Erkenntnis
Am Abend liege ich in meinem Bett und schaue an die Decke. Meine heutige Entschuldigung hat mich viel Mut gekostet. Ich habe nicht erwartet, dass Sasuke mir verzeiht. Mein Spruch war komplett daneben. Ich weiß immer noch nicht, wie ich sowas schreckliches sagen konnte. Genauso viel Überwindung hat es mich gekostet, ihm mein Notizbuch zu zeigen. Ich führe es seit Jahren und ich habe meine komplette Freundschaft mit Sasuke darin festgehalten. Ich wollte ihm das nie zeigen, aber da ich solchen großen Mist gebaut habe, konnte ich nicht anders. Ihm meinen nackten Körper zu zeigen, war viel einfacher. Ich mag meine Figur und ich wusste, dass er das auch tun würde. Aber das Notizbuch vorzuzeigen, hat mich viel mehr entblößt als der fehlende Bademantel. Meine Gedanken rasen. Ich habe jeden einzelnen von heute im Buch festgehalten. Und während ich darüber geschrieben habe, habe ich gemerkt, dass ich Sasuke mittlerweile vielleicht etwas zu dolle mag. Ihn und seine schwarzen Haare, die dunklen Augen die mir jedesmal in die Seele schauen können und sein schiefes Grinsen. Langsam beginne ich zu verstehen, weshalb er erst am Freitag mit mir schlafen möchte. Es ist wahrscheinlich besser, wenn wir uns beide noch mal sammeln bevor es passiert. Und ich habe viel über Sasori nachgedacht. Ich habe das Gefühl, dass ich ein letztes abschließendes Gespräch brauche, damit ich alles verarbeiten kann. Meine Uhr auf dem Handy zeigt 23 Uhr. Ich überlege, ob es zu spät ist, um Sasori anzurufen. Vermutlich schon. Also tippe ich eine Nachricht.
An Sasori:
>>Hey du, das zwischen uns ist in letzter Zeit echt nicht gut gelaufen. Ich wollte dich fragen, ob wir vielleicht nochmal sprechen können, bevor du bald endgültig weg bist. Ich würde gerne einen Haken hinter die Sache setzen.<<
Ich fühle mich irgendwie dumm, weil ich ihm schreibe. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur in dem Bedürfnis, einiges wieder gerade zu biegen. Ich traue mich nicht den Gedanken wirklich zu Ende zu denken. Aber ich glaube, ich möchte für Sasuke komplett bereit sein. Ich kann es gerade nicht fassen. Ich war doch so überzeugt davon, dass ich es bin. Und jetzt bin ich verwirrt. Ich brauche ganz dringend eine Freundin! Wieder greife ich zu meinem Handy, scrolle durch die Kontakte und tippe auf Inos Namen. Sie geht sofort ran. „Was gibts, Saku?" Sie klingt aufgedreht und fröhlich, fast ein wenig als hätte sie zu viel Zeit mit Naruto verbracht. „Kann ich bei dir übernachten?" Sie lacht. „Klar, kann dich jemand fahren?" Mist, das hatte ich ganz vergessen. „Ich weiß nicht" Sie seufzt. „Mach dir keinen Stress. Ich kann auch bei dir übernachten, wenn du willst. Mein Dad muss gleich zur Nachtschicht und kann mich bestimmt unterwegs bei dir absetzen." Gute Idee. „Das wäre super, Ino. Bis gleich." Wir legen auf. Einige Minuten später schreibt sie mir, dass das klar geht und sie in 20 Minuten da ist. Ich koche uns eine Kanne grünen Tee, Ino mag den am liebsten. Dann schaue ich nochmal auf mein Handy.
Von Sasori:
>>Hi, ich finde die Idee ganz gut. Ich hab scheiße gebaut - du auch. Und wir haben beide blöd reagiert. Ich möchte dich oder eher uns nicht so in Erinnerung behalten. Reden wir morgen in der Mittagspause?<<
An Sasori:
>>Danke, dass du schreibst. Gerne, 12 Uhr in der Mensa :) bis morgen<<
Von Sasuke:
>>Du, Saku? Hast du das mit dem Bademantel heute gemacht, damit ich Zweifel bekomme? ;) <<
Ich strahle, als ich Sasukes Nachricht lese.
An Sasuke:
>>Hat's funktioniert? ;) <<
Von Sasuke:
>>Nein! Mein Wille ist stark. Wir werden mindestens bis Freitag warten und ich werde sehr erwachsen akzeptieren, wenn du bis dahin doch nicht mehr mit mir schlafen willst.<<
>>Aber ja. Hat es.<<
Er ist wirklich süß. Mein Herz schlägt angsteinflössend schnell. Bin ich etwa wirklich...? In Sasuke!? Ich traue mich nicht, das zu denken. Wo bleibt denn Ino? Ich laufe nervös auf und ab, während ich überlege, ob ich Sasuke noch antworte. Ich tue es nicht.
