Teil 21
Teil 21
Nach einer Weile hatten wir unter den Wurzeln eines massiven Baumes eine Art Höhle gefunden. Sie war zwar ziemlich kleine, sollte uns aber einigermassen vor Regen und Wind schützen.
Zuerst legte Ryan mich in die Wurzelhöhle und danach kabbelte er selbst auch noch rein.
„Lass mich mal deinen Fuss sehen." Murmelte er, bevor er auch schon meinen verletzten Fuss vorsichtig in die Hände nahm. Er drehte und bewegte ihn leicht, tastete ihn ab und fragte immer wieder, ob es schmerzte. Trotzdem, dass es weh tat, war der Schmerz nicht so stark, als dass ich annehmen müsste, dass es sich um einen Bruch handelte.
Auch Ryan kam zum selben Schluss und meinte:„Gebrochen ist er definitiv nicht, aber vielleicht verstaucht oder einfach nur geprellt. Wir werden einfach morgen schauen, wies dir geht." Ich nickte zustimmen, danach herrschte eine Stille, die aber nicht umbedingt unangenehm war.
Wir sassen, beziehungsweise lagen nebeneinander und jeder war vertieft in seine Gedanken. Es fühlte sich so surreal an, dass wir es tatsächlich geschafft hatten zu fliehen.
Es war ein wirklich anstrengender Tag und generell waren die letzten Tage extrem kräftezehrend, doch im Augenblick konnte ich nicht einmal daran denken zu schlafen. Irgendwie fühlte ich mich gerade hellwach und ganz und gar nicht ausgepowert. Irgendwann fing ich leicht an vor Kälte zu zittern.
Die Nacht im Wald war um einiges kälter, als ausserhalb und da ich immer noch die selben Klamotten wie bei meiner Entführung trug, hatte ich dementsprechend kalt. Die Nacht an dem dieses angebliche Treffen mit Barker stattgefunden hatte, war relativ warm gewesen. Deshalb trug ich lediglich eine schwarze Jeanshose, ein ebenfalls schwarzes T-Shirt und darüber ein bordeauxrote Sweatshirt Jacke. Auch Ryan hatte nicht gerade winterliche Kleidung an. Er trug eine normale Jeans und dazu ein schwarzen Pullover.
Plötzlich legte sich ein Arm um mich und Ryan zog mich näher an sich ran. Überrascht und fragend blickte ich zu ihm auf.
„Das wärmt." Erklärte er sachlich und ich gab mich damit zufrieden. Seine Wärme suchend, kuschelte ich mich noch dichter an ihn ran.
„Das muss heute ein schrecklicher Tag für deine Familie und deine Freunde sein." Bemerkte er nach einer Weile.
„Wegen meinem Geburtstag?" Fragte ich nach. „Ja, immerhin wissen sie nicht mal, ob du noch lebst." Traurig nickte ich.
Zu gerne wäre ich heute bei ihnen...
„Aber bei dir ist es doch genau das gleiche." Sagte ich.
„Ich habe nicht Geburtstag." Meinte er daraufhin. „Ja, aber auch deine Freunde und Familie wissen nicht, ob es dir gut geht oder ob du überhaupt noch lebst." Er nickte leicht. „Jedoch ist es bei mir wahrscheinlich nicht so schlimm wie bei dir." Murmelte er in Gedanken und zog mich unbewusst etwas näher zu sich.
Ich richtete mich leicht auf, sodass ich ihm in die Augen sehen konnte. „Was willst du damit sagen?" Fragte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Ich habe so gut wie keine Freunde, nur Leo will aus irgendeinem Grund mit mir befreundet sein, trotz meiner abstossenden Art. Meine Familie besteht nur noch aus meiner Mutter. Du dagegen hast eine vergleichsweise grosse Familie mit Tanten, Onkeln, Grosseltern und so weiter. Dazu hast du auch noch einige Freunde mehr als ich und einen feste Freund. Sie alle machen sich momentan sorgen um dich, während es bei mir gerade mal zwei Personen sind, die wahrscheinlich auch die einzigen sind, die mein Verschwinden überhaupt bemerkt haben." Erklärte er mir in dieser emotionslosen Art und Weise, wie er es am Anfang immer getan hatte.
„Also erstens, hast du keine Art die abstossend ist, du verhältst dich nur mit Absicht so. Zweitens müsstest du nur einmal durch die Uni rufen, dass du Freunde suchst und schon hättest du mindestens hundert neue. Die Leute halten sich nur von dir fern, weil du so unnahbar wirkst. Denn falls es dir noch nicht aufgefallen ist, so ziemlich jedes Mädchen in der Uni steht auf dich und jeder Junge möchte auf irgendeine Weise du sein. Obwohl du aus irgendeinem Grund alles machst, um die Menschen von dir fern zu halten, bist du trotzdem beliebt. Wieso Leo dein Freund ist, obwohl du manchmal ein echtes Ekel bist, kann ich mir nur damit erklären, dass er erkannt hat, wie du eigentlich wirklich bist. Du bist nämlich fürsorglich, nett und humorvoll, nur willst du das nicht zeigen. Drittens ist es absolut egal, ob sich um mich zwanzig Leute sorgen oder nur zwei. Es macht überhaupt keinen Unterschied und wie kommst du bitteschön darauf, dass ich einen Freund habe?" Überrascht von meinem plötzlichen Monolog, indem ich ihm meine Meinung sagte, betrachtete er mich eine Weile einfach nur sprachlos.
