Der Teekocher pt2

Doch am Abend, als ich mit Maisie auf der Couch kuschele, bekomme ich eine Nachricht und zucke zusammen. Schnell mache ich den Ton aus, doch Cole ist tief in seine Fernsehserie versunken. Er ist unrasiert, riecht nach Schweiß und hat noch die Ketchupflecken vom Abendbrot auf seinem Shirt. Als ich ihn kennenlernte, trug er einen schicken Anzug. Doch ich fand ihn zu aalglatt, damals. Wenn er nicht auf Teufel komm raus geflirtet hätte, wäre aus uns nie etwas geworden. Doch so unglatt möchte ich ihn auch nicht haben, aber wenn ich was sage, wird er sofort aggressiv. Und dann weint unsere kleine Tochter. Ich seufze und schaue auf das Handy.

Tom Teekocher: „Hey, Officer. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich noch lebe. Vielleicht kannst du dem Sani das stecken? Durfte heute eher Feierabend machen, wie wäre es mit einem Bier auf den ganzen Schreck?"

Ich schmunzele. Maisie wird langsam müde und ich nutze die Gelegenheit, sie ins Schlafzimmer zu bringen. Unsere Wohnung ist winzig, wir haben nur eine Wohnküche und ein Schlafzimmer. Nicht mal eine Badewanne, doch meine Freundin Eve, die auch Streifenpolizistin ist, hat eine, manchmal fahren wir zu ihr und baden dort. Sie hat fast ständig Nachtdienst und ich vermisse sie. Wahrscheinlich denkt Cole- wenn er überhaupt denkt- dass ich mit ihr tippe, wie so oft.  Merkwürdigerweise hat Cole keine Freunde, ich habe sofort angedockt, kaum war ich hier in den USA. Das ist typisch für mich. Naja, ich mag Menschen, und warum soll ich nicht auch einen männlichen Kumpel haben, wie Tom? Ich lege Maisie in ihr Bettchen und lese ihr noch etwas vor. Zum Glück sind die Schichtschreiber so aufmerksam, mir möglichst wenig Nachtdienste zu geben. Was Marty ein wenig verstimmt, er arbeitet trotz allem gerne mit mir. Maisie ist eingeschlafen und ich setze mich auf das Bett, um Tom zu antworten.

„Soll das ein Date werden? Du weißt, dass ich verheiratet bin...und ich habe eine zweijährige Tochter. Heißt, ich kann leider nicht weg.:("

Es kommt sofort eine Antwort, als hätte er schon auf meine Nachricht gewartet.

Tom Teekocher: „Das ist schade...und ich würde lügen, wenn ich deine Frage verneinen würde."

Ich ziehe scharf die Luft ein, mein Bauch kribbelt. Und noch eine Nachricht:

Tom Teekocher: „Falls die Umstände anders wären...und dich mein zartes Alter nicht stört...würdest du mich dann daten?" 

Ich antworte:

„Um dich zu zitieren: „Ich würde lügen, wenn..." du weißt schon ;) ABER du bist tatsächlich noch so jung...es gibt doch bestimmt viele interessante Mädchen in deinem Alter an der Uni, oder?"

TomTeekocher: „In meinem Alter- mehr als genug. Interessant- vielleicht zwei oder drei, aber nicht annähernd so, wie du. Deine Haarfarbe finde ich  total faszinierend..."

Ich kichere und tippe:

„Naja, mein Chef nicht so. Er meint, Polizisten sollten nicht wie Punks herumlaufen...obwohl ich ja nun keine offensichtlichen Tattoos oder Piercings habe!"

TomTeekocher: „Also, für mich kamst du sehr professionell rüber, auch mit pinken Haaren! XD"

Ich: „Danke. Freut mich, dass es dir gut geht, ein bisschen Sorge hatte ich schon!"

TomTeekocher:„Um mich?"

Ich: „Ja, ich sorge mich um alle Menschen. Auch um freche Teekocher, die mich schamlos anbaggern."

TomTeekocher: „Mach ich gar nicht...*schmoll*"

„Bianca?" fragt Cole leise.

Er denkt, ich schlafe, denn das Licht ist aus.

„Ja?" flüstere ich zurück, um Maisie nicht zu wecken.

„Ich gehe nochmal runter in die Bar, ja?"

„Du darfst keinen Alkohol trinken, hast doch mit einem Antidepressivum angefangen!" raune ich.

Cole knurrt: „Hab das dämliche Zeug wieder weg gelassen. Bringt sowieso nichts." 

