde sollten sich auch aus den Beziehungen komplett raushalten und nicht ständig dazwischenfunken. Ich habe meine Lektion bei Sunoo und Juhee gelernt. Ich mache gar nichts mehr. Die vier Idioten sind allein zusammengekommen, also können die sich auch allein trennen. Ich werde mir nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen.
"Sei nicht sauer, Jae!", meint Juhee und reibt ihre Wange entschuldigend gegen meine Schulter, weil sie selbst merkt, dass die es gerade übertrieben haben.
"Nein, mich regt es auf, dass ich immer losrennen muss, wenn irgendwas passiert. Ihr hält euch jedes Mal aus allem raus, während ich dann mitten im Chaos stehe und versuche die Sache wie ein Therapeut zu klären. Ich habe keine Lust mehr auf den Mist. Sollen die sich doch trennen, juckt mich nicht. Sie haben es dann selbst versaut und können uns nicht verantwortlich machen, weil wir uns rausgehalten haben", keife ich sie an und versuche leise zu sein, damit die Idioten es nicht hören, die sich gefühlt zehn Meter weit weg von uns gesetzt haben.
"Da muss ich Jaemin Recht geben. Wir sollten uns einfach raushalten. Es ist ihr Leben", unterstützt mich Sunoo schließlich doch, nachdem er auch mal überlegt hat.
"Du verstehst das nicht", murmelt Juhee, jedoch unterbreche ich sie sofort.
"Natürlich versteht er das! Als ich mich in eure Beziehung eingemischt habe, wart ihr drei Jahre lang getrennt!", motze ich sie an und verteidige ihn.
"Ja, weil du ihn angelogen hast!", entgegnet Juhee aufgebracht.
"Siehst du? Ich bin ein schlechter Mensch. Ich zerstöre jede Beziehung. Ich KANN ihnen gar nicht helfen. Das ist so schade", meine ich deprimiert und schüttle bedauerlich den Kopf.
Mino und Sunoo fangen an zu lachen und Juhee sieht so aus, als würde sie mich am liebsten umbringen. Wieso kann sie mich nicht in Ruhe lassen? Ich habe wirklich keine Lust mehr den Babysitter für irgendjemanden zu spielen.
"Weißt du was? Ich frage einfach deinen Bruder, ob er mir hilft!", gibt Juhee entschlossen von sich und verschränkt die Arme vor der Brust.
"Bei was soll er dir helfen?", frage ich skeptisch nach und hebe eine Augenbraue an.
"Die vier Deppen zu beobachten. Was denkst du denn?", antwortet sie und tut so, als wäre das selbstverständlich.
"Das wird er niemals machen", behaupte ich und finde ihre Idee echt lächerlich.
Mein Bruder ist ein erwachsener Mann, der Besseres zu tun hat, als irgendwelche Jugendlichen zu beobachten. Juhee fühlt sich wohl herausgefordert, sodass sie mit einem Ruck vom Rasen aufsteht und uns auffordert ebenfalls unseren Hintern zu bewegen, weil sie zu Jeongguk gehen möchte. Sunoo steht seufzend auf und weiß so wie wir, dass sie jetzt nicht mehr nachgeben wird. Genervt stöhne ich auf, nachdem Mino auch aufsteht und mir seine Hand reicht. Ich ziehe mich an ihr hoch und sehe diesen fiesen Zwerg giftig an. Hyungjin und Yuna fragen uns, wohin wir gehen und Juhee lügt, dass ihr Vater auf uns wartet, weil er unsere Hilfe braucht. Komischerweise glauben sie ihr direkt und wünschen uns viel Spaß, da sie ganz glücklich in ihrer eigenen Blase sind. Ethan und Yeesul sagen bloß, dass sie noch ein wenig bleiben.
Eine gute halbe Stunde später stehen wir in Jeongguks Wohnzimmer und überrumpeln meinen Schwager, der ganz allein zuhause ist und sich bis eben noch von Cornflakes ernährt hat. Er schaut mich mit großen Augen an und hält seine Schlüssel nah an seine Brust, weil wir eben in den Raum gestürmt sind.
"Wo ist Jeongguk?", fragt Juhee ihn und stemmt die Hände in die Hüften.
Sunoo hält sich eine Hand vor die Augen und schüttelt entgeistert den Kopf. Ich sehe Juhee nur genervt an und Mino verkneift sich das Lachen, da Taehyung wie ein Hamster aussieht. Er schluckt sein Essen runter und sieht uns alle zögerlich an.
