Kapitel 142
Überglücklich hält Taehyung meine Hand fest und führt mich durch das ganze Einkaufszentrum, um jegliche Süßigkeiten und Snacks zu kaufen. Er hat mir immer noch nicht gesagt, was er eigentlich plant. Aber er sieht im Moment wirklich glücklich aus und das finde ich so süß.
"Ich glaube, wir haben jetzt alles", meint der Schlumpf und grinst mich breit an, nachdem er noch zwei Cola Flaschen gekauft hat und vor dem Ausgang des Einkaufszentrums zum Stehen kommt.
"Und wofür haben wir jetzt alles?", frage ich ihn neugierig und ernte nur ein leises Lachen als Antwort.
"Lass dich einfach überraschen. Wir müssen uns jetzt beeilen, weil der Bus, den wir nehmen müssen, in fünf Minuten an der Haltestelle ist", antwortet er und gibt mir einen Kuss auf die Wange, bevor er mit schnellen Schritten losläuft und mich dabei fast zum Stolpern bringt.
Draußen beginnt er auch noch zu rennen und ich muss mir deutlich Mühe geben mit ihm Stand zu halten. Ich lasse irgendwann seine Hand los und sprinte ihm hinter her, wobei ich mich ernsthaft frage, wieso er mich heute so durch die Gegend scheucht.
Zu unserem Glück kommen wir genau im selben Zeitpunkt wie der Bus an der Haltestelle an und steigen schwer atmend in diesen. Taehyung schmeißt sich förmlich neben eine alte Oma, da es der einzige Platz im Bus ist, der noch frei gewesen ist und zieht mich am Arm auf seinen Schoss. Ich spüre mehrere Blicke auf uns (vor allem der Blick der Oma) und werde auf Knopfdruck rot im Gesicht. Der Bus fährt los und Taehyung schlingt seine Arme fest um mich, gleichzeitig versteckt er sein Gesicht in meiner Schulter und atmet scheinbar gegen meinen Hals, da ich seinen heißen Atem an diesem spüre und eine fette Gänsehaut davon bekomme.
"Die heutige Jugend kann sich echt nicht mehr beherrschen und belästigen die Gesellschaft mit ihrer bloßen Anwesenheit", grummelt ein alter Sack hinter uns grimmig.
Mehrere Leute geben ein genervtes Geräusch von sich oder schnaufen auf, was wohl bedeutet, dass der Kerl die ganze Zeit schon rummeckert und einfach nicht die Fresse halten kann.
"Haben Sie uns gerade mit sich selbst verwechselt, weil sie ihre schlechte Laune an uns auslassen? Und sie gehen uns allen in diesem Bus mit ihrer nervtötenden Atemhilfe, die sich in ihrem Hals befindet, und ihren unnötigen Anmerkungen auf den Sack gehen", fahre ich ihn wütend an und kassiere einen zornigen Blick von diesem alten Schwamm.
"Wie redest du mit mir, du respektloses Balg?!", ruft er laut und ich verdrehe die Augen.
"So wie Sie mit mir reden, sie verschrumpelte Rosine! Fassen Sie sich erst selbst an die eigene Nase, bevor Sie andere Menschen kritisieren und nun seien sie endlich ruhig!", erwidere ich angepisst und merke, wie Taehyung sich anspannt, um sein Lachen zurückzuhalten.
"Das reicht mir jetzt! Herr Busfahrer schmeißen Sie bitte diesen rothaarigen Teufel raus!", schreit er durch den ganzen Bus und schlägt gegen unseren Sitz.
Plötzlich macht der angesprochene Busfahrer eine Vollbremsung mitten auf der Straße, sodass alle Fahrgäste nach vorne stürzen und beinahe hinfallen. Erdreht sich absolut entnervt zu uns um und öffnet diese kleine Tür, damit er aufstehen kann. Mit großen Augen starre ich den Busfahrer an, der auf uns zu kommt, aber an mir vorbeiläuft und sich vor den grimmigen Opa stellt.
"Wissen Sie was? Ich werde den jungen Mann hier nicht rausschmeißen, sondern Sie! Wir sind schon drei Mal durch die Stadt gefahren und sie belegen immer noch zwei Plätze mit Ihren Einkaufstüten. Dazu kommt noch, dass sie ständig unsere anderen Fahrgäste belästigen. Also steigen Sie sofort aus diesem Bus! Es reicht irgendwann!", sagt er dem alten Sack und sieht ihn vollkommen ernst an.