„Du bist nicht mit Nathan Murray zusammen?" Fragte er verwundert.
Hatte er von all dem was ich gesagt hatte, nur das verstanden?
„Wir sind nur gute Freunde nicht mehr und nicht weniger." Er nickte und zog konzentriert die Augenbrauen zusammen.
Was würde ich geben, dass ich jetzt hören könnte, was er dachte.
Er sagte nichts mehr, bis ich wieder das Wort ergriff. „Wieso bist du so abweisend zu den Menschen?" Murmelte ich leise gegen seinen Pullover, da wir immer noch dicht aneinander gekuschelt nebeneinander lagen. Ich spürte wie er sich leicht anspannte.
„Ich wurde bisher immer nur enttäuscht und mein Vater hat mich beigebracht, wie grausam Menschen sein können und wie sehr sie dazu in der Lage sind, sich zu verändern." Sagte er, wobei seine Stimme eiskalt klang.
Ich war mir nicht sicher, was Ryan meinte. Wollte er damit sagen, dass sein Vater ihm dies gesagt und gelehrt hatte, oder meinte er, dass er es am Beispiel seines Vater selbst herausgefunden hatte. Da er vorhin erwähnte, dass nur noch seine Mutter hatte, fragte ich leise:„ Was ist mit deinem Vater passiert?"
Ich hörte ihn tief ein und ausatmen, bevor er sprach: „Ich habe noch nie mit jemandem darüber gesprochen und ich werde es auch jetzt nicht tun..."
Ich nahm ihm diese Entscheidung nicht übel.
Auch wenn wir die letzten Tage wirklich intensiv miteinander verbracht hatten und uns durch die gesamte Entführung sehr viel näher gekommen waren, kannten wir uns trotzdem noch nicht so gut, dass wir uns jedes Geheimnis anvertrauen würden.
Ausserdem hatte Ryan um sich herum ganz klar eine Art Abwehrmauer aufgebaut, mit der er versuchte jegliche Menschen von sich fern zu halten. Alleine die Tatsache, dass er mir einige seiner Emotionen zeigte und generell sein Verhalten in letzter Zeit, wies darauf hin, dass er diese Mauer langsam, aber sicher mir gegenüber abbaute... oder ich hoffte es zumindest.
„Du musst mit mir nicht darüber sprechen, aber falls du mal das Bedürfnis hast mit jemandem zu reden, möchte ich dir sagen, dass ich immer für dich da bin. Du bist nicht alleine Ryan und somit musst du auch nicht alleine mit deinen Problemen klar kommen. Ausserdem gibt es nicht nur zwei Person, die sich um dich sorgen..."
Bei meinen letzten Worten sah ich wieder zu ihm hoch. Seine Augen fixierte die meinen und es schien, als würde er etwas in ihnen suchen. Wie immer wurde ich von diesem wunderschönen Grünbraun in den Bann gezogen. Kurz blitze etwas in ihnen auf, doch ich konnte es nicht wirklich zuordnen.
Auf einmal näherte er sich meinem Gesicht und mein Herz schlug augenblicklich doppelt so schnell.
Was hatte er vor?
Unsere Lippen waren nur noch wenige Millimeter von einander entfernt, als er plötzlich aufseufzte und seine Stirn an meine legte. So dicht beieinander, dass sich unsere Nasen berührten, sahen wir einander in die Augen.
„Wir sollten schlafen, morgen wird wahrscheinlich wieder ein langer Tag." Meinte er leise und entfernte sich wieder von mir. Perplex nickte ich einfach nur, ohne dass seine Worte wirklich bei mir angekommen waren.
Er veränderte seine Position ein wenig, so dass es für ihn bequemer war. Dabei löste er sich gänzlich von mir und augenblicklich spürte ich die Kälte unserer Umgebung wieder.
Als er eine einigermassen angenehme Position gefunden hatte, schlang er erneut seine Arme um mich und zog mich zu sich runter.
Wie selbstverständlich kuschelte ich mich schon automatisch an ihn ran. Ich dachte über das, was eben geschehen war nach, als ich kurze Zeit später auch schon sein gleichmässiges Atmen wahrnahm. Er schlief.
Wir waren heute meiner Meinung nach schon zum zweiten Mal kurz davor uns zu küssen. Ob ich mir dies nur einbildete, oder ob er mich die beiden Male wirklich küssen wollte, wusste ich nicht.
Aber wenn er es gewollt hätte, was hatte ihn beim zweiten Mal davon abgehalten?
Ich wusste es nicht, doch ich stellte überrascht fest, dass ich absolut nichts dagegen hätte wenn er mich küssen würde. Ich fühlte mich bei ihm wohl und ich mochte ihn.
Ob es ihm gleich ergeht?
Mit meinen Gedanken bei Ryan, schlief ich in seinen Armen ein und ich musste wirklich sagen, dass ich mir meinen Geburtstag hätte schlimmer vorstellen könnte.
Da kommen langsam Gefühle auf. 🌚
Seit ihr für eine Beziehung zwischen den beiden oder eher dagegen? Gibt es überhaupt jemand, der für Nathan und Kyra als Paar ist?
Schreibt mir eure Gedanken in die Kommentare. 💕
Das wars leider auch schon mit der Lesenacht. Leider habe ich wirklich viel zu tun, sonst wären sicherlich noch mehr Kapitel gekommen. Ich hoffe natürlich, dass es euch trotzdem gefallen hat. 😊
Vergesst nicht zu voten und zu kommentieren! ❤️
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