《10- diesen blonden Typen》

Dann wendete ich mich wieder den Eltern zu, die mich mitleidig ansahen.
,,Okay... erzählt.", forderte ich die Eltern auf Französisch auf.

,,Sie war einmal abends erst sehr spät wieder zu Hause. Da wart ihr noch frisch zusammen. Sie weinte und wir hörten ihr Schluchtzen sofort, standen auf und liefen zu ihr ins Zimmer. Sie saß dort mit angezogenen Beinen auf ihrem Bett, in der Ecke und hatte ihren Kopf auf ihre Knie gestützt. Ich hatte mich neben sie gesetzt und ihre Schulter gestreichelt, um sie zu beruhigen. Sie reagierte nicht. Ich fragte sie, was los sei und sie antwortete nicht. Ich wusste das sie immer bei uns weiter wohnen würde... ich hätte sie nie alleine leben gelassen.", erzählte die Mutter. Sie sah kurz zu ihrem Mann hinüber und deutete ihm, dass er lieber weitererzählen sollte. Dann ging sie weg und fluchte weinend vor sich hin.

,,Schließlich hat sie dann ihren Kopf von ihren Knien gehoben und gesagt, sie wird sterben. Sie hatte uns nicht erklärt weshalb oder wie... nur gesagt das sie sterben wird. Und jetzt ist sie wirklich tot. Anfangs dachten wir sie drehte nur ein wenig durch. Und eines Abends kam sie zu uns, so ein oder zwei Wochen bevor sie tod am Strand aufgefunden wurde und sagte uns, sie hasse diesen blonden Typen, sie hasse ihr Leben und sie wolle ins Paradies. In ihr Paradies. Sie wolle erlöst werden. Wir waren so verdutzt in diesem Moment, dass wir nicht wussten, was oder wie wir antworten sollten. Wir verstanden das alles nicht. Sie weinte und schrie, dass wir dir niemals davon erzählen sollten. Doch genau jetzt denken wir, dass du es wissen musst." Er atmete tief ein und starrte mir tief in die Augen. Ich erkannte den Ernst plötzlich in seiner Stimme und erkannte den Schmerz, den er fühlte.
,,Bitte finde diesen blonden Typen. Finde heraus was er damit zu tun hat, bitte. Wir wissen, dass du sie nicht aufgibst und vertrauen dir. Danke für deinen Besuch. Viel Glück." Er ging und suchte nach seiner Frau.

Ich hatte den Mund immernoch aufgerissen und meine Augen fingen schon an zu brennen, da ich vergessen hatte zu zwinkern. Was? Was hatten sie gerade gesagt?, fragte ich mich vollkommen überwältigt. Sie wollte tatsächlich sterben... sie hatte es ihren Eltern ins Gesicht gesagt.

Viel Glück?!

Ich verschwand so schnell wie möglich aus dem Haus. Rief noch ein "Auf Wiedersehen" hinterher und stieg ins Auto. In diesem Moment fühlte ich nichts. Keine Trauer, keine Wut... nur Verwirrung. Ich dachte nach.

Nach einer halben Ewigkeit startete ich den Motor und umfasste das Lenkrad. Diese leise Stimme, die mir vorher noch durch den Kopf ging und mich darüber nachdenken ließ, ob es nicht doch Selbstmord war, war verstummt.

Ich fuhr eine Stunde, bis ich endlich alles wirklich begriff und stieg irgendwann einfach stürmisch aus dem Wagen. Schlug die Tür zu und brüllte ihren Namen in die leere Ferne.

Ich hatte an der nächsten Möglichkeit gehalten und vor mir erstreckte sich ein Wald und hinter diesem ein herrlicher Strand. Ich schrie und fiel auf die Knie: ,,Was soll ich jetzt machen? Ich werde diesen blonden Typen nie finden... ich will aber auch nicht aufgeben! Hilf mir doch irgendwie! Louise!" So brüllte ich in den Wald hinein.