"Das ist eine Frechheit! Sie können das nicht machen!", brüllt er aggressiv und steht entsetzt auf.
"Natürlich kann ich das! Verschwinden Sie endlich aus meinem Bus!", brüllt der Busfahrer zurück.
Der Mistkerl flucht noch jede Menge Sachen vor sich hin, während er seine Einkaufstüten in die Hand nimmt und den Busfahrer zur Seite schubst, um aus dem Bus zu steigen. Nachdem er den Bus verlassen hat, seufzen alle erleichtert auf und der Busfahrer setzt sich wieder ans Steuer.
"Du fängst auch echt mit jedem Stress an, oder?", lacht Taehyung und schaut mich an.
"Ey, komm schon. Der hat übelst genervt und nach Bier gestunken. Der verdient es doch gar nicht anders", verteidige ich mich.
Taehyung schüttelt belustigt den Kopf und hinterlässt einen kleinen Kuss auf meinem Hals. Eine Antwort bekomme ich nicht, aber nach wenigen Minuten sagt er, dass wir an der nächsten Haltestelle aussteigen müssen. Ich runzle die Stirn und merke, dass der Bus in Richtung Wald fährt. In den Wald, in dem unser selbst erbautes Holzhäuschen steht. Sofort beginne ich aufgeregt herum zu zappeln und werde immer neugieriger. Was hat er denn dort vor?
"Wir müssen aussteigen", teilt er mir mit und schlägt mir auf den Oberschenkel.
Ich komme seiner nicht gesagten Aufforderung nach und stehe schnell auf. Wir steigen aus dem Bus, als er an der richtigen Bushaltestelle stoppt. Diesmal bin ich es, der beinahe los rennt, aber Taehyung schnappt sich noch rechtzeitig meine Hand und dreht mich geschickt zu sich um, sodass ich nahe vor ihm stehen bleibe.
"Du brauchst dich nicht so beeilen. Wir haben noch den ganzen Tag Zeit", flüstert er mir ins Ohr und macht meine Beine zu Wackelpudding.
"Okay, shit. Das war echt heiß", gestehe ich ihm lachend.
"Ich bin auch heiß", entgegnet er und streicht sich eingebildet die blauen Haare nach hinten.
Das stimmt, doch diese Bestätigung bekommt er noch lange nicht, sonst fängt er an mich damit zu nerven.
"Können wir jetzt endlich losgehen? Warum stehen wir noch hier?", frage ich ihn, weil er mich ja aufgehalten hat, weiterzulaufen.
In Lichtgeschwindigkeit spannt er seinen kompletten Körper an und starrt mich wie ein verschrecktes Reh an. Was zur Hölle ist mit ihm? Der schaut mich ja so an, als hätte ich ihm gebeichtet, dass ich Schwanger von einem anderen Typen wäre.
"Eigentlich sind wir nur hier, weil ich dir ein Geheimnis von mir erzählen muss, dass ich noch nie jemanden erzählt habe", murmelt er und senkt seinen Kopf, um mir nicht in die Augen schauen zu müssen.
"Was für ein Geheimnis?", ich sehe ihn entgeistert an und entferne mich etwas von ihm.
Wir sind seit einigen Monaten schon zusammen und er hat immer noch Geheimnisse vor mir? Was soll das denn? Taehyung kratzt sich am Hinterkopf und seine Wangen werden rot.
"Wir gehen erstmal zur Hütte und dann kann ich es dir verraten", sagt er mir und läuft los.
Etwas verunsichert folge ich ihm und überlege fieberhaft, was sein Geheimnis sein könnte. Es scheint ihm sehr nahe zu gehen, sonst würde er nicht so reagieren. Aber es ist komisch, dass er erst jetzt so reagiert. Den ganzen Tag scheint er die ganze Zeit so glücklich und unbeschwert gewesen zu sein. Jetzt ist nichts mehr davon übrig, was mir Sorgen macht.
Nach weiteren Minuten, in denen wir schweigend den Waldweg entlanglaufen, kommen wir an dem kleinen Haus an und Taehyung schließt die Tür auf. Er lässt mich eintreten und schließt die Tür dann hinter sich. Seine Nervosität verstärkt sich als die Tür ins Schloss fällt und er bittet mich auf die alte Couch, die mit einer Plastikfolie verdeckt wurde, zu setzen. Ich tue es zögerlich und schaue dabei zu, wie er zu einer Ecke läuft und sich hinkniet.
