Kapitel 8

[Cassandra]

Schnell kippte ich den Kurzen meine Kehle hinunter und knallte das Glas auf den Tisch. Ich war angepisst! Zwar war ich jetzt im Club, aber fand Eren nirgendwo! Auf meine Anrufe oder Nachrichten reagierte er nicht. Das war doch alles ein schlechter Witz! Als ob ich nicht schon verwirrt genug wegen Levi war, jetzt war der Mensch, der mir eigentlich Halt geben sollte, nicht da!

Mit wütendem Gesicht tippte ich in mein Handy, zu mindestens wollte ich Eren davon in Kenntnis setzen, wo ich im Club war. Mit einem tiefen Seufzer lehnte ich mich an den Tresen und ließ meinen Blick durch den Club schweifen. Er war nicht übermäßig voll, aber dennoch gut besucht. Die Musik traf nicht so meinen Geschmack. Es mag zwar albern klingen, aber ich glaube, aus dem Alter war ich raus, wo ich zu solchen Beats noch abging. Wieder seufzte ich auf.

Eine undefinierbare Schwere breitete sich plötzlich in mir aus und ich senkte den Blick. Was machte ich hier eigentlich? Ich wartete hier auf einen Typen, der nicht mal auf meine Nachrichten reagierte, obwohl er mich hierher eingeladen hatte. Doch nun stand ich hier am Tresen und hatte mich bereits selber eingeladen, während Zuhause mein Bruder wahrscheinlich gerade vor Wut platzte.

Mein Bruder …

Warum musste ich jetzt plötzlich an ihn denken? Warum kamen mir jetzt seine Worte in den Sinn?
Er hätte mich nie warten lassen. Er hätte mich nicht mal alleine zum Club fahren lassen, er hätte mich abgeholt. Auch wenn mir Levis Kommentare auf die Nerven gingen, so war er immer verlässlich … er sorgte sich um mein Wohlergehen … wenn er nicht wäre, würde ich mich wirklich nur von Fast-Food ernähren. Auch wenn er mir blöde Kommentare entgegenbrachte, so merkte er es sofort, wenn es mir nicht gut ging. Er war immer für mich da.

Erneut seufzte ich und holte nochmals mein Handy hervor. Unter einer leicht melancholischen Stimmung tippte ich eine Nachricht an Levi.

>Es tut mir leid<

Sie war zwar plump, aber irgendwie drückte das, aus, was ich fühlte. Doch wahrscheinlich fühlte ich mich gerade nur alleine gelassen, dass mir selbst der kleine Streit mit Levi, nun vollkommen egal war.

>Hast du dich wieder beruhigt, Prinzesschen?!<

Ich musste leicht schmunzeln, als ich Levis Antwort lass. Im Gegensatz zu Eren antwortete er mir, obwohl ich ihn vor wenigen Stunden noch so an gekeift hatte …

>Wie du siehst, ja. Nehm einfach die Entschuldigung an :P<

>Lass mich raten, du stehst am Tresen und wartest, weil dein Prinz immer noch nichts von sich hören lässt!<

Ich blinzelte kurz und presste die Lippen zusammen. Manchmal war er schon richtig unheimlich …

>Er hat sich nur verspätet.<, tippte ich schnell ein und mein Blick wanderte nochmals durch den Club. Doch Eren war nach wie vor nirgends zusehen.

>Wenn du meinst. Ich hätte dich gar nicht erst alleine dort antanzen lassen!<

Mein Blick trübte sich etwas. Nein, Levi hätte das nicht getan … er hätte mich hier nicht so alleine stehen lassen …

Ich sah auf, als eine weitere Nachricht von ihm kam.

>Wehe, du heulst jetzt! Warte einfach! Ich bin gleich da!<

Wieder blinzelte ich. Was? Wie? Wollte er mich abholen? Aber er wusste doch gar nicht, wo ich genau …

Ich fuhr erschrocken zusammen, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. Meine innere Erwartung zerbrach und mein Puls beschleunigte sich, als ich in graue, anstatt grüne Augen blickte.

Völlig überrascht wich ich zurück.
»W-Was … wie … wie bist du …« Ich brachte kein vernünftiges Wort heraus. »Erschrecke mich nicht so, Levi! Wieso hast du mir nicht einfach geschrieben, dass du hier bist?! Ich steh’ hier wie eine Bekloppte alleine, obwohl du hier warst?!«

Ausdruckslos umfasste er mein Handgelenk und zog mich dichter zu sich heran. »Hör auf herumzuzicken! Sei froh, dass wenigstens auf mich Verlass ist!«, brummte er.

Ich war völlig durcheinander. Wieso klopfte mein Herz wie wild? Wieso freute ich mich im tiefsten meines Inneren ihn zu sehen? Wir hatten uns doch eigentlich gestritten …

Ohne ein weiteres Wort schleifte er mich hinter sich her.

»W-Warte mal! W-Was ist, wenn Eren doch hier ist?«

»Der Bengel ist nicht hier!«, knurrte Levi tief und führte mich an den Menschen vorbei.

»Aber ich kann doch nicht einfach so gehen!«

»Doch kannst du!« Er zerrte mich weiter hinter sich her, auf den Flur des Clubs.

»L-Lass mich ihm doch wenigstens eine Nachricht schreiben! Levi! Halt doch mal an!« Abrupt blieb er plötzlich stehen und stieß mich gegen die Wand. Die Leute, die gerade vorbeigingen, schauten vielsagend zu uns herüber.

