Kapitel 11

"Sag mal Mia, ist auch wirklich alles in Ordnung? Du bist so still."

Wir sind gerade dabei, die Turnhalle zu verlassen, als Hannah nach meinem Arm greift und mich zu ihr herumdreht. Ich setze mein bestes Lächeln auf. "Mach dir keine Gedanken. Ich bin halt eher eine Einzelgängerin und muss mich erst daran gewöhnen, mit jemanden zu reden." Sie sieht mich skeptisch an. "Du weißt, dass das echt komisch klingt oder?" "Ich bin eben nicht normal." Ich zucke mit den Achseln und gehe dann weiter.

"Hat es vielleicht etwas mit dieser Alex zu tun?" Abrupt bleibe ich stehen und drehe mich zu ihr um. "W-was?" "Naja, ich...Ich wollte das nicht, das musst du mir glauben, aber ich bin von Natur aus so neugierig. Und da habe ich es halt mitbekommen, als sie dir geschrieben hat." Sie wendet ihr Gesicht ab und streicht sich über den Arm.

Warum fühle ich mich gerade so schuldig?

Dazu gibt es doch gar keinen Grund.

"Alex ist meine Freundin-" "Ach, du bist lesbisch?" "W-was?!" "Hey, ich habe kein Problem damit. Ich finde das cool, ehrlich." Sie geht lächelnd an mir vorbei und klopft mir dabei auf den Rücken.

Was geht denn jetzt bitte ab?!

"Ähm, warte! Ich bin nicht-" "Mia, es ist echt toll, dass du so dazu stehst. Ich glaube nicht, dass jeder so darüber reden kann." Ich renne ihr hinterher. "Jetzt hör doch mal zu! Alex ist nicht meine Freundin, sie ist nur eine Freundin. Um genau zu sein meine beste Freundin." "Achso." Täusche ich mich oder wirkt sie gerade irgendwie enttäuscht? "Entschuldige, dass ich das so falsch verstanden habe." "Ist okay."

Wir laufen schweigend nebeneinander. Niemand macht Anstalten, etwas zum anderen sagen zu wollen.

Gott, wie peinlich.

Sie muss doch jetzt sonst etwas von mir halten. Vielleicht denkt sie jetzt, ich wäre homophob. Ob sie?

Toll, dann ist sie jetzt bestimmt umso mehr gekränkt.

"Sag mal-" "Ja?" "B-bist du...na du weißt schon." Hannah lacht. "Nein, ich habe einen Freund und liebe auch nur ihn. Obwohl-", sie schaut über meine Schulter. Verwirrt folge ich ihrem und sehe ein paar ältere Jungs. "Die Boys an unsere Schule sind auch nicht ganz schlecht."

Grinsend schüttle ich den Kopf. "Du bist unmöglich." "Tja, so bin ich eben.", sie zwinkert, "Also, wo wollen wir hin? Was willst du mir jetzt von dem mir unbekannten Stadtteil zeigen?"

Hannah ist echt cool. Vielleicht habe ich demnächst eine gute Freundin in der Schule...

Dann bin ich nicht mehr die Einzelgängerin, die jeder meiden will, weil sie komisch rüberkommt. Hier sind ja selber auch nur Leute, mit denen ich nichts zu tun haben will. Also hat jeder seine Ruhe...

Ich überlege kurz. "Wir können doch erstmal etwas Essen gehen und dann weitergucken." "Klingt nach einem Plan! Dann aber los, wenn mein Bauch Essen hört, wird er wach."

Wir gehen über den Parkplatz und wie es sich herausstellt, hat sie ein Auto. Nach kurzem Überlegen beschließen wir, uns eine Pizza zu genehmigen.

Wie es sich herausstellt, hat sie denselben Geschmack bei Pizza wie Alex.

Es ist komisch, mit jemanden anderen in dieser Pizzeria zu sein. Das ist unsere Stammpizzeria. Aber als Hannah sie entdeckt hatte, wollte sie da gleich rein. Und ich wollte dazu auch nichts weitersagen.

Das wäre vielleicht nur erbärmlich geworden, was aus meinem Mund gekommen wäre.

