Teil 20

Teil 20 

Gemeinsam schoben wir den alten Tisch unter das Dachfenster, da wir ohne keine Change hatten dort hoch zu kommen.
„Denkst du, der kann unser Gewicht halten?" Fragte ich und musterte das klapprige Ding zweifelnd.
„Keine Ahnung, aber wir müssen es versuchen." Murmelte Ryan. „Ich gehe zuerst und ziehe dich danach hoch." Gab er bescheid und kletterte schon mit dem Stuhl in der Hand auf den Tisch.
Der Tisch gab einige Besorgnis erregende Geräusche von sich, doch hielt, entgegen meiner Erwartung, Ryans Gewicht stand.
Mit einer schwungvollen Bewegung holte er aus und schleuderte den Stuhl gegen das Fenster. Lautes Klirren erfüllte den Raum, als das Glas nachgab.
Besorgt schaute ich zur Tür.
Hoffentlich hatte das niemand gehört...
Ryan versuchte den Rand des Fensters möglichst scherbenfrei zu bekommen und als er es für gut genug befand, holte er Schwung und sprang in die Richtung des Fensters. Nur knapp bekam er den Fensterrahmen zu fassen und zog sich dann daran hoch.
Als er oben war, trat er die letzten Scherben weg und wandte sich mir zu.
„Jetzt du."
Ich nickte verstehend und kletterte vorsichtig auf den Tisch.
„Wehe du lässt mich fallen..." meinte ich zu ihm, halb zum Spass und halb ernst.
Ein verschmitztes Grinsen schlich sich auf seine Lippen und bei diesem Anblick könnte ich förmlich dahin schmelzen.
„Keine Angst, ich werde dich schon fangen. Vertrau mir einfach." Sagte er schmunzelnd und auf einmal sah sein Grinsen nicht mehr unglaublich sexy aus, sondern machte mich misstrauisch... okay zugegeben es war immer noch verdammt heiss. Er würde es sicher nicht wagen mich fallen zu lassen. Sprach ich mir gut zu und holte Anlauf. Ich sprang und hob meine  Hände hoch, damit Ryan nach ihnen greifen konnte.
Erleichtert seufzte ich auf, als seine grossen Händen die meinen umfassten. Ohne grosse Mühe zog er mich zu sich hoch, was mich wirklich beeindruckte. In den letzten Tagen musste er doch auch an Kraft verloren haben, immerhin hatten wir nur eine Mahlzeit pro Tag und diese bestand meist entweder aus einem Apfel oder einem alten Brötchen. Auch schlafen war in diesem Gefängnis nicht gerade angenehm.
„Danke." Hauchte ich und sah ihm dabei in die wunderschönen, grünbraunen Augen.
„Ich hätte dich doch niemals losgelassen." Meinte er lächelnd und in dem Moment schmolz mein Herz wohl endgültig.
„Wir sollten von hier verschwinden." Sagte er und wandte seine Blick ab, um sich aufmerksam umzusehen.
„Ja, wir sollten wirklich schleunigst von hier weg." Stimmte ich ihm zu.
Als auch ich mich unserer Umgebung widmete, warf ich den Kopf in den Nacken und stöhnte kurz genervt auf. Wir schienen mitten in einem verdammten Wald zu sein. Ich meine, wir kannten doch alle diese Horrorfilme, wo die Protagonisten auf die Idee kommen, wieso auch immer, Nachts in den Wald zu gehen und dann erleben sie eine unangenehme Überraschung und sterben in den meisten Fällen. Jup, leider war das nunmal so und wenn diese Filme recht hatten, würde ich schon bald unter der Erde liegen. Aber ich nahm dieses Risiko gerne in Kauf, denn was hatte ich denn sonst noch zur Auswahl?
