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Fernando's POV:

Beim Krankenhaus angekommen, regnet es mittlerweile in Strömen.
Angespannt schlage ich die Autotür zu, laufe zum Eingang und trete durchnässt in das Gebäude.
Sofort umhüllt mich der Geruch von Desinfektionsmittel.
Wie ich es hasse...

Ich musste wegen dem Regen leider einen Umweg fahren, da es am Abhang des Berges, doch zu gefährlich gewesen wäre.
Ich hoffe Brook hat es geschafft...

Mit schweren Atem laufe ich auf die Rezeption zu, wo eine etwas pummelige Frau sitzt.
„Wie kann ich Ihnen helfen?" Mit einem falschen Lächeln legt sie das Telefon bei Seite.

„Eine Brooklyn wurde eben hier eingeliefe-"
„Ja ja.. in der zweiten Etage, Gang vier, Raum 17, auf der rechten Seite."
Und schon hat sie sich wieder abgewendet.

Mit gerunzelter Stirn folge ich dem Weg, den sie mir gegeben hat und fahre mir mit meiner Hand durch mein triefend, nasses Haar.

Mit schnellen Schritten laufe ich den vierten Gang runter und muss leider feststellen, das es eine Intensivstation ist.
Ich hätte gehofft es wäre doch nicht so schlimm...
Hektisch klopfe ich gegen Raum 17 und warte auf ein „herein" , doch es kommt nicht.
Noch einmal klopfe ich und dieses Mal, öffnet ein Arzt die Tür.

„Ich muss zu ihr" Ist das einzige was aus mir heraus kommt und ohne groß drüber nach zu denken will ich mich an dem älteren Mann vorbei quetschen.
„Die meisten Jugendlichen brauchen nach einem Selbstmordversuch, erst einmal Zeit für sich. Ich meine, sie hätte, wenn sie später geliefert worden wäre, nicht überlebt."
Ich schlucke schwer.

Ach ja, ich hab vollkommen vergessen, das ich im Auto, auf dem Weg hierher, einen der Ärzte angerufen und bestochen habe, das es nur ein Selbstmordversuch war und kein Mordversuch.
„Glauben sie mir, sie braucht mich jetzt."
Ohne noch weiter auf ihn zu achten, laufe ich durch die Tür, schließe sie hinter mir und drehe mich langsam zu Brook's Krankenbett.

Ich atme noch einmal tief ein und aus, bevor ich langsame Schritte auf sie zu mache.
Der Raum ist abgedunkelt und nur das Licht, der Maschinen, die links und rechts neben ihrem Bett stehen, erhellen den Raum.
Ein langsames piepen dringt in mein Ohr und ich erblicke die Schläuche, die an ihrem Arm befestigt sind.

Vorsichtig setzte ich mich auf den gepolsterten Holzstuhl, rechts neben ihrem Bett, nehme ihre Hand in meine und streiche ihr ganz sanft über die Wange.

„Todo saldrá bien..." [alles wird gut] Flüstere ich leise, bevor ich mich seufzend in dem Stuhl zurück lehne und die Augen schließe.

Bitte werd schnell gesund.

Brook's POV:

„Na? Wie findest du das!" Mit einem starken Ruck, sticht Alonso in meinem Arm und zieht ganz langsam durch meine Haut.
Schmerzhaft schreie ich auf und versuche irgendwie mich zu wehren, doch es geht nicht.
Ich kann mich einfach nicht bewegen, egal was ich versuche.

„Ach so schlimm ist das doch nicht. Wie wäre es mit..." ganz langsam holt er mit der scharfen Klinge aus.
Ich blicke ihm hilfesuchend in die Augen, doch dort ist nichts außer ein gehässiges funkeln.
„Bitte" Hauche ich mit letzter Kraft und schaue noch einmal auf meinen Arm, der nur noch nach Fleisch und Blut aussieht.

„Schieb dir dein -bitte- in den Arsch" Lacht er böse auf und kommt mit dem Messer meinem Hals immer näher.

„Nein bitte!" Flehe ich weinend. „Bitte lass mich am Leben!" Versuche ich ihn wieder umzustimmen, doch ich spüre schon im nächsten Moment, wie die Klinge meinen Hals streift und einen langen, tiefen Schnitt verursacht.

„Nein!"

Schwer atmend, reiße ich meine Augen auf und packe mir panisch an meinem Hals.
„Hey!" Höre ich Fernando's Stimme erschrocken neben mir, worauf ich mit aufgerissenen Augen zu ihm schaue und dann durch den Raum blicke.

„Er war hier" Wimmere ich und husche mit meinem Blick in jede Ecke des Raumes.
„Er war-" „hey!" Schnell umfasst er mein Gesicht und bringt mich dazu ihm in die Augen zu schauen.
„Er ist tot Okay? Alonso ist tot."
Ich spüre wie mein Atem sich langsam wieder normalisiert.
„Wo-wo bin ich?" Frage ich verwirrt, worauf Fernando mich langsam los lässt.
„Im Krankenhaus."

Und sofort fällt mir alles wieder ein.
„Ich war in einer Hütte" Hauche ich eher zu mir selber und starre auf meine weiße Bettdecke. „Ich hing an diesen Ketten und ..." Ich stocke, bevor ich zu meinem Arm blicke.

Ein weißer Verband ist öfters um den genähten Schnitt gewickelt worden.
Bewegen kann ich ihn nicht wirklich, genauso wenig wie den Rest meines Körpers.

