•01•
Hastig trinke ich den letzten Schluck aus meiner Trinkflasche und lasse mich erschöpft auf eine Bank im Boxstudio nieder.
Jap, ich hatte gerade Training.
„Wie weit bist du?" Höre ich meinen Vater aus seinem Büro zu mir rufen.
„Dauert noch ein wenig." Sage ich immer noch völlig aus der Puste, als ich in das unaufgeräumte Büro trete.
„Ich gehe gleich schon mal, würdest du dann bitte einmal abschließen." Fragt mein Vater und schaut dabei immer noch auf seine Papiere, wo er die ganze Zeit etwas unterschreibt.
Naja, fragen war es nicht wirklich, eher wie so ein Befehl.
„Ja klar." Antworte ich nur kurz und schließe die Tür zum Büro wieder.
Meine Bandagen wickle ich langsam ab.
Da es schon echt spät ist, sind fast keine Boxer mehr im Studio.
„Ich gehe dann!" Ruft mir ein Kunde noch zu.
Ich glaube sein Name war Luca.
Während ich die Handtücher in einen Schrank einsortiere, höre ich wie sich die Tür vom Büro öffnet und wieder schließt.
„Brook, ich gehe jetzt," Kommt mein Vater auf mich zu, „hier die Schlüssel." Eilig drückt er mir einen schweren Schlüsselbund in die Hände und gibt mir einen zarten Kuss auf die Stirn.
„Vergiss nicht die Hintertür abzuschließen!" Ruft er noch, während er aus der Tür stürmt.
Zwei Sachen, erstens mein Name ist Brooklyn und nicht nur Brook, aber jeder nennt mich gerne so und zweitens warum hat er es so eilig?
Schulterzuckend räume ich weiter ein und stecke mir die Schlüssel in meinen Sport-BH, da ich echt kein Bock hab nachher Ärger zu bekommen, weil ich sie verloren habe.
„Steckst du alles in deinen BH?" Lacht eine tiefe Stimme links neben mir.
Erschrocken wirble ich herum und sehe Ethan Oberkörper frei vor mir stehen.
„Du Arsch!" Meckere ich und haue ihm leicht auf seine Brust, wobei ich meinen Blick von seinen Muskeln nicht abwenden kann.
Doch als er anfängt leicht zu schmunzeln schüttle ich meinen Blick ab und schaue ihm ins Gesicht.
Ich weiß, das er schon seit längerem total den Crush auf mich hat, was auch total süß ist, da er echt gut aussehend ist, Humor hat und außerdem lieeeebe ich seine Augen.
Ja ich weiß ein wenig komisch, aber er hat so schöne strahlende grüne Augen.
Es sieht einfach sexy aus.
Es sieht aus als wäre er ein netter junger Mann mit keinerlei schlechten Absichten.
Aber ich weiß einfach nicht ob er der richtige ist.
Wenn er da ist, macht mein Herz kein Aussetzer, weil ich so aufgeregt bin, es bildet sich auch keine angenehme Gänsehaut wenn er bei mir ist.
Es hört sich total kitschig an ich weiß.
„Warum bist du noch hier?" Frage ich ihn nun und schließe den Schrank.
„War gerade noch duschen." Antwortet dieser und lehnt sich an die weiße Wand an.
Jetzt wo er das sagt bemerke ich auch seine nassen Haare die ihm ins Gesicht fallen.
„Und du?"
Fragen sehe ich ihn an.
„Warum bist du noch hier. Wolltest du mich sehen?" Ein perverses Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit.
Lächelnd verdrehe ich meine Augen und laufe ein Schritt weiter auf ihn zu, so das sich unsere Körper schon fast berühren.
„Ich hab nur noch ein wenig mehr Selbstverteidigung geübt. Ich könnte dir jetzt ohne zu zögern dein Bein brechen." Hauche ich und wende mich dann wieder von ihm ab.
Mit ihm zu spielen und ihn anzuturnen gibt mir ein Gefühl von Macht.