"Was machst du da?!", frage ich entsetzt, als er die Holzplatten am Boden zerstört, indem er mit seiner Faust darauf einschlägt.
Er antwortet mir nicht und holt auf einmal eine weiße Plastiktüte, die verdreckt ist, aus dem Boden heraus. Taehyung öffnet die Tüte und holt ein hellblaues Buch heraus. Anschließend schmeißt er die Tüte achtlos weg, steht auf und kommt auf mich zu.
"Was ist das für ein Buch?", möchte ich wissen, als er sich neben mich setzt und das dicke Buch in seinen Händen schweigend betrachtet.
"Schau es dir an", meint er und sein Gesicht wird schon wieder ganz rot, während er mir das Buch, was wohl mehrere Jahre hinter sich hat, in die Hand drückt.
Zerstreut halte ich es in beiden Händen und sehe Taehyung nochmal an, aber er nickt mir nur zu und ich überwinde mich die erste Seite zu öffnen. Doch als ich die erste Seite erblicke, schleicht sich ein Lächeln in mein Gesicht. Auf der Seite ist ein altes Bild von Taehyung und mir, auf dem wir nicht mal drei Jahre gewesen sind, geklebt und ein rotes krakliges Herz wurde drum herum gemalt.
"Das ist echt süß", lache ich und schlage die nächste Seite auf, auf der ebenfalls ein Bild von uns beiden geklebt und mit Herzen umkreist wurde, die immer noch etwas krakelig aussehen.
Auf jeder Seite, die ich aufschlage, befindet sich ein Bild von uns beiden und irgendwann kamen kleine Texte dazu. Es waren so Sätze wie 'Jeonggukie und ich haben Spaß zusammen!' oder 'Gukkie ist der Beste! Ich habe ihn so lieb' dabei, was mein Herz zum Schmelzen bringt. Das Lächeln in meinem Gesicht vergeht nicht, bis ich eine Seite aufschlage, ab da sich nur noch Texte auf den Seiten befindet.
"Jeongguk ist nicht mehr mein bester Freund. Bogum ist jetzt mein bester Freund und er mag Jeongguk nicht. Ich mag ihn auch nicht mehr, weil Bogum sagt, dass er ein dummer Schwächling ist und mir immer am Hintern hängt. Ich will nicht mehr mit ihm befreundet sein. Das ist total peinlich. Bogum hat geplant ihm einen Streich zu spielen und den finde ich voll witzig!".
"Der Streich von Bogum war doch nicht so witzig, wie ich dachte. Jeongguk hat total angefangen zu weinen, als ich ihm den Ball gegen den Kopf geschossen habe. Mir tut das irgendwie leid, aber ich will nicht das Bogum sauer auf mich ist, wenn ich mich bei Jeongguk entschuldige".
"Jeongguk redet nicht mehr mit mir und ignoriert mich, wenn er bei uns ist oder ich bei ihm. Ich finde das blöd! Das ist doch nur ein kleiner Streich gewesen, dieser Schwächling...".
In meinen Augen bilden sich Tränen und ich möchte nicht mehr weiterlesen. Mich verletzt es immer noch, wie er damals mit mir umgegangen ist und jetzt auch noch diese Bestätigung zu lesen, macht mich traurig.
"Ich will nicht weiterlesen", flüstere ich und möchte ihm sein Buch zurückgeben, aber er schüttelt nur den Kopf und sieht mich bittend an.
Seufzend nicke ich und widme mich wieder diesem dummen Buch.
"Bogum verhält sich echt komisch und schreit mich immer an, wenn ich mit anderen spiele. Ich will nicht mehr mit ihm befreundet sein... Jeongguk hasst mich. Er schreit mich auch an, aber nur wenn ich mit ihm spielen möchte..."
"Nach der vierten Klasse wird Bogum umziehen. Ich freue mich schon darauf. Ich habe keine Lust mehr mit ihm zu spielen. Jimin und Yoongi sind eh viel cooler als er. Leider sind sie auch mit Jeongguk befreundet, der ist total unfreundlich zu mir".
