Sechzehn - Magnus
11 Monate später
1146km Luftlinie trennt mich von meiner Familie. Ich sah sie nach meinem Umzug nur ein paar mal, an Geburtstagen und Weihnachten. Mir fehlt ihre Nähe, die Gespräche mit meinen Geschwistern und das Gefühl von Geborgenheit. Wir telefonieren oft und lange, schreiben Nachrichten und schicken Bilder.
Dad hat mir ein Zimmer bei einem Kollegen aus der Nachbarabteilung besorgt. Da mein Aufenthalt in Chicago auf zwei Jahre begrenzt ist, lohnt es sich nicht eine Wohnung zu mieten. Die Hälfte der Zeit habe ich bereits hinter mir. Und auch wenn ich meine Arbeit liebe und in Chicago alle freundlich zu mir sind, freue ich mich auf zuhause, auf New York.
Neben der Tatsache nicht bei Alexander sein zu können, ist mein temporärer Mitbewohner das einzige was mich Chicago nicht mögen lässt. Er ist ziemlich aufdringlich, möchte die Wochenenden ständig mit mir verbringen. Auch die offensichtliche Tatsache das ich in festen Händen bin hält ihn nicht davon ab mit mir zu flirten. Und das nicht gerade wenig. Dabei ist er überhaupt nicht mein Typ. Und zu Alexander gibt es keine Konkurrenz die auch nur ansatzweise mithalten könnte.
Aber noch schlimmer als das Vermissen meiner Familie, ist das Vermissen von Alexander. 4210km Luftlinie trennt mich von ihm. Das sind 4210km zu viel. Ich schreibe ihm jeden Tag, so wie früher, bevor das mit uns begann.
Unsere Videotelefonate sind Balsam für die Seele, lustig, liebevoll und intensiv. Und mit intensiv meine ich erotisch. Denn Alexander vermisst mich sehr. Und ich vermisse ihn.
Vor nicht allzu langer Zeit platzte Sebastian, mein Mitbewohner einfach in mein Zimmer, ohne anzuklopfen, ohne ein Wort. Was er zu sehen bekam hat ihn etwas verstört. Auf dem Bildschirm meines Computers bot sich ihm und mir ein nahezu perfektes Bild. Alexander stand in seinem Zimmer, nackt, heiß und wunderschön. Nur bekleidet mit den schweren Militärstiefeln und der Kette mit seiner Erkennungsmarke und meinem Medaillon um den Hals. Seine Spitze glänzte, seine Muskeln stachen hart hervor und sein Penis stand wie eine eins. Schlanke Finger, starke Hände umschlossen seinen Penis, liebkosten die Hoden. Alexander keuchte und stöhnte meinen Namen, immer wieder meinen Namen.
Wir kamen gleichzeitig zu unserem Höhepunkt, atmeten schwer, schauten uns über die Entfernung hinweg lange an ohne ein Wort zu sagen.
"Ich liebe dich Baby. Das war unfassbar gut. Aber das nächste Mal ohne Zuschauer okay?"
Ich schaute wohl sehr irritiert und dann verstört als ich begriff was er mir versuchte zu sagen. Langsam drehte ich mich und sah Sebastian in meinem Zimmer stehen. Mit offenem Mund und einer Beule in der Hose starrte er auf den Bildschirm, auf Alexander. Ohne ein Wort zu sagen ging er aus dem Zimmer. Seitdem lässt er mich in Ruhe. Irgendwie.
Nach diesen wunderschönen intimen Momenten in denen wir beide uns auf anderen Ebenen befanden folgte immer der Fall. Und jedes Mal ist das unsere größte Angst, die Angst vor dem Abschied mit der Ungewissheit, wann wir uns wieder sehen. Denn bereits zweimal musste meine Freude bitterer Enttäuschung weichen. Zweimal wurde ihm Dienstfrei mit einem Heimflug verweigert. Beide Male weinten wir bittere Tränen.
Zur Zeit bin ich in New York und warte auf den Anruf von Simon. Sein Flug hat Verspätung, er darf für zwei Wochen nach Hause. Wir treffen uns beide heute hier in New York, um unsere Nichte und Neffen in der Familie willkommen zu heißen. Jace und Clary haben Zwillinge bekommen. Ein Mädchen, Mary und einen Jungen, Michael. Alexander ist komplett verliebt und ich hatte schon die Befürchtung, dass er mich in die Wüste schickt. Jace schickt ihm ständig neue Bilder, vier Wochen sind die beiden schon bei uns, in unserer Familie. Er hat mir eine Liste mit Babysachen gemailt die ich alle nur zu gerne besorgt habe. Clary und Jace haben ein riesen Paket von uns bekommen, Clary sprang im Dreieck vor Freude und Jace ist halt Jace. Er hat sich artig bedankt.
Die erste Woche meines Urlaubs in New York habe ich dazu genutzt meine Wohnung zu räumen. Ich bin zu Alexander, in sein Haus gezogen. Auch wenn es erstmal nur für eine begrenzte Zeit ist. Denn Chicago wartet noch ein Jahr auf mich. Aber der Gedanke nach diesem Jahr hierher in dieses Haus, in unser zuhause zu kommen erfüllt mich unendlich mit Glück.