"Weißt du-", sie beißt von ihrem Stück ab, "ich finde es gar nicht mal so schlimm hier. Es ist zwar scheiße, dass mein Freund am Ende der Stadt wohnt, aber ich habe es mir grauenvoller vorgestellt." "Wie heißt dein Freund eigentlich?" "Silas. Wir sind seit zwei Jahren zusammen, und er wollte mich gar nicht weggehen lassen. Er ist echt toll." Ich lächle.

Ob ich jemals auch diese Person an meiner Seite habe, die mich niemals verlieren will?

Ich erstarre, als die Tür geöffnet wird und eine Lachen das Geschäft erfüllt, welches mir nur allzu bekannt ist.

"Philipp, hör auf. Ich glaube, sonst kann ich vor lauter Lachen nicht mehr atmen!" Sie ist es wirklich.

Das kann doch nicht wahr sein.

Warum muss Alex ausgerechnet hierherkommen? Und vor allem, warum bringt sie diesen Idioten mit?

Das ist unsere Pizzeria!

Gut, ich bin ja schließlich auch mit Hannah hier. Aber ich dafür konnte ich indirekt nichts und außerdem will ich nicht mit ihr schlafen...

Ich widerstehe dem Drang, mich in ihre Richtung zu drehen, und konzentriere mich auf meine Pizza.

Hoffentlich sieht sie uns nicht.

"O man, solche Tussis kann ich ja gar nicht leiden. Die, die immer Aufmerksamkeit brauchen." Hannah verdreht die Augen, während sie über meine Schulter Alex abfallend mustert.

"Ach, lass sie doch Sie ist bestimmt nicht so, wie sie vielleicht wirkt.", meine ich und trinke von meiner Cola. Sie lacht auf. "Also so, wie sie ihre Hand auf den Oberschenkel des Jungen legt, ist sie sehr wohl so, wie ich sie einschätze. Und wie der Kerl grinst. Einfach ekelhaft."

Ich versuche, das Stechen in der Brust zu ignorieren.

"Hey, ist alles gut?" Ich sehe in ihr besorgtes Gesicht und zwinge, zu lächeln. "Klar, was soll denn sein?" "Kennst du die beiden?" Ich zucke mit den Schultern. "Nur vom Sehen. Ähm, sag mal-", ich hebe den Arm und mache eine Handbewegung, "wollen wir uns den Rest nicht einpacken lassen und langsam los? Ich müsste später nämlich noch ein paar Hausaufgaben machen." "Achso. Okay, können wir so machen." Sie erhebt sich. "Ich wollte dich jetzt auf keinen Fall irgendwie aufhalten, Mia." Ich lächle. Es erreicht jedoch nicht meine Augen. "Tust du nicht. Und außerdem habe ich es dir ja angeboten."

Wir sagen unserem Kellner Bescheid, der sofort unsere Teller nimmt und die Rester unserer Pizza einpackt. Als ich nach meinem Portmonee greife, hält Hannah mich zurück. "Ich bezahle. Als Dank, dass du so nett zu mir bist." Ich lächle sie dankend an und nehme meine Sachen. "Du kannst schon mal rausgehen, ich muss nochmal auf die Toilette." Alles klar, ich warte dann draußen."

Ich gehe Richtung Ausgang, halte dabei Ausschau nach Alex und Philipp, obwohl ich das lieber lassen sollte.

Mein Blick wandert über alle Tische.

Sie werden doch nicht etwa...

Meine Augen heften sich an einem Hinterkopf mit dunkelblonden Haaren, durch die ich schon viel zu oft in meinen Fantasien streichen wollte.

Da sitzen sie also. An Alex' und meinem Stammplatz.

Schön für sie. Ich hatte wenigstens Anstand genug und habe ich mich woanders hingesetzt.

Aber gut, ihr bedeutet es wohl nicht so viel wie mir.

Warum denn auch. Ich bin ja nur die dumme Freundin, bei der sie ihre Probleme abladen kann.

Okay Mia, beruhige dich. Du steigerst dich zu sehr in die Sache rein. Geh einfach nach draußen und denk nicht weiter darüber nach.

Aber ich bleibe stehen. Und schaue zu, wie die beiden sich zueinander rüber beugen. Wie in Zeitlupe treffen sich ihre Lippen.

Und was tue ich?

Ich Idiotin, stürme nach draußen und unterdrücke das Bedürfnis, laut loszuschreien.

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