Teil 12
Teil 12
Heute war Freitag. Das bedeutete, dass Ryan und ich heute Abend ein Treffen mit Professor Barker hatten. Am liebsten würde ich diesen Termin absagen, da ich weder Barker noch Ryan sehen wollte.
Aber das wäre lächerlich, immerhin ging es hier um mein Studium und das wollte ich mir sicher nicht verbocken, weil ich mich im betrunkenen Zustand vor Ryan blamiert hatte.
Ich bin ihm übrigens seither mehrheitlich aus dem Weg gegangen, aber es war schwierig jemanden zu ignorieren, wenn er täglich mehrere Stunden nur wenige Meter von dir entfernt sitzt und ausserdem dein Projektpartner ist.
Mit den Gedanken immer noch bei diesem Treffen wegen dem Projekt, streifte ich mir meine Jacke über und schnappte mir meine Tasche. Danach verliess ich die Wohnung und schloss die Tür hinter mir ab.
Meghan würde diese Wochenende nach Hause gehen, um einige Sachen zu holen und natürlich auch um unsere Familie wieder zu sehen. Sie war vor etwa einer Stunde losgefahren und da ich dieses Treffen hatte, konnte ich nicht mit. Für die Fahrt nach Hause, brauchte sie logischerweise das Auto. Deshalb hatte mir Nathan angeboten, mich zu fahren. Ich wäre gerne mit Meg nach Hause gefahren, da ich meine Familie sehr vermisste. Ich telefoniere zwar regelmässig mit ihnen, aber das war nunmal auch nicht das selbe.
Ich verliess meine Wohnung und stand kurze Zeit später vor der Tür, direkt gegenüber von meiner und klopfte an.
Als sich die Tür öffnete, sah ich aber leider nicht in das Gesicht von einem meiner besten Freunde, sondern in das seines Bruders.
„Ich wusste du würdest irgendwann mal hier auftauchen und mich anflehen doch mit dir auf ein Date zu gehen." Sagte Mike mit einem schleimigen Grinsen im Gesicht und lehnte sich dabei mit der linken Schulter an den Türrahmen.
„Ich bin nicht wegen dir hier. Wo ist Nathan?" Fragte ich ohne Umschweife.
„Du hast doch nicht etwas mit meinem Bruder am Start, denn das würde komisch werden, wenn wir später mal was am laufen haben." Meinte er und kratze sich nachdenklich am Kinn. Ich seuzte genervt auf. „Wenn du mir nicht sagen willst, wo er ist, dann werde ich ihn eben suchen gehen." Mit diesen Worten drängte ich mich an ihm vorbei, in die Wohnung.
Vom Aufbau her, was die Wohnung identisch zu unserer. Deshalb hatte ich auch keine Probleme die Schlafzimmer zu finden. Komischerweise war dies das erste Mal, dass ich wirklich in Nathans Wohnung bin. Obwohl diese Tatsache eigentlich nicht so überraschend war, wenn man bedenkt, dass Nathan sich bei uns quasi eingenistet hat. Ich klopfte an eine Tür, hinter der ich Nathans Schlafzimmer vermutete.
„Echt heiss, wie du dich vorhin so an mir vorbeigedrängt hast und erst recht dieser Spruch. Ich steh auf kratzbürstig." Hörte ich plötzlich Mikes Stimme hinter mir. Automatisch verdrehte ich die Augen.
Wieso konnte dieser Typ mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Da Ich immer noch kein Lebenszeichen von Nathan erhalten hatte, öffnete ich einfach auf gut Glück die Tür und stürmte ins Zimmer. Ich liess die Tür direkt vor Mikes Nase wieder ins Schloss fallen und hoffte einfach, dass dies wirklich Nathans Zimmer war.
Heute war anscheinend mein Glückstag... oder vielleicht auch nicht.
Zwar war dies hier Nathans Zimmer, aber dieser schlief noch seelenruhig in seinem grossen Bett. Das war ja eigentlich nicht schlimm, aber wenn wir nicht in spätestens fünf Minuten losfuhren, würden wir bei diesem Verkehr nie und nimmer pünktlich bei der Uni sein.
„Nathan!" Rief ich laut, doch es schien ihn nicht vom schlafen abzuhalten.
Wütend stampfte ich auf sein Bett zu. Ich war bisher ein einziges Mal zu spät zu Professor Barkers Vorlesung gekommen und schon damals hatte er mich vor der ganzen Klasse blossgestellt. Ich wollte wirklich nicht wissen was er jetzt tun würde, vor allem da ich das Gefühl hatte, dass er mich mit jedem Tag mehr hasste.
Ich holte Schwung und sprang auf Nathans Bauch. Sofort riss er geschockt die Augen auf und keuchte laut. Er blinzelte ein paar Mal und sah mich verwirrt an.
„Kyralein? Was machst du den so früh hier und wieso bespringst du mich?" Fragte er und rieb sich verschlafen die Augen. „Also nicht das ich was dagegen hätte besprungen zu werden, aber wenn, dann nicht auf diese Weise." Fügte er noch mit einem frechen Grinsen hinzu.
