Neunzehn - Magnus
"Hallo Liebling. Wie geht es dir heute? Ich habe jemanden mitgebracht." Sanft streiche ich über den Grabstein, stelle die Blumen in die Vase auf das Grab und beginne leise zu weinen.
"Hallo Alec. Sorry das ich so lange nicht hier war." Es ist still.
"Magnus ich kann das nicht. Ich bin noch nicht darüber hinweg." Simon schluchzt.
"Denkst du ich bin das? Es ist 5 Jahre her. Aber mir kommt es vor wie gestern. Als wäre es gerade erst passiert und ich ihn im Krankenhaus sah. Weiß, kalt, aber noch immer wunderschön. Auch wenn er nicht mehr bei mir ist, höre ich noch immer seine Stimme."
Meine Worte sollen Trost spenden. Aber mein heftiges weinen sagt etwas anderes. "Höre auf zu weinen Simon. Das hätte er nicht gewollt."
"Er wollte auch nicht sterben. Er wollte zu dir. Ihr hattet keine Zeit eure Liebe zu leben. 4 Tage. Was sind schon 4 Tage?" Simon schreit mich an.
"Sag das nicht Simon. Es waren die schönsten 4 Tage meines Lebens."
"Ich hätte sterben sollen. Er ist meinetwegen tot. Weil ich ihm meinen Platz im Flugzeug gab."
"Das ist nicht wahr." Ich schreie zurück. "Es ist nicht wahr. Alexander liegt nicht in diesem kalten Grab." Weinend breche ich auf dem Boden zusammen. "Alexander."
Es hat begonnen zu regnen. Dicke Tropfen prasseln auf meinen Körper, Blitze umhüllen mich. Mir ist kalt, ich zittere, mein Körper bebt. Aber das ist mir alles egal. Ich kauere am Boden, weinend, schreiend.
Alexander Alexander Alexander.
Ich höre einen Schrei, helle Blitze, Feuchtigkeit im Gesicht. Schwer atmend sitze ich in meinem Bett. Fuck was ist passiert? Alexander. Alexander ist tot.
Mein Kopf tut weh, ich reibe mir mit meinen Händen über das Gesicht. Daher die Feuchtigkeit. Ich weine. Habe ich auch geschrien? Ich habe geträumt das Alexander gestorben ist. Aber das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein.
Ich muss zu ihm. Schnell springe ich aus dem Bett und eile zum Kleiderschrank. Warum bin ich nackt? Ich schlafe nie nackt. Hatte ich einen One-Night-Stand? Ein Blick zu meinem Bett, ich atme erleichtert aus. Das Bett ist leer. Aber warum bin ich nackt?
Ohne weiter darauf zu achten ziehe ich eine Hose und ein Shirt aus dem Stapel. Ich putze schnell die Zähne, spritze mir etwas Wasser ins Gesicht und befeuchte meine Haare. Ich habe keine Zeit für meine morgendliche Routine. Ich muss unbedingt zu Alexander. So schnell wie möglich.
Im vorbei laufen schnappe ich mir meine Jacke und springe in meine Schuhe. An den Hausschlüssel denke ich gerade noch rechtzeitig. So schnell mich meine Füsse tragen laufe ich zu Alecs Haus. Es ist nicht weit, nur 2 Strassen. Und doch kommt mir dieser Weg wie eine Ewigkeit vor.
Ich beschleunige meine Schritte als ich sein Haus erblicke. Die Klingel schreit, mein Klopfen ist in der ganzen Strasse zu hören.
"Alec? Alexander, bist du da? Mach auf. Alexander."
Die Tür wird hastig aufgerissen, ich stürze fast über die Türschwelle. Aber es ist nicht Alec der mir öffnet.
"Wo ist er? Geht es Alexander gut?" frage ich Sam. Dieser sieht mich verstört an.
"Dir auch einen guten Tag Magnus. Warum bist du hier?" Ist er blöd oder was? Das habe ich doch gesagt.
"Ist Alec hier? Geht es ihm gut?" Ich werde leicht panisch, warum ist er nicht hier? Wo ist er?
"Magnus komme wieder runter. Er ist in der Kirche. Warum bist du nicht da?"
