Kapitel 118
Im Unterricht haben die anderen sich wieder beruhigt und sind darüber hinweggekommen, dass sie angemeckert wurden. Eigentlich ist es mir egal, was sie tun, aber ihre Dummheit hat mich so sehr genervt, dass ich mal als der Älteste der Gruppe das Machtwort sprechen musste. Jaemin ist immer derjenige gewesen, der das gemacht hat, jedoch ist der so durch im Kopf und kommt selbst nicht mehr mit der Situation klar. Vielleicht bemerken sie es nicht, dass sie immer mehr die Kontrolle verlieren, aber ich als außenstehender merke es direkt.
"Wieso muss ich denn mit euch kommen? Ich wohne nur fünf Minuten von der Schule weg", fragt uns Juhee verwirrt, als sie von Yuna und Yeesul mit zu Jaemins Haus geschleppt wird.
"Wir wollen Zeit mit dir verbringen und es ist zu gefährlich, wenn du alleine nach Hause läufst", sagt Yuna grinsend und hat Juhees Arm fest umklammert.
"Darum müssen wir zu siebt durch die Straßen laufen?!", ruft sie entsetzt und sieht zu mir nach hinten, damit ich auch was sage, aber das kann sie vergessen.
Jaemin und Mino laufen vor den drei Mädchen und quatschen pausenlos miteinander. Darum habe ich Eth darum gebeten, dass wir hinter ihnen laufen, weil ich mir das nicht antun möchte. Die sind noch total in der Lovey Dovey Phase und nerven mich ein wenig.
Nach wenigen Minuten kommen wir auch endlich bei Jaemin an, der zu seiner Haustür läuft und diese aufschließt. Die anderen folgen ihm, während ich kurz auf dem Bürgersteig stehen bleibe und mich umschaue, weil ich etwas Paranoia habe, dass uns jemand gefolgt. Als ich mich vergewissere, dass dies nicht der Fall ist, folge ich den anderen ins Haus. Jaemins Eltern begrüßen uns fröhlich und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht.
"Ihr wart echt lange nicht mehr als ganze Gruppe bei uns, setzt euch ruhig ins Wohnzimmer. Taehyung und Jeongguk haben es sich dort gemütlich gemacht", stellt Jongdae fest und freut sich total, dass er uns alle wiedersieht.
Im Wohnzimmer hüpft Yuna zu ihren Eltern und gibt den beiden einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich neben Taehyung niederlässt und ihn fest umarmt. Wir anderen begrüßen die beiden einfach nur und setzen uns dann ebenfalls auf die riesige Couch, auf der vierzehn Leute Platz nehmen können. Jeongguk, neben dem ich nun sitze, lächelt mich schon wieder mit diesem merkwürdigen breiten Grinsen an und fragt mich und Ethan, wie es uns geht.
Yeesul, die zwischen Yuna und Juhee sitzt, schaut mich vielsagend an und stimmt mir im Stillen zu, dass Jeongguk sich nicht normal verhält. Ethan antwortet dem Älteren und meint, dass es uns gut gehen würde. Dabei starre ich Jeongguk monoton an und verunsichere ihn mit meinem Blick, sodass er sich nach wenigen Sekunden von uns abwendet. Meine Augen wandern zu Taehyung, der sich mit den drei Mädchen unterhält und seinen Arm besitzergreifend um seinen Ehemann gelegt hat. Das wird schwierig, ihn dazu zu bringen, Jeongguk für einige Minute in Ruhe zu lassen.
"Wollt ihr irgendwas zu essen?", fragt uns Nuri, als sie und Jongdae mehrere Getränke auf den Tisch vor uns stellen.
"Nein, danke. Wir haben alle in der Schule gegessen", verneint Jaemin und enttäuscht seine Mutter mit dieser Antwort.
"Ich mache trotzdem was", gibt sie von sich und schleppt ihren Mann am Arm zurück in die Küche.
Die anderen fangen wegen ihr an zu lachen und schütteln den Kopf. Jedoch merke ich, dass Jeongguks Gesicht sich versteift und die Zeit genießt, in der er nicht im Mittelpunkt steht. Ich wusste es. Er hat in den letzten Tagen nur eine dumme Maske getragen.
"Jeongguk, können wir miteinander reden?", frage ich ihn und setze eine traurige Miene auf.
"Natürlich. Geht es dir etwa nicht so gut?", erwidert er sofort besorgt, was mich fast zum Grinsen bringt, aber ich beherrsche mich und seufze lang, während ich meinen Kopf schüttle.
Die anderen Sechs schauen mich komisch an und verstehen nicht so ganz, was ich vorhabe. Ich ignoriere sie gekonnt und schaue nur Jeongguk an, der nur nickend Taehyungs Arm von seiner Hüfte löst und aufsteht. Dieser packt sofort seinen Arm und sieht mich erbost an.