Ich weiß, das er -wenn ich es auch wollen würde- mich jetzt sofort ficken würde.
Doch irgendetwas hindert mich daran.
Irgendwas tief in mir sagt mir, das es falsch wäre.
„Sind die duschen denn wenigstens sauber?" ich drehe mich beim laufen zu ihm um, da er mir zum Hinterausgang folgt.
„Natürlich!" Antwort Ethan stolz.
Lächelnd drehe ich mich wieder nach vorne und stoße die große Tür auf, um zu gucken ob dad das hintere Beleuchtungslicht ausgemacht hat.
Und siehe da, er hat es nicht gemacht.
Gerade will ich das Licht ausknipsen, da entdecke ich ein schwarzes, sehr schickes Auto nicht weit von hier wegfahren.
„Wer war das?" Nun stellt sich Ethan genau neben mich.
Da es wie in Strömen regnet, konnte man nicht wirklich erkennen wem das Auto gehört.
Ich zucke nur mit den Schulter, mache das Flutlicht aus, lasse die Tür zufallen und schließe diese endlich ab.
„Zieh dich jetzt an, ich muss das Studio schließen." Sage ich zu Ethan, der entsetzt stehen bleibt, was ich ihm aus Reflex nach mache.
„Was?" Frage ich ihn ungeduldig.
„Gefalle ich dir so etwa nicht?" Gespielt verletzt packt er sich an sein Herz.
Ich verdrehe nur lachend die Augen, nehme sein T-Shirt, welches auf einer Bank liegt, und schmeiße es ihm zu.
„Das habe ich nie gesagt." Meine ich nur grinsend und schließe das Büro noch schnell ab, bevor ich in der Frauenumkleide verschwinde und mir meine Jogginghose und ein Overzise T-Shirt anziehe.
Ich packe mir meine Sporttasche und laufe seufzend zum Ausgang.
Ich hab allem Ernstes keine Regenjacke mit genommen!
Gott warum bin ich so doof!
Jetzt kann ich im schönen Regen nach Hause laufen.
Und wenn einer fragt, nein ich hab mein Handy nicht mit, sondern habe es zu Hause vergessen.
Ich weiß, sehr schlau...
Mit zugekniffenen Augen schließe ich schnell ab, verstaue die Schlüssel und merke wie mir im nächsten Moment der Regen auf den Kopf prasselt.
Gerade will ich los laufen, da hält ein weißes Auto neben mir.
„Komm Steig ein!" Ruft der Mann der in der Karre sitzt.
Okay, wieso nicht.
Lächelnd drehe ich mich um, laufe zur anderen Seite des Autos und lasse mich entspannend auf den Beifahrersitz nieder.
„Du dachtest doch nicht wirklich das ich dich im Regen nach Hause laufen lasse." Lachend startet Ethan wieder den Motor und fährt los.
Nach dem er mich zu Hause abgesetzt hat, will ich gerade ins Haus sprinten, da entdecke ich das gleiche schwarze Auto, welches schon beim Studio stand.
Es parkt in einer Ecke , nicht weit weg von unserem großen Haus.
Stirnrunzelnd öffne ich die Tür und schließe sie eilig hinter mir.
„Mum! Dad! Ich bin wieder da!" Rufe ich durch die Eingangshalle.
Keine Antwort.
Okay...
Schnell ziehe ich meine Schuhe aus, lasse meine Sporttasche mitten im Flur liegen und laufe zur Küche.
Ich muss zugeben wir sind nicht arm.
Nein im Gegenteil.
Da mein Vater ein eigenes Boxstudio hat und nur die besten aller besten dort trainiert und ausgebildet werden, mit Ausnahme von mir, bekommt er richtig Kohle.
Meine mum arbeitet für so ein Geschäftsmann und verdient auch nicht wenig.
Nur seit dem ich denken kann, treffen sich dad und manchmal auch mum, mit so komischen Leuten.
Ich durfte moch nie mit.