"ENDLICH IST BOGUM WEG! Jetzt bin ich frei und muss nicht mehr dauernd mit ihm spielen. So eine Nervensäge. Ich bereue es mit ihm befreundet gewesen zu sein und dass ich Jeongguk links liegen gelassen habe. Er war doch mein allerbester Freund... Jetzt beleidigt er mich nur noch und ich ihn auch. Es ist gemein, falls er mal mit mir redet und es verletzt mich. Ich habe ihn doch eigentlich so lieb...".
"Ich hasse Jeongguk! Er hat mich einfach im Unterricht geschlagen, als ich einen Stift von ihm genommen habe. Natürlich habe ich zurückgeschlagen. So ein dummer Kackhaufen".
"Jeongguk ist mit den Jahren echt hübsch geworden und das finden wohl ganz viele in unserer Schule auch. Ich mag es überhaupt nicht wie sie ihn anschauen. Wir sind jetzt beide 14 Jahre alt. Wenn er mich mit seinen großen dunklen Augen anschaut, dann pocht mein Herz wie wild. Ich verstehe nicht wieso. Jedenfalls ist er immer noch ein Arsch zu mir, also bin ich auch ein Arsch zu ihm. Er provoziert mich immer wieder und dieses merkwürdige Gefühl, wenn ich ihn sehe, nervt mich auch! Ich hasse es!".
"Ich vermisse es mit Jeongguk befreundet zu sein...".
"Ich kann es einfach nicht fassen, dass Jeongguk mit Kan Hyesung zusammen ist! WAS FINDET ER BLOß AN IHM? Er ist so unfreundlich zu seinen Menschen und nutzt andere total aus! Bestimmt wird er das Gleiche mit Jeonggukie machen, aber das ist ja nicht meine Sache. Jeongguk würde niemals auf mich hören. Mich nervt es dennoch total, wenn sie vor meinen Augen herumknutschen! Das regt mich auf und beim Zuschauen bildet sich ein schreckliches Gefühl in meinem Magen und ich stelle mir manchmal vor, dass ich anstelle von Hyesung Jeongguk küsse. Was stimmt nicht mit mir? Wir hassen uns doch. Ich darf gar nicht so fühlen. Ich kriege noch die Krise!"
Nach der Seite endet das Buch, darum klappe ich es langsam zu und gebe es Taehyung zurück. Er schaut mich abwartend an, aber ich brauche gerade einen Moment um das alles in meinem Kopf zu verarbeiten. Ich habe immer gedacht, dass sich Taehyung all die Jahre gar nicht für mich interessiert hat, aber das Buch hat mir eben das komplette Gegenteil bewiesen und mich freut das irgendwie. So komisch es sich auch anhört, zu realisieren, dass ich ihm nie unwichtig gewesen bin, macht mich echt glücklich.
"Wieso zeigst du mir dieses Buch erst jetzt?", frage ich ihn und ihm schießt noch mehr Blut ins Gesicht.
"Jin Hyung hat mir gestern erzählt, was in der Grundschule mit dir passiert ist und wie traurig du in dieser Zeit gewesen bist. Ich weiß, dass das meine Schuld war und mir tut es schrecklich leid, weil ich durch Bogum unsere Freundschaft zerstört habe. Ich will mich für meinen Fehler damals entschuldigen und dir eigentlich zeigen, dass du mir nie egal gewesen bist. Ich habe dir die letzten Jahre immer verklickert, dass ich dich vom ganzen Herzen hasse, aber in Wahrheit war ich einfach nur so frustriert und wusste nicht, was ich tun soll. Du wolltest nichts mehr von mir wissen und hast dich von mir abgewendet, während ich einfach nur wieder mit dir befreundet sein wollte. Es tut mir wirklich leid, Jeongguk", erklärt er mir und sieht mich dabei so reuevoll an.
Taehyung hätte gar nicht so viel reden brauchen, weil ich ihm schon längst verzeiht habe. Deswegen antworte ich ihm nicht mal und schmeiße mich auf ihn drauf, um ihn zu küssen. Das ist total süß! Mein Freund gibt einen überraschten Laut von sich und schlingt seine Arme um mich.
"Hast du mir verziehen?", fragt Taehyung, als er sich kurz von mir löst und starrt mir mit glitzernden Augen in meine.
"Natürlich, Dummkopf", antworte ich grinsend und verwickle ihn wieder in einen Kuss.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top