Noch immer warte ich auf Simons Anruf und langsam werde ich nervös. Eigentlich hätte er sich längst melden müssen. Die Klingel reißt mich aus meinen Gedanken.
Genervt öffne ich die Tür und blicke in das Gesicht eines Mannes den ich nicht kenne. Auch seinen Begleiter kenne ich nicht.
"Kann ich Ihnen helfen?" frage ich interessiert.
"Sind Sie Magnus Bane?"
"Nein der bin ich nicht." Der Mann schaut auf seinen Zettel, dann zu mir und wieder auf seinen Zettel. Ich verdrehe meine Augen.
"Magnus LIGHTWOOD-Bane. Ich habe einen Doppelnamen. Worum geht es?"
"Achso. Sind Sie verheiratet?" fragt mich der Mann und ich kann nur hysterisch lachen.
"Schön wäre es. Ich bin adoptiert. Aber Alexander ist mein Partner."
"Ja das erklärt natürlich alles. Ich dachte es wäre ein Schreibfehler weil Lieutenant Lightwood als ledig geführt wird. Und Sie wurden als Familienangehöriger, als Bruder angegeben."
"Dann sollten Sie ihre Daten schnellstens auf den neuesten Stand bringen. Und nur weil Lieutenant Lightwood als ledig geführt wird so wie Sie es ausdrücken, heißt das noch lange nicht, das er in nicht in einer Beziehung lebt. Also noch einmal. Worum geht es?"
Der ältere Mann schaut zu seinem Begleiter. "Dürfen wir rein kommen?"
Ich schaue die beiden skeptisch an. Sie sind eindeutig vom Militär. Und sie wollen etwas von mir. Wegen Alexander. Es ist etwas passiert, ich spüre es deutlich.
"Was ist passiert?" frage ich und bemerke das meine Hände begonnen haben zu zittern.
"Vielleicht sollten wir uns setzen Mr. Bane."
"Lightwood-Bane. Herrgott ist das denn so schwer?"
Mit einer Handbewegung bedeute ich den beiden herein zu kommen und setze mich in den Sessel. Die Herren nehmen mir gegenüber auf dem Sofa Platz.
"Mr. Ban... Mr. Lightwood-Bane Sie wurden als der Notfallkontakt von Lieutenant Lightwood angegeben. Ich muss Ihnen leider mitteilen das es einen Unfall gab. Lieutenant Lightwood hatte einen Autounfall und wurde ins Krankenhaus gebracht..."
Mein Körper zittert, mir wird eiskalt, ich schnappe nach Luft, habe das Gefühl nicht mehr atmen zu können.
Stimmen dringen wie durch Watte an mein Ohr.
"... Da Lieutenant Lightwood Angehöriger der Streitkräfte im aktiven Dienst ist wurden wir benachrichtigt..."
Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Die Erkenntnis rast wie ein Güterzug auf mich zu, trifft mich hart. Alexander hatte einen Unfall. Alexander ist verletzt. Alexander ist im Krankenhaus. Automatisch fasse ich an meine Hand. Umschließe meine Finger und den Ring von Alexander.
"Er hatte in Grönland einen Unfall?" frage ich. Die beiden Herren schauen mich seltsam an.
"Nein. Hier in New York. In der Nähe vom Flughafen. Lieutenant Lightwood hat zwei Wochen Urlaub."
Ich schüttele meinen Kopf, die Informationen prasseln auf mich ein.
"Nein Sie müssen sich irren. Wir erwarten Simon. Lieutenant Lewis."
"Es tut mir leid Mr. Lightwood-Bane. Aber es besteht kein Zweifel."
"Mr. Lightwood-Bane, möchten Sie vielleicht jemanden anrufen?"
Noch immer Stimmen an meinem Ohr, ich beachte sie nicht. Mechanisch stehe ich auf, gehe in die Küche und hole mein Telefon. Das Display ist schwarz, keine Nachricht, kein Anruf. Meine Finger wählen Alecs Nummer, es klingelt aber es bleibt stumm am anderen Ende der Leitung. Leise Stimmen dringen zu mir herüber. Eine Hand an meinem Arm lässt mich kurz zusammen zucken.
"Geht es Ihnen gut?" Der andere Mann, noch älter als der Erste steht direkt vor mir und schaut mich mit besorgtem Blick an.
"Ich habe bei jedem Einsatz damit gerechnet das mein Telefon klingelt und unsere Eltern mir sagen das etwas passiert ist. Das Alexander verletzt oder sogar tot ist. Bitte sagen Sie mir die Wahrheit. Lebt Alexander noch?"
"Sie sollten jemanden anrufen Magnus."
Meine Beine tragen mein Gewicht nicht mehr, ich sacke auf dem Boden unserer Küche zusammen. Heiß laufen die Tränen über mein Gesicht, ich schluchze und weine.
"Ist er tot? Oh bitte sagen Sie mir nicht das er tot ist. Nicht heute."
Ich blicke meinem Gegenüber ins Gesicht, er kniet vor mir und hält meine Schulter.
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