"Der ist oben duschen. Was wollt ihr denn von ihm?", erwidert er und legt den Kopf fragend schief.
"Wir müssen Yuna und Hyungjin ausspionieren und brauchen seine Hilfe... Eigentlich kannst du uns auch helfen. Ist dir irgendwas zwischen den Beiden aufgefallen?", erklärt Juhee ihm und setzt sich dann aufgeregt auf die Couch, um ihn mit großen Augen anzuschauen.
"Sie unternehmen sehr viel miteinander. Die gehen oft Eis essen und probieren neue Eissorten und Eisdielen zusammen aus. Yuna geht auch oft mit einem Korb voller Süßigkeiten rüber zu Hyungjin und die gucken dann verschiedene Filme und Serien in seinem Zimmer. Ich habe letztens meine Gummibärchen gesucht und bin dann rüber, um sie mir zurückzuholen. Die lagen dann eingekuschelt in Decken in seinem Zimmer und haben wie Schweine gefressen. Die verstehen sich halt gut... oder ist da mehr?", erzählt uns Taehyung und sieht uns schließlich neugierig an.
"Keine Ahnung. Das fragen wir dich", kommt es aus Mino und schnauft belustigt, weil keiner wirklich weiß, was zwischen den Beiden abgeht.
"Ich wusste gar nichts davon", gebe ich zu und sehe Juhee unschuldig an, als sie mir einen verurteilenden Blick zuwirft.
"Da kann doch nichts laufen. Yuna und Yeesul sind immer noch zusammen. Yuna hat auch ständig zu Hyungjin gesagt, dass er die Freundschaft zwischen ihm und Ethan nicht aufgeben soll", verwirft Taehyung schnell den Gedanken, aber sieht selbst nicht sehr überzeugt von seiner Aussage aus.
"Naja, Gefühle können sich entwickeln und nachlassen", sagt Sunoo plötzlich und alle Blicke landen auf ihm.
Im selben Moment kommt Jeongguk mit nassen Haaren ins Wohnzimmer, der uns fröhlich begrüßt. Er läuft an uns allen vorbei und ignoriert unsere Krisensitzung, um Taehyungs Cornflakes Schüssel aus seinen Händen zu nehmen und weiter zu essen. Taehyung tippt ihn dann an und fragt ihn, ob er irgendwas zwischen Yuna und Yeesul mitbekommen hat.
"Äh, ja schon. Die haben sich vor ein paar Tagen gestritten. Yeesul hat sie dann aus ihrem Zimmer geschmissen. Wenn ich richtig gelauscht habe, ging es um Hyungjin und Ethan. Wieso?", bestätigt er uns desinteressiert, wodurch uns alle der Mund aufklappt.
"Wie jetzt? Wieso erzählst du uns sowas nicht?", frage ich ihn entsetzt.
"Was eine dumme Frage. Ich habe von Anfang an, die Beziehung zwischen Yeesul und Yuna in Frage gestellt. Die waren beide bloß neugierig und wollten ausprobieren, mit einer Frau zusammen zu sein. Yeesul ist auch ein sehr schwieriger Mensch und hat bestimmte Vorstellungen, wie ihr Partner in der Beziehung sein soll. Es war nur eine Frage der Zeit, dass sie Schluss machen. Die Beiden sind aber auch relativ gut drauf. Also sie reden noch miteinander, aber Yeesul kann Hyungjin nicht mehr leiden. Ein riesiges Drama, was ich ziemlich anstrengend fand", verrät er uns ganz entspannt und verdreht die Augen zum Ende hin.
Danach herrscht totenstille im Raum und wir sehen ihn sprachlos an, während er sich einen Löffel von den Cornflakes in den Mund stopft. Der hat doch insgeheim gehofft, dass die Beiden sich trennen, sonst wäre er nicht so fröhlich. Ich fasse es nicht, dass er das alles für sich behalten hat. Selbst Taehyung wusste von nichts!
"Das macht alles auf einmal total Sinn! Natürlich gibt Hyungjin die Beziehung mit Ethan auf, wenn es jemanden gibt, dem er nicht hinterherlaufen muss. Ich wusste, dass an dem Abend als Yuna ihn geschminkt hat, irgendwas zwischen den Beiden passiert ist", meint Mino schockiert, aber fängt an zu lachen.
"Warte mal. Du wusstest das alles und hast nicht daran gedacht, mir oder Jaemin irgendwas zu erzählen?", fragt Taehyung ihn sauer und fühlt sich wie ich total verraten von Jeongguk.
