Barracuda Teil 5
Als ich die Augen wieder öffne, liege ich in Elliot's Schoß. Mein rechtes Bein wird von Musa hochgehalten, und Elliot macht ihm ein Zeichen, das er loslassen kann. Sanft streicht Elliot über meine Wange und lächelt.
„Alles gut. Du bist in Sicherheit, dir wird nichts mehr passieren." raunt er.
„Das habe ich auch gedacht, als ich mit Daniel tauchen ging." flüstere ich.
Elliot stöhnt.
„Was hätte ich davon, dich umzubringen?"
„Geld..." hauche ich.
Elliot schnaubt.
„Ich brauche kein Geld. Auch keine Anerkennung, nicht von diesen... Kreaturen. Hier, schau dich um. Die leuchteten Augen, die dankbaren Gesichter. Die schon soviel Mist erlebt haben, und doch gut und hilfsbereit geblieben sind. Die völlig fremde Menschen aus dem Wasser fischen, ohne etwas dafür zu verlangen. Dafür lebe ich. Für diese einfachen Leute hier und überall auf der Welt. Und finanziell komme ich gut über die Runden, glaub mir."
Trotzdem...es fällt mir wahnsinnig schwer, mich fallen zu lassen und Elliot zu vertrauen. Dabei ist es auf seinem Schoß wirklich gemütlich...
„Sorry wegen dem Monolog, manchmal kann ich es nicht aufhalten. Geht's wieder?" fragt er sanft.
Ich nicke und richte mich auf und er lächelt:
„Ich trag dich trotzdem noch ein wenig, hm?"
Ich schüttele den Kopf.
„Nein. Ich will laufen. Muss meinen Kreislauf in Schwung bringen. Ach, Elliot...das Wichtigste habe ich ganz vergessen! Welcher Tag ist heute?"
Wir gehen los. Musa winkt uns, er sagte, er würde noch ein wenig bei seinem Großvater bleiben. Elliot antwortet:
„Der dreizehnte März. 2016."
„Oh, Gott. Dann bin ich seit einem Monat hier!"
Unser Hochzeitstag war der 14. Februar gewesen. Ja, albern, ich weiß.
„Hm. Was willst du jetzt tun? Zuhause aufkreuzen und sagen „Tadaa, hier bin ich?" fragt Elliot.
„Bist du verrückt?" fahre ich ihn an. „Danny wird wahrscheinlich alles abstreiten, mich für unzurechnungsfähig erklären und es irgendwann nochmal versuchen. Nein, ich werde mich im Hintergrund halten, bis ich stark genug bin, ihn zu töten."
Elliot bleibt stehen und schaut mich irritiert an.
„Was?"
„Selbst, wenn sie mir glauben sollten, wird er nur verhaftet und angeklagt. Wegen VERSUCHTEN Mordes. Wieviel gibt es dafür?"
„Hm. Und er ist nicht alleine. Er hat Freunde in...gewissen Kreisen. Aber...kannst du einen Menschen töten?"
Ich schaue zu ihm hoch. Zucke mit den Schultern.
„Wenn er jetzt vor mir stehen würde, würde ich bestimmt eine Panikattacke kriegen, wie eben. Es war so...furchtbar, Elliot. Wie sich die Dinge wandeln, von einer Sekunde zur nächsten. Dieses wunderschöne Korallenriff da unten...ich war überwältigt. Wir haben uns angeschaut und ich war...sicher, das in seinen Augen Liebe war. Er nahm mir die Atemmaske weg und küsste mich. Ich dachte, ich wäre die glücklichste Frau der Welt, ich habe selbst das Messer in meinem Bein kaum gespürt, weil ich so voller Adrenalin war. Danny hat seine Maske wieder aufgesetzt. Meine aber nicht, ich weiß nur noch, das er sie dem Monster ins Maul gestopft hat. Weißt du, wie oft ich darüber nachgedacht habe? Überlegt habe, warum er das getan hat?"
„Verstehe." murmelt er. „Du hast ihn wirklich geliebt."
„Ich habe verzweifelt nach einer sinnvollen Erklärung gesucht, Elliot! Irgendwas, was bewiesen hätte, das er unschuldig ist! Es war ein langer Weg, bis ich verstand, das er mich umgebracht hat."
Elliot nickt und geht weiter.
„Warum hast du nie getan, worum ich dich gebeten habe?" murmelt er.