Ich fahre hoch. Stehe auf und ziehe Cole ins Wohnzimmer. Mir wird fast schlecht von seinem Geruch. Ich schimpfe:

„Hör zu, so geht das nicht. Ich erwarte, dass du auch etwas für diese Familie tust! Das ist...war jetzt der dritte Versuch! Maisie braucht ihren Vater!" 

„Ich bin doch den ganzen Tag hier und kümmere mich um den kleinen Quälgeist!" brüllt Cole und ich bereue sofort, dass ich zu anklagend war.

„Schhhh!" zische ich.

„Du hast angefangen!" brummt er nun und schnappt sich die Schlüssel. „Bye."

Ich nicke. Gehe zurück ins Schlafzimmer, zum Glück schläft Maisie noch. Natürlich hätte ich weiter mit Cole diskutieren können, aber es ist schon spät und ich muss morgen früh aufstehen. Und auf Maisie wird wie immer Margaret, Cole's Mutter, aufpassen, nicht Cole! Ich streiche mir die Tränen weg und nehme das Handy.

TomTeekocher: „*schmoll- modus- over* Echt doof, dass du nicht hier sein kannst. Ich mag meinem Gegenüber lieber in die Augen gucken!"

Ich schreibe:

„Wo bist du denn?"

TomTeekocher: „In der "Backstage- Bar". Für mehr reicht leider mein Budget nicht...Natürlich würde ich dich lieber in irgendeinen schicken Club am Hollywood- Boulevard einladen."

Ich starre auf das Handy. Rufe Tom an und gehe ins Wohnzimmer. Er nimmt erst sehr spät ab.

„Hey Officer, was gibt's?" sagt er sanft und ich zucke zusammen. 

Woah, diese Stimme! Was macht dieser süße Kerl mit mir?

„Hi. Du bist tatsächlich in der "Backstage- Bar"?"

„Nein, jetzt davor. Drinnen versteht man kein Wort!" lacht er. „Warum? Ist es irgendwie...gefährlich oder so was?"

„Nein. Warte kurz." murmele ich und gehe zum Fenster. Öffne es und gucke raus.

„Jetzt schau mal nach rechts oben. Zum Nachbarhaus."

Mein Herz klopft wild, als ich Tom unten auf der Straße entdecke. Und erst, als er mich sieht und winkt!

„Cool! Ich wohne auch gleich um die Ecke! Ist das nicht irre?" lacht er.

„Jep. Und noch irrer ist, dass du wohl gerade meinem Mann in die Arme gelaufen bist."

„Also, da drinnen sind nur arme Studenten und ein paar abgewrackte Typen..."

„Zähle ihn zu Gruppe Nummer zwei." seufze ich.

„Oh. Tut mir leid...ich dachte immer, Architekten würden in riesigen Bungalows wohnen und Anzüge tragen."

„Nur die, die erfolgreich sind. Äh...ich würde dich ja hoch bitten, aber ich weiß nicht, wann Cole zurück kommt."

Und schon steckt mein Hals in der Lügen- Schlinge! Tom entgegnet:

„Ist schon okay. Ach, ich wollte dir noch erzählen, dass die vom Studio mir als Belohnung 'n Stapel Freikarten geschenkt haben. Und da du...mir geholfen hast, dachte ich, wir könnten vielleicht... zusammen ins Kino?"

Hm. Kino ist doch nicht schlimm, oder? Ich meine, Cole geht sowieso nie hin und Eve hat Nachtdienst- Woche. Also antworte ich fröhlich:

„Total gerne. Ich liebe Kino!"

Tom klingt hörbar begeistert:

„Super! Ich muss noch bis Donnerstag arbeiten, Freitag sind den ganzen Tag Prüfungen, danach könnte ich ein bisschen Zerstreuung gebrauchen. Wie sieht es bei dir aus?"

„Freitag passt. Also...gebongt." hauche ich.

Mein Herz rast. Und das tut es auch noch, als ich etwas später wieder im Bett liege. Wegen eines halbwüchsigen Studenten, der zehn Jahre jünger ist!

„Schlafen sie gut, Officer." kommt noch, als Text.

„Du auch."

TomTeekocher: „Noch lange nicht! Bin zuhause, denke an dich und versuche mich auf „Dramen des 19. Jahrhunderts" zu konzentrieren."

Ich stöhne auf und schreibe:

„Denkst du eigentlich sehr schlecht über mich?"