„Wir müssten eigentlich in fünf Minuten los! Hast du etwa vergessen, dass du mich fahren wolltest?" Sagte ich, ohne dabei auf seine Bemerkung einzugehen.
„Nein ich habs nicht vergessen, aber wozu der Stress? Wenn wir etwas zu spät kommen, ist das ja auch nicht so schlimm." Meinte er, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und legte sich wieder hin.
„Oh nein, du stehst jetzt sofort auf!" Befahl ich und riss ihm die Bettdecke weg. „Ich habe eine Vorlesung bei Professor Barker, weisst du wer das ist?" Fragte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen.
„Ist das nicht der Typ der dich hasst?" Fragte er und ich nickte zur Bestätigung. „Und genau das ist der Grund, weshalb du jetzt deinen faulen Hintern aus dem Bett schwingst und dich fertig machst, damit wir so bald wie nur möglich losfahren können!" Sagte ich in einem strengen Tonfall. Ich kabbelte vom Bett in lief in die Richtung der Tür. „Ich warte draussen und zwing mich nicht noch einmal rein zu kommen, um dich zu holen!" Fügte ich noch drohend hinzu und verliess dann den Raum.
Glücklicherweise hatte sich Mike mittlerweile auch verzogen, weshalb ich ohne weiter genervt zu werden das Haus verlassen konnte. Neben Nathans Auto wartete ich dann ungeduldig auf diesen. Schon nach fünf Minuten kam Nathan mit verstrubbelten Haaren und einem falsch zugeknöpften Hemd aus dem Haus gestürmt.
Ich musste mir ein Lachen verkneifen, wegen seinem Anblick und auch weil meine kurze Rede anscheinend wirklich etwas bewirkt hatte. Er öffnete das Auto und wir stiegen ein.
„Wow ich glaube so schnell habe ich mich noch nie angezogen." Meinte er leicht ausser Atem, als er den Motor startete und vom Parkplatz weg fuhr. „Scheint so als würde ich dich zu Höchstleistungen anspornen." Sagte ich grinsen, woraufhin er mir einen amüsierten Blick zuwarf.
Da Nathan schneller gefahren ist, als eigentlich erlaubt und ich kurz um mein Leben führten musste, als er ein riskantes Überholmanöver startete, schaffte ich es tatsächlich nur zwei Minuten zu spät zu sein, als ich den Hörsaal betrat.
Doch zwei Minuten waren für Professor Barker anscheinend gleich wie wenn ich zwanzig Minuten zu spät wäre.
„Ah sind wir wieder in alte Gewohnheiten verfallen, Miss Leech?" Fragte er sofort, wobei ich noch nicht einmal die Tür hinter mir schliessen konnte.
Ich musste mir auf die Zunge beissen, um nichts Falsches darauf zu erwidern.
Ich war nur ein mal zu spät. Ein einziges Mal!
Aber wenn ich etwas sagen würde, würde sich die ganze Situation für mich nur noch verschlimmern und Barker hätte noch mehr spass.
„Es tut mir leid." Sagte dich deshalb nur und eilte mir schnellen Schritten zu meinem Platz neben Tony.
„Da sie es ja anscheinend nicht nötig haben pünktlich zu kommen, beantworten sie mir meine eben gestellte Frage: Was versteht man unter dem Lanz'schen Punkt?" Er schenkte mir ein siegessicheres Grinsen, da er sich ziemlich sicher war, dass ich keine Ahnung hatte, was das war. Er hätte recht damit, wenn meine Mom vor ein paar Wochen mit mir nicht genau über das gesprochen hätte.
„Der Lanz'sche Punkt ist eine Projektion des herabhängenden Appendix vermiformis, also der rechte Drittelpunkt zwischen den beiden Spinea iliacea anteriores superiores." Sagte ich ohne zu zögern und mit einem selbstbewussten Lächeln.
Verärgert presste er seine Lippen aufeinander und warf mir einen tödlichen Blick zu, da meine Antwort korrekt war.
Tja, das war nunmal einer der Vorteile, wenn die Mutter ebenfalls im medizinischen Bereich tätig war.
„Gut, dann können wir jetzt den Unterricht fortführen." Zufrieden mit mir selbst schnappte ich mir einen Stift und begann damit das Tafelbild zu skizzieren.
Professor Barker würde mir dies wahrscheinlich irgendwie heimzahlen, obwohl es ja eigentlich etwas positives war, wenn ein Student die Antwort auf seine Fragen wusste. Aber die Tatsache, dass ich dieser Student war, verändert bei Barker alles zum Negativen. Trotzdem fühlte ich mich als ob ich gegen Goliat gesiegt hätte.
Was denkt ihr, wieso hasst Barker Kyra? Hat es einen Grund oder ist es einfach nur sein Charakter?
P.s. Ich habe keine Ahnung vom Medizinstudium oder generell von Medizin, also falls ich irgendwas falsch beschreibe tut es mir leid. 😅
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