Es fuhren kaum Autos auf dieser Straße. Doch plötzlich hielt eins direkt hinter meinem Wagen. Ein älterer Mann stieg aus und kam auf mich zu. Er blickte so besorgt drein, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie ich aussah. Wie die ganze Szenerie hier auf ihn wirkte. Aber er hatte mich nicht schreien hören. Glaubte ich zumindest. Trotzdem wusste er, dass ich auf jeden Fall verzweifelt sein musste.

,,Brauchen Sie Hilfe, junger Mann?", fragte er ein wenig distanziert aber sehr höflich auf Französisch.
,,Ja... Nein, leider können Sie mir nicht helfen. Sehr nett von Ihnen, dass Sie gehalten haben.", antwortete ich ihm etwas heiser auch auf Französisch, den Tränen nahe.
,,Soll ich jemanden für Sie anrufen?"
,,Nein, nein. Schon gut. Ich weiß nur nicht mehr was ich machen soll."

Ich war kurz davor dem fremden alten Mann meine ganze Geschichte zu erzählen. Vor ihm meine ganzen Gefühle auszuschütten. Aber ich stockte und hielt für einen Moment inne. Ich war emotional sowas von am Ende.

,,Gibt es da wirklich niemanden, der Ihnen helfen könnte?", hakte er nach.
,,Nein. Seit geraumer Zeit gibt es niemanden mehr, der mir wirklich helfen kann. Leider.", murmelte ich trocken.

Er kam einen Schritt näher und stand nun direkt vor mir. Es war ein Mann Ende 60. Schätzte ich. Er hielt mir die Hand hin und half mir mich aufzurappeln. Er war kräftig für sein Alter.
,,Kennen Sie Louise?", fragte ich ihn einfach so. Ich fühlte mich so leer und so verzweifelt, dass mir meine Gedanken einfach rausplatzten. Ich hatte meine vollkommene Kontrolle verloren.

,,Ähm... ist sie das vor kurzem verstorbene junge Mädchen? Die Tochter von den Bonneaus?"
Ich staunte nicht schlecht, als der alte Mann wirklich etwas über sie wusste. Er bemerkte mein Erstaunen und sprach daher einfach schnell weiter.

,,Also... ich weiß nicht wirklich viel aber es spricht sich so Einiges über sie hier im Dorf rum. Fahren Sie mir nach. Ich lade Sie auf eine Tasse Tee ein."

Ich lächelte stumpf und nickte.
,,Einverstanden. Vielen Dank. Wirklich sehr zuvorkommend von Ihnen, Herr...?", ich sah ihn fragend an.
,,Mein Name ist Gustave Marchand. Nennen Sie mich gerne Gustave."
Ich schüttelte seine Hand und gab ihm dann die typische französische Begrüßung. Die Bise. Küsse auf die Wangen, rechts-links-rechts (meistens).

,,Und mit wem habe ich das Vergnügen?" Er lächelte mich erfreut an. Vielleicht wusste er, dass mir Louise viel bedeutet hatte und immer noch bedeutet... dass ich sie geliebt habe und noch liebe.
Aber er sah mich keinesfalls mitleidig an und deshalb schloss ich diesen netten und hilfsbereiten Mann schon schnell ins Herz.
,,Ich heiße Marc Zimmermann. Nennen Sie mich auch gerne beim Vornamen."
Er nickte nur schmunzelnd.

Wir stiegen in die Autos und er fuhr vor. Ich sah noch kurz zum Wald, kniff die Augen zu und atmete einmal tief durch. Erst dann startete ich den Motor und fuhr ihm hinterher.
Ob es eine gute Idee war, ihm zu folgen und ob er mir irgendwie helfen konnte, wusste ich nicht. Ich fuhr ihm einfach nach, ihm und meinem Schicksal und meinem Bauchgefühl vertrauend.

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