"Ihr verheimlicht mir auch jeden Scheiß. Pech gehabt. Weißt du, was für hübsche Kinder Yuna und Hyungjin bekommen würden? Meine Enkelkinder wären wunderschön. Ich bekomme schon keinen Neffen. Also will ich Hoffnung auf einen Enkel haben. Zwar wissen sie nicht, dass ich schon auf ihre Hochzeit spare, aber das müssen sie auch nicht. Ethan hat es sich mit Hyungjin komplett verkackt und Yeesul muss sich erst selbst finden und lernen sich selbst zu lieben. Es ist gut, dass sie sich getrennt haben", faucht Jeongguk ihn an und hat wohl auf einen Moment gewartet, indem er uns alles heimzahlen kann.
"Wow, du bist so ein Schauspieler. Ich dachte, dass du dich wirklich darüber freuen würdest, dass Yuna und Yeesul zusammen waren", stellt Juhee fassungslos fest, was Jeongguk zum Lachen bringt.
"Natürlich war ich nicht glücklich darüber. Erst bricht der Vollidiot namens Jaemin Yeesul das Herz und dann macht meine Tochter mit ihr rum. Ich habe euch allen gesagt, dass ihr euch von Yeesul fernhalten solltet, weil sie ziemlich labil ist, aber NEEEIINNNN. Jeongguk übertreibt seine Rolle und sie sind doch soooo ein süßes Paar. Eben nicht. Ethan hat Hyungjin auch nur genommen, weil Yuna ihn nicht wollte und Yuna war abgefuckt von Männern wegen Mino und Jaemin. Hyungjin hat sich auch nur in Ethan verknallt, weil er so lieb zu ihm war. Im Nachhinein haben Yuna und Hyungjin sich nie beachtet, obwohl sie echt viel gemeinsam haben. Sie mussten erst ihre ganzen Probleme loswerden, damit sie das realisieren konnten", regt sich Jeongguk über unsere Dummheit auf und rührt frustriert in der Schüssel herum.
Taehyung schaut weg und gibt ihm insgeheim bei allem Recht, weil er mehrmals nickt. Sunoo wirkt bei jedem weiteren Wort immer verstörter, als er über unsere ganzen möglichen Beziehungskonstellationen erfährt. Juhee starrt auf den Boden und massiert sich das Nasenbein, weil sie echt viel ertragen musste. Mino verzieht peinlich berührt das Gesicht und meidet es in Jeongguks Richtung zu schauen.
"Wir sind ganz schön lächerlich", bringe ich heraus und schäme mich ein wenig.
"Ach, echt? Ist mir gar nicht aufgefallen", gibt Jeongguk sarkastisch von sich und legt eine Hand auf seine Wange, um seinen 'Schock' besser darzustellen.
"Eine Frage habe ich da noch. Sind Yuna und Hyungjin jetzt zusammen?", fragt Sunoo verwirrt.
"Nein, die sind zu blöd, um zu checken, dass sie Gefühle füreinander entwickeln. Yuna trällert mir jeden Abend in ihrem Zimmer vor, wie toll sie sich jetzt mit Hyungjin versteht und ich sitze schweigend daneben und frage mich, wo ihre ganzen Gehirnzellen abgeblieben sind. Ich meine, es ist doch offensichtlich, wenn Hyungjin sie ständig als süß betitelt und sie so liebevoll anschaut. Seine Augen werden einfach total sanft wie bei einem Teddybären. Wie kann man sowas nicht merken?", antwortet Jeongguk genervt.
"Also können wir es eigentlich abschreiben, dass Hyungjin mit Ethan wieder zusammenkommen möchte", sagt Juhee etwas bedrückt, was mein Bruder bloß mit einem Nicken bestätigt.
"Ihre Kinder wären schon echt süß", kommt es plötzlich von Taehyung, der die ganze Zeit über geschwiegen hat.
"Sag ich doch. Total süß", erwidert Jeongguk grinsend.
Wer sagt denn bitte, dass Hyungjin und Yuna wirklich zusammenkommen werden? Mein Bruder kann auch irgendwas behaupten, was im Nachhinein nicht stimmt. Ich bin erst von all dem überzeugt, wenn die Beiden mir das selbst ins Gesicht sagen. Davor glaube ich nichts.
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Sorry, war in den letzten Wochen Krank und zu viele Familienfeiern bzw. Hochzeiten kamen dazwischen.
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