„Ich war unter Wasser und- und diese Peitsche-"
„Es ist vorbei Okay?" Unterbricht Fernando mein Gestotter und nimmt mein Gesicht in seine Hände.
Er sieht müde aus, seine Haare hängen ihm schlaff ins Gesicht und seine Augen sind rot gefärbt.

Langsam nehme ich auch die Sonne wahr, die schwach in den Raum strahlt und ein paar Ecken mit Licht füllt.
„10 Tage..." Flüstere ich und entferne mich langsam von Fernando.
„Was?" Fragt er verwirrt. „10 Tage war ich da" Führe ich den Satz zu Ende und sehe, wie sich sein Blick verdunkelt.
„Warum so lange Fernando!" Ich merke wie mir wieder Tränen in die Augen fließen.

„Brook, er hat dich gut versteckt und Fallen gestellt! Da findet man dich nicht so leicht!" Antwortet er angespannt und ich höre heraus, wie erleichtert er ist mich wieder zu haben.
„Weißt du was er mit mir gemacht hat!" Nun fliesen mir die ersten, unkontrollierten Tränen die Wangen hinunter.
Er antwortet nicht.
„Weißt du es!" Wiederhole ich die Frage lauter, worauf er angespannt mit dem Kopf schüttelt.

„Er hat mich in Eiswasser gesteckt! Tagelang konnte ich mich nicht bewegen!"
„Brook..."
„Er hat mich fast ertränkt und mir fast kein Essen gegeben!"
„Brook-"
„Er hat mich nackt an Ketten gehangen!"
„Brook!"
„Er hat mich ausgepeitscht und wollte mich mit einem scheiß Messer töten!"
„Brook Es reicht!"
Doch ich höre nicht.
Nein, er soll ruhig wissen, was ich ertragen musste.

„Und das alles nur, weil ich nicht wusste wo diese Lieferung von dir ist."
Ich sehe wie er sich am ganzen Körper anspannt und den Blick senkt.
„Weißt du wie es sich anfühlt Tag für Tag geschlagen zu werden? Am ganzen Körper zu bluten und Narben zu tragen, für die man sich schämt? Weißt du wie es sich anfühlt zu hören, wie dein Blut auf den Boden klatscht?! Nein, ich denke nicht..."
„Oh doch, das weiß ich Brook!"
Nun schaut er mich wieder an.

Seine Augen starren mir direkt in die Seele.
Schmerz und Erinnerungen sammeln sich in ihnen.

„Ich weiß genau wie sich der ganze scheiß anfühlt! Ich weiß wie es sich anfühlt, um sein Leben zu betteln und zu hoffen, das irgendwann, irgendwie Hilfe kommt! Ich weiß verdammt nochmal wie sich dieser Schmerz anfühlt!"

Nun starren wir uns tief in die Augen, keiner sagt etwas, doch beide wissen genau, was der andere denkt und fühlt.

„Es tut mir leid." Höre ich ihn endlich die Stille durchbrechen.
„Was ist das für eine Lieferung."
Er antwortet wieder nicht.
„Fernando!"
„Es waren nur Drogen!"
Ich starre ihn fassungslos an.
„Ich wurde für scheiß Drogen gefoltert?!"
Er nickt nur, worauf ich fassungslos auflache.
„Ich hätte alles erwartet aber nicht das."

„Brook bitte, ich-" „nein Fernando." Ich sehe ihn mit tränenden Augen an.
„Ich will zu meiner Familie."
Ich sehe, wie er seine Augen ungläubig aufreißt.
„Brook..."
„Nein. Fernando." Ich spüre wie meine Unterlippe immer doller anfängt zu beben.
„Versteh doch, ich kann das nicht mehr. Ich will nicht dafür getötet werden, was du getan hast!"
Ich sehe, wie seine Augen immer glasiger werden, was mein Herz noch weiter bricht.

„Bitte verstehe mich" Hauche ich weinend und lege meinen Kopf ein wenig schief.
Es dauert eine Weile, bevor er langsam nickt und mich wieder anschaut.
„Es ist deine Entscheidung" Sagt er mit einem schwachen Lächeln, erhebt sich und läuft auf die Tür zu, worauf ich mich ein wenig im Bett aufrichte.

„Das ist jetzt alles was du dazu sagst?" Frage ich verletzt und schniefe traurig.
Ich sehe wie er schwer atmend stehen bleibt, so das ich für eine Weile nur seinen trainierten Rücken sehen kann, bevor er sich blitzschnell umdreht, auf mich zu kommt, mein Gesicht in seine Hände nimmt und seine Lippen mit meinen vereint.

Traurig schließe ich meine Augen und spüre wie mir nur noch mehr Tränen die Wangen hinunter laufen.
Es ist zum erdrücken, zu wissen, das dies unser letzter Kuss sein wird.
Er weiß es auch.

Langsam löst er sich wieder, worauf ich meine Augen zögernd öffne.
„Adiós, mi belleza" [auf Wiedersehen] Haucht er mit gläsernen Augen.

Ich spüre wie sich seine warmen, starken Hände von meinen Wangen entfernen und ich seinen Atem nicht mehr auf meiner Haut spüren kann.
Ein letztes Mal blicke ich ihm in die dunklen Augen und ein letztes Mal höre ich seine tiefe, Akzent Stimme.
Ein letztes Mal habe ich sein Lippen auf meinen gespürt.

Das letzte was ich höre ist, wie die Tür mit einem leisen klicken ins Schloss fällt.
Und genau das ist der Zeitpunkt, bei dem ich in Tränen ausbreche und nicht mehr aufhören kann.

Ich werde dich niemals vergessen Fernando.
Eso es lo que prometo. [das verspreche ich]

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