Kirche? Fuck die Hochzeit. Ich verpasse gerade die Hochzeit meines Bruders. Und jetzt kommen auch meine Erinnerungen wieder zurück. Jace Junggesellenabschied, Alec der mit Sam im Schlepptau meine gesamte Selbstbeherrschung heraus forderte, viel Alkohol, zu viel Alkohol. Alec der meinen betrunkenen Hintern nach Hause brachte, ich der versuchte Alec ins Bett zu bekommen. Und jetzt fällt mir auch wieder ein warum ich nackt aufgewacht bin. Ich habe mich ausgezogen, vor Alexander. Wollte das er sieht was er verpasst wenn er mit Sam zusammen bleibt.
Ich habe angefangen ihn auszuziehen. Er hat sich nicht gewehrt, zum Anfang. Haben wir uns auch geküsst? Ich weiß es nicht mehr. Aber wir hatten keinen Sex. Daran würde ich mich erinnern, dass wüsste ich. Irgendwann ist er wohl gegangen. Dieser Teil meiner Erinnerung ist verschwommen.
Fuck ich bin sowas von am Arsch.
Ich blicke zu Sam, dieser mustert mich eindringlich. Dann fällt mir auf das er nicht in der Kirche ist.
"Warum bist du nicht bei der Hochzeit?"
Sam tritt einen Schritt beiseite, gibt den Blick in das Haus frei. Ich sehe gepackte Koffer. Alec bleibt doch noch eine Woche. Und er benutzt auch keine Koffer. Sein Seesack steht doch immer neben der Tür. Mein Gehirn ist noch nicht wieder ganz am Laufen. Deshalb brauche ich einen Moment länger um zu realisieren das die Koffer Sam gehören.
"Verreist du?"
Sam verdreht die Augen. "Nein Magnus, ich ziehe aus."
Meine Augen weiten sich, ich muss mir ein gehässiges Grinsen verkneifen.
"Warum?" frage ich gespielt gelassen. Aber in Wirklichkeit drehe ich gerade innerlich durch.
"Hat es Alec dir nicht erzählt?" Ich schüttele den Kopf. "Ich habe ihn vor die Wahl gestellt. Entweder quittiert er seinen Dienst und heiratet mich endlich, oder ich ziehe aus und gehe. Für immer."
Ich brauche einen Moment um das eben Gesagte zu realisieren. Sam zieht aus. Er verlässt Alec. Alec ist wieder zu haben. Das es zwischen den beiden nicht gut läuft wusste ich. Auch das Alec sich seiner Gefühle zu Sam nicht mehr sicher war. Wir haben in den letzten Wochen viel darüber gesprochen und geschrieben. Er wollte meinen Rat, wollte wissen wie ich dazu stehe, zu ihm stehe. Aber ich konnte ihm einfach nicht die Wahrheit über meine Gefühle sagen. Zu groß war die Angst vor Zurückweisung. Und den Verlust meines besten Freundes und Bruders.
"Das tut mir leid Sam." Aber er lässt mich nicht ausreden.
"Spar dir das Magnus. Du konntest mich nie leiden." So dramatisch würde ich das jetzt nicht ausdrücken. Aber warum nicht? Wenn er das so sehen mag.
"Alec hat sich heute morgen von mir getrennt. Du hast jetzt freie Bahn. Ich stehe dir nicht mehr im Weg."
Jetzt bin ich es der ihn unterbricht. "Glaub mir, du warst nie eine Konkurrenz für mich. Es lag alleine in Alexanders Hand."
Ich drehe mich um und will gerade gehen. Dann entscheide ich mich aber doch noch etwas zu sagen. "Viel Glück für die Zukunft Sam." Ich bin kurz vorm durchdrehen. Alexander ist wieder zu haben. Ich muss es versuchen. Koste es was es wolle. "Ich schnapp mir jetzt Alexander und werde ihn erst wieder aus meinem Bett lassen wenn er nicht mehr laufen kann. Ich werde ihm so dermaßen das Hirn raus vögeln das ihm schwarz vor Augen wird, er Sterne sieht und meinen Namen schreit."
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