"Musst du unbedingt jetzt mit ihm reden? Jeongguk muss sich ausruhen", faucht mich Taehyung an und will seinen Mann wieder zurück auf das Sofa ziehen.
"Sei ruhig, Tae. Wenn er mit mir reden will, dann darf er mit mir reden. Komm, Hyungjin", motzt Jeongguk zurück und zieht seinen Arm aus Taehyungs Griff.
Ich stehe ebenfalls auf und folge Jeongguk die Treppen nach oben. Taehyungs giftiger Blicke bohrt sich in meinen Rücken und lässt mich grinsen. Jedoch senke ich meine Mundwinkel, als Jeongguk mich ins Gästezimmer führt und mich voller Sorge beäugt.
"Haben sich etwa deine Eltern schon wieder bei dir gemeldet?", möchte er wissen und sieht zu mir nach oben, während er seine Arme um sich selbst schlingt, so als ob ihm total kalt wäre, obwohl wir 27 Grad draußen haben.
"Nein, nein. Ich wollte eigentlich nur mit dir reden, weil ich merke, dass du nur so tust, als würde der Vorfall mit Hyesung dir nichts ausmachen, weil du den anderen nicht noch mehr Angst bereiten willst", lasse ich die Katze aus dem Sack und sehe wie ihm die Gesichtszüge entgleisen.
Er schaut mich für mehrere Sekunden voller Panik an, aber ändert ruckartig seinen Gesichtsausdruck und lacht auf. Ich runzle verwirrt die Stirn und mustere ihn auch etwas ungläubig. Will er mich etwa verarschen?
"Was redest du denn da? Ich tue nicht nur so, als würde es mir gut gehen. Mir geht es gut", sagt er und schaut mich mit diesem gespielten Lächeln an.
"Hör gefälligst auf, Jeongguk. Das ist nicht witzig. Wenn du so weiter machst, dann zerstörst du nur deinen Verstand. Lass deine wahren Gefühle endlich raus! Du musst vor mir nicht so tun, als wäre alles gut! Fang an zu weinen, zu schreien oder was auch immer. Ich weiß, dass du nur auf einen Moment wartest, um deine Maske fallen zu lassen", fordere ich ihn wütend auf und packe ihn an seinem Kragen, um ihn an mich zu ziehen und in seine Augen zu starren.
Dieses ekelhafte Lächeln verschwindet aus seinem Gesicht, da seine Lippen anfangen zu beben und seine Augen sich mit Tränen füllen, während er in meine schaut. Ich lasse ihn langsam los und kann nicht mal so schnell reagieren, da geben seine Beine nach und er fällt zu Boden. Er fängt bitterlich an zu weinen und verdeckt sein Gesicht mit seinen zitternden Händen.
"Sch-Schließe die Tür. Sofort", verlangt er augenblicklich von mir und hebt seinen Kopf nicht mehr, sondern hält ihn gesenkt und meidet es mich anzusehen.
Erleichterung macht sich in mir breit und ich gehe schnell zur Tür, um diese abzuschließen. Jeongguk fängt an zu schluchzen und hört sich so gequält dabei an.
"Ich hatte so Angst, Hyungjin. Ich dachte, dass er mich umbringen würde. Er hat mich gewürgt, auf den Boden gezerrt, gegen die Wände geschleudert, auf mich eingeschlagen und meine Hände hinter meinen Rücken gefesselt. Ich hatte so Angst. Er hat mich auf die Couch geschubst und wollte mich missbrauchen. Ich war ganz alleine mit ihm und niemand hat meine Schreie gehört", erzählt er mir und schaut mich tränenüberströmt an.
Langsam lasse ich mich neben ihn nieder und lege dem Älteren einen Arm um die Schulter. Er umarmt mich fest von der Seite und schluchzt laut auf.
"Ich weiß das, Jeongguk. Lass einfach alles raus. Wir bleiben solange hier drin, bis es dir besser geht", flüstere ich ihm zu und streichle über seinen Oberarm.
"Du hast Recht. Ich wollte den anderen keine Sorgen bereiten, weil sie selbst so viel Angst und Panik hatten. Taehyung hat so geweint, als er mich so gesehen hat und wollte nicht mehr aufhören. Ich habe dann meine eigene Furcht ausgeschaltet und bin ruhig für ihn geblieben. Ich kann es nicht ertragen, wenn meine Familie weint", wimmert er leise und drückt mich immer fester an sich.
Auf meinem Gesicht bildet sich ein kleines Lächeln und ich bin einfach nur so froh, dass er alles rauslassen kann, was er die letzten Tage heruntergeschluckt hatte. Wie gesagt, als außenstehender erkennt mehr Dinge und kann besser helfen.
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