TomTeekocher: „Wenn ich gerade rational denken könnte, würde ich dich damit entschuldigen, dass dein Mann dich anscheinend vernachlässigt. Doch das ist im Moment unmöglich, weil ich alles durch eine beschissene rosa Brille sehe und du einen Mord begehen könntest und ich wäre immer noch total verliebt in dich. Hab ich das losgeschickt? Bitte, lösch das."

Ich starre auf das Telefon. Woah. Sammle mich kurz und tippe:

„Schon passiert... Und nein, mein Verhalten kann nicht entschuldigt werden, selbst, wenn Cole da unten eine Kellnerin vögelt, habe ich immer noch nicht das Recht, es ihm gleich zu tun."

TomTeekocher: "Wir vögeln nicht. Es ist nichts passiert...außer, dass ich dir wie ein Idiot meine Liebe gestanden habe und wir zusammen ins Kino gehen wollen."

„Ich weiß. Und es ist nicht idiotisch, was du getan hast, sondern mutig und schön. Muss jetzt schlafen, habe eh nur noch knapp vier Stunden...träum schön, du kleiner Hollywood- Held!"

TomTeekocher:„*schmoll* Ich bin nicht klein! Aber: „Schlaf süß! Der Himmel gebe, daß, bis dein Leben schließt, die Liebe lebe!*"

„Aw. Nein, du bist nicht klein, Puck."

TomTeekocher: „Das war Hermia..."

Ich lache leise.

„Ich weiß, das sollte ein blöder Wortwitz sein. Und:„So holder Bitte stimm ich bei: Mein Herz soll brechen, bricht es meine Treu. Mög alle Ruh des Schlafes bei dir wohnen!" Sorry, ich musste es nachschlagen, ist zwar mein Lieblingsstück, aber auswendig kann ich es nicht..."

TomTeekocher: „Ich kann nur diesen Absatz auswendig, denn ich liebe das Stück auch! Und ich nehme dich beim Wort, liebster Lysander!"

Natürlich schläft Cole tief und fest, als der Wecker am Morgen klingelt und ich packe schnell Maisie ein, nachdem ich geduscht habe. Margaret, die mich an der Haustür mit säuerlicher Miene empfängt, begrüßt mich mit:

„Sei bitte heute nachmittag pünktlich, ich bekomme Besuch."

„Ich versuche es. Nun ja, Verbrecher tun nicht immer das, was wir wollen." blinzele ich und will gehen, sie hält mich fest.

„Hör zu, Mädchen. Maisie ist mein Ein und Alles, und solltest du dir einfallen lassen, meinen Sohn verlassen zu wollen, werden wir um sie kämpfen!"

Mein Herz sackt in die Hose. Warum sagt sie das jetzt? Naja, sie hatte es durch die Blume schon öfter gesagt. Aber anscheinend sieht man mir an, dass ich neu verliebt bin, befürchte ich. Verliebt! Ich seufze.

„Das werde ich nicht, Margaret. Aber seh zu, dass du deinem Sohn mal Dampf machst, er hat sich schon wieder betrunken. Macht sich gut vor den Scheidungsrichtern." schieße ich zurück.

Drehe mich um und will gehen, sie zischt mir hinterher:

„Cole ist der Sohn eines Richters. Glaub mir, wir kriegen Maisie!"

Ich schlucke. Leider war Margaret's erfolgreicher Richter- Ehemann genauso süchtig wie Cole und hat seiner Frau einen Schuldenberg hinterlassen. Aber viele seiner ehemaligen Kollegen haben Mitleid mit den Bouchards und so werde ich wohl vor Gericht keine Chance haben. Als Tom mir schreibt, antworte ich nicht und überlege, ob ich das Date lieber absage. Denn wenn man mich erwischt...Doch nach drei Stunden Streife bin ich wieder etwas ruhiger geworden und schreibe Tom doch zurück. Wieder geht es lange zwischen uns hin- und her, Marty sagt nichts dazu, denn er tippt selbst mit seiner Geliebten. Ja, er ist verheiratet und hat ein Verhältnis mit einer Spanierin aus der Telefonzentrale! Ich meine, ihre Stimme ist der Hammer, wenn ich ein Kerl wäre...Erst haben sie nur geflirtet, doch irgendwann hatte ich bemerkt, dass sie ihn immer verliebt angeschaut hatte, wenn wir auf's Revier gekommen waren. Ich hatte ihn direkt darauf angesprochen und bin nun oft sein Alibi. Natürlich ist das mies. 

Aber da ich eh schon verdammt bin...

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