Ich bin fast 18 und durfte noch nie mit.
Dad sagt es sei zu gefährlich und so.
Naja...
„Mum, dad?" Rufe ich noch einmal und bekomme dieses Mal sogar eine Antwort.
„La mia bella da bist du ja!" Höre ich meine Mutter sagen.
Lächelnd nimmt sie mich in den Arm und führt mich zum Esstisch, wo mein Vater auch schon sitzt und mal wieder irgendwas durch liest.
„Was gibts?" Frage ich während mir schon das Wasser im Mund zusammen läuft.
„Manzo con patate." Antwortet mum und zeigt auf den Tisch, wo tatsächlich schon Rindfleisch mit Kartoffeln stehen.
Beim Essen legt dad sogar sein Papierkram zur Seite.
„Dad?" Frage ich während mein Blick immer noch auf das Essen gerichtet ist, welches ich gerade zerschneide.
„Hm?"
„Da draußen steht so ein schwarzer Wagen, der war eben auch beim Studio. Vielleicht ist es ein Kunde von dir?" Nun blicke ich zu ihm.
Doch wenn ich seine Reaktion im Voraus gewusst hätte, hätte ich es ihm am liebsten garnicht erzählt.
„Santo cielo Maria![Heilige Mutter Maria] Warum sind sie hier?!" Ängstlich blickt mum zu dad, der Seine Gabel und sein Messer auf den Teller sinken lässt.
„Brook du bleibst hier drin, ich muss mit deiner Mutter etwas klären." Brummt er völlig angespannt und steht allem Ernstes mit meiner Mutter auf und verlässt die Küche.
Ich höre meine mum noch so etwas wie „Non dev'essere vero!" [Das darf doch nicht war sein] oder
„Abbiamo ancora tempo!" [Wir haben doch noch Zeit]
Schimpfen.
Ach und falls es euch noch nicht aufgefallen ist, meine Mutter kommt aus Italien und spricht deswegen sehr oft und sehr gerne italienisch.
zum Glück hat sie mir die Sprache auch beigebracht sonst könnte ich sie nie verstehen.
Da dad die Sprache nicht wirklich kann, streiten mum und ich öfter mal auf Italienisch, so dass er nicht immer alles mit hört.
Die Schimpfwörter gefallen mir am meisten.
Ungeduldig wippe ich mit meinem Bein hin und her.
Warum brauchen die so lange?!
Ist etwas passiert?
Scheiße meine Eltern liegen bestimmt tot auf der Straße.
Nein Brook! Denk positiv!
„Fuck!" Fluchend stoße ich den Stuhl zurück und laufe schnell den langen gut beleuchteten Flur entlang, bis zur Haustür.
Diese öffne ich leise und schaue in die Dunkelheit, bis ich meine Mutter höre.
„Bitte, wir brauchen noch etwas Zeit!"
„Ihr hattet Zeit genug! Entweder ihr kommt am Sonntag, oder wir kommen.." Ein hässliches lachen kommt von einem Mann mit Schutzkleidung und einer.. WAFFE!? Was?!
Warum haben die ganzen Männer Waffen?!
Scheiße wer sind die?!
„Wir werden da sein." Höre ich meinen Vater wütend nachgeben.
„Te veré." [Wir sehen uns] Sagt einer der Männer zum Abschied und verschwindet im Auto.
Warte mal, hat der gerade Spanisch gesprochen?
Als ich sehe wie meine Eltern sich umdrehen und auf die Tür zusteuern, schließe ich diese sofort und laufe so schnell ich nur kann in die Küche.
Sofort lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen und stopfe mir mein Essen in den Mund.
„È tutta colpa tua!" Schreit meine Mutter, während sie in die Küche gestampft kommt und sich zum Weinschrank begibt.
„Schatz du weißt das ich dich nicht verstehe wenn du Italienisch redest!" Meckert mein Vater und stellt sich auf die andere Seite der Kücheninsel.
Meine Mutter stöhnt nur genervt auf und gießt sich roten Wein in eins der Weingläser.
