✧.* - Prolog




Nach einem Arbeitsessen wird Mingi überfallen und schwer verletzt. Ihm fehlen fünf Stunden, an die er sich nicht erinnern kann und er weiß nicht, was passiert ist. Aber diese fünf Stunden reichen, um nicht nur sein Leben in Trümmer zu schlagen, sondern auch seine bis dahin glückliche Beziehung mit Yunho. Wie soll man etwas retten, das vollkommen zerbrochen ist?



 Prolog


Seoul, 25. April, Freitag

„Babe...?", drang es aus dem Flur und da ich nicht sofort reagierte, weil ich immer noch an den überarbeiteten Plänen saß, folgte dem noch lauter: „Yunho?!"

„Ja." Ich speicherte meine Arbeit mit einem Klick. „Ja doch – Moment!"

„Ich bin jetzt weg."

Der war doch bekloppt, hier so rumzustressen! Hastig sprang ich auf, sodass mein Schreibtischstuhl polternd gegen das Regal rollte und jagte in den Flur, wo Mingi nach wie vor vor dem Spiegel stand und akribisch in seinen Haaren zupfte, wobei er das Ergebnis nach jeweils zwei oder drei Handgriffen kritisch und stirnrunzelnd überprüfte. Als ob es denn tatsächlich eine Veränderung gab, wo er doch schon seit zwanzig Minuten unzufrieden an seiner Frisur zupfte und mir bisher nichts Wesentliches ins Auge gestochen wäre, das nun anders war. Und dafür hatte er mich so wüst aufgesprengt? Grinsend lehnte ich mich mit verschränkten Armen in den Türrahmen und sah ihm noch eine Weile dabei zu, wie er einzelne Haare an Ort und Stelle schob, seufzte und doch nicht zufrieden war.

„Du siehst gut aus", unterbrach ich sein Tun schließlich und endlich senkte Mingi die Hand, sein Blick traf über den Spiegel hinweg den meinen und er lächelte schief. Womöglich ein bisschen unsicher. Das war ein Phänomen, das mich immer wieder aufs Neue bezauberte. Wie man diesen Mann, der so lustig, freundlich und fröhlich sein konnte, so rasch verunsichern, ja beinahe einschüchtern konnte, mit einem so schlichten Kompliment.

„Danke", murmelte er und schwenkte dann rasch um. „Ich wünschte wirklich, du könntest mitkommen."

Ich grinste, stieß mich von der Tür ab und kam nun zu ihm. Locker legte ich die Arme um seine Taille und betrachtete ihn eingehend. Seine Haare waren wieder ganz hell und ich mochte das sehr. Ich selber hasste es, meine Haare zu färben, also weigerte ich mich und sie blieben schlicht dunkelbraun, Mingi jedoch hatte eine Schwäche dafür und so hatte er mir vor ein paar Tagen mit den Worten seiner Friseurin hochtrabend die neue Kreation als pearled rose blond vorgestellt, was von mir grinsend mit „also Luxus-Straßenköterblond" gekontert wurde.

Daraufhin hatte ich einen Nackenschlag bekommen, wir hatten uns zwei Minuten gekabbelt, weitere fünf Minuten geküsst und ich war die nächste Stunde damit beschäftigt gewesen, ihm zu versichern, wie unglaublich sexy ich es fand.

Es war nicht gelogen.

Jetzt riss ich meinen Blick von den hellen Strähnen los und sah ihm in die Augen. „Wäre mir auch lieber", antwortete ich endlich. „Aber erstens ist es ein Firmenevent..."

„Mit Partner!", fiel er mir sofort ins Wort.

„Mit Partner, schon klar, willst du mich deinen Kollegen vorstellen? Ich bin mir nicht sicher, ob dein Senior-Chef so angetan wäre, wenn du ihn mit deinem alternativen Lebensstil konfrontierst, ganz zu schweigen von deinem Onkel. Mal abgesehen davon, dass ich bitte vorgewarnt werden möchte, wenn du vorhast, dich im großen Stil zu outen."

Hatte er nicht, das wusste ich. Das war ein Thema, das wir lange und ausgiebig diskutiert hatten und uns auch einig waren, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür war.

„Also – wo war ich? Ach ja, erstens, ein Firmenevent und zweitens muss ich wirklich dringend diese Pläne fertigkriegen. Wenn das bis Montag nicht steht-"

„-geht die Welt unter. Ich weiß", seufzte Mingi und ich musste schmunzeln.

„So ist es. Darum – geh da hin, hab Spaß und lass dir von niemanden den Abend vermiesen, okay?" Ich zupfte spielerisch am Kragen seines Hemdes, strich über die Knopfleiste und hauchte ihm schmunzelnd einen Kuss auf die Lippen.

Mingi brummelte leise. „Wird ohnehin wieder nur über die Arbeit geredet, sehe ich schon kommen."

„Trotzdem. Du schließt dich nicht aus, das macht einen guten Eindruck." Ich grinste, streckte die Hand aus, doch bevor ich in seine Haare fassen konnte, hatte Mingi mein Handgelenk abgefangen und ich lächelte entschuldigend. „Sorry. Und hey, wenn du gerettet werden willst, schickst du mir eine Code Red Nachricht und ich hole dich, hm?"

Jetzt grinste auch Mingi. „Bis ich zum Abholen wäre, bist du vermutlich schon im Bett und ich zu betrunken, das will ich dir dann doch nicht antun."

„Wie du meinst." Ich beugte mich vor, rieb die Stirn über seine Schläfe und stahl mir noch einen Kuss. „Das Angebot steht."

„Mmh." Mingi beugte sich etwas zu mir und stupste mich leicht an. „Ich muss jetzt wirklich los", brummelte er, ließ sich dann jedoch darauf ein und erwiderte den behutsamen Kuss sanft. Als er sich seufzend von mir löste, waren seine Wangen leicht gerötet. Rasch griff er sich nun sein Portemonnaie, die Schlüssel, dann war er schon halb durch die Tür. Er hob die Hand zu einem stillen Gruß und grinste, während er die Tür zuzog.

Es war das letzte unbefangene Lachen, der letzte Kuss in diesem unbeschwerten Leben, das nach dieser Nacht nie wieder dasselbe sein sollte.


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