Es klingelt an der Tür und ich stürme hin, um zu öffnen. Ino kommt mit ihrem Rucksack für die Schule und einem Beutel Übernachtungskram zu mir. Dann winkt sie ihrem Vater zum Abschied und kommt rein. Sie folgt mir in die Küche und wir setzen uns an den Esstisch, wo ich eine Tasse Tee vor ihr abstelle. Sie lächelt. „Danke. Also wieso musstest du mich heute noch sehen?" Ich werde rot. „Ich glaube, ich muss dir was sagen" Sie sieht mich neugierig an. Dann klimpert sie mit ihren langen Fingernägeln auf meinem Tisch herum. Das macht mich noch nervöser. Sie verdreht die Augen. „Nun spuck schon aus!" Wie sag ich ihr das? Und was habe ich eigentlich für ein Timing? Heute früh saß ich mit ihr bei Neji im Garten und habe ihr erzählt, weshalb Sasuke verschwunden ist. Und sie hat mir zugehört. Sie fand meine Aktion scheiße, was sie mir auch gesagt hat, aber sie hat mich trotzdem getröstet. Dafür liebe ich Ino. Ich hab sonst keinem erklärt, warum Sasuke gegangen ist. Neji hat es beim Frühstück damit begründet, dass Sasuke geschrieben hat, dass er Naruto nachhause bringt, weil er sonst das komplette Hyuga Anwesen voll kotzt. Ich bin mir nicht sicher, ob das irgendwer geglaubt hat. Aber eigentlich ist das schon fast wieder süß gewesen von Sasuke. Er hätte sagen können, dass er Streit mit mir hat. Aber er hat's niemandem gesagt, vielleicht Naruto. Aber das stört mich nicht. Nach dem Frühstück bin ich ebenfalls gegangen. Ich hatte Ino noch erzählt, dass ich mich am Schlossteich entschuldigen werde. Und sie hat Sai gebeten, mir dabei zu helfen.
„Ich glaube, ich mag Sasuke mehr als freundschaftlich."
Jetzt ist es raus. Ich beobachte Inos Reaktion, doch in ihrer Mimik tut sich gar nichts. Sie lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und nippt an ihrem Tee. „Ich trinke grünen Tee am allerliebsten, weil er lecker schmeckt und gleichzeitig gut für die Haut ist." Was? „Ino, hast du mir zugehört?" Jetzt sieht sie mich erstaunt an. „Sagen wir uns nicht gerade Dinge, die der andere schon längst weiß?" Ich sehe sie überrascht und geschockt an. Dann springt sie plötzlich auf, zieht mich von meinem Stuhl hoch und hüpft auf und ab. „Du hast es endlich kapiert, du Nuss!" Ich halte sie an beiden Armen fest, damit sie nicht mehr herum springt. Und wiederhole in meinem Kopf: WAS!? Sie grinst breit und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Sie freut sich wirklich. „Hey, war nur Spaß, Saku. Ich bin nur so froh, dass du es endlich kapiert hast!" Ich bin verwirrt. „Wie kapiert? Was meinst du?" Sie lächelt und setzt sich wieder auf ihren Platz. „Saku, jeder Blinde sieht, dass du mehr von ihm willst. Ich bin echt happy gerade. Das kannst du dir nicht vorstellen." Ich stehe immer noch wie erstarrt im Zimmer. „Ich hab's bis eben nicht gewusst..und ganz sicher bin ich mir auch nicht. Deshalb sagte ich, ich glaube ich mag ihn etwas mehr als freundschaftlich." Ino seufzt theatralisch. „Du bist auch etwas blöd, wenn es um Sasuke geht. Und du hast Angst. Deshalb traust du dich nicht das Ganze komplett zu fühlen." Da könnte sie Recht haben. In mir herrscht das absolute Chaos. Oder eher, ich bin das absolute Chaos! Ich komme aus einer Langzeitbeziehung, habe mit dem Bruder meines besten Freundes geschlafen, meine Mum ist untergetaucht und meldet sich kaum noch bei mir, ich habe verrückte Träume mit meinem besten Freund und jetzt bin ich scheinbar auch noch in ihn verknallt. Ich traue mich wirklich nicht, es zu denken oder komplett zu fühlen. Aber es stimmt.
Ungefähr eine Stunde später liegt Ino neben mir in meinem Bett. Wir haben über dies und das geredet. Ich habe ihr auch erzählt, dass ich morgen in der Mittagspause ein letztes ernstes Gespräch mit Sasori führen werde. Sie findet das gut. Jetzt sieht sie mich nachdenklich an. „Sakura, wir sollten schlafen. Versuch dir nicht zu viele Gedanken zu machen. Und du musst Sasuke ja noch nichts sagen. Du kannst das alles erstmal für dich verarbeiten und dann entscheiden, was du jetzt möchtest." Ich nicke und drehe ihr den Rücken zu. Als sie das Licht ausmacht, flüstere ich „Danke Ino" Sie lacht. „Nicht dafür, gute Nacht Saku."
Ich schließe meine Augen und hoffe meinen Kopf ausstellen zu können. Das funktioniert noch überraschend gut. Aber mein Körper ist angespannt. Mir ist heiß und mir ist kalt. Ich spüre meinen Herzschlag ganz deutlich und er pocht so schnell, besonders wenn ich mir Sasuke vorstelle. Das alles macht mich verrückt. Bitte, lieber Kopf, lass mich schlafen. Und da passiert es dann auch, nicht gerade schnell, aber es passiert. Ich schlafe.
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