„Sie hat gesagt das alles deine Schuld ist." Übersetze ich für dad, der meine Mutter daraufhin teuflisch anstarrt.
„Ora discutiamo davanti a nostra figlia..." [Jetzt diskutieren wir vor unserer Tochter] Nuschelt mum und trinkt dabei einen großen Schluck von ihrem Wein.
Verwirrt sieht dad wieder zu mir, doch ich schaue nur mit hochgezogenen Augenbrauen auf meinen Teller.
Mum hasst es wenn sie mit dad vor mir streitet.
Naja, sie fängt die Streite immer an und gewinnt sie auch meistens. Danach ignoriert sie dad erstmal.
„La mia dolcezza! [Meine süße] Wie war dein Training?" Lächelnd kommt sie auf mich zu, setzt sich neben mich und ignoriert dad wie gewohnt nach einer Auseinandersetzung.
Augenverdrehend verlässt dad die Küche und ich höre wie er die Treppe nach oben geht.
„Ähm, gut." Antworte ich und nehme meinen letzten Bissen.
„Ich habe gesehen das Ethan dich nach Hause gebracht hat." Mit einem besserwisserischen Lächeln sieht sie mich an.
„Mum! Er ist nur ein guter Freund." Sage ich genervt und trinke mein Glas Wasser.
„Naja er wäre ein besserer Freund als Timo.." Seufzend mum, wobei ich mich fast an meinem Getränk verschlucke.
Timo war echt der schlimmste, brutalste Freund den ich je hatte.
Naja eigentlich war es auch mein einziger.
Wegen ihm hab ich angefangen Selbstverteidigung zu lernen.
Ist eine laaaaange Geschichte.
„Mum ich will echt nicht über Timo sprechen. Questo stronzo." [Dieses Arschloch]
Meine Mutter kichert leise auf und gibt mir einen Kuss auf den Scheitel.
„Das ist meine bella." Langsam stolziert sie auf ihren High heels aus der Küche raus.
Nachdem ich noch meine Nachrichten auf meinem Handy abgecheckt habe und noch schnell die Hausaufgaben für morgen abgeschrieben habe, laufe ich die Treppe nach oben, wo mich ein langer Flur erwartet.
Von diesem Flur aus, gibt es noch zwei weitere, einmal nach rechts, wo das Schlafzimmer, Ankleidezimmer und Badezimmer meiner Eltern ist und einmal links, wo mein Schlafzimmer, Ankleidezimmer und Badezimmer ist.
Gerade bin ich an meinem Zimmer angekommen, da höre ich meine Mutter wieder auf Italienisch meckern. „Mi sono fidato di te!" [Ich habe dir vertraut]
Soll ich weiter lauschen?
Ja.
Schnell laufe ich auf Zehenspitzen auf das Arbeitszimmer von meinem dad zu und halte gespannt mein Ohr daran.
„Antonella, bitte vertrau mir doch einfach!"
„Das habe ich letztes Mal auch! E questa è stata I'ultima volta!" [Und das war das letzte mal]
„Wie oft noch! Ich kann kein Italienisch-"
„Ich werde dir nicht noch einmal vertrauen John!"
Ich höre Schritte auf die Tür zukommen.
„Mai più..." [nie wieder]
Schnell laufe ich von der Tür weg und schaffe es gerade noch so mich zu verstecken, als mum auch schon aus dem Raum geprescht kommt und sofort in ihrem Arbeitszimmer verschwindet.
Erleichtert atme ich aus, das sie mich nicht gesehen hat und laufe nun in mein Badezimmer.
Worüber zum Teufel streiten die?
Nachdem ich mich Bettfertig gemacht habe und in mein Bett gesprungen bin, knipse ich langsam das Licht aus und schließe meine Augen.
Es dauert wirklich noch mindestens ne Stunde, bis ich endlich eingepennt bin und nicht an meine Eltern und diese komischen Männer denken muss die vor unsere Tür standen.
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