»L-Levi … was soll das?!« Gott, das war ja peinlich! Was mussten die Leute nur denken?

Wieder begann mein Herz schneller zu schlagen. Seine Arme streckten sich zur jeder Seite meines Kopfes hinweg. »Vergiss diesen Bastard endlich!«, zischte Levi und sein Gesicht kam meinen immer näher.

Nein! Nicht schon wieder. Er war mir wieder so nahe! Zu nahe!

»Lass das! Hör auf! D-Die Leute gucken schon!«

»Die interessieren mich einen Scheiß!« Sein Gesicht kam meinem immer näher. Mein Körper spannte sich an. Sein Duft erfüllte mich. Meine Gedanken waren wie leer gefegt. Seine Lippen kamen immer näher.

Ungläubig blinzelte ich und realisierte, wo ich war. Ich war im Club. Verwirrt starrte ich auf die Nachricht von Levi.

>Hast du dich wieder beruhigt, Prinzesschen?!<

Was war das gerade? Ein Tagtraum? Was hatte ich mir denn da zusammen gesponnen?! Was war nur los mit mir? Warum dachte ich an solche Dinge?

Ich erschrak als sich plötzlich zwei Arme um meine Taille schlangen. Sofort wirbelte ich herum, und blickte in grüne, große Augen.

»Tut mir leid«, lächelte Eren. »Ich wollte dich nicht erschrecken!«

Hörbar atmete ich aus und steckte mein Handy weg. »Da bist du ja. Ich habe auf dich gewartet!«, schmollte ich und boxte ihn in die Seite.

»Tut mir wirklich leid. Ich mach’ es wieder gut«, grinste er und zog mich zu sich heran. Seine Lippen berührten meine.

Doch … im Gegensatz zu ihm schloss ich nicht die Augen. Meine Gedanken schweiften ab. Warum war mir nur so schwer ums Herz?

*


[Levi]

Mit einem Schnauben zog ich den Müllsack zu.
Das war der Nachteil meines Ausbruches. Ich hatte mir zwar Luft gemacht, aber ich hatte auch ewig gebraucht, um das Chaos zu beseitigen.

Tcch! Und Cassandra hatte mir seit Stunden auch nichts mehr geschrieben. Meine Stimmung war wirklich auf den Nullpunkt gesunken!

Während ich die Treppen hinunterging, um den Müll zu entsorgen, fragte ich mich gleichzeitig, ob Cassandra heute Abend wieder kommen würde. Bestimmt übernachtete dieser Bastard bei ihr!

Hart stieß ich die Tür nach Draußen auf und schritt zu den Mülltonnen. Mein Blick glitt unweigerlich hoch zu ihrer Wohnung. Mit einem tiefen Brummen entledigte ich mich des Drecks und wandte den Tonnen den Rücken zu.

»Aa ah … Nein nicht, warte! L-Lass uns doch hineingehen!« Jeglicher Muskel in meinen Körper spannte sich an, als ich ihre Stimme hörte. Automatisch trugen mich meine Beine in ihre Richtung. »Warte! Wenn uns jemand sieht, Eren … aaahh!«

Mein Magen verkrampfte sich bei dem Anblick, als ich zurück zum Eingang ging.

Dieser Bastard!

Cassandra war rücklings an die Hausmauer gedrängt und er küsste ihren Hals. Meine Kehle schnürte sich zu. Meine Hände begannen unkontrolliert zu zittern.

»H-Halt …«, erhob sie nochmals die Stimme und drehte ihren Kopf von ihm weg … zu mir herüber …

Ihre Augen begannen sich langsam zu weiten, als sie mich erblickte. Ihr Gesicht verzog sich und sie fuhr erneut auf, während er weiterhin ihren Hals küsste.

Dieser Anblick … der Ausdruck in ihren Augen …

»H-Hör auf!«, presste sie gequält hervor.

Meine Gedanken waren plötzlich wie leer gefegt. Erst als ich mit hektischem Atem auf den Bastard herab blickte, realisierte ich, was ich getan hatte. Mit einem schmerzverzerrten Stöhnen richtete er sich zögerlich vom Boden auf.

Meine Augen verengten sich und ich trat ihm in die Magengrube. »Du Mistkerl!«, brüllte ich. »Wie kannst du es wagen, ihre zarte Haut zu berühren?!« Grob packte ich ihn am Kragen und schlug ihm nochmal ins Gesicht. »Du elender Bastard! Cassandra gehört mir!« Erneut hob ich meine Faust.

»Nein! Levi, hör auf!«

Ich hielt in der Bewegung inne und sah zur Seite. Cassandra umklammerte fest meinen Arm und eine Träne glitt ihre Wange hinunter. Meine Kehle schnürte sich, bei diesem Ausdruck auf ihrem Gesicht, zu. »Hör auf … bitte … er ist betrunken …«

»Das ist mir egal, dieser Scheißkerl hat -« Ich unterbrach mich als sie ihre Arme um meine Schulter schlang und sich fest an mich drückte.

»Hör auf! Ich bitte dich!«, murmelte sie bebend. Ich ließ den Kragen des Bengels los und er fiel plump auf den Boden. Ich nahm nur noch Cassandras Schluchzen wahr.

Nein …
So wollte ich sie nicht sehen!

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