„Was meinst du?"
„Erinnerst du dich nicht? Damals, auf der Hochzeit. Kurz, bevor ich gegangen bin, habe ich dich nochmal aufgesucht, auf der Damentoilette. Du warst gerade dabei, die zig Lagen Hochzeitskleid wieder glatt zu kriegen und meintest, zum Pinkeln sei es völlig ungeeignet, man sollte in die Dinger einen Urinbeutel einbauen."
„Oh, Gott, ehrlich?" lache ich.
Elliot grinst.
„Oh, ja. Mist, ich hab gemerkt, das du ganz schön neben der Spur warst, aber ich hab's trotzdem getan. Dachte, wenn du morgens aufwachen würdest, kommst du zur Vernunft und annulierst die Geschichte."
„Was hast du gesagt?"
„Ich habe dir geraten, genau hinzuschauen, was Daniel's Umkreis angeht. Und Nachforschungen anzustellen. „Er ist nicht der, der er vorgibt, zu sein." habe ich dir gesagt."
„Das hattest du auch in dem Brief geschrieben. Hey, wenn ich nüchtern gewesen wäre, hätte ich es sofort geschnallt...verdammt. Wie habe ich darauf reagiert?"
„Du hast mich angegrinst und mich gefragt, ob ich wohl selbst an dir interessiert wäre."
„Shit."
„Yep. Ich bin gegangen und hab mich geärgert, das ich es dir nicht schon beim Tanzen gesagt habe. Ich wollte, aber da waren so viele Leute, und Danny hatte uns wie ein Geier beobachtet. Doch während du noch auf Klo warst, hatte er mal eben Eva gevögelt."
„Danke, sehr freundlich, Elliot. Uah, wie ekelig, musst du mir das erzählen? Und wieso Eva, die war doch gar nicht da?"
„Sie war heimlich aufgekreuzt und hinterher wieder gegangen. Ich vermute, sie hat die ganze Zeit nur darauf gewartet, das Daniel dich entsorgt."
„Fein. Ich will das alles gar nicht wissen." knurre ich.
„Du hast doch gefragt."
„Uh, zum Glück war ich zu betrunken, um mit ihm zu schlafen. Ah, mir fällt ein, als ich am nächsten Tag aufgewacht bin, war ich alleine. Er sagte, ich hätte geschnarcht. Das fand ich einleuchtend. Ich fand so vieles, was er getan hat, einleuchtend..."schließe ich traurig.
„Sogar sein Mordversuch war einleuchtend." murmelt Elliot.
„Yep, für deine Version von Daniel, meine war anders. Leider. Ach, Elliot, ich hab mich absolut blind und naiv verhalten. Hab noch gedacht, was will so ein Typ von dir...Aber Papa hat ihm vertraut."
„Ja, Julius ist ein guter Freund von Dad. Er wußte genauso wenig von dem Mordversuch an mir, wie alle anderen. Daniel hat die halbe Welt getäuscht, Valerie, du bist da keine Ausnahme. Ich hatte ihm noch vertraut, als er schon längst die Reissleine gekappt hatte."
„Ihr wart Fallschirmspringen?"
Elliot nickt. Ich bleibe stehen, spüre, wie mein rechtes Bein langsam wieder lahm wird. Elliot grinst mich an, ich weiß genau, was er jetzt denkt. Doch ich will ihn nicht bitten müssen, mich wieder zu tragen!
„Ja." antwortet er, als ich mich an eine Palme lehne. „Eines unserer gemeinsamen Hobbies. Er hatte nicht damit gerechnet, das ich so gut darin geworden bin, ich konnte ihn im Flug einholen und mich an ihn krallen. Schließlich musste er seinen Fallschirm öffnen und hat es erst kurz vorm Boden geschafft, mich abzuschütteln. Hat mich einfach liegen lassen und ist heimgefahren. Ein Bauer fand mich und brachte mich ins Krankenhaus, wo sie meine Brüche versorgt haben. Ich sagte, mein Fallschirm wäre defekt gewesen."
„Warum?"
Elliot's hübsche, blaue Augen blicken ins Nichts. Ich kann nicht erkennen, ob er traurig oder verzweifelt ist, enttäuscht von seinem Bruder. Er zuckt mit den Schultern. Dann trifft sein Blick wieder meinen und er raunt:
„Vielleicht warte ich auch auf den richtigen Moment, es ihm heim zu zahlen."
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