Von einem verrückten Kettensägen-Mann ermordet zu werden, ist glaube ich immer noch besser, als wegen Barker langsam und qualvoll zu sterben.
„Wie wollen wir hier runter kommen?" Sprach ich unser Problem laut aus, als ich weit und breit keine Abstiegmöglichkeit entdeckte.
„Wir müssen wohl oder übel die Abflussrohre benutzen." Meinte Ryan und erntete dafür einen kritischen Blick von mir.
„Nur weil das in Filmen funktioniert, muss das noch lange nichts heissen." Wies ich ihn darauf hin. Ich hatte keine Lust mindestens zehn Meter in die Tiefe zu stürzen.
„Wir haben keine andere Wahl. Ich werde wieder zuerst gehen, dann sehen wir, ob es hält oder nicht." Ich nickte und beobachtet Ryan besorgt, wie er geschickt am Abflussrohr herunterkletterte.
Das Rohr knarzte bei jeder seiner Bewegungen und ich glaubte nicht, dass es noch lange irgendeinem zusätzlichen Gewicht standhalten könnte. Unten angekommen, winkte er mir zu und deutete mir, ebenfalls runter zu klettern.
„Ich glaube nicht, dass mich das noch halten kann." Teilte ich ihm meine Bedenken gerade mal so laut mit, dass er es noch knapp hören konnte.
Bis jetzt schien niemand unser Verschwinden bemerkt zu haben, aber wir wollten unser Glück ja nicht auf die Probe stellen. 
„Komm schon Kyra, du schaffst das! Das Rohr wird dich halten, keine Angst." Sprach er mir Mut zu.
Ich gab mir einen Ruck und stieg über den Rand des Daches. Ich wollte nicht hier oben warten, bis Barker mich fand und somit hatte ich keine andere Wahl, als es Ryan gleich zu tun. Ich kletterte langsam und extrem vorsichtig das Abflussrohr runter. Mittlerweile knarzte das Rohr schon ziemlich laut und als sich das Metall anfing zu verbiegen, geriet ich erst recht in Panik. Schnell versuchte ich den Boden zu erreichen, bevor ich auf ihn fallen würde.
Etwa zwei Meter über dem Boden löste sich genau das Teil der Röhre an dem ich gerade hing. Ein erschrockener Schrei verliess meinen Mund, als ich stürzte.
Besorgt eilte Ryan zu mir half mir vorsichtig auf. Er legte stutzend einen Arm um mich, un mich aufrecht zu halten. „Bist du verletzt, Kyra?" Fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Nein, mach dir keine Sorgen, es ist nicht so schlimm, denke ich..." sagte ich beschwichtigend. „Ich komme ohne deine Hilfe zurecht." fügte ich an, als er mich immer noch stützte.
„Na dann..." meinte er schulterzuckend und nahm seine stützenden Arme von mir weg, sodass ich sofort ins Straucheln geriet. Als ich meinen rechten Fuss  belastete, durchströmte mich ein stechender Schmerz. Ich zischte auf und hob ihn sofort wieder an.
„Ryan, ich hab mich geirrt. Du musst mich trotzdem weiterhin stützen." Wies ich ihn darauf hin, da er es anscheinend nicht selbst bemerkte und einfach los gelaufen war.
Er drehte um und kam zu mir zurück. Er legte seinen Arm stützend um mich und so humpelte ich neben im her in den Wald rein.
„Wieso müssen wir zu all dem noch das Pech haben, uns nun durch einen Wald kämpfen zu müssen?" Fragte ich genervt.
„Siehs positiv, so ist es auch für sie schwerer uns zu finden und wie gross kann dieser Wald denn schon sein?"

Anscheinend konnte der Wald verdammt gross sein oder wir liefen seit sicherlich über einer Stunde im Kreis.
„Ich kann nicht mehr." Keuchte ich erschöpft. Eine Stunde auf einem Bein durch den Wald zu hüpfen war nunmal, auch mit der Unterstützung von Ryan, verdammt anstrengend.
„Wir müssen wenigstens noch ein kleines Stück weiter gehen." Sagte Ryan, doch auch er bemerkte, dass ich wirklich am Ende meiner Kräfte angelangt war. Er fuhr sich einmal durch die Haare und schien zu überlegen.
Er seufzte, beugte sich runter und hob mich kurzerhand hoch. Mit einem Arm unter meinen Kniekehlen und einem an meinem Rücken trug er mich durch den Wald. Sofort umhüllte mich seine angenehme Wärme.
Auch wenn es mir normalerweise bestimmt unangenehm wäre, dass er mich trug, fühlte ich mich pudelwohl in seinen Armen. Seine Nähe gab mir ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
Trotzdem konnte ich es nicht einfach so hinnehmen, dass er mich durch den gesamten Wald tragen möchte.
„Ryan, ich bin viel zu schwer! Du solltest..." begann ich doch er lies mich nicht aussprechen.
„Wieso können wir nicht ein einziges Mal nicht über meine Entscheidungen diskutieren?" Fragte er genervt und lief stur geradeaus weiter.
„Wir diskutieren nicht über deine Entscheidungen, es ist nur so dass..." auch dieses Mal unterbrach er mich.
„Siehst du, genau davon habe ich gesprochen." Da ich nichts darauf erwidern konnte, ohne seine Meinung zu unterstützen, dass wir immer über seine Taten diskutieren, beschloss ich einfach nichts mehr zu sagen.
Ryan, der mein Schweigen anscheinend als Zustimmung für seine Theorie interpretierte, grinste mich selbstzufrieden an.
Ich verschränkte daraufhin nur meine Arme vor der Brust und sah überall hin, nur nicht in seine Richtung.
„Sei doch nicht gleich beleidigt." Meinte er ernst, doch ich konnte ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen deutlich erkennen.
Als ich ihm nicht antwortete, begann er damit mich ein wenig zu schütteln. Ihm schien das hier allmählich mächtig spass zu machen.
„Ich bin nicht beleidigt und jetzt hört auf mit dem Scheiss! Entweder du trägst mich richtig oder gar nicht!" Zischte ich und starrte ihn wütend an.
Augenblicklich blieb er stehen und lies mich runter. „Na dann, musst du wohl wieder laufen." Meinte er schulterzuckend und ging einfach an mir vorbei, weiter dem Weg entlang.
„Ryan!" Rief ich zornig und versuchte ihm so schnell es ging hinterher zu humpeln.
Er ignorierte mich jedoch nur und lief fröhlich pfeifend weiter.
„Hey! Das kannst du nicht machen! Ich bin verletzt, ausserdem warst du dich derjenige, der mich umbedingt tragen wollte, also tu es jetzt auch!" Forderte ich ihn auf, während ich immer noch versuchte ihn irgendwie einzuholen.
„Ja, mag sein, aber ich habe keine Lust dazu, wenn du meine Art dich zu tragen kritisierst. Zudem hast du mir doch gerade eben gesagt, dass ich dich runter lassen soll." Meinte er ganz unschuldig, ohne sich umzudrehen.
Obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, wusste ich dennoch ganz genau, dass er gerade fett grinste.
„Aber..." sprach er plötzlich weiter, „... wenn du dich bei mir entschuldigst, würde ich dich natürlich auch wieder tragen."
Bei diesen Worten verengte ich meine Augen zu schlitzen und durchlöcherte seinen Rücken mit bösen Blicken.
„Wieso sollte ich mich bei dir entschuldigen? Du warst derjenige, der mich mit Absicht gerüttelt hat!"
Mein Stolz erlaubte es mir nicht, mich bei ihm wegen Nichts zu entschuldigen.
„Solange ich keine Entschuldigung höre, kannst du schön weiter hinter mir her humpeln." Meinte er und warf mir einen kurzen siegessicheren Blick über die Schulter hinweg zu. Ich schnaubte wütend auf und reckte entschlossen mein Kinn.
Auf diese dämliche Entschuldigung konnte er noch lange warten!
Ich beschleunigte mein Tempo, um ihn endlich einzuholen. Als ich direkt hinter ihm war, übersah ich eine der unzähligen Wurzeln am Boden und stolperte drüber.
Ein erschrockener Schrei entwich meiner Kehle, aber noch bevor ich auf dem schlammigen Waldboden aufschlug, fingen mich zwei starke Arme auf.
„Pass besser auf." Sagte er kalt, doch ich konnte Besorgnis in seinen wunderschönen grünbraunen Augen erkennen.
Er hob mich wie zuvor hoch und trug mich wie ein Bräutigam seine Braut tragen würde. Ich kuschelte mich näher an ihn ran. Die Neckereien von vorhin waren vergessen.
Wir liefen noch eine Weile, doch das Ende des Waldes war nicht zusehen. Mittlerweile konnte ich Ryans angestrengtes Atmen hören und ich wusste, dass auch er langsam erschöpft war.
„Ich glaube es hat keinen Sinn noch all zu lange hier in der Gegend herumlaufen. Vor allem nicht, wenn es so dunkel ist." Sagte ich. Ich wollte nicht, dass er sich irgendwie überanstrengte oder so etwas.
„Du hast recht, wir sollten irgendwo übernachten und bei Tag weiterlaufen." Stimmte er mir zu und wir suchten uns einen geeigneten Platz für die Nacht.

Was haltet ihr von dem Kapitel?
Schreibts in die Kommentare, eure Meinung interessiert mich sehr.

2. Teil der Lesenacht.

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